'Die Zeit, die Zeit' - Seiten 001 - 078

  • Ich habe jetzt erst ein paar Seiten gelesen, und bin schon ganz begeistert. Suter erzeugt eine sehr reale kleinbürgerliche Atmosphäre: das Wohngebiet, einer sieht biertrinkend zum Fenster raus. Man lernt sein Biertrinkgefühl und die Spaghettiwassertheorie kennen.
    Doch dann wird klar, dass es einen ganz bestimmten Grund hat, warum er so häufig aus dem Fenster sieht. Irgendetwas war anders!


    So, weiter geht's.

  • Zitat

    Original von Liesbett


    Suter lässt Taler Handlungen wie Rituale ausführen, nicht weil sie nützlich sind, sondern weil er trauert. Wein, den er für seine Frau öffnet und eine Zigarette, die er für sie anzündet, wo sie doch gar nicht kommen wird ... das rührt mich sehr an.


    Ich habe es so verstanden, dass Taler diese Handlungen durchführt, um sich genau in die Situation zum Zeitpunkt des Todes seiner Frau zu versetzen, um endlich draufzukommen, was damals anders war.


    2. - 4. Kap.
    Ich stell mir das schon sehr heftig vor: Peter Taler zögert die Tür zu öffnen, weil er gekränkt ist, währenddessen wird Laura getötet. Er muss ja wahnsinnige Schuldgefühle haben. Bis jetzt ist das aber kein Thema. Das wundert mich.


    Das kam mir ja gleich seltsam vor, dass jemand Apfelbäume gießt. Das macht man doch nur bei frisch gepflanzten.

  • Zitat

    Original von made
    ...
    Das kam mir ja gleich seltsam vor, dass jemand Apfelbäume gießt. Das macht man doch nur bei frisch gepflanzten.


    Wenn es ein extrem trockenes Jahr war, haben wir auch schon die Apfelbäume gegossen, damit sie nicht die Äpfel abwerfen.
    Aber:
    Abwarten! Vielleicht klärt sich das ja noch auf.


    Du bist sehr aufmerksam, made! :anbet

  • Zitat

    Original von Liesbett
    Für mich lassen sich die Schuldgefühle gut aus genau diesen Handlungen, den Wiederholungen des einen Tages, herauslesen. Ich habe jedenfalls Mitleid.


    Das fällt mir schwer, es so zu sehen. Aber vielleicht hast du recht.
    Ich kann diese Handlungen als Trauerarbeit verstehen, oder aber als Mittel zur Aufklärung des Mordes (S. 11)

  • Zitat

    Original von Lumos
    Am Anfang dachte ich, Taler ist irgendwie in einer Zeitschleife hängen geblieben, wie bei diesem Murmeltier-Film ;-). Doch es scheint, als würde er nicht fertig mit dem Verlust seiner Frau und wiederholt deshalb ständig diesen Abend, so, als könnte er eine Chance bekommen die Tür rechtzeitig zu öffnen.


    Die Idee mit der Zeitschleife ist ja sehr interessant.
    Dennoch glaube ich, dass sowohl Talers Rituale als auch die ausgiebige Beobachtung der Nachbarschaft der Aufklärung des Mordes dienen soll.



    Ist Taler nicht aufgefallen, dass Knupp anscheinend Hobby-Schütze war? Wo er ihn doch schon vorher als Täter verdächtigt hat.


    Knupps Aussage, dass die Zeit nur eine Illusion durch Veränderung ist, klingt für mich nicht so passend. Ich würde eher sagen, die Zeit ist eine Abstraktion von Veränderung, augenfällig durch Tages- und Jahreszeiten, aber auch durch Stoffwechsel bei Lebewesen, Wachstum usw., oder Wetter, Verwitterung. Mit anderen Worten, Moleküle und Atome sind in ständiger Bewegung, Auflösung und Neuorganisation. Das wird durch Energie verursacht, Bewegungsenergie, Wärme, Gravitation.
    Und weil Energie und somit Bewegung und Veränderung die Grundlage unserer Welt ist, liegt die Zeit in der Natur unserer Welt.
    Zumindest ist das meine Definition von Zeit. Ob aber die Zeit so verläuft, wie wir das meinen, so schön immer wie eine Linie gleichmäßig gerade aus, ist eine andere Frage. Vielleicht ist das alles viel komplexer.


    Von Knupps Theorie habe ich nur soviel verstanden, dass er meint, die Zeit beliebig verändern zu können, indem er einen ausgesuchten Zeitpunkt nachstellt. Das ist doch nur Inszenierung, aber kein Beweis, dass es Zeit nicht gibt. Kann er Tage in der Zukunft nachstellen?

  • Zitat

    Original von made
    ...
    Von Knupps Theorie habe ich nur soviel verstanden, dass er meint, die Zeit beliebig verändern zu können, indem er einen ausgesuchten Zeitpunkt nachstellt. Das ist doch nur Inszenierung, aber kein Beweis, dass es Zeit nicht gibt. Kann er Tage in der Zukunft nachstellen?


    Ich will hier gar nicht so tief auf diese Theorie eingehen, weil sie erst im weiteren Verlauf des Buches klarer wird und wir hier im ersten Leserundenabschnitt sind. ;-)
    Zeit gibt es nicht, nur Veränderung. Indem er Veränderungen zurücknimmt, stellt er Ausgangszustände wieder her, so als ob keine Zeit, die es nicht gibt, vergangen wäre.

  • Zitat

    Original von Clare
    Zeit gibt es nicht, nur Veränderung. Indem er Veränderungen zurücknimmt, stellt er Ausgangszustände wieder her, so als ob keine Zeit, die es nicht gibt, vergangen wäre.


    Soweit ist es mir klar. Dann muss ich mich noch in Geduld üben.
    Hat er auch darüber nachgedacht, was sein wird, wenn er tot ist? Er sollte beizeiten sein Lebensumfeld dokumentieren und jemanden beauftragen, ihn wieder herzuholen. Oder braucht er das dann nicht mehr? Vermutlich klärt sich das auch noch auf.

  • Mir gefällt das Buch bisher ziemlich gut. Am Schreibstil habe ich, wie bei jedem Suter, nichts zu meckern.
    Peter Talers Trauer und seine Schuldgefühle sind durch seine Handlungen unglaublich gut und rührend geschrieben. Am Anfang, als er für zwei deckt, dachte ich erst, dass bei ihm irgendetwas nicht stimmt. Als man dann aber vom Tod seiner Frau erfährt, bekommt das alles einen sehr traurigen Effekt. Gerade, dass er Zigaretten kauft und sie für Laura abbrennen lässt, als würde sie rauchen, hat mich schon bewegt. Ich würde mir auch extreme Schuldgefühle geben. Immer daran zu denken, dass ein paar Sekunden möglicherweise gereicht hätten, sie zu retten, würde mich innerlich ganz zerfressen. Vor allem, da Taler sich absichtlich Zeit ließ, zur Tür zu gehen. Verständlich, dass für ihn nichts mehr Sinn macht, außer ihren Mörder zu finden. Ich bin gespannt ob er das schafft. Oder steckt vielleicht doch mehr als Mord dahinter? Wie kann denn die Antiquariatin Laura vor so kurzer Zeit gesehen haben? :gruebel
    Auch Knupp und seine Zeittheorie sind sehr spannend. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

  • Ich habe heute auch angefangen Die Zeit, die Zeit zu lesen.


    So gemächlich wie es beginnt, mit diesen langwierigen Beschreibungen, so viel Andeutungen sind auch schon gestreut, die mich neugierig machen, was das wohl war, mit Peter Talers Frau.
    Ganz schön hart, dass er offensichtlich schuld daran zu sein scheint, dass sie jetzt tot ist, nur weil er sich Zeit gelassen hat damit, den Türsummer zu drücken. Boah, wie schrecklich er sich fühlen muss. Das erklärt auch seine Rituale.


    Nun muss ich mich erst einmal stoppen, denn ich möchte das Buch für die Sommerchallenge verwenden - es passt so gut! Somit darf ich es nicht vor dem 01.07. ausgelesen haben, und jetzt kann ich mich gerade noch beherrschen. Wenn ich weiterlesen würde, wer weiß... Suter kann das ja so gut, einen Sog zu entwickeln :-)

  • Nun habe ich den ersten Abschnitt zu Ende gelesen und finde die Geschichte, dass sich die beiden Taler und Knupp gegenseitig beobachteten und ihr Gespräch über die Zeit ziemlich kurios. Knupps Ansichten konnte ich nicht wirklich nachvollziehen und schon gar nicht glaubhaft finden. Ich bin aber gerade deswegen gespannt, was aus dieser Sache jetzt wird.
    Dass die Antiquarin Laura erst vor einem halben Jahr (oder so) gesehen haben will, ist ja ein Hinweis darauf, dass es womöglich doch keine Zeit gibt. Oder Parallelwelten.


    Was ich wirklich merkwürdig finde ist, dass die Onleihe meiner Stadt das E-Book nicht hat. Sie hat gar keins von M. Suter! Hätte ich gern zum parallelen Lesengehabt, abends vorm Einschlafen find ich E-Book-Lesen einfach praktischer.