Broschiert: 368 Seiten
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
Autor: Anja Jonuleit, in Bonn geboren, wuchs am Bodensee auf und ging dann ein paar Jahre ins Ausland. Sie studierte Italienisch und Englisch am Sprachen- und Dolmetscherinstitut in München, arbeitete als Übersetzerin und Dolmetscherin, bis sie mit Mitte dreißig das Schreiben entdeckte. Sie hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Friedrichshafen.
Inhalt:
Hannah wollte eigentlich mit Martin in den Urlaub fahren. Doch dann eröffnet ihr dieser, dass er stattdessen bei seiner Familie bleiben muss. Als Hannah dann auch noch erfährt, dass ihre geliebte Tante Eli gestorben ist, macht sie kurzerhand Schluss mit Martin, denn sie hat es satt, die zweite Geige zu spielen. Sie fährt nach Italien, wo Eli die letzten Jahre gelebt hat, um die Dinge zu regeln. Doch in dem kleinen Dorf in Umbrien wird Hannah nicht von allen freundlich aufgenommen. Ein paar Frauen treten geradezu feindselig auf; ein Nachbar, der „Apfelsammler“, vertreibt sie mit bösen Worten und Blicken aus seinem Obstgarten, in den sie auf einem Spaziergang geraten ist. Statt Elis Haus auszuräumen und zu verkaufen, beginnt Hannah ihre Umgebung zu erkunden und den Anfeindungen auf den Grund zu gehen.
Meine Meinung:
Das Buch ist in zwei Handlungsstränge unterteilt. Der eine spielt in der Gegenwart und erzählt Hannahs Geschichte. Der zweite besteht aus Brieffragmenten, die Eli verfasst hat. Beide sind in der Ich-Form geschrieben, die durch die Überschriften „Hannah“ bzw. „Elisabeth“ und deutlich unterschiedliche Schriftarten aber jeweils leicht zuzuordnen sind.
Elis Geschichte beginnt 1965, als sie 17 Jahre alt ist. Sie lebt mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Sophie in Mosisgreuth auf einem Einödhof. Vom strengen Vater bekommt sie immer wieder Schläge, während Sophie seine Prinzessin ist. Als Eli sich eines Tages in den italienischen Gastarbeiter Giorgio verliebt, ist die Tragödie vorprogrammiert. Elis Teil besteht hauptsächlich aus Erzählungen und Beschreibungen. Hier gibt es naturgemäß - es ist ja ein Brief - nur wenige Dialoge. Obwohl ich das sonst gar nicht so mag, hat mich in diesem Buch Elis Strang weit mehr gefesselt als der von Hannah. Dadurch dass sie ihre ganzen Erlebnisse, Gedanken und Empfindungen in Worte gefasst und niedergeschrieben hat, erhält man einen tiefen Einblick in diesen Charakter.
Hannah ist mir dagegen bis zum Schluss relativ fremd geblieben. Nicht immer konnte ich ihr Verhalten, das teilweise wie besessen wirkte, nachvollziehen. Nichtsdestotrotz waren auch ihre Passagen gut zu lesen und spannend.
Anja Jonuleit hat einen fesselnden Schreibstil. Die einzelnen Kapitel sind relativ kurz, sodass man dazu verleitet wird, immer gerade noch eins zu lesen, zumal sie auch öfter mal mit einem Cliffhanger enden. Die Beschreibungen sind sehr anschaulich. Ich hatte die Szenerie direkt vor Augen. Die teils bedrückende, teils freudige Atmosphäre ist fast greifbar dargestellt.
Es gibt zwar immer wieder kleine Überraschungen, doch hat mir ein richtiger Höhepunkt gefehlt. Das große „Familiengeheimnis“ habe ich leider schon viel zu bald erahnt. Dabei könnte ich nicht einmal sagen, dass die Autorin dies schon früh angedeutet hätte. Ich glaube, hier hatte ich einfach die richtige Intuition.