Winter der Welt - Ken Follett

  • Ein intensives und bewegendes Epos, das trotz seiner Schwächen überzeugt!


    Europa, Amerika, in den 30er Jahren. Während die Welt noch die Wunden des „Großen Krieges“ leckt, stehen in Europa erneut die Zeichen auf Sturm. In Spanien drängen Faschisten an die Macht, in Deutschland ist das Volk, erschöpft von Hunger, Repressionen und Straßenkämpfen, anfällig für eine neue starke Hand. In Amerika bindet die Wirtschaftskrise dem Präsidenten die Hände. Die Nachfahren der Figuren aus „Sturz der Titanen“ stehen nicht nur vor einem Kampf ums Überleben, sondern auch vor den großen Fragen des Lebens: Loyalität, Liebe, Hass, Treue, Rache, Überzeugung. Und während Europa in tiefe Finsternis versinkt, stehen für Carla, Lloyd und Daisy und all die anderen schwere Entscheidungen an …


    Nach „Sturz der Titanen“, das sich mit der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ beschäftigte, dreht sich Ken Folletts zweiter Teil seiner Jahrhunderttrilogie nun um die 30er und 40er Jahre. In England, Rußland, Amerika und Deutschland werden die Schicksale alter Bekannter weitergesponnen, die nächste Generation steht bereit. Für den Leser ist es ein Nachhausekommen, ein Wiedertreffen mit Bekannten aus einem anderen Buch. Und wieder stehen bei Follett die Zeichen auf Drama: der Traum vom gesellschaftlichen Aufstieg, der klirrend im Bombenhagel zerbricht; der Glaube an die kommunistische Idee, der im stalinistischen Terror untergeht, die Hoffnung auf ein neues, besseres Deutschland, die in kürzester Zeit zerstört wird. Folletts Schreibstil ist einfach, unterhaltsam, intensiv – er ist kein Tolstoi, kein Thomas Mann, und will es auch gar nicht sein – er erzählt lebendig, intensiv, schreibt unter die Haut. Seine Charaktere bedienen Stereotypen und sind doch so lebendig, dass sie dem Leser aus den Buchseiten entgegenblicken. Anders als viele seiner Landsleute zeichnet Follett ein eher ausgeglichenes Bild vom Zweiten Weltkrieg: er erzählt von den Einsatzkommandos im Rücken der Ostfront ebenso wie von englischen Bomben in deutschen Zivilgebieten. Erzählt von überzeugten Nazis ebenso wie von Opportunisten und Widerstandskämpfern. Episodenweise und beispielhaft lässt Follett eine Zeit auferstehen, die noch keine 100 Jahre zurückliegt – und doch für im Frieden aufgewachsene Generationen so fern scheint. Und auf seine Art und Weise gleicht der Autor seine Schwächen in Stil und Stereotypen aus durch sein enormes Erzähltalent. Ein intensive und bewegende Geschichte, die Lust auf Teil 3 macht ...


    9/10 Punkten

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Ich hatte diesen 2. Teil mit immerhin 1022 Seiten innerhalb von einigen Tagen durch. Das sagt eigentlich schon sehr viel aus.


    Der Inhalt wurde schon mehrfach beschrieben, deshalb nur ganz kurz meine Meinung. Der Schreibstil von Follett ist bekanntermaßen angenehm und flüssig zu lesen. Er präsentiert ein Stück Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Figuren sind nicht soo zahlreich, man kann sie alle gut im Auge behalten, und zwar auch ohne das vorweg gestellte Personenverzeichnis. Das hat mich schon beim 1. Teil fasziniert.


    Ich fand das Buch interessant und habe es gerne gelesen. Ich sehe es so, daß es auch kein Geschichts- bzw. Sachbuch sein soll, sondern es soll die Leser unterhalten. Beim 3. Teil bin ich auf jeden Fall wieder dabei. :-]

  • Im zweiten Band seiner Jahrhunderttrilogie beleuchtet Ken Follett das Geschehen rund um den zweiten Weltkrieg. Wieder beschreibt er das Leben verschiedener Familien in diversen betroffenen Ländern (Großbritannien, Sowjetunion, USA, Deutschland), verknüpft deren Leben mit den politischen Ereignissen und zeigt so auf, was im Großen und im Kleinen in dieser Zeit passierte.


    Der Autor knüpft dabei an den ersten Band an, die Familien, deren Leben er erzählt, sind die selben, nur dass nun die nächste Generation in den Fokus rückt. Aber auch die größtenteils liebgewonnenen Charaktere aus „Sturz der Titanen“ trifft man wieder, erfährt ihr weiteres Schicksal und muss mit ihnen auch Verluste hinnehmen.


    Der Roman ist wieder in drei Teile gegliedert, je ein Teil erzählt die Geschehnisse vor dem Krieg bzw. während des Krieges und über seine Nachwirkungen. Ingesamt sind diese Ereignisse komplexer als die im ersten Band erzählten und hätten gut und gerne mehrere Bände gefüllt, Ken Follett erzählt daher verkürzter, Vieles wird nur kurz angesprochen, der Roman beginnt auch erst 1933. Erst nach und nach hat man als Leser das Gefühl an wichtigen Ereignissen dieser Zeit teilzuhaben. Mich hat auch gewundert, dass die Judenverfolgung in Nazideutschland nur eher am Rande angesprochen wurde, es wird zwar über eine jüdische Familie berichtet, die allerdings nie wirklich in den Fokus rückt, das Thema KZ wird ebenso nur marginal berührt. Ganz lässt der Autor die Gräueltaten jener Zeit jedoch nicht ganz außer Acht, thematisiert wird z. B. das Euthanasieprogramm.


    Auch die Charaktere kommen mir in diesem Roman nicht so nahe wie im Vorgänger. Das liegt möglicherweise daran, dass man sie in recht großen Abständen trifft, meist liegt ein Jahr oder mehr dazwischen. Einige wenige rücken soweit in den Fokus, dass sie mich stark berührten, z. B. Lloyd Williams, Ethel Williams Sohn. Manche erfahren eine große Veränderung während der Erzählung, vor allem Daisy Peshkov, Lev Peshkovs Tochter, die ich zunächst gar nicht mochte, die sich aber immer mehr in mein Herz schlich.


    Sehr interessant auch wieder die Hintergrundinformationen aus den verschiedenen Ländern, die politischen und sozialen Probleme, auch in diesem Band spart der Autor nicht mit Sozialkritik.


    Der zweite Band der Jahrhunderttrilogie kann nicht ganz so überzeugen wie der erste, dafür ist das Thema für ein einziges Buch einfach zu komplex. Dennoch ist es ein lesenswerter historischer Roman, der viele Denkanstöße liefert und vor allem dazu anregt, selbst weiter über diese Zeit zu recherchieren. Auch hier absolute Leseempfehlung.

  • Die Jahrhundert-Saga wird mit Winter der Welt fortgesetzt. In meinen Augen ist die Linie klar erkennbar, die gleichen Personen/Familien, die gleichen Verhaltensmuster und ein etwas anderer Geschichtsunterricht. Einige Sachen davon wusste ich bereits, da ich ja –wie bereits mehrfach erwähnt- ein Tagebuch eines Soldaten aus Steno in Langschrift übersetzt habe. Einige Sachen war mir vage bekannt, einige vollkommen neu, alles in allem ist das Thema sehr hart und anstrengend, daher musste ich immer wieder Pausen einlegen, um das ganze zu verarbeiten.


    Einige der sog. Nebenschauplätze, wie Spanien, Frankreich und einige „Kleinigkeiten“ aus England habe ich nicht so gesehen, wie sie hier geschildert werden – somit doch ein gewisser Lerneffekt. Was ich gut finde ist die Tatsache, das hier in Geschichts-Form diese doch schwere Kost gut vermittelt wird. Einige Sachen/Themen/Ausschmückungen waren mir persönlich zu langatmig, aber sie mussten sein, um einige Zusammenhänge besser erkennen zu können. Andererseits gab es Stellen, wo ich mir mehr Input gewünscht hätte, aber dort wurde „wie ein Vögelchen“ drübergeflogen.


    Ansonsten, all das, was wir in solchen Büchern erwarten dürfen, Liebe, Hass, Rache, Treue, Untreue, Verbundenheit.


    Ansonsten hat es für mich den Anschein, das der Autor wieder sehr gut recherchiert hat.


    Ich bin doch etwas neugierig geworden, wie der Teil 3 aussehen wird.


    Ich vergebe 6 Punkte

  • Vor weg, ich mag Follett. Und dieses Buch hat mir unglaublich Spaß gemacht.
    Gut geschrieben gut zu lesen, was will man mehr.


    Gut, es haben einige bemängelt das Zeitabschnitte fehlen z.B. Weimarer Republik, aber dann wären es wahrscheinlich 4 Teile geworden. :grin


    Alles sehr sympathische Figuren, außer Fitz und sein Sohn Boy. Apropos die „Bösen“ sind irgendwie alle gestorben, das war sehr auffällig.


    Aber trotz einiger subjektiver Schwächen ein sehr gutes Buch das Spaß macht.


    Ich freu mich auf Teil 3.

  • Winter der Welt habe ich letzte Woche zu Ende gelesen und direkt mit Kinder der Freiheit begonnen.


    Auch dieses Buch hat mir, genau wie der Vorgänger, richtig gut gefallen. Allerdings habe ich auch ein paar Kritikpunkte. Das erste, was mir aufgefallen ist: Die Handlungsorte waren nicht mehr ganz so ausgewogen: Vor allem Daisy/LLoyd und Wolodja standen im Mittelpunkt. Die Geschichte der Deutschen um die WIderstandskämpferin Carla von Ulbricht wurde nicht so ausführlich erzählt. Es kam mal 1 Kapitel dazu, dann wieder 100-200 Seiten zu den Amerikanern/Russen und dann wieder ein kleines Kapitel zu Carla. Das fand ich persönlich sehr schade, weil in diesem Buch Carla (neben LLoyd) meine Lieblingsfigur war und es mich doch sehr interessiert hätte, wie es sich in Deutschland in den Kriegsjahren als Gegner der Nazis gelebt hat. Stattdessen wurde ausführlich thematisiert, was es für ein hartes Leben Daisy in Amerika hatte, weil ihre Verlobung gelöst wurde :achtungironie

    Ein weiterer Kritikpunkt war die stellenweise doch sehr konstruierte Handlung. Dies ist mir im ersten Band zwar ebenfalls aufgefallen, aber hier war es doch stellenweise echt extrem. Vor allem, dass die Hauptfiguren alles überlebt haben, und wenn es noch so unwahrscheinlich ist:

    Ansonsten war dieses Buch doch um einiges brutaler und ging mir doch ziemlich nahe, vor allem, als eine meiner Lieblingsfiguren aus dem ersten Band gestorben ist.


    Alles in Allem war es jedoch ein absolut packendes Buch, dass sehr flüssig zu lesen war, wenn auch etwas schwächer wie der erste Band.


    8/10 Punkte


    Ein Buch, das nicht wert ist, zweimal gelesen zu werden,

    ist auch nicht wert, daß man's einmal liest.
    (Jean Paul, 1763 - 1825)