Wann "funktioniert" eine Geschichte?

  • Weil es es sich im aktuellen Schreibwettbewerb gerade so ergeben hat, möchte ich meine Frage dort nochmal in einem eigenen Topic stellen.


    Sollte eine gute Geschichte nicht unabhängig der Kenntnis genretypischer Eigenarten funktionieren?


    Zitat

    Original von magali
    Doc,
    was heißt funktionieren? Es gibt keine allumfassende, allgemeingültige Regel für das, was eine 'Geschichte' ist.
    Ein Krimi ist etwas anderes als eine Liebesgeschichte.
    Und bei Kurzprosa resp. Kürzestprosa wie hier ist die 'Geschichte' stark vom Genre abhängig. Das beeinflußt den Stil.
    Kritik von fiktionalen Texten halte ich für etwas sehr schwieriges eben deswegen.


    Hm. Das würde aber bedeuten "function follows form". Sollte es nicht eher umgekehrt sein? Eine Geschichte sollte m. E. unabhängig vom verwendeten Genre als solche beim Leser ankommen. Klar, kann der Leser sagen "Vampire mag ich nicht, deshalb gefällt mir die Story nicht." und das ist auch legitim, wenn es sich eben nur um eine klischeebeladene Gruselgeschichte handelt. Aber eine gute Geschichte sollte doch sozusagen in fast alle Genres übertragen noch erzählbar sein und nicht ausschliesslich mit Versatzstücken und Klischees des gewählten Genres funktionieren, oder?


    Gruss,


    Doc

  • Achtung:
    bei Leserin/Leser ankommen?
    Viele 'Geschichten' sind 'gute' Geschichten, aber gefallen LeserInnen nicht.
    Judenbuche, Texte von Handke, Ulysses (ein Buch mit ganz vielen tollen Geschichten) etc.
    Erwartungshaltung des Publikums ist wieder etwas anderes.
    Zeitgeschmack kommt auch dazu. Bei AutorInnen, LeserInnen, KritikerInnen.
    Ich neige nach wie vor zu der Ansicht, daß es keine allumfassende Regeln gibt.
    Ich sage es so: es gibt Regeln dafür, was man falsch machen kann. Aber selbst wenn man alle Fehler vermeidet, muß trotzdem nicht zwangsläufig eine 'gute' Geschichte rauskommen.
    Muß mich leider verabschieden, hab heut abend schon ein anderes Date.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob das, was ich antworte, mit der frage gemeint ist*g* wenn nicht, bitte ignorieren...


    ich liebe märchen.
    aber - und nun bricht evtl. ein sturm der entrüstung los - als ich einst den HDR las - lange, bevor er "in" wurde, konnte ich dem ganzen absolut nichts abgewinnen. als er dann ins gerede kam, las ich ihn erneut und suchte zu finden, was daran so toll sein soll. ja, ich las auch den kleinen hobbit noch dazu - ich KANN dem nichts abgewinnen. im gegenteil, inzwischen habe ich generell eine abneigung gegen alles, in dem elfen, elben und zwerge auftreten.
    ich habe eine blühende phantasie - und legte den ersten marion zimmer bradley frustiert aus der hand. als sie immer berühmter wurde, las ich die erste darkover-folge - ist einfach nicht mein ding.
    auch manche versionen der von mir sehr geliebten geschichten um arthus und merlin kann ich nicht ertragen, wenn sie zu "verelft" sind.
    SF hört bei mir mit mr. spock (TV-serie) auf.
    :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Hmmmpfff ... die Frage ist deshab so schwierig zu beantworten, weil heute beim Erzählen kaum noch das Was und das Wie unterschieden werden. :rolleyes


    Das "Material" fürs Erzählen lassen wir mal beiseite, damit wir die ganze Problematik von Sprache und Stil nicht auch noch am Hals haben.


    Strukturell gesehen braucht die Handlung einer Geschichte einen Ausgangspunkt A, einen Kulminationspunkt oder Höhepunkt b und ein Ziel oder Ende C.
    Um von A nach B und dann von B nach C zu kommen benötigt sie außerdem zwei Bewegungsmomente, die zu Wenden führen -- einen zwischen A und B (I) und einen zwischen B und C (II).
    Aufgelöst heißt das z.B. für Tristan und Isolde: Tristan holt für seinen Herrn Marke dessen Braut Isolde, die einen Liebestrank bei sich hat, weil sie in Sachen ehelicher Liebe auf Nummer Sicher gehen will (A). Weil Isolde aber durch Tristans Gegenwart etwas durcheinander ist, schüttet sie irrtümlich besagten Trank in beider Gläser, sie trinken und verlieben sich schlagartig (I). Auf Markes Burg werden die beiden getrennt, aber es gelingt ihnen doch, hinter Markes Rücken einander zu treffen (B), Marke wird die Sache hintertragen (II), es kommt zum gemeinsamen Liebestod (C).


    Das ist jetzt mal die Handlung. Aber eine Geschichte muß die Handlung nicht 1:1 wiedergeben. Eine Geschichte (oder auch Erzählung) ist die Umsetzung einer Handlung in einer ganz bestimmten Form. Diese Form ist Abhängig vom Erzähler, von den Zuhörern/Lesern (auch wenn nur gedacht) und von der Erzählabsicht (Intention).
    Bei der Umsetzung gibt es unendlich viele Variationsmöglichkeiten: Man kann retrospektiv erzählen und den Schluß vorwegnehmen, man kann bei der zweiten Wende alle offenlassen und den Leser/Zuhörer die Sache zuende denken lassen, usw. usf.


    Der etwas brutale Schematismus des Handlungskerns mag einengend wirken, in Wirklichkeit spiegelt er vermutlich eine allgemeinmenschliche Vorstellung wider. Denn so unterschiedlich Geschichten in aller Welt in ihrer Durchführung sind, so sehr gleichen sie sich in der Struktur der in ihnen transportierten Handlung.
    So eine Handlung muß auch gar nichts Spektakuläres sein -- im Gegenteil: Kleine Formen schreien nach kleinen (aber folgenreichen) Handlungen. Denn am Ende einer Handlung ist ja kein endgültiger Abschluß erreicht, sondern nur eine neue Situation, die einen Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen darstellt.

  • also ich stell mir das so vor: Wenn eine Geschichte tatsächlich in fast alle Genren übertragbar sein sollte, dann müsste die gesamte Geschichte aus Klischees bestehen, welche es genehmigen würde, die Geschichte in mehrere Genren einzuordnen. (Das heißt nicht das jedes Buch, das in eine oder mehrere Genren einzuordnen möglich wäre aus klischees besteht, aber wenn das Buch nun speziell für EINE Genre geschrieben wird, ist die warscheinlichkeit, dass in diesem Klischees zu finden sind, doch etwas geringer).
    Eine Geschichte kommt dann bei den Lesern an, wenn sie nicht zu viele solcher Klischees hat, und dem Leser Neues zu bieten hat.
    Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass ein Buch, das erfolg hat auch gleichzeitig in fast ALLE Genren einzuordnen sei.



  • ich mag hdr als buch auch nicht. verstehe den hype darum auch nicht( und dafür schäme ich mich auch nicht, weil es einfach nciht mein ding ist)
    - den film hingegen fand ich klasse!! alle drei teile! l...aber tolkiens schreibweise mag ich einfach nicht.
    ich fand magalis schriebe aber gut, nur konnte ich einfach nichts mit dem genre anfangen, das ist alles.
    und da kommen wir doch wieder auf die geschmacksfrage zurück. wem was gefällt und warum muss doch letztendlich jeder für sich selbst bestimmen (dürfen), oder?!
    oder soll es so sein, dass bestimmte leute festlegen, was gut ist und was nicht?!
    ich glaube nicht, das wäre nämlich anmaßend...
    geschmäcker sind nunmal verschieden und das bezieht das genre wie den schreibstil mit ein.
    der eine mag`s eben gern mit vielen adjektiven (jetzt nur als beispiel), der andere lieber mit hochtragenden, schwierigen worten, die nur studierte oder sehr belesene verstehen... jedem doch das seine.
    und vergesst eins nciht leute von heute :lach - schreiben ist eine (art von) kunst und bei kunst kann man auch cniht festlegen was gut und was schlecht ist. klar, da gibt es die einen die malen lieber genau das, was sie sehen ab, andere fummeln da ein paar striche auf die leinwand und sagen, das ist aber jetzt mega tolle kunst. also regt euch doch nciht auf und lasst jeden so schreiben wie er möchte. und wem es nicht gefällt, der soll eben die augen zu machen und es schnell vergessen....


    und alle leser kann man eben nicht ansprechen mit seinem geschriebenen, weil jeder anders ist...man sieht es ja bei schätzing, der hat das buch zu voll gepackt, wollte alle irgendwie ansprechen und hat sich dabei dann etwas verzapft...was nicht heißt, dass das buch schlecht ist, aber sich auf ein oder zwei dinge zu beschränken und nicht dies und das und jenes und noch etwas als problem einzuführen, wäre besser gewesen.... auch bei gabaldon, oder der päpstin, oder...k.a. welchen büchern gilt das....
    schreibe hin oder her, genre hin oder her, "de gustibus non est disputandum" ;-)
    damit schließe ich meinen beitrag :D

    "Finde heraus, was du nicht gut kannst - und dann lass es bleiben!" (ALF)

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  • Zitat

    Original von Sisia



    ich mag hdr als buch auch nicht. verstehe den hype darum auch nicht( und dafür schäme ich mich auch nicht, weil es einfach nciht mein ding ist)
    - den film hingegen fand ich klasse!! alle drei teile! l...aber tolkiens schreibweise mag ich einfach nicht.


    Ich schließe mich dem an. Tolkiens Schreibweise fesselt mich kein bisschen. Und Herr der Ringe war mir bei weitem zu "Schlachten gefüllt". Ich habe mich regelrecht durch die Filme durcharbeiten müssen.


    1. Klischees.


    Die Filmbranche beweißt es uns immer wieder mit Fortsetzungen a la "2" und "3". Es wird gerne auf Dinge gesetzt, die bereits funktioniert haben. Möchte ich nicht vollens verurteilen. Ich persönlich freue mich, alte Bekannte wieder zu treffen ( Fluch der Karibik 2, bitte bleibe kein Wunschtraum) -wenn man allerdings merkt, dass sich die Geschichte notdürftig zusammengeschustert wurde, um die Menschen nochmal eine Runde mit dem Namen ins Kino zu locken, könnte ich die Wände hochgehen.


    Und ich kann mir vorsstellen, Autoren ergeht es ebenso. "Wenn Sie Fantasy schreiben wollen, versuchen sie es doch ... Nich, dass ihre Idee schlecht wäre..." (Reine Vermutung). Dadurch entstehen erst die Klischees, oder? Ich selbst bin kein Feund von dem Übernehmen anderer Universen und kann den Namen Orks momentan nicht mehr hören.


    2. Berühmt werden


    Darüber könnte ich mich regelmäßig aufregen.
    "Ich lese Harry Poter nicht, wegen dem Trubel, der darum gemacht wird." Ich weiß ja, dass "Anti" sein wieder stark in Mode ist, aber das als Begründung, etwas nicht einmal zu probieren? Sich ein Buch aufgrund von kapitalistischer Ausschlachtung entgehen zu lassen ist mehr Beweis, wie sehr man sich in seiner Meinung im Voraus formen lässt.
    Ich habe Harry Potter angefangen zu lesen, als es noch ein "Geheimtipp" war, den einer hatte und an andere verborgte. Für mich bereits ein Stück Lebensgeschichte. Das kann mir keiner kaputt reden. Ich werde eine Buchreihe, die mir immer Spaß zu lesen gemacht hat, nicht einfach zur Seite feuern, weil ich zu alt dafür sei oder dem Mainstream angeblich hinterherhinke. (Okay, ich habe mir auch letztens Bambi ausgeliehen, weil ich nicht mehr wusste, wie die Geschichte war :grin )


    Ein Abschlusswort: Dieses Forum ist gemein :-( Es manifestieren sich immer mehr Bücher in meinem Kopf, die "Kauf mich, lies mich" schreien. So schafft man es auch, Bücher zum Funktionieren zu bringen. :-(


    JASS :keks


    PS: Vor einiger Zeit meinte jemand zu mir "Es gibt kaum noch Autoren, nur noch Geschichtenerzähler". Als Beispiel für "Autor" wurde mir Goethe aufgeführt.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Zitat

    Original von JASS
    Ein Abschlusswort: Dieses Forum ist gemein :-( Es manifestieren sich immer mehr Bücher in meinem Kopf, die "Kauf mich, lies mich" schreien. So schafft man es auch, Bücher zum Funktionieren zu bringen. :-(


    So soll es sein! :lache


    Zitat

    PS: Vor einiger Zeit meinte jemand zu mir "Es gibt kaum noch Autoren, nur noch Geschichtenerzähler". Als Beispiel für "Autor" wurde mir Goethe aufgeführt.


    Goethe war ein Geschichtenerzähler -- so sah er sich jedenfalls selbst. Jeder Schrifsteller ist ein Geschichtenerzähler, jeder auf seine Weise!


  • Ich habe HDR gelesen, da bist du noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen.
    Ich habe auch das Märchen von George Lucas gesehen Star Wars.
    Mach dir deswegen doch keine Gedanken.
    Ich habe heute z.B. Der Wolf und die sieben Geißlein geguckt. Kam auf Premiere.

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Aber nicht jeder Geschichtenerzähler ist auch ein Schriftsteller, oder? ;-)


    Stimmt! Man muß nicht schreiben können, um gute Geschichten zu erzählen.


    Die Technik des Schreibens wird im Hinblick auf die Technik des Geshcichtenerzählens ohnehin weit überschätzt. Es ist eine Möglichkeit der Gedächtnisunterstützung und der Verbreitung.

  • Zitat

    Aber eine gute Geschichte sollte doch sozusagen in fast alle Genres übertragen noch erzählbar sein

    Beim letzten Schülerzeitungsseminar hatten wir folgende Übung: Uns wurde eine Nachricht vorgegeben, die wir in verschiedene Genres/ Sichtweisen umschreiben mussten:Bild-Zeitung, Krimi, Liebesroman, Fantasy, Senior, Kleinkind etc. Es kamen etliche Geschichten mit dem eigentlich gleichen Inhalt, aber völlig verschiedenen Stories heraus. Und die Geschichten haben alle "funktioniert", egal, welches Genre sie waren.