Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht - Dieter Moor

  • Über den Autor
    Dieter Moor, 1958 in Zürich geboren, ist Schauspieler und Moderator. Anfang der 90er Jahre moderierte er das preisgekrönte Medienmagazin 'Canale Grande' auf VOX. Nach verschiedenen Stationen beim deutschen und eigenen Talkshows im österreichischen und Schweizer Fernsehen präsentiert Dieter Moor seit 2007 das ARD-Kulturmagazin Titel, Thesen, Temperamente . Gemeinsam mit seiner Frau Sonja betreibt er in der Nähe von Berlin einen Demeter-Bauernhof.


    Kurzbeschreibung
    'Warum wollt ihr ausgerechnet dorthin, von wo alle abhauen?'
    Freunde und Bekannte sind fassungslos, als Dieter Moor und seine Frau Sonja eröffnen, dass sie ihr Haus in der Schweizer Postkartenidylle verkauft haben, um nach Brandenburg zu ziehen. Im Dörfchen Amerika möchten sie ihren Traum vom eigenen Bauernhof verwirklichen. Tatsächlich sind die neue Heimat, die neuen Nachbarn und das neue Leben für allerlei ungeahnte Herausforderungen, komische Missgeschicke und skurrile Situationen gut. Warum Dieter Moor dennoch sein Herz an Land und Leute verloren hat davon erzählt er in diesem Buch. Eine charmante und witzige Liebeserklärung an eine verkannte Region.


    Meine Rezension
    Dieter Moor, den ich bisher nur aus „Titel, Thesen, Temperamente“ kannte, kauft einen Hof im fiktiven Ort Amerika in Brandenburg (also, er kauft dort zwar schon einen Hof, aber „im echten Leben“ eben nicht im Ort Amerika). Allerdings hat ihn bisher nur seine Frau gesehen, er betritt absolutes Neuland. Als er nach einer langen Fahrt ankommt, trifft ihn erst einmal der Schlag: Das Haus ist kackebraun, mit Blümchentapeten versehen und die Vorbesitzer sind auch noch nicht ganz ausgezogen. Wenn das kein prima Start ist.


    Doch es scheint noch besser zu werden: Hinter dem Haus ist ein Flughafen, der noch aus der DDR-Zeit stammt und ein Nachbar verpachtet die benachbarten Flächen für Technoparties. Na, das kann ja heiter werden. Und im Dorfladen gibt es noch nicht einmal Frischmilch. Ein Desaster?


    Doch Moor und seine Frau beißen sich durch. Peu à peu gestalten sie Haus und Hof nach ihren Vorstellungen, knüpfen Kontakte zu den Amerikanern und leben sich immer mehr ein. Das Buch erzählt auf sehr sympathische und unterhaltsame Weise die Geschichte der Dorfbewohner, das Hofleben der Moors und wie Dieter Moor den kleinen Schweizer in sich immer mehr zum Schweigen bringt.


    Eine wirklich nett und sympathisch erzählte Geschichte, die zu lesen mir großen Spaß bereitet hat. Und wer nun wissen mag, wie das Leben vor Ort tatsächlich aussieht, oder was es mit der auf dem Buchtitel genannten "arschlochfreien Zone" auf sich hat, der kann hier mehr über Dieter Moors Bauernhofprojekt lesen.


    Ich war mir nicht ganz sicher, ob das Buch hier richtig ist - aber meines Erachtens ist es unter Belle besser aufgehoben als unter den Biografien. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hört sich nach netter Lektüre an.
    Und der Titel ist ja mal sehr cool. Den leihe ich mir aus, wenn ein Kunde mal wieder meckert, weil die zwei Bücher, die er jetzt unbedingt sofort mitnehmen wollte, nicht am Lager sind :lache

  • Das ist auch ein richtig nettes kleines Buch, vom Leben auf dem Land und vom unkomplizierten Landvolk. Mir hat es gut gefallen. Hat wahrhaft keinen großen Spannungsbogen, aber richtig Spaß gemacht. Entspannte Lektüre!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Als Dieter Moor, bekannt als Moderator von TTT, und seine Frau Sonja einen Hof in der Brandenburgischen Provinz kaufen, erklären sie alle für verrückt. Und auch Dieter Moor ist sich anfangs alles andere als sicher, als er sich von seinem Schweizer Domizil auf den Weg nach Amerika, dem Dorf in Brandenburg macht, in dem er nun leben wird. Schließlich hat er seine neue Heimat noch nicht einmal gesehen.
    Eine Startschwierigkeiten dürften da nicht überraschen. Die Vorbesitzer sind noch nicht ausgezogen, das Haus verströmt den Charme von DDR-Spritzbeton, direkt hinter der Koppel befindet sich ein Fluplatz...
    Doch nach und nach lernen Dieter und Sonja ihre neue Heimat lieben. Das liegt vor allem an der direkten, oft brüsken, jedoch herzlichen Art der Brandenburger, die die beiden langsam in ihre Dorfgemeinschaft aufnehmen. Und so stehen die Personen im Mittelpunkt von Dieter Moors Geschichten, die Besitzerin des Tante-Emma-Ladens im Dorf, die sich weigert Frischmilch ins Sortiment zu nehmen, der schweigsame, aber immer hilfsbereite Bauer, die Hebamme und gute Seele des Dorfes, Teddy, der Handlanger, der alles kann. Diesen Menschen setzt Moor mit seinem Buch ein Merkmal und man erkannt an seinen Beschreibungen die Offenheit und Neugierde an anderen Menschen, die Moor auch zu einem so guten Journalisten macht. Oft komisch, immer selbstironisch, locker-flockig geschrieben ist dies eine schöne Geschichte für Zwischendurch über einen Schweizer, der im Wilden Osten seine Heimat gefunden hat.
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  • Seltsam, da erträgt einer den Kontrollzwang seines Heimatlandes nicht mehr, die Ordnung, Sauberkeit und das in absurde Rituale und Höflichkeitsfloskeln gezwängte Miteinander der Menschen. Klarer Fall: da wandert ein Deutscher aus, am besten nach Kanada oder Neuseeland.
    Aber nein, Dieter Moor, Schweizer, zog es ausgerechnet nach Brandenburg, Deutschland. Und das ist eigentlich das Besondere an diesem Buch: dieser etwas andere, durchweg wohlmeinende Blick auf die ostdeutsche Provinz.
    Nicht das man alles glauben könnte, was in diesem Buch steht, zu schön, gut und reinen Herzens sind da die Menschen, zu harmonisch das Zusammenleben auf dem Dorfe.
    Trotzdem hat dieses Buch Spaß gemacht, mir ist der kleine Schweizer richtiggehend ans Herz gewachsen, wie er geifernd unter seiner rot-weißen Fahne hervorlugt, und es gar nicht gut finden kann, wie die Dinge in der brandenburgischen Provinz so laufen. Oder wie die Moors nicht etwa in einem idyllischen Fachwerkhäuschen, sondern einer mit durchfallbraunem Spritzbeton verputzten Bude mit Plastefenstern landen. Oder wie sie sich eben nicht in das Heer der Prenzlauerberg-Flüchtlinge einreihen, die aufs Land flüchten, und sich dann darüber ereifern, dass Samstag früh um sechs antike Traktoren am Schlafzimmerfenster vorbeifahren, der Misthaufen des Nachbarn stinkt und der örtliche Konsum keine fairgehandelten Bio-Artischocken im Sortiment hat.


    Und ein kleines bisschen spiegelt es auch meine ganz persönlichen Erfahrungen wieder: wie schön es sein kann, irgendwo hinzuziehen, wo eigentlich alle weg wollen, und dort eine Heimat zu finden.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Das gute an dem Buch ist, dass der Moor Schweizer ist, also völlig unbelastet von dem ewigen Ost-West-Geplänkel. Er kann einfach auch mal "ganz doof" Fragen stellen, die sonst niemand stellen darf, dass er - auf gut deutsch - ganz unvoreingenommen an die Sache herangehen kann. Und dieses Außenstehen kommt bei allen ganz gut an, nicht nur in Ost und West, sondern auch beim Berliner, der seinen brandenburger Nachbarn ja auch immer nur belächelt. Übrigens: Teil 2 ist bereits angekündigt!

  • Es ist schon eine Weile her, dass ich dieses Buch gelesen habe. Ich habe es in recht guter Erinnerung und es hat sogar einen Platz in meinem Regal bekommen, damit ich es irgendwann nochmal lesen kann.


    Sehr gut gefallen hat mir, dass im neuen Leben von Dieter Morr und seiner Frau nicht alles perfekt läuft. (Zumindest zu Anfang nicht.) Das Haus ist nicht jedermanns Traumhaus. Die ersten Nächte sind eher alptraumhaft.


    Zitat

    Original von Batcat


    Doch es scheint noch besser zu werden: Hinter dem Haus ist ein Flughafen, der noch aus der DDR-Zeit stammt und ein Nachbar verpachtet die benachbarten Flächen für Technoparties.


    Gerade die Beschreibung der ersten Nächte hat mir sehr gut gefallen. Die Leute, die vor dem Schlafzimmerfenster Lärm machen ... Soviel zur Ruhe auf dem Land!


    Etwas zu dick aufgetragen fand ich den Namen des Ortes. Amerika. Es gibt ihn zwar drei mal in Deutschland. Allerdings ist es eben nicht der Ortsname des Ortes, in den Dieter Moor und seine Frau gezogen sind. Natürlich hat die Wahl dieses Namens eine Bedeutung. Mir wäre es trotzdem lieber gewesen, der Ort hätte einen 08/15 Ortsnamen bekommen, wenn es - verständlicherweise - nicht der echte Ortsname sein sollte.



    Zitat

    Original von Clio
    und man erkannt an seinen Beschreibungen die Offenheit und Neugierde an anderen Menschen, die Moor auch zu einem so guten Journalisten macht.



    Das sehe ich auch so! Die Offenheit, die Geduld und Freundlichkeit manchen Personen gegenüber ist wirklich beeindruckend.



    Zitat

    Original von DraperDoyle


    Nicht das man alles glauben könnte, was in diesem Buch steht, zu schön, gut und reinen Herzens sind da die Menschen, zu harmonisch das Zusammenleben auf dem Dorfe.



    Das habe ich mich beim Lesen auch oft gefragt: Wieviel davon ist wirklich so oder so ähnlich passiert?


    Vor allem das Ende fand ich dann doch etwas sehr kitschig. Das war mir dann etwas zu viel heile Welt und dörfliche Eintracht.


    Dieses Buch passt jedenfalls ganz hervorragend in die Reihe der Bücher, die den Leuten aktuell das Landleben schmackhaft machen möchten, die vermitteln wollen, wie man mit der Natur, den Tieren und den Menschen umgehen kann, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren.


    Wer intelligente und humorvolle Unterhaltung ohne erhobenen Zeigefinger sucht, der liegt mit diesem Buch richtig.



    Die Fortsetzung wird jedenfalls mit Sicherheit ebenfalls gelesen.

  • Diesen Sommer habe ich mit meiner Familie eine Woche lang Urlaub gemacht in dem Dorf, das direkt neben Hirschfelde (also "Amerika") liegt. Unsere Gastgeber, die uns eingeladen hatten, gaben mir Dieter Moors Buch zum Lesen und es war eine entspannte und vergnügliche Urlaubslektüre.


    Da wir in diesem "Niemandsland" vor Berlin vergeblich auf der Suche nach Lebensmitteln aus ökologischem Landbau waren, war die Idee naheliegend, einmal in Sonja Moors Hofladen shoppen zu gehen.


    Wir fuhren also nach Hirschfelde und - tatsächlich - vor der Haustür der Moors stand ein Passantenstopper, auf dem das gute Fleisch der Galloway-Rinder ausgepreist war. Ich schlich etwa 20 Minuten lang um Haustür und Hoftor herum und fragte mich, wo wohl der Eingang zu diesem Hofladen sei, fand aber nichts. Also läutete ich schließlich an der Tür.


    Eine Dame, die offensichtlich nicht Sonja Moor war (Haushälterin? Mutter? Schwiegermutter?) öffnete die Tür und ich fragte sie, wo denn der "Bioladen" sei. Sie schickte mich geradewegs zum Dorfladen. Ich kombinierte messerscharf, dass Sonja Moor dem sozialistischen Gedankengut ein Ende gemacht und den Dorfladen übernommen hatte. Dort aber: von Bio oder Öko keine Spur. Die Dorfgemeinschaft hatte den aufgegebenen Laden übernommen und verkaufte dort ein paar Wurstwaren und Brötchen. :gruebel


    Schade. Ich wäre ja zu gern mal hier einkaufen gegangen: http://www.sonja-moor-landbau.de/hofladen.html

  • Was für eine feine Lektüre! Da geht ein Promi (den ich übrigens im TV nur bedingt angucken kann..., aber ich war trotzdem neugierig auf das Buch) mal nicht in eine angesagte Szene-Stadt und erlebt so richtig schöne Situationen und läßt uns auch noch daran teilhaben. Soviele sympathische Zeitgenossen auf einen Haufen hätte ich hier an meinem Heimatort auch gern!
    Über den Inhalt wurde hier schon genug informiert, ich gebe nur noch einen ultimativen Lesetip ab, für alle, die sich kurzweilig unterhalten lassen möchten! :-)


    Teil 2 wird auch angeschafft!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT