Yrsa Sigur ardóttir: Nebelmord / Lygi

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    [...] Plötzlich fiel ihm wieder ein, wie der Traum endete. Sie waren ursprünglich vier Reisende gewesen. Aber nur zwei kehrten an Land zurück. Nur dumm, dass er sich nicht erinnern konnte, ob er selbst einer von ihnen gewesen war.
    Die Leuchtturminsel war ein winziger Punkt in den eiskalten und aufgewühlten Wellen des Atlantiks. Hier, auf dieser winzigen Schäre vor Islands Südküste, würden sie einen Tag und eine Nacht verbringen. Doch in dieser ersten Nacht tobt ein Unwetter, und am nächsten Morgen ist einer von ihnen verschwunden. Zur gleichen Zeit verschwindet in Reykjaviík eine Familie…[...]


    Autorin (Quelle:Verlagsseite)
    Yrsa Sigur ardóttir studierte Bauingenieurwesen in Reykjavík und Montreal. Seit 1998 schreibt sie Kinderbücher, und im Jahre 2005 erschien ihr erster Kriminalroman »Das letzte Ritual«. Ihre Bücher sind mittlerweile in 30 Sprachen übersetzt. Neben dem Schreiben arbeitet sie als Ingenieurin in Reykjavík.


    Allgemeines
    Titel der isländischen Originalausgabe: Lygi , ins Deutsche übersetzt von Tina Flecken
    Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 23.10.2014 als FISCHER Taschenbuch mit 400 Seiten
    Personenverzeichnis, Prolog, 35 jeweils mit Datumsangaben betitelte Kapitel, verteilt auf drei Handlungsstränge, Epilog
    Erzählung in der dritten Person aus unterschiedlichen Perspektiven
    Die Handlung spielt im Januar 2014 in Island (Reykjavík und eine winzige Leuchtturminsel im Meer)


    Zum Inhalt
    Der Roman präsentiert drei Geschichten gleichzeitig, bzw. in abwechselnden Kapiteln. Die Handlung der im Präsens erzählten Abschnitte spielt sich vom 26. bis zum 28. Januar 2014 auf der winzigen Felseninsel Stóridrangur ab. Diese auf dem Cover des Romans abgebildete Insel ist so klein, dass sie nur für einen Leuchtturm und einen Hubschrauberlandeplatz Raum bietet. Ein Team, bestehend einer Technikerin, zwei Handwerkern und einem Fotografen, wird dort abgesetzt, um Wartungsarbeiten am Leuchtturm vorzunehmen. Unter den vier Menschen herrscht ein unangenehmes, von gegenseitigem Misstrauen geprägtes Klima. Als einer von ihnen in der Nacht plötzlich verschwunden ist, spitzt sich die Situation zu.
    Der zweite Erzählstrang, dessen Handlung im Präteritum geschildert wird, beschäftigt sich mit dem Schicksal einer jungen Familie aus Reykjavík. Diese hat mit einem amerikanischen Ehepaar für einen Urlaub die Häuser getauscht. Nach ihrer Rückkehr am 23. Januar stellen Noí und Vala fest, dass in ihrem Haus einige - nicht besonders wertvolle - Dinge fehlen und dass die Amerikaner lange nicht mehr von den Nachbarn gesehen worden sind. Jemand scheint die Familie in ihrem Haus zu beobachten und hinterlässt auf dem Grundstück und im Haus seltsame Zettel, die man als Drohungen auffassen kann.
    Der dritte Erzählstrang, der ebenfalls im Präteritum verfasst und chronologisch vor den Ereignissen auf der Leuchtturminsel angesiedelt ist, berichtet über die Polizistin Nína, deren Mann Þröstur nach einem Selbstmordversuch irreparabel hirngeschädigt im Koma liegt. Nína versucht zu ergründen, warum der als Journalist erfolgreiche Þröstur sich quasi "aus heiterem Himmel" erhängen wollte, sie stößt auf Hinweise, die weit in die Vergangenheit zurückreichen.


    Beurteilung
    "Nebelmord" gehört nicht zur Serie der Autorin um Dóra Gu smundsdóttir und kann deshalb problemlos als Einstieg in die Werke der Autorin gelesen werden. Zunächst scheint dieser Krimi aus drei unverbundenen Einzelgeschichten zu bestehen, die jede für sich sehr spannend sind. Die Spannung nährt sich dabei nicht aus Gewalt und Blutvergießen, sondern aus dem Konfliktpotenzial unter den Romanfiguren einerseits und einer unheimlichen Atmosphäre, die den Leser durchaus das Gruseln lehren kann, andererseits. Es braucht eine Weile, bis man Theorien über den Zusammenhang zwischen den drei unterschiedlichen Szenarien entwickeln kann. Die Geschichte ist geschickt und weitgehend glaubwürdig konstruiert. Obwohl der Leser ab einem gewissen Zeitpunkt den weiteren Verlauf erahnen kann, wartet die Autorin zum Schluss doch noch mit einer verblüffenden Überraschung auf und lädt zu Spekulationen dazu ein, ob der Roman beendet ist oder ob es noch eine Fortsetzung geben könnte.
    In die Charakterzeichnung ihrer Romanfiguren hat Yrsa Sigur ardóttir viel Sorgfalt investiert, sie sind glaubwürdig und ohne Schwarz-Weiß-Malerei ausgestaltet. Auch der Sprachstil überzeugt: Die Handlung wird ebenso flüssig wie anschaulich präsentiert und zeichnet ein realitätsnahes Bild der modernen Gesellschaft, wobei das isländische Flair für "Mysteriöses" einen zusätzlichen Pluspunkt darstellt.
    Freunden skandinavischer Kriminalliteratur, die Spannung ohne viel Blutvergießen und mit unterschwelliger Gruselatmosphäre schätzen, bietet "Nebelmord" beste Unterhaltung für einen dunklen Herbstabend.


    Fazit
    Spannende Unterhaltung, (nicht nur) für die Lektüre bei Kerzenlicht zu Halloween geeignet!
    9 Punkte

  • Ich mag die Bücher der Isländischen Autorin gerne. Ihr gelingt ein perfektes Zusammenspiel von leicht mystischen und evtl. übernatürlichen Elementen und der Realität. So ist es auch in "Nebelmord". Ich habe mich beim Lesen leicht gegruselt. Ob es übernatürliche Einflüsse auf die Geschehnisse gibt, bleibt lange in der Schwebe.


    Aber ein wenig Kritik habe ich aber auch. Zum einen fand ich die etwas zeitversetzt ablaufenden Handlungen zuerst verwirrend. Auch sind nicht alle 3 Handlungsebenen gleich spannend. Vor allem die Nina-Geschichte empfand ich bei aller Tragik doch als eher langweilig und distanziert. Im Nachhinein fand ich auch den Schlusstwist als etwas unnötig. Durch ihn erscheint mir die Handlung doch dann als zu konstruiert.


    Yrsa Sigurardóttir ist eine sicher Bank für solide, leicht unheimliche, sehr isländische Krimiunterhaltung. Von mir zufriedene 7 Punkte.

  • Der Schlusstwist wäre auch meine einzige Kritik, hauptsächlich weil er mich doch ziemlich geschockt hat. :yikes


    Allerdings gibt er der Geschichte auch wieder was Realistisches. Hm. Darüber, dass mir zu viele Leute sterben, darf ich mich bei einem Krimi wohl nicht beschweren. ;-)


    Neun von zehn Punkten.

  • Ich mag die düstere Atmosphäre in den Büchern der Autorin. Spannend fand ich hier die drei sehr unterschiedlichen Handlungsstränge, erst ganz zum Schluss finden diese zusammen.

    Vom Schluss war ich hier ein wenig enttäuscht. Alles unheimliche löste sich in Luft auf, mir ein wenig zu realistisch ;-)