Upton Sinclair - Der Dschungel wer kennt es?

  • Hallo


    ich bin hier bei meiner Büchersuche auf dieses Forum gestoßen. Und hab da auch gleich mal ein Anliegen.


    Der Dschungel erschien anfang des letzten Jahrhunderts und beschreibt die kritischen Zustände der Chicago Stockyards, der größte Rinderschlachthof der Welt damals. Ich befinde mich grad in einer Fleischerlehre und meine Berufsschullehrerin erzählte mir von diesem Buch und es interessierte mich sehr. Nun bin ich auf folgendes Problem gestoßen, es gibt ettliche Auflagen von diesem Buch und zudem eine zensierte und eine unzensierte Fassung, daher suche ich nach Lesern die das Buch und vieleicht auch mehrere Versionen gelesen haben, da ich sehr viel Wert auf Originaltreue lege und mir nicht sicher bin welches ich mir holen soll.
    Wäre schön wenn mir da jemand ein wenig Hintegrundinfo geben könnte welches die am naheliegenste Version ist.


    Anbei mal ein wiki link zum Buch: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Dschungel



    Mit freundlichem Gruß


    Der Bulli :)

  • Zitat

    Original von Bulli
    oh je, tut mir leid dachte hier würd ich am ehesten reinpassen. Wollt nicht gleich in den Suche nach Buch Bereich da ich je eher nach Infos suche.


    Kein Drama, kann schon mal passieren :-)


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  • Ich habe dieses Buch vor Jahren gelesen, in einer DDR-Ausgabe, es wird also wohl im Aufbau-Verlag gewesen sein (kann zu Hause noch mal nachgucken). Ob die zensiert ist oder nicht, weiß ich nicht.


    Auch wenn ich mich nicht mehr an viele Einzelheiten erinnern kann, hat mich das Buch sehr beeindruckt, besonders die Hochzeitsszene am Anfang. Gegen später dann wird es streckenweise eine etwas plumpe Anklage gegen die Verhältnisse, man merkt etwas zu deutlich, dass der Autor weniger einen guten Roman schreiben, als viel mehr die Verhältnisse anprangern wollte.
    In Anbetracht der Entstehungszeit und der dokumentierten Zustände ist das aber durchaus verzeihlich.


    Schade eben nur, dass, wie der Autor selbst (sinngemäß) sagte, er nicht den Kopf, sondern nur den Bauch der Amerikaner getroffen hat. Folgerichtig floppte dann auch sein zweiter Roman, "König Kohle", der die Bedingungen im Bergbau anprangert (wobei ich den noch nicht gelesen habe, also nichts über die literarische Qualität sagen kann). So ein Rattenkadaver in der Büchswurst mag ein Aufreger sein, aber Arbeiter, die an ihren Arbeitsbedingungen zugrunde gehen, locken eben keinen hinterm Ofen vor.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • In den Lexika, in denen ich nachgeschaut habe, steht nicht sonderlich viel über zu den Übersetzungen. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass in der Erstübersetzung von E. E. Ritter aus dem Jahr 1906 der Titel geändert wurde. Wikipedia weist selbst darauf hin, dass die Übersetzung durch Hermynia zur Mühlen abweicht.
    Ich würde dann entweder zur Ausgabe vom Aufbau Verlag oder der des Rowohlt Verlags tendieren.
    Wenn Du ganz sicher gehen willst, stell Deine Anfrage beim Klassikerforum ein.

  • Bulli


    schöne Idee, es ist ein tolles Buch, die Beschreibung der damaligen Arbeitssituation wird Dir gefallen, sobald Du aufgehört hast, entsetzt den Kopf zu schütteln.
    :lache


    Übersetzungen gab es seit dem Erscheinen des Buchs auf deutsch vier, wenn ich das recht sehe. Die allererste, dann eine aus den zwanziger Jahren (von Hermynia zur Mühlen und im Malik-Verlag erschienen, die ich besitze :grin), dann eine aus den siebziger Jahren in der DDR und schließlich die jüngste 1980 in der BRD von Otto Wilck. Diese wurde dann von Rowohlt übernommen und ist bis heute offenbar die Standard-Übersetzung.
    Ich nehme an, daß sie vollständig und ohne Ergänzungen ist. Es geht bei diesem Buch nämlich weniger um Zensur, als um die Verstärkung des sozialkritischen und sozialistischen Inhalts, den zur Mühlen im zeitbedingten revolutionären Überschwang vorgenommen hat. Damals (1924) hieß das Buch auf deutsch auch noch 'Der Sumpf'.
    Ich weiß nicht, inwieweit die DDR-Übersetzerin, Ingeborg Gronke, 1974 zur Mühlen gefolgt ist, ich kenne die Ausgabe nicht. Immerhin übernimmt sie den Originaltitel.


    Was ich nicht gefunden habe bei Amazon, ist eine lieferbare Ausgabe. :gruebel
    Kann das sein?
    Die DNB erwähnt eine von 2004?
    Wahrscheinlich brauche ich bloß wieder Kaffee. :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali:
    Es muss/soll noch eine fünfte Übersetzung gegeben haben, erschienen im Zweitausendundeins Verlag, die aber zurückgezogen wurde.


    Ich sehe gerade die Gebrauchtpreise und bin doch etwas überrascht darüber (nicht negativ gemeint), dass es offensichtlich einen Markt für solche Literatur gibt.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Ich sehe gerade die Gebrauchtpreise und bin doch etwas überrascht darüber (nicht negativ gemeint), dass es offensichtlich einen Markt für solche Literatur gibt.


    Hm, ich finde die Preise eigentlich noch recht moderat.


    Gerade bei vergriffenen Taschenbücher sind die Preise manchmal ja wirklich astronomisch und haben meiner Meinung nach nichts mit dem Markt, sondern mit den überzogenen Vorstellungen der Verkäufer hinsichtlich der finanziellen Leidensfähigkeit der potentiellen Käufer zu tun.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Salonlöwin


    Ah, danke!
    Das könnte es erklären. Das muß ich mir mal anschauen.



    'Markt für solche Literatur'? Sinclair gilt in erster Linie als Klassiker. Als US-amerikanischer Sozialist ist er noch dazu ein Unikum. :lache
    Ernsthaft: er hat sehr viel geschrieben, war prägend für bestimmte literarische Strömungen und ist bis heute angesehen wegen seiner realistischen Schilderungen. In der Oberstufe der US-Highschools ist er Schullektüre.



    :wave


    magali

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    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Villeicht sollte ich diesen Thread zum anlass nehmen, mich mit diesem Autor näher zu beschäftigen.


    Das kann ich auf jeden Fall nur empfehlen! Für heutige Verhältnisse mag der sozialkritische Ansatz manchmal etwas zu plump daher kommen, über weite Strecken aber erzählt Sinclair einfach mitreißend seine Geschichte.

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  • DraperDoyle


    :lache


    Ich schrieb doch, daß ich Kaffee brauche.



    Ich habe das mit der 2004er Ausgabe geklärt. Das ist Teil einer Kassette mit weiteren Büchern aus dem MÄRZ-Verlag (den gibt es in dieser Form nicht mehr)


    Salonlöwin


    die zurückgezogene Ausgabe war tatsächlich eine Neu-Übersetzung und zwar ebenfalls beim MÄRZ-Verlag (ein sozialistischer :grin), ehe dann Wilcke den Auftrag bekam.
    Also, ich korrigiere: es gab fünf deutsche Übersetzungen seit Erscheinen des Buchs in Deutschland.


    Heute liest man das wohl eher aus historischem Interesse.
    Besser als ein im Nachhinein erfundener historischer Unterhaltungsroman über dieses Thema ist es allemal.
    Wenn ich allerdings die heutigen Arbeitsbedingungen in Sweatshops irgendwo da draußen Richtung Balkan und Asien bedenke ... :gruebel
    Doch nicht so historisch.



    :wave


    magali

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    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali


    Besser als ein im Nachhinein erfundener historischer Unterhaltungsroman über dieses Thema ist es allemal.


    magali


    Das ist wohl wahr, ich könnte mir sogar vorstellen, dass so ein historischer Unterhaltungsroman richtig gut ankäme und in einer Leserunde die Autorin mit wohligem Schaudern gefragt würde, ob das damals in den Schlachthöfen wirklich so schlimm gewesen wäre, woraufhin die Autorin auf gewissenhafte Recherchen in der zeitgenössischen Literatur, z.B. Sinclair, verweisen könnte :grin.


    Was die "historischen" Arbeitsbedingungen angeht, musste ich auch an die Zustände bei der globalisierten Produktion von Zeugs denken :rolleyes

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  • Nun mir geht es nicht um den Schreibstil oder sonstiges, mir geht es dabei wirklich rein um die historisch korrekte Wiedergabe der damaligen Verhältnisse. Das Fleischerhandwerk und seine Geschichte interessieren mich sehr und auch wenn das zwar kein schöner Teil ist den Upton da beschreibt so ists dennoch ein Teil der Geschichte.
    Über die Zensur an sich weiß ich leider nicht viel ich weiß nur das wohl um 1980 herum eine weitere Version des Buches entdeckt wurde die 36 anstatt 31 Kapitel enthält, weshalb ich von Ausgehe das da wohl damals die ein oder andere wirtschaftlich interessante Information einfach mal Beiseite geschafft wurde :grin
    Allerdings ist die Auflage die ich bei Amazon gefunden hab nach 1980 erschienen und hatte dennoch nur 31 Kapitel.
    Aber ich glaub ich werd mir einfach mal die vom Rowohlt Verlag besorgen und ggf noch eine ungekürzte wenn ich sie in die Finger bekomm.
    Danke soweit schonmal :grin

  • Bulli


    die US-amerikanische Originalausgabe hat 31 Kapitel.
    Meine deutsche Ausgabe von 1924 hat gleichfalls 31 Kapitel.


    Woher die fünf weiteren kommen, kann ich nicht erklären, es sei denn, die ÜbersetzerInnen haben etwas dazugedichtet oder, einfacher, anders eingeteilt.


    Kennst Du die Beschreibungen aus dem Schlachthof aus Döblins 'Berlin Alexanderplatz'? Das wäre 25 Jahre nach Sinclair.



    :wave


    magali

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    K. Kraus

  • magali


    Naja ich weiß nichtmehr wo ich es gelesen hab aber es wurde gesagt das sie 1980 eine version entdeckt haben die darauf schließen lassen das bis dahin 5 Kapitel einfach zensiert wurden und nie in den Umlauf gelangen. Kann sein das es ein Fake ist oder nur eine Fehlinformation, aber vorstellbar ists da die Wirtschaft und die Politik nicht gut zu sprechen waren auf das Buch.
    Und das mit dem Berlinder Schlachthof klingt auch sehr interessant, danke! :grin