'Narziß und Goldmund' - Kapitel 13 - 15

  • 13. und 14. Kapitel


    Zu Beginn des 13. Kapitels genießt Goldmund die Freiheit der Wanderschaft. Er will nicht an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert werden. Am Ende des 14., nach soviel Tod, will er ganz im Gegenteil die Menschen vor der Vergänglichkeit retten, indem er sie in Figuren verewigt.


    Das Leben während der Pest hat apokalyptischen Charakter. Lene erkrankt und stirbt innerhalb weniger Tage. Ich habe nicht gedacht, dass das so schnell geht.


    Nachdem er zum zweiten Mal getötet hat, fragt er, das erste Mal in ungefähr 10 Jahren Wanderschaft, nach dem Sinn seines Tuns. Aber die Antwort kommt schnell. Er sieht das „Eva-Gesicht“. Und zum zweiten Mal nach seinem Weggang vom Kloster hat er wieder ein Ziel.


    Er bereut seine vertane Lebenszeit. Es wird ihm bestimmt eines Tages klar werden, dass er ohne seine Wanderjahre, ohne die Frauengesichter mit den verschiedensten Ausdrücken kein Bild in seinem Kopf hätte, das ein Meisterwerk werden kann.

  • Einige Hinweise in diesen Kapiteln deuten auf Nürnberg als die "Meister-Stadt" hin. Deshalb habe ich einmal nachgelesen, wann hier die Pest gewütet hat. Unter anderem habe ich dieses Gedicht gefunden, das gut zum Thema passt: Dudelsackpfeifer


    "Nun, Nürnberg soll 1348, 1437, 1491, 1522, 1562, 1585 und 1634 von größeren Pest-Wellen heimgesucht worden sein. Ein großer Teil der Bevölkerung verlor durch den Schwarzen Tod das Leben und wurde mit dem Pestkarren nachts auf die, außerhalb der Stadtmauer gelegenen, Friedhöfe transportiert. So wäre es beinahe auch dem Dudelsackpfeifer ergangen." Info

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Jetzt hat Goldmund ein großes Ziel, das Kunstwerk seines Lebens. Leider ist Niklaus tot. Aber statt dass er andere Wege sucht (ich denke die Innung hätte ihm weiter geholfen), stürzt er sich in ein gefährliches Liebesabenteuer!

    Ich glaube nicht, dass ihm die anderen Zunftmeister geholfen hätten. Schließlich hatte er sich gegen eine ordentliche Lehre, Gesellenprüfung und Zunftzugehörigkeit ausgesprochen. Ob es Meister Niklaus wirklich gelungen wäre, ihn nach der Fertigstellung seines Johannes in der Gilde zu etablieren, habe ich damals schon bezweifelt. Seine einzige Chance wäre wohl die Anerkennung als Schwiegersohn gewesen. Aber auch so hätte er einen schweren Stand gegenüber den ordentlichen Gesellen und anderen Meistern gehabt. Besonders bei seinem liederlichen Lebenswandel. Diese Zunftgesellschaften hatten doch ein scharfes Auge auf moralisch einwandfreies Gebaren (Benehmen).

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    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • "Noch nie hatte der Spielmann auf einer solchen Laute gespielt, ..."

    Schade, dass Hesse auch hier nicht näher ausführt, was nun so anders in dieser Begegnung ist, als mit all den anderen Liebeserfahrungen. Nur weil es diesmal eine höhergestellte Person ist? Aber Goldmund interessiert sich doch gar nicht für ihren Rang oder ihren Reichtum. Ihm geht es doch, wie bei allen anderen Frauen, nur um die körperlichen Genüsse und die sinnliche Schönheit. :gruebel

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    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

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  • Es geht ihm vielleicht um Zauber und Einzigartigkeit. Das er noch nie auf so einer Laute gespielt hat, könnte er jeder sagen, da jede für sich einzigartig ist.


    Aber ganz schön viel Trauer und Tod in diesem Abschnitt. Mit solchen harten Erlebnissen hatte ich gar nicht gerechnet. Goldmund hängt nicht am Leben und am Besitz, daher ängstigt ihn auch die Pest nicht. Er lebt im Augenblick und lebt das, was man heute überall Achtsamkeit nennt. Er hat aber auch was von “Hans im Glück“.


    Mich interessiert jetzt fast nur noch das Wiedersehen mit Narziß.

  • Ich glaube nicht, dass ihm die anderen Zunftmeister geholfen hätten. Schließlich hatte er sich gegen eine ordentliche Lehre, Gesellenprüfung und Zunftzugehörigkeit ausgesprochen. Ob es Meister Niklaus wirklich gelungen wäre, ihn nach der Fertigstellung seines Johannes in der Gilde zu etablieren, habe ich damals schon bezweifelt. Seine einzige Chance wäre wohl die Anerkennung als Schwiegersohn gewesen. Aber auch so hätte er einen schweren Stand gegenüber den ordentlichen Gesellen und anderen Meistern gehabt. Besonders bei seinem liederlichen Lebenswandel. Diese Zunftgesellschaften hatten doch ein scharfes Auge auf moralisch einwandfreies Gebaren (Benehmen).

    Ich habe gedacht, dass sein Johannes ihm das nötige Ansehen verschafft hat. Aber du kannst natürlich recht haben. Das Denken in den Zünften war damals doch sehr starr und ein Aus-der-Reihe-tanzen sehr unbeliebt.

    Aber wenigstens versuchen oder zumindest darüber nachdenken hätte er schon können, wie er sein Werk doch noch durchführen könnte.

  • "Noch nie hatte der Spielmann auf einer solchen Laute gespielt, ..."

    Schade, dass Hesse auch hier nicht näher ausführt, was nun so anders in dieser Begegnung ist, als mit all den anderen Liebeserfahrungen. Nur weil es diesmal eine höhergestellte Person ist? Aber Goldmund interessiert sich doch gar nicht für ihren Rang oder ihren Reichtum. Ihm geht es doch wie bei allen anderen Frauen nur um die körperlichen Genüsse und die sinnliche Schönheit. :gruebel

    Als Goldmund Agnes zum ersten Mal sah,

    Zitat

    empfand er, daß diese blonde Löwin seinesgleichen sei, an Sinnen und Seele reich

    und

    Zitat

    Ihm schien, noch niemals habe die Liebe ihm so gestrahlt wie aus dieser Frau, deren hohe Gestalt und blonde lachende Lebensfülle ihn an das Bild seiner Mutter erinnerte

  • Aber ganz schön viel Trauer und Tod in diesem Abschnitt. Mit solchen harten Erlebnissen hatte ich gar nicht gerechnet. Goldmund hängt nicht am Leben und am Besitz, daher ängstigt ihn auch die Pest nicht. Er lebt im Augenblick und lebt das, was man heute überall Achtsamkeit nennt. Er hat aber auch was von “Hans im Glück“.

    Man könnte glauben, er sei unverwundbar. Schon seit Beginn seiner Wanderungen denke ich mir: Was ist, wenn er mal krank wird oder wenn er alt ist.

    Mich interessiert jetzt fast nur noch das Wiedersehen mit Narziß.

    Ja.

    Aber ich möchte auch wissen, ob er jemals seine Urmutter schaffen kann. Passt so ein Ende zu diesem Buch? Vielleicht schafft er es beinahe, mit einer kleinen Unvollendung. Oder er schafft es tatsächlich und stirbt gleich darauf? Nein, das ist zu kitschig.

  • "Ihm schien, noch niemals habe die Liebe ihm so gestrahlt wie aus dieser Frau, deren hohe Gestalt und blonde lachende Lebensfülle ihn an das Bild seiner Mutter erinnerte"

    Ja, da habe ich wohl zu unachtsam darüber hinweg gelesen. Danke, für den Hinweis. :)

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    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Man könnte glauben, er sei unverwundbar. Schon seit Beginn seiner Wanderungen denke ich mir: Was ist, wenn er mal krank wird oder wenn er alt ist.

    Der gleiche Gedanke ist mir in diesem Abschnitt auch gekommen. Überall herrscht der Tod und das Leiden. Aber Goldmund scheint nichts davon etwas anhaben zu können. Im Gegenteil: ihn fasziniert der Tod und er fühlt sich zum ihm Hingezogen. Aber er scheint selber nicht krank werden zu können.


    Ein wenig nervt er mich schon, mit seinen ständigen Frauengeschichte.:rolleyes: Sogar in den schlimmsten Situationen, als er auf die Jüdin Rebecca trifft, versucht er sie rumzubekommen und denkt nur an die Wollust. Da kann er es auch nicht verstehen, dass sie in dieser Situation kein Bedürfnis danach hat und weist ihn zurück.

    Also ich bin ehrlichgesagt auch froh, wenn Goldmund dann hoffentlich auch endlich wieder auf Narziß trifft und das Buch dann beendet ist.

    Es kann mich leider im Moment nicht mehr groß begeistern.

  • Ein wenig nervt er mich schon, mit seinen ständigen Frauengeschichte.:rolleyes:

    Ja, das war mir auch etwas zu viel und unrealistisch - als hätte jede Frau nur auf ihn gewartet.

    Dabei sieht er nur besonders schöne, gesunde Frauen als Lustobjekt. Die hinkende Marie rührt ihn zwar aus Mitleid, aber sie kommt als Sexpartnerin nicht in Frage.


    Die schlimme Sache mit der Judenverfolgung spricht er später noch einmal mit Narziß an.


    Rebekkas Verweigerung beschäftigt ihn länger als Frauen, die sich ihm ohne weiteres hingegeben haben. Ähnlich wie Lydia, bei der er ja auch nicht "zum Schuss" gekommen ist.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ein wenig nervt er mich schon, mit seinen ständigen Frauengeschichte.

    Ich verstehe, was du meinst. Manchmal ist mir aber nicht ganz klar, welche Zeiträume zwischen den Frauengeschichten vergehen.

    Immerhin fragt er sich zwischendurch, was das alles für einen Sinn hat.


    Rebekka wollte er nicht einfach so rumkriegen. Er wollte sie um sich haben und sie beschützen. Gut, wenn sich darüber hinaus etwas ergeben hätte (was er im Stillen wohl erhofft hatte), hätte er sicher nicht Nein gesagt. Er hat ihr versprochen, sie nicht anzurühren, aber sie glaubt ihm nicht. Ich denke, er hat das ernst gemeint.


    Beeindruckt hat mich die Schilderung, wie unterschiedlich die Menschen auf die Pest reagiert haben. Die einen isolieren sich, die anderen leben, als ob es kein Morgen gäbe. Was ja oft auch so der Fall war.


    Ich habe mich gefragt, warum Goldmund nach Lenes Tod die Hütte angezündet hat. Ich glaube nicht, dass er sich um die Ansteckungsgefahr Gedanken gemacht hat.

  • Daran habe ich auch gedacht. Aber für die Leiche des Vergewaltigers hatte er auch andere Vorschläge, zugegeben etwas halbherzig klang das schon.


    Mir ist spontan in den Sinn gekommen, ob Goldmund damit alles Vergangene hinter sich lassen wollte. Aber im weiteren Verlauf der Geschichte deutet nichts darauf hin.

  • Er wollte Lene nicht den Tieren überlassen und begraben konnte er sie ohne Werkzeug nicht.

    Ja, ich denke auch, dass hier vornehmlich praktische Erwägungen entscheidend waren.


    Ansonsten könnte man das auch noch so deuten, dass eine Feuerbestattung damals eher den Sündern vorbehalten war. Goldmund hatte mit Lene gesündigt und Lene wurde Opfer eines Sünders - des pestverseuchten Vergewaltigers.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Dabei sieht er nur besonders schöne, gesunde Frauen als Lustobjekt. Die hinkende Marie rührt ihn zwar aus Mitleid, aber sie kommt als Sexpartnerin nicht in Frage.

    So ganz stimmt das nicht. Im 11. Kapitel steht:

    Zitat

    ... er ließ sich dennoch auch von wenig schönen und nicht mehr jungen Frauen rühren und verführen ... Sobald er sich einem Weib hinzugeben begann ... dann war sie schön für ihn, dann gab er sich ganz. Und die Erfahrung lehrte ihn, daß jede Frau schön sei und zu beglücken vermöge ...