'Glanz' - Kapitel 01 - 11

  • Zitat

    Original von JASS
    ...


    Wie findet ihr es eigentlich, dass ausgerechnet Anna auch in der Lage ist, Seelen zu sehen? Heißt das, dass es eine weit verbreitete Fähigkeit ist, oder ist das einer dieser Super-Zufälle?


    Das ist eine interessante Frage. Als die Situation im Buch vorbei war und ich es zue Seite gelegt habe, fand ich das natürlich etwas "platt". Genauso wie die Pillen-Geschichte. Welche Mutter nimmt Pillen, die augenscheinlich das eigene Kind fast in den Tod getrieben haben....Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen.
    Aber während des Lesens bin ich so in der Geschichte drin, dass ich diese Gedankengänge nicht habe. Als Anna Emelies Hand berührt, habe ich den "Stromschlag" mitgefühlt und war total überrascht. Dann ist es für mich doch irgendwie nachvollziehbar.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • JASS ,


    ich habe das nicht so verstanden, als könnte das "jeder", sondern dass es eine Gabe ist, die nur manche Menschen haben. Und Anna hat es halt "zufällig". Sie kann es aber nur anwenden, wenn Emily hilft, weil sie es selbst (noch?) nicht steuern kann.


    Zum Erebos-Gedanken: ich finde es nicht ähnlich, weil doch "andere Geschichte".....die "Spiel-Landschaft" könnte aber aus einem ähnlichen Online-Rollenspiel stammen, aber das könnten Millionen Spieler so beschreiben.....finde ich also nicht "schlimm".


    Grüsse
    Andrea

  • Das Thema, verknüpft auch mit Fantasy-Elementen gefällt mir sehr gut. Die Beschreibungen der "Spiele-Landschaft" in Erics Kopf finde ich sehr ansprechend und gelungen. Weitaus interessanter und ansprechender als bei Erebos, für meinen Geschmack.


    Allerdings komme ich den Personen nicht so recht nahe, was für mich ein Problem ist, denn ein Buch steht und fällt für mich mit den Protagonisten.


    Ich kann die Motivationen der einzelnen Personen nicht erkennen, bzw. nicht nachvollziehen. Einge Sachen sind hier schon genannt worden: Warum nimmt die Mutter die Drogen, die augenscheinlich so gefährlich sind? Warum spricht sie nicht mit Erics Freunden? Wieso hat sie bis dahin null Ahnung davon, was ihr Sohn am Computer spielt? Offensichtlich hat sie sogar die Spielsucht ihres Sohnes bereits erkannt, aber warum hat sie überhaupt nichts dagegen unternommen?


    Die Mutter-Sohn-Beziehung ist mir zu wage dargestellt. Schade finde ich auch, dass man gar nichts von Eric erfährt. Man kann als Leser keine Beziehung zu ihm aufbauen, er bleibt in der Statistenrolle, man erlebt ihn von Anfang an nur als Komapatient. Ich hätte mir da mehr persönliche Elemente vorgestellt, die die Liebe der Mutter zum Sohn verdeutlicht, Anekdoten aus seiner Kindheit oder einfach nur Kleinigkeiten, die ihn plastischer erscheinen lassen.


    Ebenso ist mir Emily ein einziges großes Fragezeichen. Dass eine Mutter alles für ihren Sohn tun will, ist nachvollziehbar. Aber warum sollte eine gänzlich Fremde, der diese "Sitzungen" augenscheinlich deftig an die Substanz gehen, sich so für Eric einsetzen?


    Ich kann jetzt auch nicht erkennen, dass diese Fragen bewusst vom Autor aufgeworfen wurden, um den Lesern einen Anreiz zum Weiterlesen zu geben.


    Mein Fazit nach den ersten elf Kapiteln ist zweigeteilt:
    Story: erstklassig, spannend, gut gemacht
    Protagonisten: eindimensional, keine Bindung erzeugend

  • Mal eine Frage zu den wiederholten Anmerkungen:


    Was soll es bringen, wenn Anna mit Freunden, Schülern und oder anderen Eltern Kontakt aufnimmt?


    Eric liegt im Koma, die Ärzte haben keine wirkliche Begründung. Was sollen dann Laien helfen ? Außer Mitleidsbekundungen.


    Fragt sich Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Hallo Dyke,


    das wäre für mich eine "normale" Reaktion der Umwelt. Fragen, ob man etwas "tun" kann, Hilfe anbieten (einkaufen, Post entgegennehmen)....mal was zu essen vorbeibringen, auf einen Kaffee bleiben.....solche "Hilfen" und deren Angebote sind "normal" für viele Menschen, wenn Notlagen eintreten......und mir fehlte das (hat sich aber für mich im Verlauf des Buches geklärt).


    Grüsse
    Andrea

  • Hallo buntfisch-Andrea,


    wenn die Umwelt etwas davon wüßte, würde sie vielleicht so reagieren, aber


    1. sind wir in New York und Großstädte, besonders die Riesenmetropolen, zeichnen sich durch das Fehlen von Nahbarschaft aus.


    2. ist Anna Freiberuflerin und das in einem künstlerischen Beruf - daher vermutlich viel und häufig zu allen möglichen Zeiten unterwegs, so dass sie wenig Anknüfungspunkte hat


    3. Anna ist ja fast Tag und Nacht am Bett von Eric

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Hi dyke,


    hast Du Kinder ? ;-)


    ...selbst als Freiberufler hat man in der Regel zwangsläufig "Kinderkontakte" (ob man will oder nicht...)....zumindest ist das in D so. In NY habe ich noch nicht gelebt, vielleicht ist das da SEHR anders .....keine Ahnung. Ich bin auf jeden Fall echt drüber gestolpert, obwohl ich ein eher zurückgezogenes Leben lebe, aber so ganz ohne "Kontakte"......finde ich eben seltsam.


    Grüsse
    Andrea


  • Nö, ich habe keine eigenen.


    Bestimmt hat Anna auch Kontakte. Das zeigt ja schon ihr voller Anrufbeantworter. Nur ihre Prioritäten sind einfach nach Erics Fall ins Koma andere - es zählt einzig ihr Sohn, alles andere ist 6.-rangig oder noch höher. Jeder Kontakt würde Sie von seinem Bett fernhalten ohne dass er sie weiterbringt.


    Das ist zumindest mein Empfinden zu Ihrem Verhalten, dass ich problemlos nachvollziehen kann.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Diesen vollen Anrufbeantworter finde ich mysteriös. Wie viele Anrufe braucht es dafür ungefähr, weiß das jemand? :gruebel Er zeigt ja eigentlich, dass Anna doch viele Kontakte hat, das sie aber offenbar keiner (nicht mal eine beste Freundin oder so) irgendwie interessiert. Und wieso steht niemand mal vor der Tür? Wenn sich jemand wochenlang nicht meldet und ich nicht mehr auf den AB sprechen könnte, würde ich mir doch Sorgen machen ...


    Rosha : Ich finde persönlich auch, dass Karl gute Handlungen schreibt, aber mit seinen Personen bin ich auch nicht per du.


    @all: Hm, also ich dachte schon, dass Anna das Seelensehen auch erlernen könnte, Emily meint ja, sie hätte nur keine Erfahrung darin. :gruebel

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von JASS ()

  • Zitat

    Original von Rosha
    Offensichtlich hat sie sogar die Spielsucht ihres Sohnes bereits erkannt, aber warum hat sie überhaupt nichts dagegen unternommen?


    Eure Kommentare sind für mich sehr interessant und hilfreich, und ich will die Einwände gegen Annas Reaktion hier gar nicht abwehren (einiges wird vielleicht im Verlauf der Geschichte noch klarer und logischer). Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es alles andere als einfach ist, etwas gegen Spielsucht bei Teenagern zu unternehmen. Und Anna hat sich durchaus bemüht, als alleinerziehende und voll berufstätige Mutter aber keinen leichten Stand.

  • Zitat

    Original von JASS
    @all: Hm, alsoich dachte schon, dass Anna das Seelensehen auch erlernen könnte, Emily meint ja, sie hätte nur keine Erfahrung darin. :gruebel


    Für mich ist das "Seelensehen" eine Begabung die nicht jeder hat und wenn er sie hat, nicht immer etwas davon weiß - wie Cello spielen. Wenn man es noch nie probiert hat, weiß man nichts von seinem Talent und wenn man es merkt muss man immer noch viel üben, üben, üben.


    Emily hat sie und kann sie anwenden. Möglicherweise erfahren wir später noch etwas darüber.
    Anna hat sie wohl auch, nur bisher kam sie noch nicht in die Verlegenheit zu erfahren, dass sie das Talent hat, noch hat sie in der Anwendung Erfahrung.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Durch die Kürze der einzelnen Kapitel kommt eine gute Dynamik in den Lesefluss, das finde ich sehr schön gemacht.
    Die Sprache empfinde ich als klar und schnörkellos und gefällt mir damit gut.
    Die Genre-Zuteilung zur Kategorie Thriller sehe ich allerdings mit gemischten Gefühlen. Ich siedle den Roman eher im Bereich Science Fiction/Fantasy an.


    Durch die Deklarierung als Thriller wird m.E. eine falsche Zielgruppe angesprochen, was zu Enttäuschungen führen kann. Das fände ich sehr schade.

  • Zitat

    Original von Rosha
    ...
    Die Genre-Zuteilung zur Kategorie Thriller sehe ich allerdings mit gemischten Gefühlen. Ich siedle den Roman eher im Bereich Science Fiction/Fantasy an.


    Durch die Deklarierung als Thriller wird m.E. eine falsche Zielgruppe angesprochen, was zu Enttäuschungen führen kann. Das fände ich sehr schade.


    Da ich darauf vertraue, dass sowohl Autor als auch der Verlag wissen, was sie auf ihren Buchtitel schreiben :lache, lese ich (ich bin mit dem 2. Abschnittt durch) schon die ganze Zeit mit angezogener Handbremse und ducke mich innerlich in Erwartung eines großen :hau "Schlages"... Weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll... Eines Überraschungseffektes.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Hm... Das Anna auch die "Gabe des Seelenlesens" hat, ist natürlich ein riesiger Zufall, über den ich auch gestolpert bin... Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass ich Drogen defür nehmen würde... Aber ich hab ja auch keine Kinder :) berlin ist vielleicht nicht so eine Metropole wie New York, aber auch da hat man Kontakte und Freunde. Wobei ich nicht glaube, dass Eric so viele Freunde hatte (im real life zumindest), da er ja anscheinend den ganzen Tag vorm PC hockt.


    Seit mein Freund und ich zusammengezogen sind, spielt er nicht mehr so häufig WoW, aber trotzdem muss ich ihm in den Hintern treten, dass er sich auch mal mit seinen Freunden trifft und nicht nur mit mir meine/ unsere Freunde.
    Wenn Eric nur solche Spiel- und Internetbekanntschaften hat, dann kann Anna diese gar nicht kennen!

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • So - jetzt meine 5 Cent zum ersten Teil.


    Als erstes habe ich mich über Wachkoma bei Tante wiki informiert, da mich die mal offenen und dann wieder geschlossenen Augen irritiert haben. Aber das ist wohl normal.


    Gut gefallen hat mir, wie Anna Adrenalinstöße hatte. In Situationen die eigentlich keine Gefahr beinhalten (am Bett von Eric und nach dem sie Computer spielte). Zeigt einfach mal wieder auf, dass unsere „Reflexe“ mit unserer Umwelt noch sehr lange nicht Schritt halten.


    Insgesamt reißt mich die Geschichte bisher nicht besonders mit.


    Im Gegensatz zu den vorherigen Posts finde ich Annas Verhalten nachvollziehbar, besonders wenn ich mich von der Couch erhebe und mir vorstelle ich wäre ohne Vorwarnung in solch einer Situation. Sie steht unter einem Schock und ihr gesamtes Denken dreht sich um Eric. Und gerade wenn eine Mutter meint etwas falsch gemach und dadurch ihrem Kind Schaden zugefügt zu haben, richtet sich ihr ganzes Denken, neben Selbstvorwürfen, auf Korrektur, Verbesserung.
    Der erste Satz des Buches sagt eigentlich schon alles.


    Auch dass Anna die Pillen nimmt ist verständlich. Eine ist nicht besonders tragisch, denn es ist ja ein Medikament und Eric scheint ja eine Überdosis genommen zu haben. Ist wohl vergleichbar mal einen Joint mitzurauchen und da hat Anna ja ihre eigene Erfahrung.


    Wer kann schon wirklich voraussagen, wie er sich in einer extremen Situation verhalten wird. Ich für mich nicht, denn ich habe mich selbst oft genug überrascht.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Da ich darauf vertraue, dass sowohl Autor als auch der Verlag wissen, was sie auf ihren Buchtitel schreiben :lache, lese ich (ich bin mit dem 2. Abschnittt durch) schon die ganze Zeit mit angezogener Handbremse und ducke mich innerlich in Erwartung eines großen :hau "Schlages"... Weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll... Eines Überraschungseffektes.


    Ganz unabhängig von dieser konkreten Geschichte (und dem Überraschungseffekt, oder auch nicht ;-)) möchte ich darauf hinweisen, dass die Titelgestaltung und der Klappentext nicht immer dem entsprechen, was der Autor gerne hätte. Das hat viele Gründe und nicht zuletzt sehr viel mit den Regeln und Gewohnheiten des Buchhandels zu tun.


    Zum Beispiel kann man durchaus einen Millionenbestseller schreiben, in dem eine nichtmenschliche Intelligenz die Menschen angreift ("Der Schwarm") oder eine Zeitreise eine zentrale Rolle spielt ("Das Jesus Video"), darf aber um Gottes Willen nicht "Science Fiction" auf das Cover schreiben, weil das Buch sonst im "falschen Regal" des Handels landet und praktisch keine Chance hat, auf den Bestsellerlisten zu landen.


    Es ärgert mich schon lange, dass viele Leute gerade in der Buchbranche Science Fiction mit "Star Trek" und Fantasy mit "Harry Potter" bzw. Vampirromanen gleichsetzen und nicht ernst nehmen, obwohl beide Genres unglaublich vielfältig sind und so geniale Autoren wie Stanislav Lem, Philip K. Dick, Ray Bradbury, Tolkien oder H. P. Lovecraft hervorgebracht haben. Aber so ist es nun mal, ob mir das passt oder nicht.

  • Muss noch etwas nachtragen.


    Geschickt werden hier die Meme eingebracht mit herrlichen Beispielen.



    Da wurde ich neugierig, ob das noch eine rolle spielen wird, den ein reines Fanatsy--Mystery-Buch wird es wohl nicht werden (hoffe ich starK)

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson


  • :gruebel Verstehe ich nicht, was sind "Meme"? LG Regenfisch :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin


  • Ich habe darüber nochmal nachgedacht...Du hast schon recht, das Vorurteil hat sich auch in meinem Kopf festgesetzt. Und wahrscheinlich hätte ich mich auch nicht hier angemeldet, wenn das Buch unter "Science fiction" angekündigt wäre. Zeit also, alte Denkweisen aufzubrechen und sich auf Neues einzulassen. Ich bin jetzt noch neugieriger wie das Buch endet.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin