Titel: Der neue Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland
Autor: Thilo Sarrazin
Verlag: DVA
Erschienen: Februar 2014
Seitenzahl: 396
ISBN-10: 3421046174
ISBN-13: 978-3421046178
Preis: 22.99 EUR – als eBook: 18.99 EUR
Ist dieses Buch von Thilo Sarrazin nun ein „rechtslastiges Skandalbuch“? Mitnichten. Wer das behauptet, der hat dieses Buch unter Garantie nicht gelesen. Aber es nicht gelesen zu haben und sich trotzdem eine Meinung dazu bilden, ein Phänomen der Sarrazin-Bücher.
Thilo Sarrazin ist ganz sicher eine Reizfigur, sicher auch durch eigenes Zutun – aber ist sein Buch deshalb auch gleich schlecht? Und ist es desbalb in Ordnung, wenn man über dieses Buch nicht inhaltlich redet sondern wenn man sich lediglich mit der Person des Autors beschäftigt?
Und auch der Wirbel um sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ hat schon deutlich gezeigt, dass nicht der Inhalt im Vordergrund stand – sondern die Person des Autors. So scheint es einer Gruppe von Journalisten nur darum zu gehen ihre Leser und Seher zu einer von ihnen (der Journaille) als richtig erachteten Meinung hinzutreiben – da lässt man dann auch schon einmal gern Erkenntnisse und relevante Aspekte außer Acht. Und so scheint es auch mit diesem Buch zu gehen. Wieder steht nicht das Buch und dessen Inhalt im Mittelpunkt – was ja eigentlich normal wäre – nein, viel mehr wird auch bei diesem Buch in erster Linie versucht den Autor zu diskreditieren.
Dabei hätte der Inhalt dieses Buches es verdient – würde man darüber engagiert diskutieren. Mit diesem Buch gibt Thilo Sarrazin den Menschen eine Stimme, die normalerweise nicht gehört werden, die übertönt werden vom lauten und sehr schrillen Getöse der Medien – den Meinungsmachern in diesem Lande.
Sarrazin macht nachvollziehbar deutlich, das oftmals Tatsachen den Meinungen weichen müssen und das Meinungen eben kein Tatsachenersatz sind. Und so sieht er sich einer ziemlichen Meinungsphalanx von ihm nicht gewogenen Journalisten gegenüber. Dabei finden seine Thesen in der Bevölkerung durchaus Rückhalt – denn die Menschen sind durchaus in der Lage sich eine eigene Meinung zu bilden. Sarrazin ist ja nun kein rechtsradikaler Eiferer – nein, ganz und gar nicht. Er fasst nur das Unbehagen vieler Menschen in Worte – unabhängig davon, dass man ganz sicher mit ihm nicht einer Meinung sein muss. Nur wäre es eben wünschenwert, wenn diese Diskussion nicht polemisch geführt werden würde – sondern es wäre dem Thema sicher dienlich, es würde sachlich diskutiert. Leider fehlt es vielen Journalisten an dieser Fähigkeit.
Sehr deutlich arbeitet Sarrazin heraus, dass Meinungen die nicht ins vorherrschende Weltbild passen, ungeprüft niedergemacht werden. Statt sich argumentativ mit dem Buch auseinanderzusetzen stellen viele Meinungen zu diesem Buch wiederum nur den Autor in den Fokus. Inhaltlich wird leider so gut wie gar nicht diskutiert.
Das was wir zu denken haben, wird von einer riesigen Meinungsindustrie vorgegeben. Frei nach dem Motto: Wer am lautesten schreit – der muss vermeintlich Recht haben. Und so wird eben auch sehr deutlich, das viele Journalisten nicht berichten – sondern Meinungen produzieren.
Sarrazin beschäftigt sich in diesem Buch sehr intensiv mit der Debatte um sein Buch „Deutschland schafft sich ab“. Dieses macht er sachlich, wenn auch engagiert und klar Stellung beziehend. So unterstellt er vielen seinen Kritikern, das sie das Buch nicht selbst gelesen hätten, sondern das sie lediglich über „Informationen und Wissen“ aus zweiter, dritter und vierter Hand verfügen würden und das sich dann daraus eine Meinung gebildet hätten.
So wurde von einer beleidigenden Sprache gesprochen; bis dato hat es aber noch keine Strafanzeige bezüglich einer vermeintlichen Beleidigung gegeben. Und auch wurde bis heute keine einzige Zahl aus diesem Buch widerlegt.
Man merkt Thilo Sarrazin aber auch deutlich an, dass ihn dieses Kesseltreiben der Medien schon verletzt hat. So wurden in Fernsehdiskussionen Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und Passagen aus dem Buch wissentlich falsch wiedergegeben. Und wollte Sarrazin das dann richtigstellen, ließ man ihn nicht zu Wort kommen. Dabei wäre gerade bei diesem Thema eine sachliche und sachorientierte Diskussion so wichtig gewesen.
Sehr interessant zu lesen ist der Abschnitt 6 dieses Buches. Dort werden vierzehn Axiome des Tugendwahns im Deutschland der Gegenwart beschrieben:
Beispiele:
Ungleichheit ist schlecht, Gleichheit ist gut.
Der Islam ist eine Kultur des Friedens. Er bereichert Deutschland und Europa
Wer reicht ist sollte sich schuldig fühlen.
Egal wie man dieses Buch nach dem Lesen bewertet, klar dürfte den Leserinnen und Lesern aber eines sein: Thilo Sarrazin hat wirklich etwas zu sagen. Unabhängig davon, dass man sicher auch andere Standpunkte vertreten kann.
Hier sagt jemand offen und ehrlich seine Meinung – klar und direkt und dabei keine Rücksicht nehmend. Natürlich steht es jedem frei zu diesem Buch einen „fürchterlichen Verriss“ zu schreiben; nur sollte man es dazu aber auch gelesen haben – ein Buch nur nach dem Hörensagen beurteilen zu wollen ist schändlich und für einen Berufszeitungsschreiber ganz sicher auch unprofessionell.
Mein Fazit aus diesem Buch:
Meinungen ersetzen oftmals Tatsachen. Meinungen werden „gemacht“ um irgendwelche Ziele zu erreichen und wer sich diesem Mainstream entzieht ist schnell ein Außenseiter. Fragestellungen werden verkürzt, Sachverhalte nur „frisiert“ weitergegeben und Fragen werden so gestellt, dass nur bestimmte Antworten möglich sind.
Man kann sicher sein, dass Sarrazin auch mit diesem Buch wieder an den öffentlichen Medienpranger gestellt wird. Die Jörges und wie sie alle heißen, wetzen schon – oder haben schon gewetzt – ihre Messer. Aber die Menschen sind glücklicherweise nicht so dumm wie uns diese Journaille glauben machen will.
Ein hochinteressantes Buch, das eine offene und sachliche Diskussion verdient hätte. Geschrieben von einem querdenkenden Moralisten. 8 Eulenpunkte.