Amanda Knox - Zeit gehört zu werden

  • Originaltitel: Waiting to be heard
    Seiten: 504


    Autorin:
    Amanda Knox wurde am 9.Juli1987 in Seattle, Washington geboren. Ab Herbst 2007 war sie an der Ausländeruniversität in Perugia immatrikuliert, wo sie bald darauf in den Mordfall Meredith Kercher verwickelt und des Mordes für schuldig befunden wurde. Seit ihrem Freispruch lebt sie wieder in Seattle und studiert.


    Klappentext:
    Es war ein bestialisches Verbrechen. Am 1. November 2007 wurde in Perugia die britische Studentin Meredith Kercher in ihrer Wohnung vergewaltigt und ermordet. Im Fokus der Ermittlungen stand sofort Merediths amerikanische Mitbewohnerin Amanda Knox. Gemeinsam mit ihrem Freund Raffaele Sollecito und einem Afrikaner soll sie die Bluttat begangen haben. Die Boulevardpresse malte einen „Gewaltexzess mit dämonischen Sexpraktiken“ aus. Des Italienischen kaum mächtig, wurde Amanda tagelang von der Polizei verhört und massiv unter Druck gesetzt. Obwohl keine Beweise vorlagen, wurde sie schließlich in Untersuchungshaft genommen und zwei Jahre später formell angeklagt. In einem spektakulären Strafprozess präsentierte die Staatsanwaltschaft eine abenteuerlich konstruierte Indizienkette, auf deren Grundlage Amanda schuldig gesprochen und zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Doch ihre Anwälte erzwangen ein Berufungsverfahren. Im Oktober 2011 wurde dann das Fehlurteil revidiert. Amanda war endlich frei und konnte in ihre Heimat zurückkehren. Im März 2013 wurde der Freispruch vom Obersten Gericht wieder aufgehoben, und der Fall muss neu aufgerollt werden. Nun erzählt Amanda Knox erstmals ihre ungeheuerliche Geschichte. Auf der Grundlage von Tagebüchern und Briefen die sie aus dem Gefängnis schrieb, schildert sie die bedrückenden Tage nach der Ermordung ihrer Freundin Meredith. Offen spricht sie über ihre seelischen Qualen während des Prozesses und die Jahre im Gefängnis, über die Demütigung, von der internationalen Presse als sadistische Mörderin angeprangert zu werden. Ihr einziger Trost während dieses schier endlosen Albtraums waren der starke Rückhalt , den sie von ihrer Familie erfahren hat, und der Zuspruch vieler Menschen, die nie an ihrer Unschuld gezweifelt haben.


    Meinung:
    Ich bin begeistert.
    Ob schuldig oder nicht, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. Natürlich wird alles nur aus der Sicht von Amanda Knox erzählt, doch die Erzählungen sind unglaublich realistisch und fesselnd. Ich fühlte mich zeitweise als säße ich selbst im Verhör.
    Die Art und Weise wie mit Amanda Knox umgegangen wurde ist erschreckend und zeigt wie manipulativ die Menschen sind und man manchmal auch den Menschen nicht trauen kann, von denen man denkt, man kenne sie gut. Der Leser gewinnt einen tiefen Einblick in die Arbeitsweisen der italienischen Polizei und Staatsanwaltschaft.
    Wer sich bisher mit der Geschichte der Amanda Knox bereits auseinandergesetzt hat, wird in diesem Buch feststellen, wie sehr die Medien vieles hochgespielt und dramatisiert haben. Man wird klare Vergleiche ziehen zwischen dem was die Medien wiedergegeben haben und dem was Knox in ihrem Buch beschreibt.
    „Zeit gehört zu werden“ gibt dem Leser die Chance ein 20 jähriges Mädchen auf ihrem unglaublichen Weg durch den Prozess zu begleiten. Es lehrt den Leser wie stark der Zusammenhalt einer Familie in schwierigen Situationen sein kann und das man nicht immer gut daran tut „nur helfen“ zu wollen.


    Alles in allem ein sehr empfehlenswertes Buch.
    9 Punkte

  • Vielen Dank für die interessante Buchvorstellung. Ich habe in den Nachrichten von Fernsehen und Zeitungen einiges von diesem Fall gehört und möchte mehr über diesen Fall wissen. Ich hab das Buch soeben über den Eulenlink bei Amazon bestellt. :wave

  • Die Berichterstattung im Fernsehen und den Printmedien rund um den Mord und den Prozess vom "Engel mit den Eisaugen" habe ich eher beiläufig wahrgenommen. Vor der Lektüre dieser Biografie hätte ich keine fünf Sätze zu diesem Fall sagen können. Gekauft und gelesen habe ich das Buch auf Empfehlung von cockerspaniel die davon begeistert war. Obwohl mir Biografien üüüberhaupt liegen habe ich die Erzählung, zu meinem eigenen Erstaunen, zügig aber konzentriert und mit Interesse gelesen. Dies dürfte einerseits daran liegen, dass Amanda Knox viel und detailliert von ihrem Leben erzählt und auch diffizile Themen wie Sexualität und den Umgang mit Drogen recht tabulos anspricht, andererseits daran, dass es überraschend gut geschrieben ist, sich flüssig lesen lässt und inhaltlich bei der Leserschaft Anteilnahme zu wecken vermag. Ich nehme an, dass auch ein Quentchen Neugierde und Sensationslust bei den Leser/-innen eine Rolle spielen dürfte, mich natürlich eingeschlossen. Die Geschichte rund um ihr Schicksal weckt Emotionen und lässt sich sehr gut vermarkten und der Verlag dürfte eine(n) sehr versierten Ghostwriter/-in zum Schreiben engagiert und ihr zur Seite gestellt haben.


    Ich gehe davon aus, dass alle die sich für dieses Buch interessieren ein gewisses Minimum an Wissen rund um diesen Fall haben. Ansonsten fasst die Kurzbeschreibung die Faktenlage gut zusammen. Verurteilt wurde Amanda Knox und ihre Freund Raffaele Sollecito wegen Mordes an ihrer Mitbewohnerin und Studentin Meredith Kercher aufgrund von Indizien. Ob die Anschuldigungen gegen die beiden stimmen wird auch nach der Lektüre niemand mit Sicherheit sagen können. Sollten sie tatsächlich unschuldig sein, sind die zahlreichen Anschuldigungen die sie an die Adresse der Ermittlungsbehörden richtet meiner Meinung nach ein ziemlicher Skandal. Da das erstinstanzliche Urteil vom Berufungsgericht wegen grober Verfahrensmängel aufgehoben wurde, dürfte an den Vorwürfen einiges oder gar viel Wahres dran sein.


    Was ich hier zu lesen bekommen habe wirkt authentisch und glaubwürdig. Aber andererseits kriegt man hier nur die eine Seite, die der Angeklagten, zu lesen. Es währe nicht uninteressant die Sicht der Anklage zu lesen. Tendenziell würde ich mich im Moment auf die Seite von Amanda Knox stellen. Ich hoffe für sie, sie wird nach all den schrecklichen Erlebnissen und dem gegenwärtigen Rummel rund um die Buchveröffentlichung irgendwann in naher Zukunft Ruhe finden und ihr Leben in geordneten Bahnen führen können. Nicht zu vergessen ist das grosse Leid der Familie von Meredith Kercher. Ich wünsche ihnen die Kraft, die Trauer bald zu verarbeiten und ein Leben zu führen so gut es ihnen möglich ist.


    Das Buch regt auf jeden Fall zum nachdenken an wie schnell das Leben aus dem Lot und man in einem Strudel aus Ungereimtheiten in die Fänge der Justiz geraten kann aus dem es viel mentale Stärke braucht um da wieder herauszufinden. Meine Skepsis gegenüber Biografien haben sich in diesem Fall nicht bestätigt und ich kann das Buch guten Gewissens zur Lektüre empfehlen. Wertung: 8 Eulenpunkte

  • Ich lese das Buch gerade und bin begeistert. Ich finde es ist zwar vom Schreibstil her etwas unbedarft, manchmal was holprig, aber eben auch gerade dadurch so authentisch. Amanda war schließlich erst Anfang 20. Ich finde es sehr interessant alles aus ihrer Sicht zu lesen und ihren ganzen Leidensweg mitzuerleben. Jeder muss selber entscheiden, ob er ihr glaubt oder nicht. Ich glaube ihr und finde es ganz erschreckend, wie schnell es gehen kann, das man unschuldig im Gefängnis sitzt. Nur, weil sie sich in den Augen der anderen oft unpassend verhalten hat (was ich selber auch nur zu gut kenne), wird vieles fehlinterpretiert... Mir gefällt das Buch sehr gut...

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

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  • Ich kenne das Buch zwar nicht, aber so wie sich die italienische Justiz verhalten ist, ist es für diese einfach nur ein Armutszeugnis und hat mit einem rechtstaatlichen Verfahren kaum etwas zu tun. Rechtsbeugung und prozeßrechtliche Willkür schienen bei diesem Verfahren ja offensichtlich Normalität gewesen zu sein.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Kurzbeschreibung von Amazon:
    Es war ein bestialischer Mord. Am 1. November 2007 wurde in Perugia die britische Austauschstudentin Meredith Kercher in ihrer Wohnung vergewaltigt und brutal abgeschlachtet. Im Fokus der Ermittlungen stand sofort Merediths amerikanische Mitbewohnerin Amanda Knox. Gemeinsam mit ihrem Freund Raffaele Sollecito und einem Afrikaner soll sie die Bluttat begangen haben. In einem spektakulären Indizienprozess wurde Amanda Knox schuldig gesprochen und zu 26 Jahren Haft verurteilt. Doch die Ermittlungen waren durch schwere Pannen und massive mediale Vorverurteilungen gekennzeichnet. In einem Berufungsverfahren im Oktober 2011 wurde dann die Beweisführung der Anklage verworfen – Amanda war endlich wieder frei und konnte in ihre Heimat ausreisen.
    Nun meldet sie sich zu Wort und erzählt, wie sie Opfer eines Justizskandals wurde. Sie berichtet über die beispiellose Hexenjagd und die rüden Verhörmethoden der italienischen Polizei; über ihre seelischen Qualen während des Prozesses und der über 1400 Tage im Gefängnis. Sie erzählt aber auch von dem starken Rückhalt, den sie von ihrer Familie, ihren Freunden und vielen Unbekannten aus aller Welt erfahren hat.
    Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die fast für ein Verbrechen gebüßt hätte, das sie nicht begangen hat.


    Über die Autorin
    Amanda Knox wurde am 9. Juli 1987 in Seattle, Washington geboren. Die Ehe ihrer Eltern wurde geschieden, als Amanda noch ein Kleinkind war. Bis 2005 besuchte sie die Seattle Preparatory School. 2005-2007 studierte sie an der University of Washington. Ab Herbst 2007 war sie an der Ausländeruniversität in Perugia immatrikuliert, wo sie bald darauf in den Mordfall Meredith Kercher verwickelt und des Mordes angeklagt wurde. Vier Jahre war Amanda Knox inhaftiert, bevor sie im Oktober 2011 freigesprochen wurde.


    Meine Meinung:
    Den Prozess um "den Engel mit den Eisaugen" habe ich damals haarklein verfolgt. Warum weiß ich gar nicht mehr wirklich. Wahrscheinlich, weil es um ein Mädchen ging, das ungefähr in meinem Alter war. Mit ähnlichen Wünschen und Träumen, katapulitiert in einen Alptraum.


    Eine zeitlang hatte ich dann nicht mehr an den Fall gedacht, bis zur Leserunde von "Todesmelodie" (Andreas Franz / Daniel Holbe).

    Als ich dann irgendwann dieses Buch entdeckte, wollte ich es unbedingt haben... Ich bin kein Fan von Autobiographien, aber ich wollte Amandas Sichtweise unbedingt nachvollziehen können.


    Schon während des ersten Prozesses habe ich an ihre Unschuld geglaubt.


    Das Buch ist sehr beklemmend und man kann sich gut in ihre Situation und Denkweise einfühlen. Zwischenzeitlich liefen bei mir die Tränen. Ich glaube ihr, aber ob es wirklich so war werden wir wohl nie 100%ig erfahren... denn das könnte nur Meredith aufklären.


    Von mir bekommt dieses Buch wohlverdiente 9 Eulenpunkte.