'Seine Toten kann man sich nicht aussuchen' - Seiten 061 - 129

  • Auch hier noch mal vielen Dank Frau Binder. Auch gestern Abend hab ich bin in den "Puppen gelesen" und mein Wecker war heute mal wieder gnadenlos. :-(


    Aber es hat sich gelohnt. Bin so gut wie durch mit dem Buch. Versuche jetzt mich ein wenig an die Einteilung hier zu halten.


    Die Geschichte mit Jon hab ich nur überflogen, da ich sie kannte. Aber auch weil ich sie eigentlich kein zweites Mal lesen wollte. Sie macht mich zwar traurig, aber in erster Linie macht sie mich richtig wütend. Und zwar wütend darauf dass ein hoffnungsvolles Menschenleben, was noch so viel an Chancen gehabt hätte so grausam und unnötig enden muss. Wütend dass keiner die Not des Jungen gesehen hat und eingeschritten ist. Boah ich könnte mich in Rage schreiben ehrlich.
    Kommen wir doch dann zum unterhaltsamen Teil des Buches, der Notruf. Herrlich. Sag mal hat der Herr sein wohlverdientes Bundesverdienstkreuz bekommen? Für diese heldenhafte Rettung des Hundes muss doch so ein Kreuz drin sein, oder? Wenn ich demnächst wieder ein Tier rette, darf ich dann auch bei dir anrufen und meinen Namen durchgeben. Den Bundespräsidenten hätte ich gerne mal getroffen. :lache


    Die Geschichte mit dem Geisterfahrer fand ich sehr beängstigend. Ich mache mir beim Fahren selten Gedanken über Geisterfahrer. Vielleicht blende ich das einfach aus. Im Hinterkopf werde ich natürlich jetzt immer deine Tipps haben, hoffe ich zumindest.
    Aber sag mal: Hast du keine Angst vor dem Tod? Was ging dir durch den Kopf? Oder denkt man erst hinterher wirklich dadrüber nach was das hätte bedeuten können? Und was hat deine Familie gesagt? Ich schreibe hier lieber nicht was ich mit meinem Sohn angestellt hätte, hätte er mir das erzählt. :grin


    Tja Murats und Marcels ja die gibt es hier auch zu Genüge. Ich meine dass die gerne die große Lippe riskieren bekommt man ja tagtäglich mit. Aber dass die sogar noch in der Wache weitermachen, verstehe ich einfach nicht. Ich finde es auch beängstigend, dass viele Kids einfach keinen Respekt mehr vor der Polizei haben. An was liegt das? Ist das dem allgemeinen Wertverfall zuzuschreiben? Polizisten genießen doch ein gewisses gesellschaftliches Ansehen. Oder lebe ich da in einer Traumwelt?


    Ach ja die Bezahlung. Wenn ich so lese was ihr tagtäglich aufs Spiel setz könnte ich nur den Kopf schütteln. Über dieses Thema hatte ich mal eine nette Auseinandersetzung mit der Nachbarin meiner Freundin. Sie hatte sie beschwert, dass die Polizei vor einem Asylantenheim verstärkt Wache gefahren ist. (Es gab wohl Anzeichen dafür, dass sog. Nazis sich das Heim mal "näher" ansehen wollten). Zu diesem Zweck wurde der Bahnhof ein wenig abgeriegelt. Sie beschwerte sich, dass die sich um wichtigere Dinge ( :pille) kümmern sollte und schwer arbeitende Menschen nicht belästigen sollten (sie musste wohl einen Umweg fahren). Ich wurde ein wenig ausfallend. :schlaeger

  • Bitteschön!


    Zu Jon, naja eingeschritten sind viele, eigentlich zeigt die Geschichte eher, daß es nichts nutzt, wenn nicht die richtigen Personen sich ändern und das richtige tun. Ein nettes Wort seiner Mutter oder ein bißchen Anerkennung hätte vielleicht vieles anders aussehen lassen.


    Der Bundesverdienstkreuz Herr hat tatsächlich wenige Tage später noch mal angerufen, da hatte er allerdings einen Kollegen am Draht, der weniger amüsiert und ein wenig korrekter war als ich. Der hat dem Herrn dann erklärt wozu ein Notruf gut ist und wozu nicht. :grin


    Zum Geisterfahrer, wenn ich heute darüber nachdenke, dann herrschte in meinem Kopf gähnende Leere, abgesehen von dem Gedanken "Halt den auf!" Gedanken, was passieren kann, habe ich mir in solchen Situationen immer erst hinterher gemacht, wenn man lange nachdenkt ist man zu langsam und dann wird es gefährlich. Wir sind eigentlich alle so gut ausgebildet, dass das Bauchgefühl und der Instinkt ohnehin in die richtige Richtung gehen. Für Angst ist da kein Platz, für sinnvolles Risiko abwägen schon, allerdings findet auch das ja in einem Bruchteil von Sekunden statt.
    Meine Mutter wird bei vielen Dingen schrecklich aufgeregt sein, weil ich ihr nur noch wenig aus dem Dienst erzähle. Meine Ersatzmama, also unser Kindermädchen, hat das Buch schon durch und ich habe ihr schlaflose Nächte bereitet, so hat sie sich meinen Job irgendwie nicht vorgestellt und beide werden froh sein, daß ich jetzt in einem Büro sitze und weniger Unfug, aus ihrer Sicht anstellen kann... welche Gefahren das Kripoleben birgt verschweige ich ihnen auch erstmal. :grin
    Besser ist das...


    Natürlich genießen Polizisten ein gewisses gesellschaftliches Ansehen, aber eben auch nur in gewissen gesellschaftlichen Kreisen, wo man noch nicht mal mehr Respekt vor den eigenen Eltern hat oder generell andren Menschen, da hat man noch weniger Respekt vor jemandem, der den Staat verkörpern soll. Allerdings stelle ich auch in der, ich nenne es mal oberen Mittelschicht, eine etwas seltsame Tendenz fest.
    Wenn ich mir überlege, wie mein Vater reagieren würde, hätte er mich auf einer Polizeiwache abholen müssen, weil ich geklaut, getrunken oder randaliert hätte, dann tut mir der Hintern nur vom dran denken weh. Diese Reaktion erlebe ich bei Eltern aber nur noch sehr selten, im Gegenteil, erstmal werden die Polizisten angefahren, warum sie denn Klein-Paul überhaupt eingesperrt haben und ob sie denn nichts besseres zu tun hätten und Klein-Paul war das gar nicht, sondern das war Klein-Pauls Kumpel, der Klein-Paul immer zu sowas anstiftet.
    Dies ich kenne meine Rechte Mentalität und ich gebe erst etwas zu, wenn es gar nicht mehr anders geht und erstmal versuche ich mein Kind da herauszuhauen, finde ich ein wenig absonderlich.
    Wer Scheiße baut, muß auch dafür geradestehen und wenn mein Kind beim Klauen erwischt wird, dann hat mein Kind einen Fehler gemacht und sicher nicht die Polizisten, die "diese Lappalie" nicht mal eben übersehen konnten.
    Auch die Neigung, den Kindern eine so erhebliche Diskussionsfreude anzuerziehen, daß ich als Polizistin tatsächlich einmal mit einer 6jährigen diskutiern mußte, ob sie sich jetzt anschnallt oder nicht, halte ich für einen Schritt in die falsche Richtung. Natürlich sind Kinder keine kleinen zu allem ja sagende Soldaten und natürlich sollten sie lernen Regeln und Gegebenheiten zu hinterfragen, aber doch bitte nur dann wenn dies sinnvoll erscheint, an manche Regeln hat man sich einfach zu halten und wenn man gegen sie verstößt, dann hat man die Supper selbst auszulöffeln und diese Erfahrung fehlt leider vielen Jugendlichen heutzutage und zwar definitiv nicht nur den heftig kriminellen kleinen Mafiosis, sondern auch vielen anderen.


    Ganz schlimm finde ich übrigens betrunkene Gruppen Jurastudenten im ersten Semester, die grad irgendeinen Unfug angestellt haben und die man dann dabei erwischt... schrecklich ehrlich. Da würde ich am Liebsten blind und taub werden sofort... :yikes


    Was die Bezahlung angeht kann ich mich (mittlerweile) sicher nicht beklagen, natürlich kein Geld der Welt wiegt das Risiko auf, aber ein gewisses Risiko geht auch ein Dachdecker, ein Metzger oder ein anderer ein. Als ich damals aus der Ausbildung kam, war es allerdings für einen Single-Haushalt doch häufig recht knapp, große Urlaube oder Anschaffungen waren nicht drin oder mußten über Monate hinweg zusammen gespart werden, da habe ich tatsächlich hin und wieder neidisch auf den Gehaltszettel eines Kumpels geschaut, der in den Fordwerken am Band arbeitete und genau wie ich Schichtdienst schob, der da allerdings wirklich ordentlich bezahlt wurde.
    (wir bekommen etwa 2,50 € für eine Nachtdienststunde oder Sonntagsstunde zusätzlich, darüber konnte mein Kumpel nur lachen...)


    Was du am Ende ansprichst ist tatsächlich ein recht großes Problem. Der Normalbürger durchschaut ja den Grund für die ein oder andere Maßnahme nicht sofort und da stehen wir dann im Weg, halten ihn auf oder stehlen ihm die Zeit, daß wir vielleicht gerade dadurch grad jemandem helfen oder jemanden schptzen, wird kaum jemandem klar, erstmal sieht man ja nur sich und man selbst muß jetzt halt einen Umweg fahren, weil da gerade gesperrt ist, daß da gesperrt ist, weil gerade noch Verletzte verarztet werden oder jemand gesucht wird oder weiß der Geier, ist den meisten Menschen erstmal egal.
    Ich bringe da immer wieder gerne das Beispiel des Chemieunfalls im Bayerwerk, eine wahnsinns schwarze Wolke hängt über dem Stadtteil, die Feuerwehr fährt herum und bittet die Leute in den Häusern zu bleiben, weil die Wolke giftig ist. Auf unseren Streifenwagen lösten sich nach einem kurzen Schauer die grünen Aufkleber auf und die eingesetzten Feuerwehrkräfte trugen Schutzanzüge. Ich stand in einer Absperrung und mußte zig Väter davon abhalten, mit ihren Kindern näher ans Feuer zu gelangen, weil man den Brand doch unbedingt sehen wollte... Was haben die mich beschimpft, kaum zu glauben war das.

  • Das Buch macht richtig Spaß. :wave


    Die Geschichte mit Jon ist übrigens ein Beispiel dafür, warum ich deinen Job nicht machen könnte. Leichen, verbrannte Leichen, Wasserleichen, blutende Menschen, abgetrennte Körperteile - das alles würde mir eher nicht so viel ausmachen. Was ich aber vermutlich ewig mit mir rumschleppen würde, das wäre so was. Ich hab die Geschichte eben im Zug gelesen und auch wenn ich beim Lesen nicht heule, musste ich doch 2 x ganz kräftig schlucken. Das fand ich echt furchtbar. Ich glaube, mich würde es wahnsinnig machen, dass man nicht jeden retten kann. Bei Kriminellen oder Leuten, die es meiner Meinung nach verdient haben, fänd ich das nicht so schlimm, aber in so einem Fall. Ich glaube, ich könnte damit überhaupt nicht umgehen. Wird man speziell auf so was vorbereitet? Ich mein, bekommt man Tipps, wie man Sachen möglichst nicht zu nah an sich ran lässt?


    Als ich die Geschichte mit dem LKW und deinem Vater gelesen habe, hatte ich mir schon die Frage aufgeschrieben, ob man eigentlich immer darauf wartet, dass es auch mal Leute trifft, die man kennt. Das hast du ja dann im weiteren Verlauf der Geschichte schon selber beantwortet. Die meisten meiner Freunde, die bei der Polizei sind, arbeiten auch da, wo sie wohnen oder ganz in der Nähe. Bis jetzt habe ich mich aber nie gefragt, ob das nicht eigentlich komisch ist, wenn man viele Leute kennt, die man dann hinterher kontrollieren oder was auch immer muss. Ich glaube, ich könnte darauf auch verzichten. Meinst du denn, du hast in der Situation mit deinem Vater als Polizistin noch extremer reagiert? Ich mein, hat es für dich die Situation schlimmer gemacht, dass du als Polizistin im Dienst zum LKW deines Vaters gerufen wurdest? Und meinst du, du würdest bei Bekannten ein Auge zudrücken, wenn du sie bei Vergehen (nicht angeschnallt, zu schnell, ...) erwischst?


    Als ich vorhin die vorangegangenen Kommentare gelesen habe, habe ich gesehen, dass man vor 110 eigentlich nichts mehr wählen muss. Ich bin mir aber sicher, dass man mir mal erzählt hat, dass es auf jeden Fall besser ist, wenn man die Vorwahl davorsetzt, wenn man sie parat hat, weil so ausgeschlossen wird, dass der Anruf erst mal zur falschen Leitstelle geht. Ich weiß nicht genau, wer das erzählt hat, aber es muss entweder mein Fahrlehrer oder der Mensch vom Roten Kreuz gewesen sein, weil ich das mit meinem Führerschein in Verbindung bringe. Ist das so oder ist das völliger Quatsch?

  • @ Groupie


    1. Man wird im Studium mittlerweile durch Berufsethik und Training sozialer Kompetenzen sicherlich besser vorbereitet als in meiner ersten Ausbildung. Trotzdem kann man sich auf einen solchen Einsatz und solche Emotionen einfach nicht vorbereiten und vorallem nicht wissen, wie man selbst reagiert.
    Außerdem muß jeder für sich selbst einen Weg finden mit solchen Einsätzen umzugehen und sie zu verarbeiten, ich schreibe. Der Mr. läuft zum Beispiel, eine Kollegin malt oder stürzt sich in kontemplative Bügeltätigkeiten....jeder Mensch geht anders mit diesen Dingen um, von daher gibt es da wohl kein richtig oder falsch und somit auch kein wirkliches Vorbereiten.


    2. Die Frage verstehe ich nicht ganz, wieso sollte ich noch heftiger reagiert haben? Wäre ich nicht im Dienst gewesen und es hätte sich um meinen Vater gehandelt, wäre ich frühestens wenn er im Krankenhaus wäre benachrichtigt worden, es hätte also kein Grund zur Eile mehr bestanden. Hier aber gehörte ich ja quasi selbst zur Ersthelfer Riege und da war die Eile durchaus angebracht, wenn auch die Fahrt ein wenig arg halsbrecherisch wurde.


    3. Ganz ehrlich? Ich drücke bei jedem, den ich bei einer Ordnungswidrigkeit erwische ein Auge zu. Ich hab nie zu den Beamten gehört, denen es Spaß macht, mahnend mit dem Zeigefinger zu winken und ich bin nicht zur Polizei gegangen, um Verkehrssünder zu erwischen. Dummerweise gehörte das hin und wieder zu meinem Job dazu. Aber generell hab ich in meiner Zeit als Streifenpolizistin nur die Dinge geahndet, an denen ich wirklich nicht vorbei gucken konnte. Nicht angeschnallte Kinder, rote Ampel, entgegen der Einbahnstraße sowas und Geschwindigkeitskontrollen hab ich erfolgreich 13 Jahre lang verweigert, indem ich mich immer um die Beschulung für das Lasergerät herumgedrückt habe. Natürlich gab das den ein oder anderen Rüffel, aber es fällt mir wirklich schwer, Menschen für etwas zu bestrafen, was ich selbst durchaus ab und an tue. (zu schnell autofahren zum Beispiel) Glücklicherweise haben wir bei solchen Dingen ja einen Ermessensspielraum, der uns zwar nicht vorschreibt jede entdeckte Tat zu ahnden, der uns aber dann wenn wir uns entscheiden, etwas zu tun, an die vorgegebenen Bußgelder bindet.
    Ein Polizist kann also entscheiden, daß er (nehmen wir mal was albernes) den Autofahrer, der ohne zu blinken abbiegt, weiterfahren läßt ohne ihn zu behelligen. Hält er ihn aber an und weist ihn auf seinen Fehler hin, bzw. bietet ein Verwarngeld an, dann muß dieses in der vorgeschriebenen Höhe sein.
    Allerdings muß man für solche Dinge auch erstmal Zeit haben, auf der Autobahn hatte ich die, in der Stadt in Köln hatte ich sie definitiv nicht oder nur selten. Man fährt von Einsatz zu Einsatz und ist häufig froh, wenn man den Schreibkram noch erledigt bekommt, bevor man schon wieder 2-3 Überstunden aufschreiben muß. Da fängt dann zwischen drin auch niemand an irgendwelche Autos zu kontrollieren, es sei denn der Verstoß ist wirklich gravierend.
    Zurück zur Frage, ich denke, daß ich meinen besten Kumpel sicherlich nicht anhalten würde, wenn er ohne Gurt an mir vorbei fährt. Fährt er aber in Schlangenlinien vor mir her und schwenkt dabei eine Flasche Wodka sieht die Sache sofort ganz anders aus.
    Ein Vergehen, wie du es nennst, ist übrigens eine Straftat, hier habe ich keinen Ermessensspielraum und hier würde ich sicherlich auch bei niemandem ein Auge zu drücken, allein schon, weil ich selbst mich dabei strafbar mache.


    4.
    Ganz falsch ist es nicht, auf dem Handy kannst du auch die Vorwahl der Stadt wählen, in der du Hilfe brauchst und dann den Notruf. Aber weißt du immer die Vorwahl der Stadt, in der du dich gerade aufhälst und vorallem wenn man sich angewöhnt die eigene Vorwahl vorzuwählen wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, daß man wenn man sich woanders aufhält und Hilfe braucht im Streß nicht die falsche Vorwahl nimmt.
    Ich halte das Wählen der Vorwahl für Quatsch. Das Handy wählt automatisch die Leitstelle aus, die sich in dem Telekommunikationsknoten befindet, in dem man selbst sich aufhält. Fehlverbindungen gibt es da nur selten und wenn, ändert das ja auch nichts. Die falsche Leitstelle gibt dann halt den Einsatz ein und verschickt ihn an die richtige Leitstelle, bzw. leitete den Anruf weiter.
    Kurz: Ich erkenne den Sinn nicht, eine Vorwahl vorzuwählen.

  • Danke für die ausführlichen Erklärungen :wave.


    Zu 2.: Vielleicht nicht unbedingt heftiger, das war vielleicht falsch formuliert. Aber vielleicht anders? Für mich hörte sich die Fahrt ein bisschen nach Harakiri an. Zumindest bin ich froh, dass ich nicht im Auto gesessen habe :grin. Ich stelle mir halt die Frage, ob man in gewissen Situationen anders reagiert, weil man täglich mit dem Schlimmsten konfrontiert wird und sich die ganze Zeit im Kopf Sachen ausmalt, die jetzt auf einen warten. Oh, Gott... ich merk schon, ich krieg die Frage niemals so hin, dass man das auch versteht. Neigt man als Polizistin z. B. irgendwann dazu, auch privat immer mit dem Schlimmsten zu rechnen? Wobei ich jetzt, wenn ich noch mal drüber nachdenke, nicht mehr weiß, womit ich gerechnet hätte. Da ich in kritischen Situationen aber immer eher ganz ruhig und pragmatisch werde, wäre ich vermutlich eher langsamer gefahren und hätte erst angefangen mir den worst case auszumalen, wenn ich definitiv gewusst hätte, dass er es ist bzw. dass es schlimm ist. Daher frage ich mich, ob die Situation in der du warst, also dass du auch als Helferin dorthin gerufen wurdest, anders reagiert hast, als du es als Privatperson tun würdest. Wenn das jetzt auf andere genauso verwirrt wirkt, wie auf mich, dann ignoriert den Abschnitt einfach :bonk.


    Zu 3.: Ich erwisch mich irgendwie immer dabei, noch mal zu prüfen, ob auch alles O. K. ist, wenn ich irgendwo Polizei sehe. Dann geht mein Blutdruck immer ein bisschen höher. Da ich weder eine totale Raserin bin noch den Gurt vergesse, ist es vermutlich dann völliger Schwachsinn, dass man sich vorstellt, dass die Polizei einen einfach mal so anhalten wird, um irgendwas zu überprüfen, oder? Ich versuch mich beim nächsten Mal mal dran zu erinnern :-).


    Zu 4.: Dann streich ich das jetzt mal aus meinem Gedächtnis. Ich habe da nie großartig drüber nachgedacht, ist nur irgendwie aus der Führerschein-Zeit hängengeblieben.

  • Ich kann die Geschichten nicht am Stück lesen, sondern brauche immer wieder eine Pause dazwischen. Zum Beispiel nach der Geisterfahrergeschichte, die hat mehr an meinen Nerven gezehrt als so mancher Krimi.
    Ich glaube, das liegt daran, dass ich Dich kenne, BJ, vermutlich würde es mir mit einem fremden Menschen nicht ganz so gehen.
    Nein, Polizist wär kein Beruf für mich. Ich glaube, das würde ich nicht lange aushalten.

    :lesendCharlotte Roth - Grandhotel Odessa


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Die Geschichte von Jon geht auch mir am meisten an die Nieren: Hätte man nicht. Hätte man nicht die Mutter zwangsbetreuen können. Hätte man nicht Jon bei einer Pflegefamilie in einer weit entfernten Stadt unterbringen können, ihm eine irgendwie positive Lebensperspektive vermitteln. Hätte man nicht.
    Die Geschichten sind so geschrieben, dass man als Leser wirklich in den Situationen "drinsteckt" und überlegt: Was hätte man jetzt an Janines Stelle getan? Wie hätte man selbst das verkraftet? Und ich muss zugeben, in den meisten Fällen vermutlich: gar nicht.
    Die Madenkrabbelgeschichte fand ich auch extrem schlimm. Sehr plastisch beschrieben. Ich hatte das Gefühl, erstmal Raumparfüm versprühen zu müssen, um den herbeigelesenen Leichengeruch loszuwerden.
    Können Leichen wirklich durch Betondecken tropfen? wäääh :yikes

  • Zitat

    Original von flashfrog
    Hätte man nicht. Hätte man nicht die Mutter zwangsbetreuen können.


    Leider nicht, dafür muss man sie meines Wissen entmündigen, und da sie ja "nur Alkoholkrank" ist, reicht das nicht aus... Zumindest hier zu lande. Und Jon konnte ja auch frei entscheiden ( so habe ich das raus gelesen ) und hatte aber das Gefühl ( von klein auf suggeriert bekommen ) immer wieder zu ihr zurück kehren zu müssen. Weil er sich wohl verantwortlich, vielleicht sogar schuldig fühlte. Das macht die Geschichte für mich noch ein Stück tragischer, da ein Elternteil meiner Meinung nach nie eine Verantwortung aufs Kind abwälzen darf. Sie hätte sich um ihr Kind kümmern müssen, war aber dazu war sie ja leider nicht mehr in der Lage.
    So schlimm das ist, aber in meinem Beruf habe ich gelernt, solche Menschen nicht sofort zu verurteilen, denn man weiß als Außenstehender nicht, was der Auslöser war. Welche Geschichte dahinter steckt. Man wird nicht von heute auf Morgen Alkoholiker oder drogenabhängig.
    Das soll in keinster Weise eine als Entschuldigung für Verhaltensweise dienen, nur vielleicht mal einen kleinen Blick auf die andere Seite lenken.

  • Entmündigen geht nicht mehr. Man kann aber Personen unter Betreuung stellen. Geregelt ist dies im Betreuungsgesetz.


    Für das Kind hätte zudem "öffentliche Erziehung" angeordnet werden können. Dies geht aber natürlich nur bei Minderjährigen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Entmündigen geht nicht mehr. Man kann aber Personen unter Betreuung stellen. Geregelt ist dies im Betreuungsgesetz.


    Stimmt, ich vergaß. Man spricht noch im Alltag darüber auch wenn man eigentlich das Betreuungsgesetz meint.
    @ Voltaire
    Gelten da dieselben Bestimmungen wie beim Entmündigen damals? Ich glaube mich zu erinnern, das Entmündigen seinerzeit nicht so einfach war... :gruebel
    Oder fällt es heute leichter, einen Menschen unter Betreuung zu stellen ( Vormund gibts noch? Oder nennt man das jetzt auch anders ?)

  • Zitat

    Original von nofret78


    Stimmt, ich vergaß. Man spricht noch im Alltag darüber auch wenn man eigentlich das Betreuungsgesetz meint.
    @ Voltaire
    Gelten da dieselben Bestimmungen wie beim Entmündigen damals? Ich glaube mich zu erinnern, das Entmündigen seinerzeit nicht so einfach war... :gruebel
    Oder fällt es heute leichter, einen Menschen unter Betreuung zu stellen ( Vormund gibts noch? Oder nennt man das jetzt auch anders ?)


    Da muss ein Gericht entscheiden. Die Betreuung kann beispielsweise auch nur Teilbereiche umfassen, während bei der damaligen Entmündigkeit keine Abstufungen möglich waren.
    Der Betreuer muss zudem Rechenschaft über seine Tätigkeit gegenüber dem Gericht ablegen.


    Amtsvormünder gibt es noch - allerdings nur für minderjährige Menschen wie beispielsweisen Waisen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • Das Jugendamt hätte rechtzeitig reagieren müssen und die elterliche Sorge durch ein Gericht entziehen lassen müssen und dann das Kind in Therapie und eine Pflegefamilie- so einfach ist das in der Theorie, die Autorin führt uns die Praxis vor Augen.

  • So, dann möchte ich auch mal was zu dem Geschichten aus dem zweiten Abschnitt loswerden.


    Aus der Bahn geworfen - vielleicht hab ich Groupie falsch verstanden, aber ich glaube nicht, dass BJ "heftiger" reagiert hat, weil sie Polizistin ist, sondern dass ihre Reaktion in der Situation heftiger ausfiel, als es der Fall gewesen wäre, wenn es sich nicht um ihren Vater gehandelt hat. Man hat ja gemerkt, dass sie - sobald sie gemerkt hat, um wessen Wagen es sich handelt - wie eine Wahnsinnige fuhr. Natürlich ist man involvierter, wenn es sich um einen nahen Verwandten handelt, kühler Polizistenkopf hin oder her.


    Wie stoppt man einen Geisterfahrer? - hier kam ich mir auch etwas wie im Film vor, weil diese Aktion so waghalsig und wahnsinnig ist. Aber ich glaube auch, dass es Situationen gibt, wo man aus dem Bauch heraus dann handeln muss und auch wenn es ganz anders hätte ausgehen können - hier ist zum Glück gutgegangen. Auch wenn das sicher nicht witzig war, musste ich irgendwie lachen, als der Opa so geschmipft hat. Die winkenden Kinder und die dankende Mutter hab ich mit sehr gutem Gefühl aber auch registriert. ;-)


    Irgendwann kriegen wir sie alle - Hui, da hab ich mich schon gefragt, wie oft es vorkommt, dass man Vorgänge "von oben" ignoriert und z.B. wie hier Fehler im Funkkontakt vorgibt. Was mir gefiel, war, dass BJ zeigt, dass man eben nicht alles lösen kann als Polizist und dass manche Verbrechen eben unentdeckt bleiben.


    Große Fische - Und du wolltest wirklich keine reiche Frau in Sizilien sein, BJ? Verstehe ich nicht... :rofl


    Fo*** - einfallsreiche Schimpfwörter, was? Murats und Marcels gibt's überall. Hier find ich es jedoch noch interessanter, dass BJ ihre "dunklen Gedanken" zeigt und offen zu ihnen steht (dieser Moment, wo die beiden panikerfüllt aus der Zelle gucken, usw.).


    Ich hoffe, es geht dir besser, da, wo du jetzt bist - Mich hat diese Geschichte schon beim Eulentreffen ergriffen und ich habe sie dennoch jetzt noch einmal gelesen und "aufgesogen". Sie ist so unheimlich traurig, sie macht wütend, sie zeigt, wie schrecklich das Leben mancher Menschen sein muss und wie wenig man doch tun kann. Und wie wenig es eigentlich gebraucht hätte (wie schon gesagt wurde, z.B. ein liebes Wort der Mutter oder so...). Mir tut Jon unheimlich leid...

    Jahressieger
    - Autsch, widerlich! Eine sehr interessante Geschichte, aber wenn man ein wenig die Phantasie spielen lässt, wird einem schlecht...


    Polizeinotruf, wie kann ich Ihnen helfen? - Keine Sorge, BJ, der Teil kommt auch super an. Es ist erheiternd, sehr witzig und zeigt schön, was es für Menschen gibt. Da kann man sich oft nur an den Kopf fassen, aber amüsant ist es auf jeden Fall. Der ausgebüxte Herr Schröder war schon witzig. Und die Frau, die ihren Sohn verkuppeln wollte, war ja auch der Hammer. :lache Bei dem Mann mit dem Messer im Oberschenkel musste ich echt zweimal lesen, das kam mir so unvorstellbar vor, aber klar, der Schock. Dieses Kapitel hab ich gern gelesen, davon hätte ich gern mehr gelesen, da erlebt man sicher Sachen... ;-)

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  • Zitat

    Original von beowulf
    Das Jugendamt hätte rechtzeitig reagieren müssen und die elterliche Sorge durch ein Gericht entziehen lassen müssen und dann das Kind in Therapie und eine Pflegefamilie- so einfach ist das in der Theorie, die Autorin führt uns die Praxis vor Augen.


    Soweit ich weiß, ist das auch passiert, mehrfach, aber einem Jugendlichen bekommt man so schnell nicht ausgeredet wo er hingehört und wo nicht.



    @Gummi
    Danke, die GEdanken zu den einzelnen Geschichten zu lesen, finde ich spannend.



    Zu Große Fische, ich wollte vorallem keine neuen Möpse... :chen

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Zu Große Fische, ich wollte vorallem keine neuen Möpse... :chen


    Ja, der Satz war ja auch geil. "Ich bezahl dir neue Möpse" :rofl

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  • Zitat

    Original von beowulf
    Das Jugendamt hätte rechtzeitig reagieren müssen und die elterliche Sorge durch ein Gericht entziehen lassen müssen und dann das Kind in Therapie und eine Pflegefamilie- so einfach ist das in der Theorie, die Autorin führt uns die Praxis vor Augen.


    Das ist leider genau das Dilemma der Jugendämter. Reagieren sie zu früh werden sie kritisiert "der Staat will Mutter das Kind wegnehmen" - reagieren sie zu spät bekommen sie die Prügel der gesamten Journaille ab - wobei diese widerliche BILD sich gerade dabei immer wieder hervortut.


    Aber es ist natürlich immer leicht auf die Jugendämter einzuprügeln - wobei auch dort erheblicher Personalmangel herrscht - und niemand bereit ist, dort das Personal aufzustocken.


    Die Verlogenheit unserer Politik zeigt sich gerade in ihrem Verhalten gegenüber den Jugendämtern..... :bonk

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ganz ehrlich, in der Situation hab ich ein paar Sekunden gebraucht, bis ich gerafft hatte, was er wollte, zumal der gute sich wirklich anhörte, wie der "Isch abe gar keine Auto!"-Mann.


    @ Voltaire
    Da zeigst du eine Problematik auf, die man eigentlich immer hat, irgendwem macht man es nie recht.
    Vor einiger Zeit waren die Kampfhunde groß in der Presse gefährliche Viecher, einer dieser Hunde hatte in einer für einen Hundekenner total nachvollziehbaren Abwehrreaktion einen Jugendlichen gebissen, das Geschrei war groß, der Hund gehört tot, was weiß ich. Die Polizei stand in der Kritik das "VIEH" nicht sofort erschossen zu haben.
    Mitte des Jahres haute bei uns ein mittelgroßer nicht Kampfhund ab, Stunden lang haben die Beamten mit der total unfähigen Hundehalterin versucht den Hund einzufangen, immer wieder hat er versucht Passanten zu beißen, bzw. hat den Verkehr gefährdet. Der Hund wurde erschossen, als es wirklich keinen anderen Ausweg mehr gab. Hui, was war da los... das arme kleine Wauwau, Welpenbilder wurden gepostet, wie süß und putzig und die heulende Hundehalterin war tagelang im Lokalfernsehen zu bewundern....Böse Polizei hat meinen Hund getötet.
    Ich wüßte ja zu gern, wie die Presse ausgesehen hätte, wenn er statt der Erwachsenen, die er nicht wirklich verletzt hat, eines der Kinder erwischt hätte...... :rolleyes

  • @ Gummibärchen: Nein, ich meinte das schon umgekehrt. Dass man anders reagiert, wenn es um (nahe) Verwandte oder Bekannte geht, ist mir klar. Ich dachte eher an einen Unterschied zwischen im Dienst und nicht im Dienst. :wave Aber ist auch egal, ich finde das ja selber jetzt irgendwie verwirrend. Vergessen wir das einfach :lache!

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Ganz schlimm finde ich übrigens betrunkene Gruppen Jurastudenten im ersten Semester, die grad irgendeinen Unfug angestellt haben und die man dann dabei erwischt... schrecklich ehrlich. Da würde ich am Liebsten blind und taub werden sofort... :yikes


    Erstis sind aber in jedem Fach ne Qual, man muss nur mal zum Semesterbeginn in der Nähe einer Uni rumlaufen (oder sogar da wohnen :grin), und diese mit Löffeln gefressene Weisheit von überall springt einen an. Ich sag es ja immer wieder: Studenten aufs Maul :lache