"Solange die Hoffnung uns gehört" - Seiten 001 - 127

  • Dann mache ich hier mal den Anfang. :-)


    Ich habe heute zum Frühstück das erste Kapitel gelesen und bin gut in das Buch 'reingekommen. Gleich auf den ersten Seiten musste ich mir die Tränen abwischen - das geht mir aber bei jiddischen Wiegenliedern immer so, die finde ich einfach so berührend.

    Es gefällt mir, dass die Autorin ohne viel Geplänkel direkt ins Geschehen einsteigt. Die nötige Vorgeschichte wird in kurzen Rückblenden erzählt, die Beschreibung der Hauptfiguren erfolgt "nebenbei", es werden nicht zu viele Figuren auf einmal vorgestellt, und bei denen, die eingeführt werden, wird lange genug verweilt, um ein Bild im Kopf entstehen zu lassen. Besonders Georgina hat es mir angetan - ich liebe solche herzlich-skurrilen Theaterleute!

    Dass Menschen ihre Abneigung so offen zeigen wie Leni Baumgartner, fällt mir immer schwer zu glauben. Kann einem auch der letzte Rest anerzogener (?) Höflichkeit so dermaßen abgehen???

    Bisher mag ich die Hauptfiguren sehr und fühle mit ihnen in diesen Situationen, in denen für so viele von ihnen aus reiner Willkür und Bosheit das Leben der letzten Jahre zusammenbricht.


    Ärgerlich finde ich mal wieder das mangelhafte Korrektorat des Aufbau-Taschenbuch-Verlags. :rolleyes Und nein, ich sitze nicht mit der Lupe da und suche nach Fehlern; wüsste meine Lebenszeit wahrlich besser zu nutzen. Aber manche Fehler stören meinen Lesefluss einfach so sehr, dass ich mich noch Seiten später darüber ärgere. :rolleyes Das ist umso unnötiger, wenn es sich eigentlich um ein schönes und lesenswertes Buch handelt.

  • Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, heute richtig schön gemütlich dieses Buch zu lesen. Leider hat mich aber jetzt eine fiese Erkältung flach gelegt, und ich habe die meiste Zeit des Tages verschlafen.:krank

    Ich habe deswegen bis jetzt nur das erste Kapitel gelesen. Das hat mir aber schon mal ausgesprochen gut gefallen. Für mich ist es das erste Buch der Autorin und mir gefällt ihr Schreibstil sehr gut. Es liest sich schön flüssig und alles ist sehr lebendig und anschaulich geschildert. Gerade die Szene in der Oper und in der Garderobe dort mit der coolen Georgina fand ich richtig gelungen. Ich bin ja ein absoluter Opernfan und finde deswegen das Opern-Milieu als Schauplatz super. Ich denke aber mal, dass die Oper im restlichen Buch wohl keine Rolle mehr spielen dürfte, nachdem Anni nun weggeschickt worden ist.:(

    Ich finde sowohl Anni als auch die Tochter Ruth als Figuren total gelungen. Anni hat es ja nicht gerade leicht im Leben. Die Eltern schon tot und auch der geliebte Ehemann ist nicht mehr am Leben. Und dann wird sie als Jüdin fertiggemacht, obwohl sie ja eigentlich Protestantin ist.

    Ich freue mich auf jeden Fall, dass wir dieses Buch zusammen lesen, auch wenn es bestimmt noch recht traurig werden dürfte.

    Fehler sind mir bei meinem ebook bis jetzt noch keine aufgefallen. Zumindest keine, die mich in meinem Lesefluss gestört hätten.

  • Ich habe den ersten Abschnitt am Nachmittag fertiggelesen und er hat mir gut gefallen. Streckenweise ging es mir zu schnell, vor allem der Sprung 1933 - 1938, da hätte ich gern viel ausführlicher von den Ereignissen der fünf Jahre dazwischen gelesen. Auch der Kontakt zu den am Anfang eingeführten Nebenfiguren, v.a. Georgina, ist mir zu kurz gekommen.


    Die Ereignisse rund um die Pogromnacht sind sehr beklemmend geschildert. Immerhin waren Anni und Ruth in ihrem eigenen Zuhause sicher; darauf hätte ich am Anfang des Kapitels nicht unbedingt gewettet. Ich frage mich, welche Rolle der Gestapo-Mann aus dem Haus (sein Name fällt mir gerade nicht ein) noch spielen wird. Ob Marlene und Anni ihre Freundschaft retten können? Oder ist zuviel Vertrauen zerstört worden, als jede nur noch Kraft für die eigenen Sorgen und Ängste hatte?


    Walter wird nun also schon vor Ruth nach England verschickt. Ob sie einander dort begegnen werden? Im echten Leben total unrealistisch, aber im Roman vielleicht eine Möglichkeit oder gar Notwendigkeit.

    Ich bin so erleichtert, dass Ruth nun immerhin schon um die 11 Jahre herum ist und kein Kleinkind mehr, also ein gewisses Verständnis für die Situation aufbringt. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was all die Geschehnisse um elternlose Transporte herum, seien es die Züge der Kinderverschickung oder, schlimmer, die Transporte im Zusammenhang mit den Konzentrationslagern, mit den Kleinen gemacht haben, die noch gar nicht verstehen konnten, was um sie herum geschah... :|

  • Ich bin mit dem Abschnitt auch fertig und kann mich eigentlich in allen Punkten Dir anschließen Nadezhda.:)

    Das Buch liest sich für mich sehr angenehm und flüssig und es gefällt mir. Allerdings hat es mich noch nicht komplett gepackt. Ich lese es irgendwie als Beobachter von außen, ohne das ich bis jetzt emotional richtig dabei bin. Ich kann nicht genau erklären an was das liegt.:/


    Ich habe mich auf jeden Fall auch gefragt, ob sich Walter und Ruth in England wieder begegnen werden und wann Ruth ihre Mutter wieder sehen wird. Ich bezweifele ja, dass Anni so schnell eine Möglichkeit bekommt auch nach England auswandern zu können.

    Über den Gestapo Mann in ihrem Haus habe ich mir auch Gedanken gemacht. Irgendwie glaube ich nicht so recht daran, dass er wirklich bei der Gestapo ist.


    Schlimm fand ich auch, dass Walter und seine Mutter den Vater so finden mussten: aufgehängt im Dachboden. Das muss doch ein furchtbar traumatisierendes Ereignis gewesen sein. Da hat mir Walter sehr leid getan.:(

  • Ich lese es irgendwie als Beobachter von außen, ohne das ich bis jetzt emotional richtig dabei bin. Ich kann nicht genau erklären an was das liegt.


    Ich habe dieses Gefühl auch und erkläre es mir mit den zu großen Zeitsprüngen. Bin halt lieber lesend beim Geschehen dabei, als es dann in Rückblenden erklärt zu bekommen. Sowas finde ich am Anfang eines Romans gut (siehe oben), damit man flott ins eigentliche Geschehen 'reinkommt, aber so mittendrin entstehen für mich dann einfach zu große Lücken.
    Das ging mir übrigens bei einem anderen Roman von Linda Winterberg ganz ähnlich ("Das Haus der verlorenen Kinder"); auch da wurden große Teile des Geschehens mitten im Buch in wenigen Sätzen rückblickend zusammengefasst, die ich gern "richtig" gelesen hätte.


    Schlimm fand ich auch, dass Walter und seine Mutter den Vater so finden mussten: aufgehängt im Dachboden. Das muss doch ein furchtbar traumatisierendes Ereignis gewesen sein. Da hat mir Walter sehr leid getan.


    Ja, schrecklich. :-(

    Und nachdem Anni in dieser Situation Marlene so allein gelassen hat (wie sie ja auch generell deren Bedürfnis nach Nähe in gefährlichen Situationen immer abgeblockt hat), braucht sie sich aus meiner Sicht dann auch nicht zu wundern, dass Marlene sich ihrerseits nicht mehr näher um Anni und Ruth sorgt, sondern nur noch an ihr eigenes Kind denkt.

    Ob so ein Verhalten in solchen Situationen "normal" ist, kann ich nicht beurteilen und bin nur froh, noch nie in einer vergleichbaren Lage gesteckt zu haben.

  • Ich habe den ersten Abschnitt durch. Insgesamt lässt es sich flüssig lesen. Die Zeitsprünge finde ich nicht so schlimm. Zum Beginn ahnen bereits einige, dass die Situation sich zuspitzen wird. Andere hoffen noch, so wie Anni, dass der Spuk bald vorbei ist. Ruck-Zuck werden die Leute entlassen und durch genehme Leute ersetzt .Erinnert mich an die derzeitige Lage beim Sultan.

    Sehr gut wird beschrieben, wie die Menschen versuchen sich unsichtbar zu machen. Auch Ruth hat das schnell begriffen.

    Wie schwierig es war ohne finanzielle Mittel ein Visum zu bekommen.

    Und dann gibt es auf einmal eine amerik. Botschaft in Stuttgart, sollte wohl eher ein Konsulat sein.

    Dass Menschen ihre Abneigung so offen zeigen wie Leni Baumgartne

    fand ich auch erschreckend. Auch diese Hetzjagd der Kinder/Jugendlichen vor der brennenden Synagoge.

    Georgina konnte ich mir so richtig vorstellen. Hier befürchte ich auch, dass er noch von der Bildfläche verschwindet.

    Irgendwie glaube ich nicht so recht daran, dass er wirklich bei der Gestapo ist.

    Als Walters Vater abgeholt wurde stieg er doch in das Auto mit ein.


    Dass Anni es schafft nach England zu kommen wage ich zu bezweifeln, denn im September 39 bricht der Krieg aus.

    Ich frage mich natürlich auch, ob sich Ruth und Walter treffen.

  • Sehr gut wird beschrieben, wie die Menschen versuchen sich unsichtbar zu machen. Auch Ruth hat das schnell begriffen.

    Wie schwierig es war ohne finanzielle Mittel ein Visum zu bekommen.

    Das fand ich auch sehr beklemmend. Und wie schwer es den Juden gemacht wurde, in ein sicheres Land zu emigrieren, obwohl doch allen klar war, was in Deutschland ablief - das ist auch so etwas, das ich einfach nicht begreifen kann. Da haben auch andere Nationen Schuld auf sich geladen. Sie hätten helfen können.

  • Ja, Geschichte wiederholt sich leider immer wieder. :-(

    Danke für den Link. Schrecklich. :-(

    (Und ja, natürlich habe die Nazis die Juden ermordet, nicht die anderen Staaten. Aber wegsehen, wenn man helfen sollte, ist auch ein Verbrechen - zumal doch allen hätte klar sein müssen, dass es um Leben und Tod ging).

  • Ich habe dieses Gefühl auch und erkläre es mir mit den zu großen Zeitsprüngen. Bin halt lieber lesend beim Geschehen dabei, als es dann in Rückblenden erklärt zu bekommen. Sowas finde ich am Anfang eines Romans gut (siehe oben), damit man flott ins eigentliche Geschehen 'reinkommt, aber so mittendrin entstehen für mich dann einfach zu große Lücken.

    Ich glaube Du hast Recht, es liegt wohl an den Zeitsprüngen und daran, dass man vieles nicht richtig mit erlebt, sondern das was passiert ist im Nachhinein erklärt bekommt. Im zweiten Abschnitt, als es um den Transport der Kinder nach England geht, hatte ich das Gefühl dann nicht mehr so stark und war mehr mitten im Geschehen dabei.

  • Auch ich bin gut ins Buch hineingekommen und habe die ersten Kapitel rasch gelesen.

    Die Thematik finde ich nach wie vor hochinteressant, die Zeitsprünge passen schon, und auch meine e-book-Ausgabe ist von großen Fehlern verschont.


    Trotzdem bin ich nicht begeistert. Ich finde die Charaktere zweidimensional, die Tiefe fehlt. Die Dialoge sind entweder banal oder gestelzt. Und manchmal verliert sich die Autorin in Nebensächlichkeiten, beispielsweise die akribische Schilderung, wie Ruth geschminkt wird. Da wird ein total belangloses Ereignis auf Kosten anderer, interessanter Geschehnisse ausgeschlachtet. Mir fehlt die Entwicklung der politischen Lage. Die wird uns serviert, aber nicht logisch und nachvollziehbar geschildert.


    Die Autorin muss aufpassen, nicht auf Kitschniveau abzurutschen. Na, mal weiterlesen.

    Ich bin so erleichtert, dass Ruth nun immerhin schon um die 11 Jahre herum ist und kein Kleinkind mehr, also ein gewisses Verständnis für die Situation aufbringt.

    Da bin ich mir nicht so sicher wie du. Ruth ist für ihr Alter reif und verständig. Aber ich denke, für so ein Kind muss die Situation unerträglich sein: so aus allem herausgerissen, was sie gewohnt war. Sie muss unvorstellbares Heimweh bekommen, sie versteht die Sprache nicht und ist zumindest in der ersten Zeit noch mehr ausgegrenzt als daheim.

    Insofern hätte es ein Kleinkind oder gar ein Baby viel einfacher. Die Erinnerung fehlt oder kann leichter vergessen werden.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Trotzdem bin ich nicht begeistert. Ich finde die Charaktere zweidimensional, die Tiefe fehlt. Die Dialoge sind entweder banal oder gestelzt. Und manchmal verliert sich die Autorin in Nebensächlichkeiten,

    Hier muss ich mich leider anschließen:(. Je länger ich das Buch lese, um so mehr stört mich genau das. Und ich finde es wird auch viel Schwarz-Weiß gezeichnet. Es fehlen mir die Grautöne bei den Personen. Die sind entweder nur gut oder nur schlecht.

  • Und manchmal verliert sich die Autorin in Nebensächlichkeiten, beispielsweise die akribische Schilderung, wie Ruth geschminkt wird. Da wird ein total belangloses Ereignis auf Kosten anderer, interessanter Geschehnisse ausgeschlachtet.

    Das ging mir an anderen Stellen auch so, auf die ich gut hätte verzichten können und die weder sonderlich für Atmosphäre gesorgt noch den Roman handlungstechnisch vorangebracht haben.



    Da bin ich mir nicht so sicher wie du. Ruth ist für ihr Alter reif und verständig. Aber ich denke, für so ein Kind muss die Situation unerträglich sein: so aus allem herausgerissen, was sie gewohnt war. Sie muss unvorstellbares Heimweh bekommen, sie versteht die Sprache nicht und ist zumindest in der ersten Zeit noch mehr ausgegrenzt als daheim.

    Insofern hätte es ein Kleinkind oder gar ein Baby viel einfacher. Die Erinnerung fehlt oder kann leichter vergessen werden.


    Mir ging es auch weniger um die Situation der Kinder nach Ankunft in ihrer Gastfamilie oder Schule (da ist es für ein hoffentlich liebevoll umsorgtes Kleinkind vielleicht tatsächlich leichter, sich der Lage anzupassen) als um die Zeit des Transports an sich, die Situation der Reise in einer Masse von kleineren oder größeren Kindern, um die nur wenige Erwachsene sich kümmern können und die aus ihrer Sicht völlig unverständlicherweise von ihren Bezugspersonen getrennt wurden, plötzlich mehr oder weniger auf sich allein gestellt sind und für die das Ganze nur ein einziger Horror sein muss. Meine kleinen Kinder zumindest wären mehr als entsetzt, wenn ich sie am Bahnhof fremden Leuten in die Hand drücken würde und sie dann mit denen wegfahren müssten, ohne auch nur ansatzweise verstehen zu können, wozu das Ganze gut sei soll. Das versteht Ruth ja zumindest, auch wenn sie dann schwer unter der Trennung von ihrer Mutter und dem Heimweh leidet.

  • So, nun habe ich den ersten Abschnitt durch - wie gesagt, ich bin gut ins Buch hineingekommen und es gefällt mir ausnehmend gut bisher.

    Den Zeitsprung der 5 Jahre fand ich auch nicht sooo doll, aber da ich die Geschichte ja aus vielen Büchern und Biographien kenne, kann ich mir die Jahre (leider) gut vorstellen, wie es immer schlimmer für die Juden wurde.

    1938 war ja noch einmal ein schrecklicher Schritt, eben u.A. durch die Pogromnacht.


    Für Ruth sehr gut, daß sie noch einen Platz bekommen hat.

    Daß sie schon 11 Jahre alt ist, macht es ihr aber auch leichter, ihre Mutter nicht zu vergessen - und sollten sie sich wiedersehen - was ich sehr sehr hoffe, ist in dem Alter dann leichter wieder zueinander zukommen, als wäre sie erst 4 oder 5. Zudem wird sie auch nicht so schnell die deutsche Sprache verlernen - ich denke mal, sie wird ab jetzt nur noch englisch sprechen.