'Das Foucaultsche Pendel' - Kapitel I-III (1-22)

  • Zitat

    Original von Iris
    Ich verstehe Ecos Romane als Irrgärten von Zeichen -- eigentlich wie eine moderne, "autogerechte" Großstadt mit ihrem Wirrwarr von Schildern, die demjenigen, der sich damit auskennt, nützlich sind -- aber wehe, man hat überhaupt keine Ahnung, welches Zeichensystem dem ganzen zugrundeliegt.


    Abschließend nur soviel: Was Eco in Kether schildert, ist eine mystische Gotteserfahrung durch die Erkenntnis der Transzendenz.


    Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich das verstanden hätte und zur Zeit nachvollziehen kann.


    Um es mal populistisch zu sagen, liest sich das für mich noch etwas zu "abgedreht".


    Ich möchte mich erst ein wenig mit der Kabbala beschäftigen und klinke mich mal für geraume Zeit aus der Leserunde aus.


    Gruß
    Baumbart

  • Hallo,


    wenn ich mich auf meine Schulzeit zurückbesinne und auf meinen m.E. mehr als guten Deutschlehrer und mir bewußt mache, was er uns versucht hat, für das Leben beizubringen, kann ich zu "Das Foucaultsche Pendel" von Eco nur sagen:


    Mein Eindruck ist, daß Eco mit diesem Buch versucht hat, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, was ihm auch durchaus gelungen ist.


    Rein stilistisch hat er das Buch aufgebaut wie den jüdischen Lebensbaum, die Kabbala und ich selbst finde es auch nicht so besonders schwer, die jeweiligen Abschnitte des Buches und den Lebensweg des Protagonisten mit den Sephiroth der jüdischen Geheimlehre in Verbindung zu bringen.


    Das ändert allerdings nichts daran, daß ich es als Leser nicht besonders gut finde, wenn ein Autor ein Buch schreibt, das man vielleicht nur verstehen kann, wenn man sich in eine sehr starke Schülerrolle begibt und, wie Iris es sehr zutreffend geschrieben hat, nur verstehen kann, wenn ich die "richtigen" Verkehrszeichen lerne.


    Gestern habe ich mich daher sehr intensiv mit der Kabbala beschäftigt, bin im Internet auch den von Euch und von mir selbst gefundenen Links nachgegangen, habe versucht zu verstehen...ob es mir immer gelungen ist, mag man bezweifeln, oder auch nicht...und muß leider gestehen, daß sich in mir eine immer größer werdende Abneigung aufbaut, Ecos Werk weiter zu lesen - aus gleich mehreren Gründen.


    Zum einen: Es erinnert mich zu stark an einen Maler, der neben seinem Werk stehen müßte, um zu interpretieren, damit es die staunende Menge auch begreift.


    Maximal könnte ich noch akzeptieren, daß es in gewisser Weise ironisch gemeint sein soll von Eco, ähnlich der bemalten Badewanne (Künstlername fällt mir grad nicht ein), die ich als ebensolches Sich-selbst-auf-die Schippe-nehmen verstehen könnte.


    Zum anderen: die Sichtweise und Lehre der Kabbala ist mir persönlich wirklich zu "abgedreht". Damit wir uns nicht falsch verstehen: soll jeder dieser Lehre anhängen und folgen, der mag. Mir erscheint sie zu aufgeplustert und irreal.


    Ansonsten fällt mein Urteil über das Buch - habe jetzt mehr als die Hälfte gelesen - etwas zu krass aus, um es hier wirklich wiederzugeben.


    Wünsche der Leserunde aber weiterhin viel Spaß und Freude am Lesen und Diskutieren.


    LG
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart
    und muß leider gestehen, daß sich in mir eine immer größer werdende Abneigung aufbaut, Ecos Werk weiter zu lesen - aus gleich mehreren Gründen.
    ...
    Ansonsten fällt mein Urteil über das Buch - habe jetzt mehr als die Hälfte gelesen - etwas zu krass aus, um es hier wirklich wiederzugeben.


    Wünsche der Leserunde aber weiterhin viel Spaß und Freude am Lesen und Diskutieren.


    Hallo Baumbart,


    bin etwas verwirrt, heißt das jetzt du steigst aus? ?( ?( ?(
    Wenn ja - was ich wirklich schade finden würde(!), aber natürlich verstehen kann, wenn du überhaupt gar keinen Spaß an dem Buch hast - fände ich es trotzdem gut, wenn du irgendwann, wenn du magst trotzdem dein Gesamturteil abgeben könntest. Was meinst du mit "zu krass"? Musst du aber natürlich nicht beantworten.


    Liebe Grüße,
    milla


  • Jau, Milla, das heißt es wohl...und ich finde es nicht schade, sondern eher besser für die übrige Leserunde, weil ich das eben nicht so machen möchte wie HIS...wofür ich um ein wenig Verständnis bitte. Ist nicht bös gemeint!...:-)


    Werd die Leserunde aber interessiert verfolgen, wenn Ihr nichts dagegen habt.


    :wave
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart
    Jau, Milla, das heißt es wohl...und ich finde es nicht schade, sondern eher besser für die übrige Leserunde, weil ich das eben nicht so machen möchte wie HIS...wofür ich um ein wenig Verständnis bitte. Ist nicht bös gemeint!...:-)


    Werd die Leserunde aber interessiert verfolgen, wenn Ihr nichts dagegen habt.


    :wave
    Baumbart


    Hab ich auch nicht bös verstanden ;-) Und natürlich hat da niemand etwas gegen - sag ich jetzt einfach mal so :-]

  • Zitat

    Original von dyke
    Ketzerisch sage ich – dieser Roman ist Sakrileg/Illuminati für Elfenbeinturm- Intellektuelle.


    Habe jetzt III - BINAH beendet und du hast recht, zumindest thematisch ergeben sich einige Parallelen... Zwar konnte ich nicht allem im Detail folgen, aber ich werde einige Stellen nochmal lesen.
    Die Spannung in diesem Kapitel steigt auf jeden Fall bis gegen Ende etwas passiert, was noch mehr Fragen aufwirft.


    SPOILER zum Ende Kapitel III:


    Wurde der Oberst wirklich ermordet? Wenn ja, warum? Was ist mit seiner Leiche passiert? Wer steckt dahinter? Hatte er mit seiner Theorie über die Templer doch recht? Und wer verbirgt sich hinter dem mysteriösen Mr. Rakowsky?

    Eco verfolgt diesen Handlungsstrang natürlich nicht direkt weiter, sondern setzt ganz am Ende des Kapitels erst einmal eine zeitliche und inhaltliche Zäsur, die Personen verlieren sich, als ob das, was in BINAH passiert ist, nur eine Nebensächlichkeit wäre. Gottseidank weiß man aber durch die ständige Erinnerung an die Situation im Museum, dass dem nicht so ist. Allerdings würde ich am liebsten direkt wissen, wie es dort weitergeht :-]

  • Chochmah -- die Fähigkeit zu sein, Weisheit


    Schön, dieser Übergang: Casaubon gerät während seiner Versuche, das Paßwort für den Computer namens Abulafia zu entschlüsseln in größtmögliche Verwirrung (bei Platon auch Aporie (aporía) genannt), als sein wütender Befreiungsschlag die Lösung bringt -- es ist (wie immer) die allernaheliegendste: Man muß nur die Frage wörtlich nehmen und richtig beantworten.


    Eco liefert im Folgenden allerdings nur einen globalen Überblick über Casaubons Gemürtszustand angesichts der Lektüre von Belbos Aufzeichnungen, über die er uns im Dunkeln läßt.
    Wenn da nicht dieser Satz wäre:

    Zitat

    S. 58 (HC Hanser):
    Wie unverantwortlich waren wir gewesen, Belbo, Diotallevi und ich, als wir daran gingen, die Welt neuzuschreiben oder - wie Diotallevi sagte - diejenigen Teile des Heiligen Buches aufzudecken, die mit weißem Feuer eingraviert waren zwischen den Zeilen der schwarzen Lettern, die gleich schwarzen Insekten die Torah bevölkerten und zu verdeutlichen schienen"


    Und endlich steigen wir in die Geschichte ein -- klar, der Demiurg ist schließlich erst die dritte Emanation, kann also erst mit der dritten Sefirah tätig werden und die Welt erschaffen ...
    Oder rede ich jetzt schon genauso wie Casaubon? :wow

  • Bin zwar erst bei Kapitel 6, schreibe aber trotzdem schon einmal ein paar Zeilen.


    Irgendwie würde ich das Buch doch als ziemlich schwere Kost bezeichnen. Es liest sich meiner Meinung nach zwar "flüssiger" als Der Name der Rose -weil nicht ständig lateinische Einschübe zu finden sind-, aber inhaltlich geht es um ein Thema, von dem ich so gut wie keine Ahnung habe.


    Ständig bin ich am googeln, deshalb brauche ich sehr lange für ein Kapitel. Vor kurzem habe ich ein englisches Buch gelesen (meine Englischkenntnisse sind mittelmäßig), jedoch kamen in diesem Buch auch nicht mehr unbekannte Worte vor als im deutschsprachigen "Foucaultschen Pendel" :cry


    Nichtsdestotrotz fesselt mich das Buch, wenn ich auch momentan nicht allzu viel verstehe. Na ja, mit eurer Hilfe werde ich wohl noch ein wenig dran bleiben und einfach weiterlesen.


    Ich werde meinem Rechner jetzt auch einen Namen geben, ich wusste schon immer, dass diese Geräte Herz und Seele haben.


    :pc

  • Muß doch nochmal etwas anmerken zu dem "Pendel".


    Hört sich wahrscheinlich bissl blöd an, aber mir hat das Buch wirklich zu wenig Tiefgang...oder halt einen, der mir nicht gefällt. Gerade wegen dieser - für mich wie eine Keule geschwungenen - bezugs zur Kabbala.
    Diese Lehre ist mir an sich zu "überhöht" - weiß nicht, ob man das so sagen kann? Wahrscheinlich bin ich da bodenständiger und liebe es realer, mag sein.


    Auch die Beschäftigung mit Mythen, Religionen und Glaubensrichtungen sehe ich eher aus ganz anderen eigenen Gesichtspunkten.


    Es gibt aber schon ein paar Stellen, die mir auch gefallen in Ecos Buch, aber die sind dann entweder logischer oder naturwissenschaftlicher Natur.


    Wem`s gefällt sonst....mir sagt`s recht wenig...*schulterzuck*


    LG
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Iris
    Und endlich steigen wir in die Geschichte ein -- klar, der Demiurg ist schließlich erst die dritte Emanation, kann also erst mit der dritten Sefirah tätig werden und die Welt erschaffen ...
    Oder rede ich jetzt schon genauso wie Casaubon? :wow


    ääääääääääähhh
    .
    .
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    .


    JA! :lache
    (aber macht ja nix ;-))


    Ich habe grade festgestellt, dass ich den Eco übers WE vergessen hab mitzunehmen, so ein Mist :yikes
    Bestimmt weil er nicht an der üblichen Stelle lag, sondern auf dem Schreibtisch :bonk

  • Zitat

    Original von milla
    JA! :lache
    (aber macht ja nix ;-))


    Okay, ich werde mich bemühen, kein unverständliches Zeug abzusondern.


    Zitat

    Ich habe grade festgestellt, dass ich den Eco übers WE vergessen hab mitzunehmen, so ein Mist :yikes


    Dann habe ich ja die Chance aufzuholen.

  • Bei Amazon hat ein Rezensent namens jrgela etwas sehr treffendes über dieses Buch geschrieben:


    "Für Leute, die nicht gleich peinlich berührt sind, wenn sie etwas nicht sofort kennen und verstehen. Alle anderen sollten bei Dan Brown bleiben."


    Klasse! :lache :lache :lache

  • Zitat

    Original von Historikus in Dan Brown-Ordner im September
    Ich habe Illuminati nun schon dreimal gelesen. Beim ersten Mal durchlesen fand ich das Buch grenzgenial spannend, ich konnte es nicht fassen, wie gut das Buch war.


    Doch beim genaueren Nachdenken muss ich doch sagen, dass es einige viel bessere, logischere Thrillers gibt.


    Original von Historikus hier
    warum darf ich denn nicht meine Abneigung gegen gewisse Bücher und Autoren preis geben? Ich finde viele Bücher gut, aber viele schlecht, manche grottenschlecht und eine Frechheit, so sehr, dass ich einfach sagen muss, dass ich sie scheiße finde. Dazu gehören besonders der so hochgejubelte Dan Brown,


    Das reicht wohl

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Irgendwie ganz schön still hier (Mal von den Reibereien abgesehen). Auch ich mache nicht sonderlich viel dagegen.


    Also die ersten 3 Hauptkapitel habe ich jetzt durch.


    Mittlerweile gestehe ich mir ein, dass ich bei diesem Buch nicht alles verstehen will. Ich denke, ich könnte das Buch zig Mal lesen und immer wieder was Neues erkennen. Na ja, auch o.k.


    Ich finde das Buch schon ziemlich spannend, obwohl mir einige Zusammenhänge nicht wirklich klar sind, vielleicht beim nächsten Mal lesen.


    Casaubon ist sehr direkt, als er seine Freundin kennenlernt:

    Zitat

    Entschuldige, aber ich würde gerne mit dir schlafen. ...


    dtv-Ausgabe S. 208, Kapitel 22


    Passage hat mir gut gefallen, aber ich hätte dem Typen wahrscheinlich eine Ohrfeige gegeben.

  • Habe III (Binah) hinter mir und komme aus dem Grinsen nicht mehr raus.
    Erst dröselt dieser Belbo dem Erzähler Casaubon seine Unterteilung der Menschen in Idioten, Dämliche, Dumme und Irre auf ...
    Dann lernt Casaubon Belbos Kollegen Diotallevi kennen, der sich selbst als Jude deklariert. Diese beiden, Lektoren in einem geisteswissenschaftlichen Verlagshaus -- also verhinderte Autoren und ebenso verhinderte Philosophen -- haben sich eine Fakultät der Vergleichenden Irrelevanz gezimmert, ein akademisches Universum der Unsinnigkeiten. (Hat mich an eine alte, vergessene Comicserie mit einem Helden namens Schindelschwinger erinnert)
    In Kneipenumgebung referiert Casaubon im Folgenden die Geschichte der Templer bis zur Zerschlagung des Ordens als ein Gemisch aus Western und Courtroom Drama.
    Und schließlich ist da dieser Schriftsteller, ein faschistischer alter Obrist, der sich eine Weltverschwörung der im Geheimen operierenden Templer seit der Zerschlagung des Ordens zusammengebastelt hat und seine "Forschungsergebnisse" publizieren will, um die "Überführten" zu nötigen, aus der angeblichen Deckung herauszutreten, was seine Theorie beweisen würde ... Nach Belbos Einteilung der Menschen in handelt es sich jedenfalls um einen Irren, und ich frage mich gerade, in welche Abteilung der Vergleichenden Irrelevanz die Geschichte der Templerverschwörung gehört ...

  • Zitat

    Original von Iris
    Und schließlich ist da dieser Schriftsteller, ein faschistischer alter Obrist, der sich eine Weltverschwörung der im Geheimen operierenden Templer seit der Zerschlagung des Ordens zusammengebastelt hat und seine "Forschungsergebnisse" publizieren will, um die "Überführten" zu nötigen, aus der angeblichen Deckung herauszutreten, was seine Theorie beweisen würde ... Nach Belbos Einteilung der Menschen in handelt es sich jedenfalls um einen Irren, ...


    Eindeutig, denn Belbos Definition eines Irren trifft 100%ig auf den Oberst zu:


    Zitat


    Alles beweist für ihn alles. Der Irre hat eine fixe Idee und sieht sich durch alles, was er findet, bestätigt. Den Irren erkennt man an der Freiheit, die er sich gegenüber der Beweispflicht nimmt, an der Bereitschaft, überall Erleuchtungen zu finden.
    dtv-Ausgabe 2003, S.88


    Seine Motivation, warum er jetzt publizieren will, ist konsequent gesehen ziemlich mutig, denn wenn alles stimmt, was er vermutet, könnte das ziemlich gefährlich werden... Andersherum, nur weil es gefährlich wurde, heißt das noch lange nicht, dass seine Theorie stimmt, denn so eine Herleitung wäre (nicht nur nach Belbo) dumm...


    Ich finde Belbo nach wie vor klasse :grin

  • Zitat

    Original von milla
    Seine Motivation, warum er jetzt publizieren will, ist konsequent gesehen ziemlich mutig, denn wenn alles stimmt, was er vermutet, könnte das ziemlich gefährlich werden...


    Wenn, ja, wenn ... Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär ...


    Wahrscheinlicher ist allerdings das Gegenteil: Daß er ziemlich mutig ist, sich aufgrund einer festen Überzeugung dermaßen der Lächerlichkeit preiszugeben.


    Zitat

    Andersherum, nur weil es gefährlich wurde, heißt das noch lange nicht, dass seine Theorie stimmt, denn so eine Herleitung wäre (nicht nur nach Belbo) dumm..

    .
    Stimmt, denn Umkehrschlüsse sind logisch unzulässig (auch wenn das andauernd gemachet wird.


    Zitat

    Ich finde Belbo nach wie vor klasse :grin


    Sowohl ihn als auch -- auf seine ein wenig bizarre Art und Weise -- den guten Diotallevi, der ja auch Züge eines Irren hat.

  • Zum genial trockenen Belbo zitier ich mal eine meiner Lieblingsstellen:


    Zitat

    "Die Alchemie ist eimmer ein Spiel", sagte Diotallevi mit Überzeugung. "Wahrscheinlich kannten die Templer das Geheimnis wie man Gold macht." "Sicher kannten sie es", sagte Belbo. "Man stürmt eine sarazenische Stadt, schlachtet Frauen und Kinder ab und rafft alles zusammen, was man kriegen kann..."


    dtv-Ausgabe 2003, S. 138


    :lache :lache :lache