Stephan Abarbanell: Morgenland

  • Stephan Abarbanell: Morgenland
    Karl Blessing Verlag 2015. 464 Seiten
    ISBN-13: 978-3896675170. 19,99€


    Verlagstext
    Ein großes Panorama der Zeit, als in der Welt alles auf Anfang stand.
    1946: Lilya Wasserfall ist im Widerstand gegen die britische Mandatsmacht in Palästina aktiv und hofft darauf, bei der nächsten großen Sabotageaktion eingesetzt zu werden. Doch sie bekommt einen ganz anderen Auftrag: Im zerstörten Deutschland soll sie nach dem verschollenen jüdischen Wissenschaftler Raphael Lind suchen. Nach Angaben der Briten ist er in einem Konzentrationslager ermordet worden, sein Bruder in Jerusalem hat jedoch Hinweise darauf, dass er noch lebt. Für Lilya beginnt eine abenteuerliche Reise, und bald merkt sie, dass ihr nicht nur der britische Geheimdienst auf den Fersen ist, sondern auch ein mysteriöser Verfolger, der mit allen Mitteln verhindern will, dass sie Raphael Lind findet.
    Von den staubigen Straßen Jerusalems über das zerstörte London, von einem amerikanisch verwalteten München über das überfüllte Flüchtlingslager Föhrenwald, von Offenbach bis nach Berlin und in die Lüneburger Heide folgen wir einer so entschlossenen wie liebenswerten Protagonistin bei ihrer spannenden Spurensuche. Ein epischer Roman über die Welt im Schatten einer Katastrophe.


    Der Autor
    Stephan Abarbanell, 1957 in Braunschweig geboren, wuchs in Hamburg auf. Er studierte Evangelische Theologie sowie Allgemeine Rhetorik in Hamburg, Tübingen und Berkeley (USA), und nahm am Creative-Writing-Kurs bei Walter Jens teil. Heute ist Abarbanell Kulturchef des rbb. Morgenland ist sein erster Roman. Der Autor, Vater dreier Kinder, unternahm viele Reisen nach Israel, auch auf den Spuren seiner eigenen Familie, und lebt mit seiner Frau, der Übersetzerin Bettina Abarbanell, in Potsdam-Babelsberg.


    Inhalt
    Lilya Wasserfalls Eltern sind aus Deutschland nach Palästina ausgewandert (das seit 1920 unter britischem Mandat verwaltet wird) und arbeiten in Jerusalem als Ärzte für den Gewerkschaftsbund. Lilya ist in Palästina geboren und aufgewachsen. Die junge Frau wurde in der Widerstandsbewegung gegen die britische Regierung militärisch ausgebildet und wartet auf ihren "großen" Einsatz. Doch stattdessen erhält Lilya 1946 einen Ermittlungsauftrag in Europa übertragen, von dem sie annimmt, er soll sie hauptsächlich dem Widerstandskampf fernhalten. Beauftragt wird sie vom bekannten Autor Elias Lind mit der Suche nach seinem verschollenen älteren Bruder Raphael. Die Aufzeichnungen, die Elias seiner Ermittlerin mitgibt, geben Einblick in die Schicksale eines durch den Holocaust getrennten Brüderpaars. Während Elias Deutschland aufgrund des Nationalsozialismus verlässt, bleibt Raphael, kann als Forscher sogar unter dem Namen eines Kollegen veröffentlichen. Wichtiges Indiz auf Lilyas Suche ist ein Buch der Bücher aus Raphaels Besitz, der gedruckte Katalog seiner privaten Bibliothek, die er als ältester Sohn - und weil er nicht ins Exil ging - vom Vater erbte. Die Bücher sind verschollen und der Katalog könnte indirekt zum Auffinden der Bibliothek und damit einer Klärung von Raphaels Schicksal beitragen. Unter den Fittichen von Hilfsorganisationen und Unterstützern, die Unterkunft und Fahrgelegenheiten im zerstörten Deutschland für sie organisieren, reist Lilya über London nach Deutschland. Sie verfolgt Spuren im Lager für Displaced Persons in Föhrenwald bei München und an weiteren Stationen. Jeder der Lagerbewohner befindet sich auf der Suche nach Angehörigen und wartet auf die Ausreise aus Deutschland. Auf ihrer Reise werden Lilya wie von Zauberhand Hürden aus dem Weg geräumt, die es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im besetzten Deutschland für andere Personen gegeben hätte.


    Für Lilya ist die Suche nach Raphael Lind eine Durchgangsstation; denn sie hatte ursprünglich andere Pläne. Ihre Auftraggeber erwarten von ihr sachliche Berichte aus Deutschland. Das kleine Palästina wird nicht alle auswanderungswilligen Juden aus den Übergangslagern aufnehmen können. Mit Lilas Berichten soll u. a. den USA die Dringlichkeit der Situation verdeutlicht werden. Sie selbst sieht die Verwaltung des Elends in den Besatzungszonen jedoch kritisch und hat klare Vorstellungen, wie die Menschen in den Lagern konkret ausgebildet und unterrichtet werden könnten, um möglichst bald ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ein höchst aktuelles Thema also, dessen Aktualität wohl noch nicht vorauszusehen war, als das Buch verfasst wurde.


    Fazit
    Der Ansatz eine Figur das Nachkriegsdeutschland erleben zu lassen, die den Nationalsozialismus selbst nicht direkt erlitten hat, machte mich auf Abarbanells Roman aufmerksam. Die junge Lylia aus Palästina wahrt in ihrer Beobachterrolle weitgehend Distanz zu ihren Beobachtungen, so dass ihre abenteuerliche Spurensuche trotz des Brudermotivs und der stimmungsvollen Beschreibung Jerusalems den Kopf stärker anspricht als das Herz.


    7 von 10 Punkten

  • Meine Meinung zum Inhalt:


    Die junge Lilya Wasserfall die für den Widerstand gegen die Briten in Palästina arbeitet, wird 1946 von ihrem Chef Ben Gedi ins zerstörte Nachkriegs Deutschland geschickt. Anfangs war sie sehr enttäuscht, sie hatte auf einen ganz anderen Auftrag gehofft. Sie soll dort auf Wunsch auf Elias Lind nach seinem verschollenen Bruder Raphael Lind, dem Wissenschaftler und Biochemiker forschen. Die Briten behaupten er sei in einem der Konzentrationslager ermordet worden. Elias sein Bruder hat geheime und verschlüsselte Botschaften von seinem Bruder erhalten und ein mysteriöses Foto mit einem Haus und einer unleserlichen Botschaft. Er glaubt nicht das er Tod ist. Also reist Lilya nach dem Nachkriegsdeutschland, unter dem Deckmantel die Lager dort zu Inspizieren. Ihre Reise beginnt schon Abenteuerlich, erst die Bus Panne im Gefährlichen Gebiet von Jerusalem, dann ihre Reise auf dem Schiff nach London und auch dort taucht wieder dieser unbekannte Fremde auf. Ihre erste Stadion ist London, auch hier fühlt sie sich verfolgt. Ob München mit dem Besuch Föhrenwaldes, die Begegnung mit David Guggenheim, was sie sieht ist nur Elend und Not, auch die Städte sind zerbombt und eine Trümmerwüste. Ein Deprimierender Anblick . Die Lage in den Lager ist auch die reinste Katastrophe, ganz gleich wo ihre Reise hingeht. Ob Offenbach, Berlin oder Bergen- Belsen. Ihre wahre Mission muss geheim bleiben, ihre Lage und Situation wird immer gefährlicher, sie fühlt sich verfolgt, diese Unfälle, Zufälle oder Anschläge auf sie. Wer steckt dahinter, was für Mächte wollen versuchen das Lilya nichts über Raphael und seine wahre Geschichte erfährt . Könnte sie etwas Aufdecken das keiner erfahren darf ? Wird sie das mysteriöse Geheimnis um Raphael Lind lüften, lebt er noch oder ist er Tod ? Eine sehr Interessante Reise, voller Atmosphäre, Spannung , Gefährlicher Mission und unerwarteter Wendungen.....



    Meine Meinung zum Autor
    Der Roman " Morgenland " ist Stephan Abarbanell erster Roman, ein Debüt. Er arbeitete lange als Kulturchef beim rbb. Sehr schön hat er die Geschichte der jungen Lilya Wasserfall erzählt, die von ihrem Chef in geheimer Mission ins zerstörte Nachkriegs Deutschland geschickt wurde. Er berichtet auch von den Gewaltherrschaften des Nazi Regimes , deren Macht. Auch von den Konflikten in Palästina und Jerusalem. Deutschland ein Land das in die Katastrophe schlidderte. Von den Verlusten, Ängsten und Hoffnungen der Menschen. Er lässt den Leser durch ein zerstörtes Land wandern, gibt uns tiefe Einblicke in die Lager und deren grausamen Zustände. Von der Situation vor wie nach dem Krieg. Es macht betroffen. Auch des Gefährlichen Auftrages von Lilya den sie Ausführen musste, den brenzligen und Lebensgefährlichen Situationen. Seine Protagonisten kommen sehr lebendig und real herüber, auch die einzelnen Charaktere sind sehr Klar gezeichnet, so das man sich gut in jeden einzelnen hinein versetzen konnte. Teil hatte an Freude, Leid, Hoffnung und Ängsten. Sein Schreibstil ist Klar und Kraftvoll, und sehr spannend. Ein Intelligenter Roman über die Zeit vor , während und nach dem 2. Weltkrieg, der Zukunft Palästinas und Europas. Es geht um Krisen, Gewalt und Umbrüche auf der Suche nach der Heimat.

  • 1946 – eine Zeit die literarisch sehr wenig beachtet wird. Diese Lücke füllt dieses Buch und es wurde wohl ganz bewusst diese besondere Übergangszweit zwischen Zerstörung und Hoffnung in Deutschland ausgewählt. Da Lilya Wasserfall, eine junge jüdische Palästinenserin einen verschollenen jüdischen Wissenschaftler sucht, geht es immer wieder um die Situation der überlebenden Juden im Nachkriegsdeutschland. Sie trifft dabei auf unterschiedlichste Personen - Mitglieder der Besatzungsmächte, Hilfsorganisationen und Nazis. Aber es geht nicht nur um die Situation in Deutschland, sondern auch um das Leben in Palästina, das von den Engländern kontrolliert wird und in Sehnsuchtsziel vieler jüdischer Überlebender ist.


    Den Schreibstil empfand ich als sehr angenehm zu lesen, wobei es kein Buch für „Nebenbei“ ist. Viele Personen und verknüpfte Fäden erfordern Konzentration und Aufmerksamkeit. Trotz der dringlichen Reise wird nichts überstürzt und die Langsamkeit der dargestellten Zeit habe ich auch beim Lesen empfunden. Ich wurde sogar selbst gegen Ende immer langsamer, da ich nicht wollte, dass dieses schöne Buch endet. Schön fand ich auch das Nachwort des Autors und die Erläuterungen (mit Bildern) zu den Stationen der Reise. Außerdem hat mich das Buch angeregt, etliches nachzuschlagen – sei es die politische Situation in Palästina oder verschiedene historische Persönlichkeiten.


    Am wichtigsten ist diese Reise wohl für Lilya selbst, die durch die außergewöhnliche Spurensuche über sich selbst am meisten erfährt. Mir hat diese ungewöhnliche Geschichte sehr gut gefallen. Sie ist unaufdringlich, aber trotzdem sehr kraftvoll und wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Das Buch erzählt viel über Überleben, Weiterleben und Neuanfang, aber auch von Sterben und Verlust.


    Fazit: Ein sehr schönes und auf alle Fälle lesenswertes Buch, dem ich viele weitere Leser wünsche. Den Autoren werde ich mir auf alle Fälle merken! Deshalb 9 Punkte von mir.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Lilya Wasserfall die eigentlich im Widerstand gegen die Briten aktiv ist, hofft das sie in einer der nächsten Sabotagenaktion eingesetzt wird. Jedoch es kommt alles anders, sie soll den für tot erklärten jüdischen Wissenschaftler Raphael Lind suchen, von dem man annimmt das er doch noch lebt.Anscheinend soll er in einem Konzentrationslager ermordet worden sein, jedoch sein Bruder glaubt nicht daran, da er Hinweise auf seine Existenz bekommen hat. Lilya beginnt ihre Reise nach Deutschland,das erst Mal kommt sie aber in Whitehall(England) an wo sie ihre Forschung beginnt. Dort sucht sie Dr. Albert Green auf in der Hoffnung eine Spur zu Raphael Lind zu finden, doch leider kann auch er ihr nicht weiterhelfen. Daraufhin reist sie nach Camp Föhrenwald dort wo zu der Zeit viele Juden auf ihre Ausreise warteten, aber auch hier findet sie keine richtigen Hinweise. Und so geht die Reise weiter zum Haus der Bücher,Berlin,Kibbuz Nili und Glyn Hughes Hospital bis sie am Ende zur Auflösung ihrer Reise gelangt. Aber wird sie den Wissenschaftler Dr. Raphael Lind wirklich noch lebend vorfinden? Diese Frage kann nur das Buch für euch beantworten.


    Meine Meinung:
    Kommen wir erst Mal zum Cover, ein schönes Bild aus den Anfängen des Staates Israel, als das Land noch wüst und leer war. Noch heute sieht man solche Straßen, zwar selten aber man kann sie entdecken.Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ich habe ja schon diverse Bücher über Israel,Juden und Holocaust gelesen, aber dieses war eine ganz andere Aufarbeitung der Vergangenheit gewesen. Zwar als Roman geschrieben, aber mit außerordentlich viel Hintergrundswissen hat sich der Autor auf diese Reise in die Nachkrieggszeit von Israel nach Deutschland begeben. Man merkt in seinen Zeilen und Beschreibungen, die Liebe zum Land und der Bevölkerung Israels. Auch gut hat mir die Aufteilung der einzelnen Reiseziele von Lilya gefallen. Der am Ende des Buches aufgeführte Zusatzteil mit Beschreibung und Bilder der einzelnen Orte ihrer Reise war sehr informativ und für mich neu. Und ich habe mich richtig in die Nachkriegszeit hineinversetzt gefühlt, das schafft nicht jeder Autor. Was mir etwas fehlte war die Übersetzung der hebräischen Fremdwörter und Kürzel die man gut im Anhang anfügen hätte können, das war aber auch der einzigste Kritikpunkt. Ansonsten bekommt das Buch für mich für die Spannung,Information und Unterhaltung 5 von 5 Sternen. Ein Buch das sich absolut lohnt in die Bestsellerliste aufgenommen zu werden.

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."