'Saigon - Berlin' - 4. Kapitel

  • So, ich bin endlich auch angekommen in der Geschichte. Das war ein tolles Kapitel! Ich mochte die Beschreibung der Familie von Kleiner Drache sehr. Da hatte ich ganz tolle Bilder im Kopf, das war alles wirklich richtig gut beschrieben. Gnong Duc hat mich ebenfalls beeindruckt.


    Und Kleiner Drache wird mir langsam unheimlich. Was die wohl noch so alles anstellen wird? Und ich bin gespannt, was Ali noch für eine Rolle spielen wird und ob Fjodor noch Ärger macht wegen dem Finger seines Mädchens.


    Aber jetzt geht es ja erst mal wieder zurück nach Berlin. Dabei würde ich jetzt schon gerne wissen, wie es in Saigon weitergeht :-)

  • Atmosphärisch dicht, beschränkt sich hef hier auf wirklich kurze, präzise Sätze - was der Geschichte nicht schadet, im Gegenteil, aus dem Krieg kann man fast nur so berichten. Alles, was mehr wäre, würde in Kitsch abdriften...


    Kleiner Drache ist mir auch sympathisch, aber die Mentalität der Asiaten ist mir persönlich ziemlich fremd. Manche Handlungsweisen sind wirklich befremdlich, so toll das Wasserpuppenspielen ist, so komisch finde ich es, daß Kleiner Drache das für ihren Vater tut - und der Vater gewinnt. Irgendwo kann ich es verstehen, aber andererseits wäre es für mich nichts - ich wäre stolz darauf, zu gewinnne, aber auch stolz auf Vater und/oder Tochter, die dasselbe tun.


    Die Geschichte mit der Garküche, die Stösser an die Amis ver"scheuert" find ich zum Feixen, allerdings mit einem bitteren Nachgeschmack, wenn die Familie von dem Geld zwei Monate überleben kann, das die Soldaten mal eben so ausgeben.


    Und sehr beeindruckt hat mich der Zen Mönch, ob wir von dem wohl noch was lesen?

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Oh ja, die Geschichte mit der Suppe fand ich auch krass. Mein erster (Wohlstands-)Gedanke war auch: Toll, so viel Geld.


    Und dann hat es mich fasziniert, dass das so ganz anders aufgenommen wurde. Klar, ich verstehe das natürlich, aber ungewohnt ist es für jemanden mit unserer Mentalität dennoch. Ich habe dann das Gefühl, dass man es sehr schwer hat, wenn einem dieser Pragmatismus fehlt und man stattdessen immer von Stolz und Traditionsbewusstsein geleitet wird...

  • Ich mag Kleiner Drache auch, sie hat bei aller scheinbaren Sanftmut manchmal ganz schöne Pantoffeln für Peter bereit :grin

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich habe es heute auch geschafft diesen Teil zu verschlingen!


    Die Beschreibung von kleiner Drachens Familie und deren Leben fand ich beeindruckend. Es gab so deutlich wieder wie anders das Leben, die Werte doch zu Europa sind. Das fand ich klasse geschrieben - weil es an einfachen Dinge die Differenzen so deutlich darstellte.


    Dieser Eppstein .. hmm die Sache ist ganz schön seltsam. Auch dieser La Troux. Mit dem scheint man auch besser nicht aneinander zu geraten. Das Wissen der Beiden ist enorm und immer sehr schnell auf dem neuesten Stand. Sie werden sicher beide ihre (nicht rechtmäßigen) Methoden haben!?

  • Endlich wieder ein Saigon-Kapitel :freude
    Fragt mich nicht warum, ich mag die wirklich total. Vielleicht, weil es hier nicht ganz so verwirrend zugeht? Aber so richtig weiß man ja auch hier noch nicht genau, wer welche Rolle spielt.


    Ich bin erstaunt, wie schnell Peter in die Familie aufgenommen wird.
    Frage mich aber momentan noch - ist es wirklich schon Liebe oder noch ein Zweckbündnis zwischen Peter und kleiner Drache?
    Vielleicht ist es unter den Umständen auch gar nicht möglich, in solchen Dimensionen zu denken, ich weiß es nicht.


    Hier hab ich dann gemerkt, dass mir einiges an Hintergrundwissen fehlt und habe mich etwas belesen, was gut war. So verstehe ich die ganze Froblematik besser, auch die Sache mit dem kleinen Kamikaze. Was wird aus ihm werden?


    Das Auftreten der amerikanischen Armeeleute. Ja. Es wird nicht selten noch heute so sein. Eine Kultur, die der des eigenen Volkes auf den ersten Blick unterlegen scheint, eine andere Lebensqualität, und schnell verliert man den Boden unter den Füßen und glaubt was Besseres zu sein. Man wird ja selbst wieder ein bissl runtergeholt wenn man liest, wie Peter das Geld mit offenen Händen ausgibt und wovon dagegen eine Familie im Monat leben muss...
    Und trotzdem strahlt aus den Figuren, aus der Familie des kleinen Drachen so viel Leben. Sehr gut geschrieben.


    Brian Eppstein. Er verschwindet mir ein bisschen schnell von der Bildfläche. Nur weil seine Tarnung gefährdet ist? Leuchtet mir jetzt nicht ganz ein. Er scheint doch sonst so viel Einfluss zu haben und so viele scheinen eh schon zu wissen wer er ist.


    Ali. Ich bin misstrauisch. Ist der koscher?


    Ein Reporter verrät das Militär. Ohoh. Jetzt wird es spannend...

  • von Flöt


    Ich bin erstaunt, wie schnell Peter in die Familie aufgenommen wird.
    Frage mich aber momentan noch - ist es wirklich schon Liebe oder noch ein Zweckbündnis zwischen Peter und kleiner Drache?



    Nein, Liebe gibt es in den Zeiten nicht. Das war ein reines Zweckbündnis.
    Der eine hat vermeintlich undendliche Geldreserven und muss für jede Dienstleistung zahlen. Dafür kauft er sich Service. Aber das kapieren weder junge Soldate (Journalisten) fern der Heimat, noch heute Touristen in Thailand.
    Es sind immer die männlichen Langnasen, die es auszunehmen gilt...aber die denken nur zwischen den Beinen.... :chen


    euer hef

  • Mir geht es wie den meisten hier, dass ich wenig Hintergrundwissen ueber den Vietnamkrieg hab. Da google ich auch noch nebenher. Und entsprechend wirken die Saigon Kapitel auch am spannensten. Gerade der Ausflug zur Familie bringt sehr schoene Einblicke.


    Interessant finde ich wie Kleiner Drache und auch die anderen Vietnamesen alle Auslaender in einen Topf werfen und mit "ihr" bezeichnen. Da wird kein Unterschied zwischen Franzosen, Amis, Russen ... oder Deutschen gemacht. Sie gehoeren eben alle nicht hierher und versuchen ja nichtmal die Kultur wirklich zu verstehen.


    Eppstein kapier ich auch nicht. Ein schoener Geheimdienstler, von dem jeder weiss, dass der Journalist nur Tarnung ist oder was soll das :rolleyes

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Interessant finde ich wie Kleiner Drache und auch die anderen Vietnamesen alle Auslaender in einen Topf werfen und mit "ihr" bezeichnen. Da wird kein Unterschied zwischen Franzosen, Amis, Russen ... oder Deutschen gemacht. Sie gehoeren eben alle nicht hierher und versuchen ja nichtmal die Kultur wirklich zu verstehen.


    Wenn du die Geschichte Vietnams liest, kein Wunder. Kein Wunder... Schon erstaunlich, wie diese Menschen sich trotzdem eine eigene Kultur entwickelt haben. Oder gerade deshalb.

  • Zitat

    Original von hef
    [I]von Flöt


    Nein, Liebe gibt es in den Zeiten nicht. Das war ein reines Zweckbündnis.
    Der eine hat vermeintlich undendliche Geldreserven und muss für jede Dienstleistung zahlen. Dafür kauft er sich Service. Aber das kapieren weder junge Soldate (Journalisten) fern der Heimat, noch heute Touristen in Thailand.
    Es sind immer die männlichen Langnasen, die es auszunehmen gilt...aber die denken nur zwischen den Beinen.... :chen


    Ja wie ne Dienstleistung liest es sich auch irgendwie. Wenngleich eine gewisse Zuneigung dazusein scheint, irgendwie.
    Ich versuche immer die Verbindung zu Hef zu sehen und ihn mir vorzustellen, so jung noch, eigentlich. Manchmal ist es Peter anzumerken, manchmal ist er für sein Alter erstaunlich reif und wirft mit Sprüchen um sich wie ein "Alter", manchmal wieder ist er herrlich naiv.
    Überlege außerdem, wie ich mit 22 war. Die Dinge zu sehen, die Peter/Hef gesehen hat. Zart besaitet darf man jedenfalls nicht sein.

  • Zitat

    Original von Flöt


    Hier hab ich dann gemerkt, dass mir einiges an Hintergrundwissen fehlt und habe mich etwas belesen, was gut war. So verstehe ich die ganze Froblematik besser, auch die Sache mit dem kleinen Kamikaze. Was wird aus ihm werden?


    Hast du einfach gegoogelt? Ich habe keine Ahnung, wie ich an irgendwelche Infos kommen kann. Ansatzweise verstehe ich die Problematik, aber das zündende Etwas fehlt. Werde gleich mal gucken, ob ich etwas finde.


    Die Vietnamesen haben ja eine völlig andere Einstellung. Kein Wunder, dass Peter sich total verloren fühlt. Irgendwie wird sein Weltbild total auf den Kopf gestellt. Die Familie von Kleiner Drache ist ja sehr nett, aber irgendwie gruseln sie mich ja doch ;-) Den Zen Mönch fand ich toll. Wie selbstverständlich er über den Markt gegangen ist und gebettelt hat. Unfassbar, dass es Menschen gibt, die so sind. Ich würde mich in Grund und Boden schämen - aber ich lebe ja auch in einer anderen Kultur und kann das alles nicht nachvollziehen.


    Da habe ich direkt mal eine Frage an dich Hef: Hat sich deine Lebenseinstellung durch deine Auslandsaufenthalte geändert? Und in wieweit hast du das selbst bemerkt? Ich kann mir vorstellen, dass man solche Veränderungen erst bemerkt, wenn man darauf angesprochen wird oder bestimmte Situationen noch mal durchlebt und anders reagiert.


    Ich kann z. B. nicht verstehen, dass die Familie nicht froh über das zusätzliche Geld durch den Verkauf der Suppe und der Eier war. Da sie ja nicht viel Geld haben, können sie davon doch noch länger leben. Das wäre wirklich nicht meine Kultur.


    Brian Eppstein verschwindet von jetzt auf gleich. Das ist auch seltsam. Ich könnte mir aber vorstellen, dass er wiederkommt. Und dieser Wiederling Klaus taucht auch auf einmal wieder auf. Fürchterlich. Ob er wirklich wieder nach Deutschland kommt?


    Mir gefallen die Saigon-Teile auch besser. Erst dachte ich, dass es anders herum wäre. Naja, auf zum nächsten Teil :-)

  • von boolooker



    Da habe ich direkt mal eine Frage an dich Hef: Hat sich deine Lebenseinstellung durch deine Auslandsaufenthalte geändert? Und in wieweit hast du das selbst bemerkt? Ich kann mir vorstellen, dass man solche Veränderungen erst bemerkt, wenn man darauf angesprochen wird oder bestimmte Situationen noch mal durchlebt und anders reagiert.



    Da muss ich zwei Dinge unterscheiden. Der Krieg hat in mir etwas ausgelöst, das mich zum absoluten Pazifisten gemacht hat.


    Andererseits.... :gruebel ich bin fast 40 Jahre in Asien geblieben und habe mir dort eine gute Existenz aufgebaut. Passt das zusammen?
    Für mich schon, denn ich habe nach meiner Rückkehr 2000 so meine Probleme mit der deutschen Mentalität. Die ist mir doch sehr fremd geworden. Nicht nur das Klima, auch die Menschen sind wie das Klima....kalt und unfreundlich.


    Aber, als Buddhist verstehe ich es, mich zu arrangieren...wie der Mönch in Chau Doc


    Darüber ist übrigens ein Roman in Planung....


    euer hef

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ich kann z. B. nicht verstehen, dass die Familie nicht froh über das zusätzliche Geld durch den Verkauf der Suppe und der Eier war. Da sie ja nicht viel Geld haben, können sie davon doch noch länger leben. Das wäre wirklich nicht meine Kultur.


    Ich finde es nicht nur kulturel verstaendlich sondern letztlich total logisch: gerade wenn man mit wenig Geld leben muss, ist es wichtig Werte zu pflegen, bei denen Geld keine Rolle spielt. Unsere westliche Kultur koennte sicherlich auch mehr nicht-materielle Werte gebrauchen ....

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Da stimme ich Beatrix in jedem Punkt zu (obwohl dein Avatar meiner soeben begonnen Gute-Vorsätze-zum-neuen-Jahr-Ernährungsumstellungs-Diät einen ganz schönen Schjlag versetzt! :grin)

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat:
    Original von Booklooker
    Ich kann z. B. nicht verstehen, dass die Familie nicht froh über das zusätzliche Geld durch den Verkauf der Suppe und der Eier war. Da sie ja nicht viel Geld haben, können sie davon doch noch länger leben. Das wäre wirklich nicht meine Kultur.


    von Bea


    Ich finde es nicht nur kulturel verstaendlich sondern letztlich total logisch: gerade wenn man mit wenig Geld leben muss, ist es wichtig Werte zu pflegen, bei denen Geld keine Rolle spielt. Unsere westliche Kultur koennte sicherlich auch mehr nicht-materielle Werte gebrauchen



    Bitte beachten, das kleiner Drache die kulturellen Unterschiede im Land häufig anspricht.


    Sie ist eine KHMER, die Urbevölkerung in Vietnam. Ein selten stolzes Volk seit mehr als 3tsd. Jahren, das, ob seiner damaligen Friedfertigkeit, vom Stamm der Viets, auf der Flucht vor den Chinesen, von ihrem damals, von Thailand bis and die Grenze des Chinesischen Kaiserreiches reichte, vertrieben wurde.


    Für sie ist ein Nicht-Khmer ein Besatzer. Daran hat auch Pol Pot nichts geändert, der die Chinesische Kulturrevolution a la Mao auch in Kambodscha einführen wollte. Das Volk hat ihn gestürzt


    euer hef

  • Danke fuer die zusaetzlichen geschichtlichen Erklaerungen, hef. Sowas haette ich mir eigentlich mehr IM Buch gewuenscht und es kam leider nur in Ansaetzen vor.


    Waren diese Erlaeuterungen jetzt nur allgemein gemeint oder sollten sie auch erklaeren, warum Kleiner Drache und Familie so entsetzt ueber Peters "Erfolg" beim Marktverkauf waren? Dann versteh ich den Zusammenhang nicht so ganz. Er hat ja das Geld nicht mit Viets sondern mit Amis verdient ?(

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Beatrix ()

  • von Bea


    .....warum Kleiner Drache und Familie so entsetzt ueber Peters "Erfolg" beim Marktverkauf waren? Dann versteh ich den Zusammenhang nicht so ganz. Er hat ja das Geld nicht mit Viets sondern mit Amis verdient


    Das würde den Roman gesprengt haben. Und...waren die Amis nicht auch Besatzer?
    Dem steht grundsätzlich die Familienehre gegenüber, dass das Geld überhaupt von einem Besatzer (Stösser), gegen den wichtigen Erfolg im Wasserpuppenspiel aufgerechnet wurde. Das war eine dicke Beleidingung von Stösser, der nichts kapiert hatte und mal wieder nur mit seiner vermeintlichen Überlegenheit des Besatzers geprahlt hat...


    euer hef


    edit: erinnert euch, was Phong anfangs in Berlin für eine Differenzierung traf. Reporter im Krieg...dann warst du Soldat und kannst meinen Vater getötet haben... (ein Viet)


    ....und zu The-Maria, bei der Frage, ob er mit ihr geschlafen hat....


    ....Nein, sie kommt aus dem Mekongdelta und da herrschen andere Sitten
    (Ursprungsland der Khmer)

  • Hef,


    ich hab das ja auch so gesehen, dass Peter nicht kapiert hat, dass Familienehre an diesem Tag wichtiger war als ein Geldgewinn.


    Ich hab jetzt nur nicht verstanden was das jetzt mit der Tatsache zu tun hat, dass Kleiner Drache und Familie nicht Viets sondern Khmer sind.


    Dass das Geld von Besatzern kam, sollte fuer sich gesehen kein Problem darstellen, da ja auch im spaeteren Verlaufe des Buches wiederholt gezeigt wird, dass Kleiner Drache den Besatzern prinzipiel ja ganz gerne Geld aus der Tasche zieht.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


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