'Krieg und Frieden' - Band 3, Teil 1 - Kapitel 01 - 10

  • Der Anfang dieses Abschnittes, meine Ausgabe Zweiter Band, Erster Teil, Kapitel I, Seite 803:


    „Gegen Ende des Jahres 1811 begann das westliche Europa seine Rüstungen zu verstärken und seine Streitkräfte zusammenzuziehen, und im Jahre 1812 setzten sich diese Streitkräfte in Bewegung; Millionen von Menschen - eingerechnet alle die, welchen Transport und Verpflegung der Armee oblag - bewegten sich von Westen nach Osten auf die russischen Grenzen zu, an denen genau ebenso seit dem Jahre 1811 die russischen Streitkräfte zusammengezogen worden waren.“



    Tolstoi beginnt diesen Teil mit schon philosophischen Gedanken über Sinn und Unsinn des Krieges sowie das „Diktum der Geschichte“. Das fand ich hoch interessant, vor allem auch seine Ausführungen zu den Ursachen eines Ereignisses, das eben nicht nur eine Ursache, sondern deren viele hat, so daß oft gar nicht festzustellen ist, welche denn nun die wirklich ausschlaggebende war.


    Die Mission von Balaschow hatte es auch in sich. Erst muß er mitmachen, die sich die Untergebenen von Napoleon wichtig machen, und dann kommt es tatsächlich zur Begegnung. Tolstoi schreibt so, daß ich mir das recht lebhaft vorstellen konnte. Ob so ein Parlamentär heute in vergleichbarer Situation auch zum Diner eingeladen würde? Vermutlich eher nicht. Jedenfalls makaber, daß er in dem Zimmer auf Napoleon trifft, in welchem er vor einigen Tagen vom russischen Zaren losgeschickt wurde. Und bei allem hatte ich immer das Wissen um den Ausgang des Krieges im Hinterkopf.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe erst das 1. Kapitel gelesen. Aber da kann man nicht einfach weiterlesen. Ich muss mir das durch den Kopf gehen lassen. (Übrigens fehlt dieses Kapitel im Gutenberg-Projekt komplett.)

    Tolstoi beginnt diesen Teil mit schon philosophischen Gedanken über Sinn und Unsinn des Krieges sowie das „Diktum der Geschichte“. Das fand ich hoch interessant, vor allemauch seine Ausführungen zu den Ursachen eines Ereignisses, das eben nicht nur eine Ursache, sondern deren viele hat, so daß oft gar nicht festzustellen ist, welche denn nun die wirklich ausschlaggebende war.

    Das Beispiel mit Apfel, der vom Baum fällt, fand ich interessant, vor allem deshalb, weil es hier nur um denjenigen Grund geht, den der jeweilige Betrachter dem Ereignis zuschreibt, also nicht um objektive Kriterien Außenstehender.


    Allerdings finde ich Tolstois Erklärungen zu den Ursachen eines Krieges zu sehr von Fatalismus und teleologischen Ansichten bestimmt. Er schreibt: "Die Geschichte ... nutzt jeden Augenblick im Leben eines Herrschers für sich aus als Werkzeug zur Erfüllung ihrer Ziele."

  • Im zweiten Kapitel war ich irriert, weil Tolstoi es so ausgedrückt hat, als ob Napoleon zwei Frauen gleichzeitig hatte.

    Tolstoi hat wohl Ehescheidungen nicht anerkannt. Ich weiß nicht, wie das damals in der russisch-orthodoxen Kirche war.


    Napoleon wird eine Verehrung entgegengebracht, die unglaublich ist. Da ist ja Nikolai mit seiner Verehrung für den Zar gar nicht so ungewöhnlich.

  • Die Mission von Balaschow hatte es auch in sich. Erst muß er mitmachen, die sich die Untergebenen von Napoleon wichtig machen, und dann kommt es tatsächlich zur Begegnung.

    Ich habe mich gefragt, ob so ein Verhalten daher kommt, dass wohl den meisten französischen Offizieren aristokratisches Benehmen nicht in die Wiege gelegt wurde. Ob es umgekehrt auch so gewesen wäre?


    Beim Bild, das Tolstoi von Napoleon zeichnet, frage ich mich, ob es auf Augenzeugenberichten beruht oder ob er es sich selbst so zurecht gemacht hat.

  • Beim Bild, das Tolstoi von Napoleon zeichnet, frage ich mich, ob es auf Augenzeugenberichten beruht oder ob er es sich selbst so zurecht gemacht hat.

    Das habe ich mich auch immer wieder gefragt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Andrej ist durch die geplatzte Verlobung, bzw. wie es passiert ist, traumatisiert. Dass er Kuragin zum Duell fordern will und seinem Vater zum ersten Mal die Meinung sagt, haben beide verdient. Weit schlimmer aber ist, dass er seinem Sohn gegenüber nicht mehr die Liebe aufbringen kann wie früher.

    Ich finde es sehr schade, dass Andrej seine Gedanken, die mit dem Anblick des Himmels von Austerlitz zusammenhängen, nicht nur beseite geschoben hat, sondern sogar fürchtet.



    Tolstoi lässt immer wieder leise Ironie durchklingen. Ob es die Beschreibung der, ich glaube, neun Parteien im "Kriegsrat" ist oder die Erklärung, worauf welche Volksgruppen ihr Selbstbewusstsein gründen.:grin

  • Allerdings finde ich Tolstois Erklärungen zu den Ursachen eines Krieges zu sehr von Fatalismus und teleologischen Ansichten bestimmt. Er schreibt: "Die Geschichte ... nutzt jeden Augenblick im Leben eines Herrschers für sich aus als Werkzeug zur Erfüllung ihrer Ziele."

    Hm, so abwegig fand ich Tolstois Gedanken eigentlich gar nicht. Vielleicht nicht absolut gültig, aber so ein Fünkchen Wahrheit ist da schon drin enthalten.

    Napoleon wird eine Verehrung entgegengebracht, die unglaublich ist. Da ist ja Nikolai mit seiner Verehrung für den Zar gar nicht so ungewöhnlich.

    Das ist für uns "heutige aufgeklärte Demokraten", denke ich, nicht nachvollziehbar. Irgendetwas davon muß im Menschen drin stecken, man denke nur daran, was etwa auch hier im republikanischen Deutschland los ist, wenn es irgendwo eine Royale Hochzeit gibt!

    Ich finde es sehr schade, dass Andrej seine Gedanken, die mit dem Anblick des Himmels von Austerlitz zusammenhängen, nicht nur beseite geschoben hat, sondern sogar fürchtet.

    So etwas kann man vielleicht nur dann richtig nachvollziehen, wenn man selbst so eine Schlacht mitlerlebt hat.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Der Anfang dieses Abschnittes, meine Ausgabe Zweiter Band, Erster Teil, Kapitel I, Seite 803:


    Tolstoi beginnt diesen Teil mit schon philosophischen Gedanken über Sinn und Unsinn des Krieges sowie das „Diktum der Geschichte“. Das fand ich hoch interessant, vor allem auch seine Ausführungen zu den Ursachen eines Ereignisses, das eben nicht nur eine Ursache, sondern deren viele hat, so daß oft gar nicht festzustellen ist, welche denn nun die wirklich ausschlaggebende war.

    :write


    Danke, SiCollier, dass Du immer die genauen Angaben machst, auf welcher Seite der neue Abschnitt beginnt. An den unterschiedlichen Einteilungen könnte man sonst verzweifeln. Und jetzt, da ich dem Hörbuch lausche, helfen mir diese Angaben noch mehr.


    Allerdings finde ich Tolstois Erklärungen zu den Ursachen eines Krieges zu sehr von Fatalismus und teleologischen Ansichten bestimmt.

    Tolstoi ist dem Denken des 19. Jahrhunderts verhaftet. Das vergessen wir heutigen Leser allzu schnell. Außerdem fehlt ihm ein großer Abstand zu den Ereignissen. Dies macht seine Geschichte aber auch so authentisch. Umso beachtlicher finde ich seine Gedanken zu den Mechanismen des Krieges.

  • Tolstoi ist dem Denken des 19. Jahrhunderts verhaftet. Das vergessen wir heutigen Leser allzu schnell.

    Das ist doch ein generelles Problem unserer Zeit, also daß alles mit den Maßstäben unserer Zeit gemessen und eigentlich vorausgesetzt wird, daß die Menschen bzw. Autoren früherer Zeiten gefälligst gewußt zu haben haben, was in der Zukunft - vor allem zwischen 1933 und 1945 - in Deutschland passiert. Jeder kann nur nach dem Kenntnisstand und den Maßstäben seiner Zeit urteilen. Ich möchte nicht unbedingt wissen, was man in hundert oder zweihundert Jahren über uns und unsere Zeit sagen bzw. urteilen wird.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das ist doch ein generelles Problem unserer Zeit, also daß alles mit den Maßstäben unserer Zeit gemessen und eigentlich vorausgesetzt wird, daß die Menschen bzw. Autoren früherer Zeiten gefälligst gewußt zu haben haben, was in der Zukunft - vor allem zwischen 1933 und 1945 - in Deutschland passiert. Jeder kann nur nach dem Kenntnisstand und den Maßstäben seiner Zeit urteilen. Ich möchte nicht unbedingt wissen, was man in hundert oder zweihundert Jahren über uns und unsere Zeit sagen bzw. urteilen wird.


    Das macht es so interessant, Klassiker zu lesen oder einfach ein altes Lexikon in die Hand zu nehmen. Nicht nur der Kenntnisstand, sondern auch die völlig andere Gewichtung von Themen ist aufschlussreich. Gleichzeitig ist es verblüffend, wie viel Gültigkeit manche Gegebenheiten zu allen Zeiten haben.


    Jemand meinte einmal, sollte alles aus unserer Zeit vergessen sein und man nur durch Ausgrabungen etwas von uns in Erfahrung bringen können, dann würde man ALDI und LIDL für Götter halten. :lache Da diese beiden "Namen" auf so vielen Taschen stünden.

  • Das macht es so interessant, Klassiker zu lesen oder einfach ein altes Lexikon in die Hand zu nehmen. Nicht nur der Kenntnisstand, sondern auch die völlig andere Gewichtung von Themen ist aufschlussreich. Gleichzeitig ist es verblüffend, wie viel Gültigkeit manche Gegebenheiten zu allen Zeiten haben.

    :write Vor allem Letzteres erstaunt mich immer wieder. Denn immer wieder begegnet mir für frühere Zeiten, daß die Menschen ob des raschen Wandels so verunsichert seien/waren. Hä? Ich dachte, das sei ein Phänomen unserer Zeit - offensichtlich nicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")