Gösta Berling - Selma Lagerlöf

  • „Er ist ein großer, wunderbarer Gott,“ sagte Gösta Berling. „Er hat meiner gespottet und mich verworfen, aber er will mich nicht sterben lassen. Sein Wille geschehe!“ (Seite 32)


    544 Seiten, kartoniert
    Originaltitel: Gösta Berlings saga
    Aus dem Schwedischen von Pauline Klaiber-Gottschau
    Verlag: DTV Verlag, München 2007
    ISBN-10: 3-423-19114-7
    ISBN-13: 978-3-423-19114-2


    Ich selbst besitze eine alte Ausgabe aus dem Hesse & Becker Verlag, Leipzig oJ (ca. 1930) in Frakturschrift, auf die sich meine Angaben beziehen.



    Kurzinhalt (Quelle: eigene Angabe)


    In teilweise lose verknüpften Einzelgeschichten, die sich kunstvoll verknüpft zu einem grandiosen Ganzen fügen, erzählt Selma Lagerlöf die Geschichte des abgesetzten Pfarrers Gösta Berling. Wie er von der Majorin vor dem Tod gerettet und der Anführer der Kavaliere auf Ekeby wird, nachdem die Majorin von dort vertrieben wurde. Wir lesen von Höhen und Tiefen bis hin zu seiner Läuterung. Von einem Don Juan, der mit seinen Kumpanen sorglos in den Tag hineinlebt, dessen Weg Not, Leid und Tod begleiten, bis hin zu dem Zeitpunkt, da ihm seine Schuld bewußt wird. Und wer weiß, vielleicht hat das sogar Auswirkungen auf die verstorbene Magareta Celsing. Oder ist sie gar nicht tot? Und wer ist Margareta Celsing überhaupt? Das, das jedoch muß man schon selbst nachlesen.


    < Klick > - die Seite im deutschen Wikipedia zum Roman. Achtung: mit kompletter Inhaltsangabe!



    Über die Autorin (Quellen: Verlagsangabe, Wikipedia)


    Selma Lagerlöf wurde am 20. Nov. 1858 auf dem Familiengut Mårbacka im schwedischen Värmland geboren. Gegen den Wunsch des Vaters ging sie 1881 nach Stockholm und absolvierte eine Ausbildung zur Grundschullehrerin. Diesen Beruf übte sie nach dem Tod des Vaters ab 1885 für zehn Jahre aus. In dieser Zeit schrieb sie ihren ersten Roman „Gösta Berling“, der 1891 erschien. Er wurde zunächst schlecht, auch was die Verkaufszahlen angeht, aufgenommen und begann erst ab 1893 seinen Aufstieg zu einem der meistgelesenen schwedischen Romane. Seit 1895 war sie als freie Schriftstellerin tätig.


    Im Jahre 1909 erhielt Selma Lagerlöf als erste Frau den Literaturnobelpreis, 1914 wurde sie das erste weibliche Mitglied der Schwedischen Akademie, 1928 schließlich erhielt sie die Ehrendoktorwürde der Universität Greifswald, nachdem sie bereits 1907 dieselbe von der Universität Uppsala (Philosophie) erhalten hatte.


    Als Folge des erhaltenen Nobelpreises konnte sie das elterliche Gut Mårbacka, das wegen Schulden im Jahre 1890 verkauft worden war, zurückkaufen. Am 16. März 1940 starb die Autorin in ihrem Haus an einem Schlaganfall.



    Weitere und ausführlichere Informationen im Internet:


    - < Klick > - die Informationsseite des Verlages dtv
    - < Klick > - die Informationsseite bei Randomhouse
    - < Klick > - eine Biographie auf dichterinnen.de
    - < Klick > - das sagt Wikipedia
    - < Klick > - das steht im englischen Wikipedia
    - < Klick > - hier auch die Seite im schwedischen Wikipedia
    - < Klick > - hier noch die Website der schwedischen Selma-Lagerlöf-Gesellschaft (in schwedischer Sprache)


    Informationen zum Värmland
    - < Klick > - die offizielle Seite des Värmlandes (in schwedischer und englischer Sprache)
    - < Klick > - die Seite Visit-Sweden (in deutscher Sprache), auf Unterseiten Informationen über Schweden und das Värmland abrufbar
    - < Klick > - die Wikipedia Seite zum Fryken-See, dem Vorbild für den „Löven“.
    - < Klick > - hier noch die Wikipedia-Seite übers Värmland selbst




    Meine Meinung


    In der Kirche von Svartjö führt eine Treppe zur Orgelempore, unter welcher eine Abstellkammer zu finden ist. Dort stand seit Menschengedenken eine alte, vom Staub bedeckte Truhe. Was konnte wohl in einer Truhe mit der Aufschrift „Labor vincit omnia“* enthalten sein? Warum stand sie eigentlich dort - oder steht sie noch immer? Warum um alles in der Welt würde eine andere Aufschrift eigentlich viel besser passen? Und wie beginnt man eigentlich eine Buchvorstellung, der man sich nicht gewachsen fühlt?


    Nun, zumindest die letzte Frage hat sich, indem ich das schreibe, bereits beantwortet. So werden sich auch die Lösungen der anderen Fragen finden. Im Advent 2009 war die sechsteilige Verfilmung von „Gösta Berling“ bei Mitterauer im Sonderangebot. Angeregt dadurch habe ich nun das Buch gelesen und parallel die ausgezeichnete Verfilmung angesehen. (Zum Film in einem separaten Post mehr.)


    Es ist ein weiter Bogen, den die Autorin spannt, obwohl er zeitlich (auf die Haupthandlung bezogen) gerade mal ein Jahr umfaßt.


    Und es war, als senke sich eine heilige Ruhe auf die ganze Gegend herab. Es war, als erstrahlten die Höhen, als lächelten die Täler, als färbten die Herbstnebel sich rosig. (Seite 487) Damit wird eigentlich sehr schön die Stimmung beschrieben, in die mich dieses Buch versetzt hat. Wobei es etwas seltsames an sich hat, was ich kaum in Worte zu fassen vermag. Ich empfinde den Stil gleichzeitig als distanziert und dennoch nah am Geschehen, nah an den Personen. Es ist, als ob ein Märchen, eine Sage aus alter Zeit erzählt wird; eine Sage, der ich gespannt lausche, die mich mitnimmt, mich erschüttert, mich zum Lachen und zum Weinen bringt, himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt. Und mich dennoch in den schönsten und auch den schlimmsten Momenten nicht den Boden unter den Füßen verlieren läßt. Die Aufbauend, aber niemals deprimierend wirkt. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals solches über ein Buch gesagt zu haben.


    „Gösta Berling“ ist wohl im besten Sinne ein etwas altmodischer Roman, der die Hektik und Getriebenheit der heutigen Zeit dankenswerterweise völlig missen läßt. Immer wieder wird die Handlung durch Ruhepole, wie die Beschreibung einer Landschaft, eines Bildes, der Erzählung einer alten Geschichte, unterbrochen. Was manche als wohl als „Längen“ bezeichnen würden, habe ich nie als solche empfunden. Im Gegenteil, ich habe diese Abschweifungen genossen, konnte ich doch länger im Värmland der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verweilen, wurde in allen Sinnen die Welt der großen wie der kleinen Menschen lebendig, als ob ich selbst dabei gewesen wäre.


    Immer wieder wendet sich die Autorin dabei direkt an die Leserschaft, was auf mich den Eindruck des „Hineinziehens in Buch und Handlung“ noch verstärkt hat. Über weite Strecken hatte ich wirklich das Gefühl, daß ich nicht ein Buch lese, sondern einer außerordentlich begabten Geschichtenerzählerin lausche, die mich wieder und wieder mit Ihrer Erzählung von tatsächlich stattgefundenen Ereignissen zu fesseln vermag. Ganz gleich, ob es um Schönes oder weniger Schönes geht.


    An einer Stelle, kurz vor Ende des Romans,


    Bleibt zum Schluß immer noch die eingangs erwähnte Truhe. Der Eigentümer, Onkel Eberhard Berggren hatte verfügt, daß sie bis zur Jahrhundertwende ungeöffnet stehen bliebe. Inzwischen hat das Jahrhundert zwei Mal gewechselt, sicher ist die Truhe lange geöffnet, so daß bekannt ist, was darinnen war. Die geneigte Leserin, der geneigte Leser jedoch, der wissen möchte, weshalb es denn diese Bestimmung gab und was gar in der Truhe enthalten war, wird wohl nicht umhin kommen, das Buch zu lesen, worin sich die Antwort findet. Nur eines sei an dieser Stelle verraten: die Aufschrift, die um vieles besser gepaßt hätte, die würde lauten


    Amor vincit omnia.**




    Kurzfassung:


    Der Roman um Gösta Berling, welcher tief fällt und in der Folge alle Tiefen und Höhen des Daseins durchschreiten muß. Für mich eines der besten Bücher, das ich je gelesen habe.



    Übersetzungen (aus dem Kontext des Buches):
    * = Arbeit besiegt alles.
    ** = Die Liebe besiegt alles.



    Edith hat noch ein paar Links ergänzt.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • 464 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Originaltitel: Gösta Berlings saga
    Aus dem Schwedischen von Paul Berf
    Verlag: Piper Verlag GmbH, München 2007
    ISBN-10: 3-492-05028-X
    ISBN-13: 978-3-492-05028-9



    Dies ist die 2007 erschienene neue Übersetzung. Ich habe vor dem Beginn des Lesens beide Versionen verglichen, und bin sehr bald und sehr überzeugt zu der bewährten von Pauline Klaiber zurückgekehrt. Der Sinn, vor allem aber die Notwendigkeit einer Neuübersetzung haben sich mir nicht erschlossen. Vor allem, da die Werke von Selma Lagerlöf nächstes Jahr gemeinfrei werden.


    Die Übersetzung von Paul Berf ist wohl zeitgemäß und modern, jedoch bezogen auf unsere Zeit. Damit klaffen für mich Form und Inhalt des Werkes in krasser Form auseinander. Die Stimmung, die die Klaibersche Übersetzung aufbaut, geht hier mMn völlig verloren. Während ich bei der bewährten zu keiner Zeit das Gefühl hatte, eine Übersetzung zu lesen, hatte ich hier ständig das Gefühl, daß es sich nicht um ein Originalwerk, sondern eben eine Übertragung aus einer Fremdsprache handelt.


    Im Nachwort von Klaus Blödl zur Neuübersetzung heißt es: Pauline Klaiber-Gottschaus bis heute immer wieder nachgedruckte Übersetzung hat unzweifelhaft ihre Qualitäten, doch der archaisierende, bruchlos hohe Ton ihres Textes spiegelt eine Auffassung des Romans wider, die wir heute nicht mehr ohne Weiteres teilen können. Sie hat mir ihrer glättenden Verdeutschung ein zeitlos-entrücktes romantisches Epos geschaffen, während aus heutiger Sicht an dem Roman gerade die Konfrontation von mündlichem Erzählen und weltliterarischer Dichtungstradition, von Märchenton und Moderne fasziniert, das Subjektive und Doppelbödige, die Impulse aus dem Unbewussten. (Seite 460) Nun, ich bin vermutlich sehr von gestern, denn ich kann die Auffassung des Romans von Pauline Klaiber-Gottschau durchaus teilen und habe mir der heutigen so meine ziemlichen Probleme.


    Genau den gleichen Effekt (daß mir die alten Übersetzungen besser gefallen als die neuen) hatte ich übrigens bei der Neuübersetzung von „Der Herr der Ringe“ sowie der Werke F. M. Dostojekwskijs. Ich schätze, daß das mein letzter Versuch war, ein Werk, das „endlich in einer Neuübersetzung vorliegt“ (wie die Verlage in solchen Fällen gerne schreiben) in eben einer solchen zu lesen. Künftig bleibe ich bei den bewährten.


    Ich habe vor Lesebeginn (und während des Lesens noch etliche Male) beide Übersetzungen verglichen und bin immer wieder zum gleichen Ergebnis gekommen. Wer sich unsicher ist, dem kann ich nur ein selbes, nämlich das Vergleichen der beiden Versionen, empfehlen. Es sollte recht schnell klar sein, welche man bevorzugt. Denn eines steht für mich ohne Zweifel fest: lesenswert ist das Buch auf alle Fälle.





    Hier zu Vergleich ein paar Sätze.
    K = Übersetzung von Pauline Klaiber
    B = Übersetzung von Paul Berf


    K: Endlich stand der Pfarrer auf der Kanzel.
    die Gemeinde erhob die Köpfe. So, da war er wirklich! So fiel denn die Predigt heute nicht wieder aus wie am vorigen Sonntag und wie an vielen vorhergehenden Sonntagen auch. (7)
    B: Endlich stand der Pfarrer auf der Kanzel.
    Die Köpfe der Gemeinde hoben sich. Sieh an, da war er ja! Der Gottesdienst würde diesen Sonntag also nicht ausfallen wie letzten und viele Sonntage zuvor. (5)


    K: Wir aber dachten an den merkwürdigen Geist der Selbstkritik, der schon in unsere Herzen eingezogen war, an ihn, mit den Eisaugen und den langen, gekrümmten Fingern, der in dem dunkelsten Winkel der Seele sitzt und unser Wesen zerpflückt, wie alte Frauen wollene und seidene Lappen auseinanderzupfen.
    B: Doch wir, wir dachten an den eigentümlichen Geist der Selbstbeobachtung, der längst Einzug in unsere Herzen gehalten hatte. Wir dachten an ihn und seine Eisaugen und die langen, gekrümmten Finger , an ihn, der in der finstersten Ecke der Seele hockt und unser Wesen zerpflückt, wie alte Frauen Stoffetzen aus Seide und Wolle zerpflücken.


    K: Ihre armen Verse, die seinerzeit viel gelesen wurden, sind jetzt lange vergessen. (172)
    B: Und ihre armen Verse, die eine Zeit lang viel gelesen wurden, sind seit Langem vergessen. (155)


    Edit. Rechtschreibung; Namen sollten korrekt geschrieben sein.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Regisseur: Bengt Lagerkvist
    Darsteller: Thommy Berggren, Charlotta Larsson, Margaretha Krook, Maria Hedborg, Max von Sydow u. v. a.
    Sprache: Schwedisch (schwedische Untertitel)
    Laufzeit: ca. 345 Minuten
    Ab: 11 Jahren (Schweden)
    Erschienen: Film (TV): 1986 / DVD: 2009
    Bezugsquelle: Buchhandlung Mitterauer in Freilassing, die auf Titel aus Schweden spezialisiert ist (Direktverlinkung nicht möglich, im Shop einfach nach „Gösta Berling“ suchen)
    EAN: 7319980047114 (Firma: Atlantic Film)


    - < Klick > - die Seite bei imdb.com (in englischer Sprache) mit komplettem Cast und Credit



    Meine Meinung


    Da die DVDs nur auf Schwedisch (und bei Amazon gar nicht) erhältlich sind, eröffne ich keinen eigenen Filmthread.


    In der Adventszeit 2009 war u. a. diese DVD-Box bei Mitterauer zum Sonderpreis erhältlich. Da ich sowieso etwas für mein Schwedischlernen tun wollte, habe ich zugegriffen. Parallel zum Lesen des Buches habe ich mir die einzelnen Folgen (derer insgesamt 6) angesehen. Was für ein Glücksgriff - sowohl das Buch wie auch die Verfilmung!


    Über die Filmhandlung brauche ich nichts zu schreiben; die ist identisch mit der des Buches. Bis hin zu den Beschreibungen der Landschaft und der Häuser. Noch nie habe ich eine Literaturvorlage so exakt umgesetzt gefunden wie hier. (Wieso können deutsche Sender so etwas eigentlich nicht?) Sicher gab es ein paar kleinere Änderungen. Wie etwa will man so manche Beschreibung verfilmen? Oder zu Beginn die Absetzung Gösta Berlings fand in der Verfilmung nur sehr gerafft statt. Eine Szene weiter wurde er von der Majorskan (der Majorin) im Schnee gefunden, wo er sterben wollte. Was jedoch zwischen Absetzung und diesem Auffinden war, wieso das Mädchen ihn verprügelte, das erfährt man im Film nicht. Ähnliche kleinere Vereinfachungen finden sich immer wieder. Jedoch ist alles Wesentliche, teilweise bis in Nebenhandlungen, im Film dargestellt. Dennoch empfiehlt es sich, das Buch vorher zu lesen. Ich vermute, die Filmemacher gehen davon aus, daß man das Buch kennt (was in Schweden, vermute ich mal, auch der Fall ist).


    Völlig baff war ich, als Graf Henrik Dohna die Bühne betrat. Wer die Beschreibung seines mehrfach wiederverwendeten Kopfes von Selma Lagerlöf kennt, vermag sich mein Erstaunen, fast schon blankes Entsetzen vorzustellen, als ich exakt und genau diesen Kopf im Bild vor mir sah! :yikes Thomas Nystedt ist die perfekte Verkörperung dieser Figur. Er sieht so aus, spielt ihn so, wie ich ihn mir aus dem Buch vorgestellt hatte.


    Ich gebe zu, mit der gesprochenen Sprache noch ziemliche Probleme zu haben. Eine Intention des Ansehens war bei mir ursprünglich auch, über längere Zeit die Sprache zu hören und mich so mit ihr vertraut zu machen. Da jedoch die Handlung, wie schon erwähnt, sich sehr genau ans Buch hält, hatte ich überhaupt keine Schwierigkeiten zu folgen. Die nächsten Wochen über werde ich nun gegen meine Gewohnheit Vokabeln pauken. Denn eines steht fest: diesen Sechsteiler werde ich mir sehr bald nochmals ansehen. Und dann möchte ich nicht nur wegen meiner Kenntnis der Handlung verstehen, worum es geht, sondern auch den Dialoge folgen können.


    Sicher bleibt eine gewisse Episodenhaftigkeit nicht aus; das ergibt sich jedoch aus der literarischen Vorlage und vermag die fast schon eindringliche Wucht, mit der diese Verfilmung auf mich gewirkt hat, nicht zu mindern. Dies, in Verbindung mit den wunderbaren (Winter-) Aufnahmen aus Schweden und den durchweg sehr guten Schauspielern hat mir ein außergewöhnliches und eindringliches TV-Erlebnis, das mir lange im Gedächtnis bleiben wird, beschert.


    Edit fügt noch hinzu, daß ich den letzten Teil erst nach Erstellung dieses Posts gesehen habe. Da gab es im Vergleich zum Buch denn doch ein paar Änderungen; mMn die ersten Wesentlichen. Es wurden zwar weder die eigentliche Handlung noch der Inhalt verändert, jedoch einiges vereinfacht (vermutlich auch aus Kostengründen). Und zwar:


    Es war zwar ein versöhnliches und schön gedrehtes Ende, dennoch wohnte ihm eine gewisse Wehmut inne. War mit dem letzten Abblenden doch unwiderruflich klar, daß die Saga zu Ende ist. Bleibt nur noch das baldige Wiederansehen.


    Kurzfassung


    Die mit Abstand beste Literaturverfilmung, die ich je gesehen habe.

  • Herzlichen Dank für diese phantastische Rezi und das Erinnern an ein wundervolles Buch. "Gösta Berling" drängt sich geradezu auf, ein weiteres Mal gelesen zu werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Eine solch grandiose Rezi hätte in meinen Augen vielmehr Beachtung verdient.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für die freundliche Aufnahme. :-)



    @ Voltaire
    Nur mit der Ruhe. Nur wenige meiner Rezis erreichen hohe "Klickzahlen". Doch die, welche das Buch finden wollen/sollen, werden irgendwann auch auf diese Rezi stoßen. :wave



    Im übrigen hoffe ich wie *stern*, daß noch ein paar Eulen das Buch lesen und einen Kommentar abgeben. :-) (Wobei mich persönlich auch Kommentare zu den unterschiedlichen Übersetzungen interessieren würden.)


    Ich gehe jedenfalls auf die "Jagd" nach weiteren Büchern von Selma Lagerlöf. Und irgendwann auch eine Werkausgabe.



    Ach so, Edit teilt noch mit, daß die Filmbeschreibung ergänzt wurde.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Der Roman ist aus Kurzgeschichten entstanden, die zuvor in der Zeitschrift "Idun" veröffentlicht wurden. Die Entstehungsgeschichte des Buches kann man hier nachlesen:


    http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6sta_Berling


    Zitat

    In teilweise lose verknüpften Einzelgeschichten, die sich kunstvoll verknüpft zu einem grandiosen Ganzen fügen


    Lose = kunstvoll? :gruebel


    Ich habe von Lagerlöf nur "Die Wunder des Antichrist" gelesen, aber das ist gefühlt Jahrhunderte her; das Buch gehörte zu den wenigen, die einer meiner Großväter besaß, eine (erinnert) wunderschöne Prägedruckausgabe. Es kam mir damals sprachlich sehr überzogen vor, in der Wortwahl übertrieben und in seiner Bildhaftigkeit ... schwer zu sagen. Aufdringlich. Aber, wie gesagt. Das ist lange her.

  • @ Tom
    Weshalb war mir nur klar, daß Du hier antworten würdest? ;-)


    Den von Dir erwähnten Wikipedia-Artikel habe ich im Eingangspost auch verlinkt, und zwar bei der Kurzinhaltsangabe (mit dem Hinweis, daß dort der gesamte Inhalt nachzulesen ist).


    Daß die Entstehungsgeschichte des Buches nicht ganz einfach ist, ist mir bewußt. Drum habe ich die auch weitgehend ausgelassen; das können/sollen berufenere als ich darstellen. In der Kürze etwas recherchieren und möglicherweise falsch oder mißverständlich ausdrücken - das Risiko war mir bei diesem Buch zu hoch. Deshalb habe ich mich auf den Eindruck, den das Werk auf mich gemacht hat, beschränkt.



    Zitat

    Original von Tom
    Lose = kunstvoll?


    Ich habe es so empfunden. Selma Lagerlöf greift mW alte schwedische Sagen auf und arbeitet die hier mit ein. Wie sie das mit der eigentlichen Handlung verbindet, erschien mir durchaus kunstvoll. Denn so manches mal habe ich mich schon gefragt, wie sie jetzt den Bogen bekommen will. Hat sie aber immer und in jedem Fall. Das finde ich persönlich schon kunstvoll - auf jeden Fall aber gekonnt.



    Daß „Gösta Berling“ nicht für jeden etwas ist, ist mir durchaus klar. Drum habe ich auch, zugegebenermaßen etwas versteckt, ein paar „Warnhinweise“ eingebaut; diesen Satz etwa:
    „Gösta Berling“ ist wohl im besten Sinne ein etwas altmodischer Roman, (...)
    Oder auch jenen:
    Was manche als wohl als „Längen“ bezeichnen würden,(...)


    Die Neuübersetzung wird, wie ich versucht habe darzustellen, möglicherweise vielen heutigen eher gefallen. Ich habe mir wirklich die Mühe gemacht, beide Versionen zu vergleichen (teilweise parallel gelesen), und mich dann bewußt für die Übersetzung von Pauline Klaiber-Gottschau entschieden. Vieles (bzw. vielleicht sogar alles) von dem „altmodischen“ fehlt in der Übertragung von Paul Berf. Es ist Geschmackssache. Mir hat die Lektüre Lust gemacht zum Lesen älterer Bücher. So werden mit Sicherheit einige Werke Selma Lagerlöfs folgen, aber auch von Gustav Freytag oder Adalbert Stifter (den ich viel zu lange nicht mehr gelesen habe).


    Übrigens habe ich mir eine schwedische Ausgabe der „Gösta Berlings saga“ bestellt. Derzeit ist gewünschte jedoch im Neudruck und soll im ersten Quartal 2010 kommen. Dann werde ich mit Sicherheit das Original mit den beiden Übersetzungen vergleichen (soweit das meine Sprachkenntnisse zulassen). Ich bin wirklich gespannt, welche dann näher am Originaltext ist.



    Edit meint, ich solle noch schreiben, daß mir klar ist, daß noch viele weitere Einflüsse in dem Roman verarbeitet sind. Don Juan habe ich im Eingangspost erwähnt; aber auch ein gewisser Herr von Goethe mit seinem "Faust" wäre zu nennen (beispielsweise der mit Blut geschriebene Pakt). Doch wie angedeutet, das ist dann was für Literaturwissenschaftler. Oder wenn ich die Biographie über die Autorin gelesen, die ich heute früh gefunden habe. Allerdings ist die in schwedischer Sprache - das dauert noch, bis ich mich da ranwagen kann.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Ich lese zur Zeit die neue Übersetzung.


    1. Ich habe mich gefreut, daß es eine gibt. Neue Übersetzungen bergen immer die Möglichkeit, daß man neue Leserinnen und Leser gerade für ältere Literatur gewinnen kann. Dabei geht es nicht ums 'Aufpeppen' oder zeitgeistig neu einkleiden, sondern darum, ein wenig Staub abzuklopfen, einfach deswegen, weil sich die Sprache verändert. Der Ausdruck für ein - und denselben Gegenstand kann innerhalb einer Generation ein anderer werden, manches verschwindet aus der Sprache, anderes klingt fremd oder sogar komisch, weil sich Zusammenhänge geändert haben. All das hat eine gewisse abschreckende Wirkung zur Folge, was im Zusammenhang mit Literatur, die ohnehin als schwerverständlich und schwergewichtig gilt, fatale Wirkung entwickelt.


    2. Die neue Übersetzung von 'Gösta Berling' steht in einer Tradition, die gerade für diesen Roman charakteristisch ist. Er wurde nämlich bis Ende der 1920er Jahre immer wieder aufs Neue übersetzt, insgesamt mindestens sechsmal seit 1896, dem Jahr, als die erste deutsche Übersetzung erschien.
    Alle Übersetzungen (bei unterschiedlichen Verlagen) waren bis zum 2. Weltkrieg gleichzeitig auf dem Markt, die interessierten LeserInnen brauchten sich also über mangelnde Auswahl nicht zu beschweren.


    Nach dem Krieg verengte sich das ein wenig, in West-Deutschland setzte sich Übersetzung von Pauline Klaiber-Gottschau von 1903 durch, weil sie zur Werkausgabe (Verlag Langen-Müller, München) gehörte. In der DDR war die Übersetzung von Mathilde Mann verbreitet (Insel-Verlag Leipzig), von ca. 1913. Dazu kam, in den 1970er Jahren (?), in einer Neuausgabe auch die Klaiber-Übersetzung.


    3. Ich finde die neue Übersetzung von Paul Berf hakelig.


    Grundsätzlich liest sie sich gut. Die Sprache wurde entstaubt, das Ganze wirkt weniger als 'Märchen', sondern mehr als durchaus realistischer Roman mit einer Menge Märchenelemente. Das ist gut, denn genauso ist auch das Original.
    Die Übersetzung bekommt vor allem der Hauptfigur, Berling verliert an romantischem Flair, er wirkt streckenweise enorm unsympathisch. Auch die Kavaliere verlieren an Charme, aber sie alle werden dadurch lebendiger. Die ganze Künstlichkeit ihres Lebens und die Gründe dafür, die ja nicht allein selbstverschuldet sind, sondern gesellschaftliche Ursachen haben, tritt klarer zutage. Das Buch wird härter, die scharfe Beobachtungsgabe Lagerlöfs weit deutlicher.


    Die Märchenhaftigkeit bekommt einen leicht verändernden Ton, es erinnert mehr an mündlich Überliefertes, wenig Bearbeitetes, Unmittelbares.
    Unmitelbarer wirken auch die Kommentare der Erzählstimme.
    Insgesamt liest es sich 'skandinavischer'.


    So weit, so gut, ginge dies nicht zu Lasten des Deutschen. Das tut es leider. Der Übersetzer möchte sichtlich ganz nah am Originaltext bleiben.
    Das führt dummerweise einmal dazu, daß ältere deutsche Wörter und Begriffe eingeführt werden (die z.T. heute völlig unbekannt sind), weil sie de facto korrekter sind. Da stolpert man beim Lesen.
    Es hat auch seine lustige Seite, wenn man nämlich sieht, daß sich bereits Übersetzerinnen um die letzte Jahrhundertwende des Textverständnisses wegen von solchen Ausdrücken verabschiedet hatten.


    Zum zweiten führt es zu Wortschöpfungen und zwar durch lineare Übersetzung des schwedischen Ausdrucks. Da stehen auf einmal Wörter, die es im Deutschen gar nicht gibt. Schlägt man den schwedischen Text auf, ist die Sache klar. Bloß liest man in der Regel keine Übersetzung, wenn man das Original lesen kann. Kan man es nicht und ist auf die Übersetzung angewiesen, bleibt einer nur, verwundert zu gucken und mit Fragezeichen im Kopf weiterzulesen. Im schlimmsten Fall allerdings gewöhnt man sich ein falsches Wort an.


    4. Was ich mir gewünscht hätte:


    eine moderne Neuübersetzung unter Berücksichtigung der Zielsprache deutsch.


    Einen Kommentar zu all den Gegenständen, Verhaltensweisen und dem Hintergrund, die das Leben um 1820 in Värmland prägten und heute nicht einfach als selbstverständlich anzusehen sind.


    Eine handliche, gut gemachte, preiswerte Ausgabe.


    Nicht, daß die jetzige Ausgabe nicht schön ist. Sie ist jedoch in einem Maß gediegen, daß sie auf alle, die bei Literatur - und auch noch 'Welt' -!! - mißtrauisch werden, eher abschreckend wirkt. Sie ist edel, dickleibig, schwer, teuer. Sie hat einen Schutzumschlag. Die Papierqualität ist bestens und ich habe bis jetzt keinen Druckfehler entdeckt (habe aber noch ca. 180 Seiten vor mir). Sie hat ein silberfarbenes, seidiges Lesebändchen.
    Ich liebe bekanntlich Lesebändchen. Das hier aber ließ mich den Kopf schütteln. Eine Seite davon ist nämlich schmückend mit dem Verlagsnamen und dem Reihentitel 'Nordiska' bedruckt. Eine Peinlichkeit.


    Das Nachwort von Klaus Böldl ist interessant zu lesen, aber insgesamt vage. Zwei Seiten weniger schöne Worte, dafür zwei Seiten Kommentar zum Text, hätte ich vorgezogen.


    Der erste Schritt zur Erfüllung meiner Wünsche ist nicht ganz erfolgreich ausgefallen.


    Ich werde also weiter wünschen. Denn dieser Roman, der so wunderbar liebend-schräg, verrückt-berückend, grusel-grausig sowie stilistisch erstaunlich mutig-experimentell aus ziemlich allen Rollen fällt, verdient es, heute wie zukünftig viel gelesen zu werden.



    :wave


    magali



    PS.: Mein deutscher Vergleichstext war die Übersetzung von Mathilde Mann, von 1913, in einer preiswerten Taschenbuchausgabe des Verlags der Nation von 1953. :grin
    Die Übersetzung von Klaiber-Gottschau besitze ich auch, sie befindet sich nur im Moment nicht in meinem Bücherschrank.
    Meine schwedische ist ein einfaches TB von Bonnier (leicht vergilbt), die aber immerhin eine Karte von Lagerlöfs fiktiver Landschaft um den fiktiven Lövsjö enthält. Geht doch. ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Wie schön, dass dieses alte Buch auch seinen Weg hierher gefunden hat. Daher herzlichen Dank für die Rezension.


    Mir ist der Roman nur aufgrund der Mauritz Stiller-Verfilmung ein Begriff.


    Dieser Film ist ebenfalls sehr sehenswert und ein echter Klassiker, allein schon wegen La Garbo (in einer ihrer allerersten Rollen!).

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Ach ja, zum Thema weitere Bücher von Selma Lagerlöf:


    Die große schwedische Schriftstellerin hat auch einen bei uns sehr beliebten Kinderbuch-Klassiker gerschrieben:

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • @ magali


    Danke für Deine Angaben zu den Übersetzungen und deren Geschichte; mir war zwar begegnet, daß „Gösta Berling“ schon mehrfach übersetzt wurde, nicht jedoch bewußt, daß früher mehrere Ausgaben parallel lieferbar waren. Ich kann mir vorstellen, bewußt nach einer anderen Übersetzung zu suchen und dann wieder zu vergleichen.


    Ich stimme Dir zu, daß Gösta Berling (und auch die Kavaliere) bisweilen durchaus eher unsympathische Gesellen sind. Über so manche von deren Handlungen möchte ich lieber nicht so genau nachdenken.



    Zitat

    Original von magali
    So weit, so gut, ginge dies nicht zu Lasten des Deutschen. Das tut es leider. Der Übersetzer möchte sichtlich ganz nah am Originaltext bleiben.


    :write Ich hatte beim Lesen der Neuübersetzung ständig das Gefühl, eine Übersetzung, nicht einen Originaltext zu lesen. So etwas stört mich inzwischen.



    Zitat

    Original von magali
    Einen Kommentar zu all den Gegenständen, Verhaltensweisen und dem Hintergrund, die das Leben um 1820 in Värmland prägten und heute nicht einfach als selbstverständlich anzusehen sind.


    Dem schließe ich mich an. Andererseits hat das Fehlen jeglicher zusätzlicher Angaben (meine alte Ausgabe ist eine recht einfache ohne weiteren Kommentar, Nachwort o. ä.) dazu geführt, daß ich mir erst mal einen Atlas von Schweden bestellt habe (und eine Biographie von Selma Lagerlöf).


    Bei einem schwedischen Onlinehändler fand ich übrigens drei Ausgaben von „Gösta Berling“ - alle drei nicht lieferbar (und das in Schweden!); möglicherweise, weil nächstes Jahr die Werke Selma Lagerlöfs urheberrechtsfrei werden? Das Bonnier-TB, das ich bestellt habe, soll in den nächsten Wochen jedoch wieder erhältlich sein. Die verfügbare „lättlast“-Ausgabe (leichter Lesetext) scheidet aus, weil nur 159 Seiten (im Vergleich zu sonst 437).



    Wie früher erwähnt, habe ich mich zur Lektüre durch das DVD-Weihnachtsangebot der Verfilmung animieren lassen. Im Nachhinein bedauere ich, daß das Buch so viele Jahre ungelesen in meinem Regal stand. Den Zweck der Übung (TV-Serie ansehen): Verbesserung der Sprachkenntnisse im Schwedischen, habe ich übrigens erreicht. Im Dezember hatte ich „Körkarlen“ (dt. „Der Fuhrmann des Todes“) versucht auf Schwedisch zu lesen, jedoch aufgegeben und auf Deutsch fertiggelesen. Derzeit lese ich - zugegeben etwas früh im Jahr :grin - „Den helige natten“ („Die heilige Nacht“) im schwedischen Original, mit einem guten Wörterbuch als Hilfe (auch weil ich die Geschichte als hervorragend gelesenes schwedisches Hörbuch habe). Es ist zwar mühsam, aber ich käme inzwischen auch ohne die deutsche Ausgabe (in der ich meine „Übersetzungskünste“ kontrolliere) zurecht. Ich will zur gegebenen Zeit auf jeden Fall die schwedische Ausgabe von „Gösta Berlings saga“ lesen.




    @ Alice Thierry


    Die von Dir erwähnte Verfilmung mit Greta Garbo kenne ich (dem Namen nach) auch. Die ist mir jedoch zu teuer. Allerdings habe ich die als Teil eines Box-Set mit 6 schwedischen Stummfilmklassikern entdeckt. Da werde ich vermutlich gelegentlich zuschlagen, zumal der Händler auch ins Ausland liefert (was bei vielen schwedischen Versendern nicht der Fall ist). SKR 299,00 (ca. EUR 30,00, Versandkosten SKR 100,00) sind akzeptabel.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    ... ein paar „Warnhinweise“ eingebaut; diesen Satz etwa:
    „Gösta Berling“ ist wohl im besten Sinne ein etwas altmodischer Roman, (...)
    Oder auch jenen:
    Was manche als wohl als „Längen“ bezeichnen würden,(...)


    Danke für die "Warnhinweise"! Ich habe mir das Buch (eine Ausgabe aus den 50-ger Jahren) daher mal bestellt.

  • SiCollier


    ich habe auch gestaunt, als ich die vielen Übersetzungen von Gösta entdeckte. Ich habe kein Vergleichsbeispiel, weil ich mich mit Übersetzungen nur wenig auskenne, aber ich würde behaupten, daß so etwas eher selten vorkommt. Bei Lagerlöf ist es auf jeden Fall einzigartig.


    Klaiber war die Wunschkandidatin des Verlegers Albrecht Langen, als er die Werkausgabe plante. Sie hatte kurz zuvor für ihn schon 'Jerusalem' übersetzt. Er schlug sie Lagerlöf auch ausdrücklich vor. Nils Holgersson übersetzte sie dann auch, das ist seither die Version, die alle im Kopf haben, die es auf deutsch je gelesen haben.


    Klaiber und Berf nebeneinander zu lesen, ist tödlich für die jüngste Version. Das hat Berf nicht unbedingt verdient. Klaiber ist überwältigend. Ich erinnere mich gut, daß ich, als ich Gösta vor, schätzungsgweise, dreißig Jahren zum erstenmal las, wie berauscht durch die Gegend taumelte, nahezu unansprechbar, im Wortsinn 'daneben'.
    Inzwischen lese ich den Roman anders. :grin
    Aber die Erinnerung an das Rauschhafte ist nie verblaßt.


    Mathilde Mann geht übrigens ziemlich freizügig mit dem Original um. Sie entwickelt durchaus einen 'Märchenton', setzt aber die Verständlichkeit für die LeserInnen an die erste Stelle. Aus der 'Dovre-Hexe' wird die Hexe aus dem Hochgebirge, bei deren 'skinnskjortel' kann man wohl streiten, ob es ein Fellkittel (Mann) oder ein Lederkittel ist (Berf macht 'Lederrock' daraus :cry), aus den 1820er Jahren werden schlicht die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts (völlig klar für LeserInnen ab 1913) etc. pp.


    Was die von mir gewünschten Kommentare anbelangt, so ist dabei schon zu beachten, daß es sich bei Lagerlöfs Värmland in erster Linie um eine fiktive Landschaft handelt, auch wenn man bestimmte geographische Gegebenheiten identifizieren kann. Natürlich wurde Gösta vor Ort zunächst auch als Schlüsselroman gelesen, was das Buch entschieden nicht ist. Es ist ein Fantasy-Roman ;-) erster Güte. Ich erinnere an die Riesenbienen der Phantasie, die die Autorin am Schluß schwirren läßt.


    Mir ginge es bei Kommentaren eher darum, ältere Begriffe beizubehalten, um den Text nicht unnötig zu modernisieren, und sie im Anhang zu erklären. Das Ganze hat eben eine historische Dimension, es geht um Denkweisen, einen Blick auf Menschen und ihre seelische Verfaßtheit aufgrund von Traditionen, die heute alles andere als leicht verständlich sind, weil sie ihre Geltung weitgehend verloren haben.
    Darauf muß man sich beim Lesen einlassen, das ist anstrengend genug, ohne daß man sich auch noch über Begriffe wie Berfs 'Wurstschlitten' (ja, die hießen so, aber ich mußte trotzdem lachen, weil es so selten vorkommt heutzutage, falls Lagerlöf so einen überhaupt gemeint hat. Mann nennt es schlicht 'Einspänner-Schlitten'), also, ohne daß man sich auch noch über völlig ungewohnte Ausdrücke den Kopf zerbrechen muß.


    Bei der Biographie von Lagerlöf wünsche ich viel Vergnügen. Du wirst staunen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali


    Zitat

    Original von magali
    Klaiber und Berf nebeneinander zu lesen, ist tödlich für die jüngste Version. Das hat Berf nicht unbedingt verdient.


    So habe ich das auch empfunden und mich etwas gewundert; denn da die Neuübersetzung von der Schwedischen Akademie, Stockholm, gefördert wurde, würde ich prinzipiell eigentlich davon ausgehen, daß sie so schlecht nicht sein kann. Wie früher schon angesprochen: das dürfte in meinem Fall an mir liegen, da ich tendenziell immer eher zum Althergebrachten denn zum Neuen (bzw. Modernen) tendiere. Ausnahmen bestätigen die Regel.


    Vielleicht gebe ich Paul Berf in einiger Zeit, wenn die aktuelle Erinnerung etwas verblaßt ist, nochmals eine Chance. Das Buch besitze ich ja.



    Zitat

    Original von magali
    Klaiber ist überwältigend. Ich erinnere mich gut, daß ich, als ich Gösta vor, schätzungsgweise, dreißig Jahren zum erstenmal las, wie berauscht durch die Gegend taumelte, nahezu unansprechbar, im Wortsinn 'daneben'.


    Ähm, hm, das kommt mir sehr bekannt vor. :rolleyes :grin (Nur daß ich einen dreißigjährigen Abstand zum ersten Lesen wohl eher nicht mehr schaffen werde.)



    Zitat

    Original von magali
    Was die von mir gewünschten Kommentare anbelangt, so ist dabei schon zu beachten, daß es sich bei Lagerlöfs Värmland in erster Linie um eine fiktive Landschaft handelt, auch wenn man bestimmte geographische Gegebenheiten identifizieren kann.


    Das ist interessant. Ich gebe zu, daß ich in meinem Atlas nach dem See gesucht habe. :rolleyes Allerdings sei zu meiner Verteidigung angeführt, daß ich im Gösta Berling so ziemlich die ersten Landschaftsbeschreibungen gelesen habe, die in mir tatsächlich das Bild, wie ein Gemälde oder Foto, entstehen ließen. Niemals zuvor konnte ich mir etwas so gut vorstellen. Alle Achtung vor der Autorin. :anbet


    Nun ja, immerhin dürfte das Buch (und die bisherige Diskussion darüber) zur Folge habe, daß ich mich etwas näher mit Geschichte (bzw. Zeit) und Landschaft, die im Gösta Berling eine Rolle spielen, befassen werde.


    „Fantasy-Roman“ - so habe ich es streckenweise auch empfunden. Aber Fantasy im allerbesten Sinne.


    Auf die Selma Lagerlöf Biographie bin ich auch gespannt; bisher kenne ich im Wesentlichen nur die Angaben aus Wikipedia sowie einem kleineren Literaturlexikon. Die eine Biographie ist als „Leichter Lesetext“ gekennzeichnet. Das gibt dann vermutlich mein erstes schwedisches Buch ohne deutsches Gegenstück. Da im Februar aber der Schwedisch-Kurs wieder beginnt, habe ich zur Not jemanden, den ich fragen kann. :-)


    Nochmals danke für Deine Erläuterungen, die mir Autorin wie Thematik nur noch interessanter und nach-lesenswerter gemacht haben. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hm, ich habe das mal wieder nicht richtig ausgedrückt mit dem 'fiktive Landschaft'.
    Die Gegend gibt es, der See ist der Fryken. Ich nehme an, daß man auch einzelne Ortschaften identifizieren kann und Värmland ist ist es auch.


    Zugleich ist es jedoch eine erfundende, mythische Landschaft. Die Frage ist immer, ob man etwas dazu gewinnt oder etwas verliert, wenn man als Leserin/Leser die realen Gegebenheiten dahinter sucht.
    Ich neige dazu, es zu lassen, weil ich die Welt, die mir die Autorin/der Autor schenken, so im Kopf habe, wie sie sie mir zeigen. Ob das realiter so ist, will ich eigentlich nicht wissen. Für mich sagt das nichts aus über die 'Wahrheit', die sie mir präsentieren, sie wird dadurch nicht wahrer.
    Im Gegenteil verliert sie eher.
    Schwierig. :gruebel


    Die Karte in meinem Bonnier-TB habe ich eher wie die erfundenen Landkarten in einem Fantasy - oder SciFi-Roman betrachtet.


    Und ob Lagerlöf Landschaften entstehen lassen kann. Da kannst Du Dich auf etwas gefaßt machen, falls Du je dazu kommst, 'Jerusalem' zu lesen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali


    Zitat

    Original von magali
    Hm, ich habe das mal wieder nicht richtig ausgedrückt mit dem 'fiktive Landschaft'.
    Die Gegend gibt es, der See ist der Fryken. Ich nehme an, daß man auch einzelne Ortschaften identifizieren kann und Värmland ist ist es auch.


    Zugleich ist es jedoch eine erfundende, mythische Landschaft. Die Frage ist immer, ob man etwas dazu gewinnt oder etwas verliert, wenn man als Leserin/Leser die realen Gegebenheiten dahinter sucht.


    Vielleicht habe ich mich auch undeutlich ausgedrückt. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand hat die Autorin etliche ihrer Geschichten / Romane im Värmland angesiedelt. Mich interessiert einfach die geographische Verortung in Schweden, um mich (irgendwann) dem auch auf der Sachebene etwas nähern zu können, also vor allem historisch. Da wir für eines der nächsten Jahre (mindestens) einen Urlaub in Schweden planen, kann natürlich die „Kenntnis“ der Landschaft aus der Literatur auch ein Grund für die Auswahl des konkreten Reisezieles sein.


    Wenn ich etwa einen Roman lese, der in den USA spielt, habe ich auch ziemlich bald einen Atlas neben mir liegen, um mir zumindest die Lage der US-Bundesstaaten oder der vorkommenden Flüsse (die ich meist nicht im Kopf habe) zu verdeutlichen. Nicht weil ich annehme, daß ich den Roman als Reiseführer benutzen könnte, sondern - wie drücke ich mich aus - um mich gewissermaßen „erden“ zu können. Es hängt dann nicht mehr irgendwie zusammenhanglos in der Luft, sondern hat einen Bezug zum Realen - trotz der fiktiven Handlung. :gruebel Schwer für mich, das auszudrücken.


    „Jerusalem“ steht übrigens für dieses Jahr auf meiner Leseliste. Nicht nur wegen der interessanten Diskussion im Rezithrad, sondern auch weil das bisher von Selma Lagerlöf gelesene Lust auf mehr Lesestoff von ihr macht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • nein, ich hab Dich schon verstanden. Es ist einfach eine schwierige Sache, das reicht ja tief ins persönliche Empfinden für ein Buch.


    Ich gehöre zu den Menschen, für die die tatsächlcihe Geographie oder Topographie nicht wichtig ist. Ein Roman, eine Geschichte oder auch ein Gedicht würde mich nie auf die Idee bringen, an den Ort, an dem sie spielt, zu reisen. Im Gegenteil, einen solchen Ort dann zu besuchen, würde mich so sehr in meiner Vorstellung stören, die ich mir davon gemacht habe, daß es im schlimmsten Fall das Ende der Geschichte wäre.
    Ich schaue mir auch äußerst ungern Verfilmungen von Romanen an.


    Andere brauchen die tatsächliche Verortung zur weiteren, tieferen Verankerung der fiktiven Geschichte. Es ist für sie offenbar ein Zugewinn an Farbigkeit, macht alles reicher.
    Ich kann es nur konstatieren und akzeptieren, es bleibt mir fern.


    Faszinierende Sache, jedenfalls, das Ganze, finde ich.


    Ach, ja, wenn ich sage, Gösta sei 'Fantasy', dann natürlich in dem Maß, in dem Faust oder Der Meister und Margarita oder Der Sturm 'Fantasy' sind.



    Danke für den Link zu 'Jerusalem'. Ich wußte doch, daß ich dazu schon einmal irgendetwas in Forum geschrieben hatte.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus