Kai Beisswenger: Nichts ist besser als das Leben

  • Kurzbeschreibung:


    Kurz vor der Rente verwandelt sich der gewöhnliche Alltag des braven Angestellten Ernst Richter in einen Höllentrip. Plötzlich steht er im Mittelpunkt dunkler Mächte. Warum wird er gejagt, überwältigt und entführt? Weshalb soll er für ein unglaubliches Experiment missbraucht werden? Welches unfassbare Geheimnis ist mit ihm seit seiner Geburt verknüpft? Nach der fantastischen Reise durch eine Parallelwelt kommt Ernst Richter dem Rätsel auf die Spur.


    Meine Meinung:


    Das Rezensionenschreiben habe ich ja vorerst an den Nagel gehängt. Deshalb habe ich eine Weile gewartet, dass jemand den ersten Beitrag zu Kais Buch schreibt. Allerdings ist das bis jetzt nicht passiert und in meinem Alter kann man sich nicht mehr alles so gut merken, he, he. Ehe ich alles vergesse, schreite ich nun doch zur Tat und senfte hier ein wenig rum. Ihr werdet mir meine Unprofessionalität nachsehen, nicht wahr, liebe Eulen? :-)


    Also, das erste, was mich aufmerksam gemacht hat, war der Titel. Großartig, Kollege Beisswenger! Hört sich so schlicht an, aber es ist ein Satz, über den man dann doch länger nachdenkt.


    Ich habe zusätzlich auch noch ein Faible für Zeitphänomene und Parallelwelten. Das wird in diesem Roman vorzüglich ausgearbeitet geboten. Der rückwärts gerichtete Zeitlauf in der Parallelwelt ist ein gelungenes Stilmittel.


    Politische Aspekte wurden ebenfalls sehr elegant im Verlauf mit eingearbeitet.


    Sprachlich trifft der Text genau meinen Geschmack. Geradlinig, klar, strukturiert. Super!


    Der Plot gefiel mir ebenfalls sehr gut, denn er hat mich überrascht und unterhalten. Die Figuren sind plastisch gearbeitet.


    So, und damit ich nicht der Schleimerei beschuldigt werde, meckere ich jetzt noch ein bisschen. *g* Die Fußballszenen waren nicht so meins. Reicht das?


    Lieber Kai, ich habe dein Buch sehr gern gelesen. :wave


    edit: Kurzbeschreibung eingefügt

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. Franz Kafka

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  • Liebe Rosha


    mit Deiner "unprofessionellen" Rezi hast Du mich sehr neugierig auf das Buch gemacht. SF ist zwar absolut nicht meins aber ich bin immer gespannt ob es nicht doch noch ein Buch schafft mich dafür zu begeistern.

  • Ja lieber Kollege Beisswenger. Offensichtlich hast du wieder eine ordentliche schriftstellerische Leistung erbracht. Schade nur, das es das wieder nur als Ebook gibt. Also - werde ich es nicht lesen. Ich kann damit leben. Du aber auch? ;-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich muss gestehen ich bin über die ersten paar Seiten nicht hinausgekommen. Ich kam nicht in die Geschichte rein bzw. hab ich überhaupt nicht mitbekommen worum es überhaupt geht.


    Es war einfach nur verwirrend und dazu spricht mich der Stil überhaupt nicht an. Ich lass es mal ne Weile ruhn und versuche es mal wenn ich Langeweile hab wieder.

  • Dieses Buch ist jetzt unter dem Titel Der verlorene Bruder als TB erschienen und in der Form habe ich es gelesen.


    Ernst Richter, 64 Jahre, gerät ausgerechnet an dem Tag, an dem er eher deprimiert an die bevorstehende Zeit des Rentnerdasein denkt, in eine Verfolgungsjagd, mit ihm als Opfer. Trotz beträchtlicher Geschicklichkeit kann er nicht verhindern, daß er verschleppt wird. Er kann auch nicht verhindern, daß er in ein Projekt hineingezogen wird, bei dem nicht klar ist, ob es Wahrheit, Traum oder Albtraum ist. Wessen Traum/Albtraum geträumt wird, ist genauso unsicher. Auf den Spuren eines längst verstorbenen Zwillingsbruders wandert Richter durch die Vergangenheit. Ob sich die Ereignisse abgespielt haben, ob nicht, ob es in dieser Welt war oder in einem Paralleluniversum, diese Fragen verwirren schnell nicht nur Richter, sondern auch die Leserin. Was ist wahr an dem, was Richter bzw. sein Bruder erleben und erlebt haben? Ernst Richter kämpft heftig darum, den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren. Der Boden allerdings hat so einige Fallgruben aufzuweisen.


    Die Geschichte ist eine sehr verwickelt gebaute und erzählte Abenteuergeschichte mit SciFi-Einschlag und Gedankenspiel zugleich. Man kann sie auch Anregung zum Spekulieren über unseren Blick auf uns und unser Verhältnis zum Leben nennen. Die wachsende Verunsicherung der Hauptfigur über die tatsächliche oder erfundene Vergangenheit, Lebensläufe und ihre Variablen und immer wieder die Frage nach dem tatsächlichen Vorhandensein von Parallelwelten werden beim Lesen nicht nur spürbar, sondern wirken auch ansteckend. Man erwischt sich schnell selbst beim Grübeln.


    Man taucht ein etwa in die BRD der Nachkriegsjahre und in die letzten Jahre des Dritten Reichs, aber auch in zukünftige Zeiten. Vor allem die historischen Jahre sind mit originellen Details illustriert, da wurden ausgetretene Pfade auch mal verlassen. Zugleich wird mit Versatzstücken zur deutschen Geschichte gearbeitet. Da aber immer die Frage im Raum steht, was hier tatsächlich Geschehenes, was Erfundenes, was Film, was hier, was in Paralleluniversen geschieht, werden auch die Versatzstücke gleich wieder als solche entlarvt. In dieser Geschichte ist erst einmal nichts sicher.
    Es dauert seine Zeit, bis Ernst Richter in dem Gewebe von Wahrheit, Fantasie, Traumata und Wunschträumen den eigentlichen Faden entdeckt. Wohin der führt, wird erst ganz am Schluß klar.


    An einen Protagonisten über sechzig muß man sich erst gewöhnen, viele Figuren sind überzeichnet, nicht wenige Situationen auch, aber aufs Ganze gesehen trägt das hübsch zur Verwirrung beim Lesen bei. Die Geschichte ist nicht nur eine Spekulation über das klassische Thema Parallelwelten, zu dem allerdings nichts grundsätzlich Neues hinzugefügt wird, es ist auch eine Spekulation über zukünftige Entwicklungen im Bereich Buch, Film, Unterhaltung. Dazu gibt es ein paar interessante Überlegungen.


    Wer sich gern auf Gedankenspiele einläßt und auch Manipulationen von Seiten des Autors dabei hinnimmt, der wird mit dieser Geschichte nicht nur vergnügliche, sondern anregende Stunden verbringen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus