Thomas Montasser - Ein ganz besonderes Jahr

  • Thomas Montasser - Ein ganz besonderes Jahr


    Titel: Ein ganz besonderes Jahr

    Autor: Thomas Montasser

    ISBN-10: 3492306896

    ISBN-13: 978-3492306898

    Erscheinungsdatum: Januar 2016

    Verlag: Piper Taschenbuch

    Seiten: 192



    Zum Autor:


    Thomas Montasser arbeitete als Journalist und Universitätsdozent und war Leiter einer kleinen Theatertruppe. Mit den Romanen »Ein ganz besonderes Jahr« und »Monsieur Jean und sein Gespür für Glück« wurde er über Nacht international bekannt. Als Vater von drei Kindern lebt er mit seiner Familie in München, wo er mit seiner Frau eine kleine, aber feine Literaturagentur betreibt. Er liebt Swing, alte Bücher und Frühstück im Freien. Es gibt für ihn nichts Erholsameres, als ein gutes Buch zu lesen - außer natürlich: eines zu schreiben.

    (Quelle: Verlagsseite)



    Kurzbeschreibung/Klappentext:


    Eigentlich wollte Valerie die etwas altmodische Buchhandlung ihrer spurlos verschwundenen Tante auflösen. Doch die junge Betriebswirtin hat die Macht der Bücher und die Magie der kleinen Buchhandlung mit dem Samowar unterschätzt. Jeden Tag entdeckt sie neue Schätze der Literatur und taucht immer tiefer in die zauberhafte Welt der Bücher ein. Als sie auf ein merkwürdiges Buch stößt, das nicht zu Ende geschrieben wurde, hält sie es für einen Fehldruck. Doch dann betritt ein Kunde ihre Buchhandlung, der genau dieses Buch schon lange sucht …



    Inhalt:


    Als Valerie zum ersten Mal seit langen Jahren die kleine und schon merklich in die Jahre gekommene Buchhandlung ihrer Tante betritt, tut sie dies naserümpfend und mit reichlich Widerwillen. Denn Tante Charlotte ist weg, verschwunden, scheint sich einfach in Luft aufgelöst zu haben. Vor ihrem Abtreten hat sie jedoch recht deutlich den Wunsch geäußert, ihre Nichte Valerie solle sich um den kleinen Laden kümmern - worauf diese aber so absolut gar keine Lust hat.


    Die junge Frau, gerade mit dem Studium fertig und frischgebackener Bachelor der Betriebswirtschaft, karriereorientiert, ehrgeizig, rational und eher monetär denkend, hat gerade zwei Dutzend Bewerbungen an führende Top-Unternehmen abgeschickt und sehr ambitionierte Pläne für ihre berufliche Zukunft. Deswegen grollt sie ihrer Tante, derentwegen sie in diesem angestaubten, hinterwäldlerischen Buchlädchen gelandet ist.


    "Ringelnatz & Co" liegt in einem etwas heruntergekommenen Multi-Kulti-Viertel, hat eine klemmende Ladentür mit Bimmel, altmodische Schaufenster mit einem schwülstig-rotsamtenen Theatervorhang und zu Valeries Entsetzen noch nicht einmal einen Computer. Auf der Theke steht ein schwarzes Ungetüm von Ladenkasse, und die Buchhaltung findet zwischen abgegriffenen Schreibkladden und Karteikästen statt. Die Ausstattung vervollständigen ein altmodischer Samowar und Tausende von Büchern, die es nun zu sichten gilt. Noch ist der frischgebackenen Bachelorette allerdings nicht klar, ob es sich noch lohnt, Zeit und Geld in den Laden zu stecken, um ihn wieder rentabel zu machen, oder ob sein endgültiger Niedergang droht.


    Also geht Valerie ans Werk, nüchtern und mit verbissener Entschlossenheit, den Kopf voll mit Cash-Flow, Kassenprüfung und Plänen für einen Unternehmensrelaunch, nebenbei unterstützt von ihrem Freund Sven, der in ähnlichen Dimensionen und Kategorien denkt.


    Doch die junge Frau hat ihren Gegner dummerweise unterschätzt und nicht mit der Macht der Bücher gerechnet, die leise knisternd ihre Magie zu entfalten beginnen, kaum dass die neue Ladenhüterin sich zum ersten Mal mit einem Kafka in der Hand in den monströsen Lesesessel sinken lässt. Mit jeder Stunde, die Valerie in diesem irgendwie aus der Zeit gefallenen Laden verbringt, verliebt sie sich immer mehr in die Welt der Bücher und der Literatur.


    Dann taucht ein äußerst merkwürdiges Buch auf, ein sehr undurchsichtiger, aber dafür umso sympathischer Fremder betritt den Laden, und die unsichtbaren Rädchen der geheimnisvollen Buch-Zauber-Weltveränder-Maschine beginnen sich unaufhaltsam zu drehen und setzen wahrlich magische Ereignisse in Gang, die Valerie das bescheren, was der Titel schon verspricht: ein ganz besonderes Jahr.




    Meine Eindrücke/Meinung:


    Wer jetzt hier eine neutrale, nüchterne und objektive Buchrezension erwartet, der möge bitte schnell weiterblättern, denn die wird er hier nicht finden - ich bin nämlich vollständig dem Zauber dieses Buches erlegen und werde mit Sicherheit ins Schwärmen kommen.


    Das Buch ist mit knapp 200 Seiten eher dünn und auch die Schrift ist nicht gerade klein, so dass man es an einem Nachmittag oder Abend bequem auslesen kann. Ich weiß nicht, ob ich es mir als Taschenbuch oder gar als gebundenes Buch für den doch recht stattlichen Neupreis gekauft hätte, aber ich konnte es gebraucht erstehen und dachte, es sei einen Versuch wert. Jetzt, nachdem ich es gelesen habe, weiß ich, dass es für mich sogar jeden Cent des Neupreises wert gewesen wäre. Ich werde es auch nicht mehr hergeben. Es ist tatsächlich so ein Buch, das man auch noch nach Jahren immer wieder zur Hand nehmen kann, sei es, um es einmal wieder zu lesen oder auch nur, um darin herumzublättern und sich an einzelnen Sätzen und Zitaten zu erfreuen.


    Den Schreibstil des Autors fand ich wirklich schön und klar, der leicht altmodisch anmutenden Geschichte großartig angepasst, ein wenig poetisch und mit Liebe zum Detail und zu schöner Sprache. Hat mir sehr gut gefallen.


    Die Handlung selbst ist eigentlich gar nicht aufregend, auch die Figuren sind nicht übermäßig detailreich ausgearbeitet (was auf diesen wenigen Seiten vermutlich auch gar nicht geht), aber doch ist alles vorhanden, was das Buch braucht, um seinen Zauber zu wirken. Es ist einfach, als würde man beim Lesen der Zeilen und Sätze in genau diese eine Buchhandlung katapultiert mit ihren roten Plüschvorhängen und Bücherstapeln und gemütlichen Lesesesseln und dem Duft nach frischem Tee aus dem altmodischen Samowar, man ist umgeben von Büchern und vergisst die Zeit, man stöbert und entdeckt und liest und blättert und erinnert sich an Sätze, die man selbst schon in den erwähnten Büchern gelesen hat, oder findet neue, die Lust aufs Lesen machen.


    Das Buch ist auch ein klein bisschen fantastisch und es passieren allerlei unerklärliche Dinge, dazu gibt es eine Geschichte in der Geschichte, und manchmal vermischen sich Realität und Fiktion ein wenig, alles ist ein bisschen versponnen und undurchsichtig. Aber genau das macht den Reiz aus, finde ich, und ich konnte die Magie und den Zauber der Bücher und des Ladens förmlich spüren. Gut hat mir auch gefallen, wie Valerie sich entwickelt, wie sie Stück für Stück ihre festgefahrenen Vorstellungen loslässt und sich in diesem kleinen altmodischen Laden wiederfindet, der so völlig ihrer bisherigen Lebensweise und ihren Anschauungen widerspricht. Dabei lernt sie auch den ein oder anderen Leser, Kunden und Nachbarn kennen wie den klugen zehnjährigen Timmi, der zwar wenig Taschengeld besitzt, aber so büchervesessen ist, dass er ihr eine Ratenzahlung abpresst. Oder den höflichen persischen Bauarbeiter, der eigentlich lieber mit Büchern handeln würde, oder den türkischen Ladenbesitzer von gegenüber, die alle eine Bereicherung für ihr Leben sind.


    Aber sie tut das, was auch der Leser tun muss: sie lässt sich auf die Geschichte ein und begibt sich damit in ihren Sog. Ich glaube tatsächlich, dass man an das Buch nicht allzu rational herangehen sollte und man sich darauf einlassen muss, um seinen Zauber zu spüren. Und ich glaube, dass es für Leser, die selbst mit wenigen angedeuteten fantastischen Elementen schon nichts am Hut haben, und/oder für Leser, die sich rasante Handlung, Aufregung und Action wünschen, vielleicht nicht unbedingt das richtige ist - das heißt, das gilt es wohl einfach auszuprobieren.


    Empfehlen kann ich das Buch frohen Herzens an Menschen, die Bücher lieben, die sich gern mit Literatur beschäftigen, die nichts Schöneres kennen, als stundenlang in Buchläden herumzuhängen oder in Antiquariaten oder auf Flohmärkten nach verborgenen Schätzen zu stöbern und sich bei der Buchauswahl nicht nur auf Bestsellerlisten verlassen, sondern auf das eigene Näschen und das eigene Gespür. Und wenn sie auch nichts gegen ein klein wenig fantastisches Augenzwinkern haben, bin ich mir ziemlich sicher, dass auch sie die Magie zwischen den Seiten spüren können.


    Mir hat es ganz wunderbar gefallen, und es wird sicher eines meiner Jahreshighlights werden.


    Die vielen Bücher, die namentlich in "Ein ganz besonderes Jahr" erwähnt werden, sind im Übrigen hier in einer Auflistung zu finden: Link zum Thread

  • Eine sehr schöne Rezension, Bücherdrache.

    Könntest du das Buch noch in deiner Rezension verlinken, dass man bei Interesse direkt zu Ama/Thalia o.ä. hüpfen kann und nicht umständlich erst eine Seite aufrufen muss ? Das wäre großartig !

    :winkt