'Krieg und Frieden' - Band 4, Teil 3 - Kapitel 01 - 19

  • Jetzt vertreiben die Freischärler die Franzosen endgültig. Ehrlich interessiert mich das weniger. Dass Petja in sein Verderben rennt, ist einfach nur überflüssig, aber sicher ist so etwas schon immer vorgekommen.

    Bei den Freischärlern wird die Frage aufgeworfen, ob man sich weiterhin mit den Gefangenen belasten soll. Ich habe mich schon vorher gefragt, warum sich das die Franzosen antun. Klar, einfach freilassen wäre zu gefährlich gewesen. Und sie einfach töten, da hatten sie wohl Skrupel.


    Aber nun zu dem, was mich viel mehr interessiert:

    Ich habe Probleme, die zwei folgenden Aspekte in Pierres Innenleben zusammenzubringen. Ich vermute, dass das eine Entwicklung ist, die Pierre durchläuft.


    1.

    Zitat

    Je schwieriger seine Lage sich gestaltete, je schrecklicher die Zukunft war, um so weiter von seinem jetzigen Zustand abliegende Gedanken, Erinnerungen und Vorstellungen freudiger und beruhigender Art kamen ihm in den Sinn.


    Vielleicht ist dies auch der Grund, warum er sich vom kranken Platon so weit distanziert, dass er sogar dessen Erschießung verdrängt.

    Zitat

    Er erschrak über sein Mitleid mit diesem Menschen.



    Ich war da zunächst sehr entäuscht von Pierre. Aber ich denke, das ist unbewusster Selbstschutz. Irgendwie muss Pierre diese lebensbedrohliche Situation überstehen.

    2.

    Er erkennt:

    Zitat

    Das Leben lieben heißt Gott lieben. Das Schwerste und Beseligendste von allem ist, dieses Leben bei eigenen Leiden, bei unschuldigen Leiden zu lieben.


    Fast möchte ich den Weg, den Pierre mit den fliehenden Franzosen zurücklegt, als einen Pilgerweg für
    ihn bezeichnen.


  • Über das Bild von der Erdkugel und den Tropfen muss ich noch nachdenken. Sind die Tropfen, die sich ausbreiten und andere verdrängen, solche Menschen wie Napoleon oder andere, die große Taten, gute oder schlechte, vollbringen? Der Mann aus Platons Geschichte, der zu Unrecht als Mörder verurteilt wurde, wäre dann eher der Tropfen, der eingeengt wird und dann absinkt. Wann steigt der abgesunkene Tropfen wieder auf? Nach dem Tod? Oder vielleicht auch noch im hiesigen Leben?

  • Ich bin etwas irritiert. Wenn ich an den Abzug der Franzosen aus Moskau und an die Flucht mit den Gefangenen denke, habe ich Bilder von Menschen im Kopf, die bis an die Knie im Schnee versinken. Das sind wohl Bilder aus Verfilmungen. Im Buch ist nur von Regen die Rede.

    Genauso habe ich aber auch Sätze im Ohr wie: Der Wintereinbruch und der Brand Moskaus hätten Napoleon zum Rückzug gezwungen.

    Wenn ich aber dieses Buch so lese, dann hört sich das ganz anders an. Da war es die sinkende Moral der französischen Soldaten, die durch Plünderung die Versorgung der eigenen Armee gefährdeten, etc.

    Auf jeden Fall ist von Winter bisher keine Rede.

  • Ich bin etwas irritiert. Wenn ich an den Abzug der Franzosen aus Moskau und an die Flucht mit den Gefangenen denke, habe ich Bilder von Menschen im Kopf, die bis an die Knie im Schnee versinken. Das sind wohl Bilder aus Verfilmungen. Im Buch ist nur von Regen die Rede.

    Genauso habe ich aber auch Sätze im Ohr wie: Der Wintereinbruch und der Brand Moskaus hätten Napoleon zum Rückzug gezwungen.

    Wenn ich aber dieses Buch so lese, dann hört sich das ganz anders an. Da war es die sinkende Moral der französischen Soldaten, die durch Plünderung die Versorgung der eigenen Armee gefährdeten, etc.

    Auf jeden Fall ist von Winter bisher keine Rede.

    Wenn ich dazu von der Seitenauslinie etwas einwerfen darf: das dürfte vollkommen korrekt dargestellt sein. In Moskau lacht Napoleon Caulaincourt angeblich noch aus, weil der ihn immer vor dem russischen Winter gewarnt hat, so mild ist es dort. Die ersten heftigen Schneefälle erfolgen erst während des Rückmarschs, während der letzten Oktober- und ersten November-Tage. Und die schlimmste Kälte kam wohl sogar erst, als die Grande Armee russischen Boden längst verlassen hatte. Streckenweise wird den Franzosen sogar Tauwetter mehr Probleme machen als Kälte.


    Ich habe zwar das Buch nicht gelesen, aber drei Jahre Beschäftigung mit Nap hinter mir :P. Und ich ärgere mich gerade, dass ich nicht ein bisschen früher ins Forum zurückgefunden habe - das wäre vielleicht die Gelegenheit gewesen, "Krieg und Frieden", das ich schon zweimal angefangen habe, auch mal zu beenden. Bisher ging mir immer nach kurzer Zeit die Puste aus.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Ich bin etwas irritiert. Wenn ich anden Abzug der Franzosen aus Moskau und an die Flucht mit denGefangenen denke, habe ich Bilder von Menschen im Kopf, die bis andie Knie im Schnee versinken. Das sind wohl Bilder aus Verfilmungen.Im Buch ist nur von Regen die Rede.

    http://www.zeno.org/Literatur/…ieden/Vierzehnter+Teil/19.


    Im letzten Kapitel war ein bißchen was vom Schnee zu lesen:


    "Bei dem Marsch der russischen Armee von Tarutino nach Krasnoje stellte sich ein Abgang von fünfzigtausend Mann an Kranken und Nachzüglern heraus, das ist eine Zahl, die der Einwohnerschaft einer großen Gouvernementshauptstadt gleichkommt. Die Armee verlor die Hälfte ihres Bestandes ohne Schlachten.

    Und von dieser Periode des Feldzuges, wo die Truppen ohne Stiefel und Pelze, bei mangelhafter Verpflegung, ohne Branntwein, monatelang im Schnee und bei fünfzehn Grad Kälte übernachteten; wo der Tag nur sieben bis acht Stunden dauerte und im übrigen Nacht war, in welcher die Wirkung der Disziplin aufhört; wo die Mannschaften nicht wie in einer Schlacht nur auf einige Stunden in die Zone des Todes hineingeführt wurden, in welcher es keine Disziplin gibt, sondern monatelang jeden Augenblick mit dem Tod des Verhungerns und Erfrierens kämpfen mußten; wo in einem Monat die Hälfte der Armee umkam: von dieser Periode des Feldzuges erzählen uns die Historiker, wie Miloradowitsch einen Flankenmarsch dorthin und dorthin und Tormasow einen solchen dorthin und dorthin hätte unternehmen sollen, und wie Tschitschagow seine Truppen dorthin und dorthin hätte führen sollen (im Schnee, der bis über die Knie reichte), und wie dieser und jener den Feind zurückwarf und abschnitt usw., usw."

  • Hier auch:

    http://www.zeno.org/Literatur/…ieden/Vierzehnter+Teil/16.


    "Vom 28. Oktober an, wo stärkerer Frost einsetzte, nahm die Flucht der Franzosen zwar insofern einen tragischeren Charakter an, als die Mannschaften vor Kälte erstarrten und sich dann an den Wachfeuern halbtot brieten, während der Kaiser, die Könige und Herzöge, in Pelze gehüllt, die Fahrt in ihren Kutschen mit dem geraubten Gut fortsetzten;"

  • Pilgert der nicht sogar durch das ganze Buch? Das war nur mal eine kleine Variante für ihn, die Episode bei den Freimaurern ist aber damit sehr stark zu vergleichen.

    Könnte man so sehen. Aber für mich gehört zu einem Pilgerweg auch eine gewisse Kasteiung dazu. Deswegen sehe ich die Episode bei den Freimaurern eher als einen Irrweg oder im besten Fall als einen Umweg an.

  • http://www.zeno.org/Literatur/…rieden/Vierzehnter+Teil/7.


    "Als am 21. Oktober sein General den Wunsch aussprach, jemanden zu Denisows Abteilung zu schicken, da bat Petja so inständig, ihn dazu zu verwenden, daß der General es ihm nicht abschlagen konnte."


    Ja, der Schnee aus Kapitel 16 war eine Woche nachdem Petja zu Denisow geschickt wurde. Dann war er ja noch ein oder zwei Tage dort im Wald, bevor es zum Angriff kam.

  • Bitte, versteh mich nicht falsch. Ich finde es bewunderswert, wie du dich hier ins Zeug legst und recherchierst. Ich bin dir sehr dankbar dafür. Ich kenne das von anderen Leserunden kaum, dass jemand so gründlich auf meine Fragen eingeht. (Sind wir uns eigentlich vorher schon mal in einer Leserunde begegnet?)

    Na ja, und da war es mir fast schon peinlich, was du dir meinetwegen für Arbeit machst. (Ich hätte oben besser einen anderen smiley verwenden sollen. :schaem)

  • Dieses Recherchieren - und der Lerneffekt - machen mir beim Lesen von Büchern mit historischem Bezug am meisten Spaß. Ich gucke dann noch bei Google Maps und Streetview um die Entfernungen nachvollziehen zu können und eventuell Borodino und das Denkmal heute zu sehen usw. Von daher finde ich Deine Fragen perfekt, da sie mich wieder auf neue Ideen und neue Themen bringen.