Arnaldur Indriðason: Graue Nächte (Flóvent und Thorson 2.)

  • ASIN/ISBN: 3785726295

    Arnaldur Indriðason: Graue Nächte

    Verlag: Bastei Lübbe 2018 (21. Dezember 2018) . 432 Seiten

    ISBN-10: 3785726295

    ISBN-13: 978-3785726297. 22€

    Originaltitel:Petsamo

    Übersetzerin: Anika Wolf

    Verlagstext

    Frühling 1943. In Reykjavik ist die Lage angespannt, Island ist von den Amerikanern besetzt. In diesen unruhigen Zeiten wird eine Leiche an einem Strand, nahe des Stadtzentrums, entdeckt. Der Mann, ein Soldat, wurde offenbar ermordet. Ein weiterer Fall beschäftigt Kommissar Flóvent und seinen Kollegen Thorson von der Militärpolizei: Eine Frau, die oft mit Soldaten gesehen wurde, verschwindet spurlos. Stehen der Mord und das Verschwinden der Frau im Zusammenhang? Die Kommissare ermitteln in einem heiklen Umfeld ...

    Der Autor

    Arnaldur Indriðason, Jahrgang 1961, war Journalist und Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung. Heute ist er der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane erobern stets Platz 1 der isländischen Bestsellerliste und stehen auch bei uns nach ihrem Erscheinen immer auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie werden in 40 Sprachen übersetzt und sind mit renommierten Krimipreisen ausgezeichnet worden.

    Inhalt

    1943 ermittelt im besetzten Island im Fall eines Kapitalverbrechens ein Team aus dem einheimischen Polizisten Flóvent und dem US-Militärpolizisten Thorson, der als Kind isländischer Auswanderer noch fließend Isländisch spricht. Ein Toter in Uniform wurde am Strand angespült; parallel dazu verschwindet eine Frau, die zuvor mit amerikanischen Soldaten gesehen wurde. Die Untersuchung des Toten vom Strand wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet, so dass das Ermittler-Tandem nach einer verdächtigen Person mit besonderen Kenntnissen fahndet.

    Während der Besatzungszeit hat sich in Island neben zahlreichen legalen Arbeitsplätzen bei der US-Armee erfolgreich ein Schattengewerbe entwickelt aus Bars, Prostitution und Schwarzhandel mit amerikanischen Produkten. Wer in dieser Szene Geschäfte macht, klärt seine Konflikte am liebsten unter vier Augen und will möglichst nichts mit der Polizei zu tun haben. Die Ermittlungen wirbeln in dieser Szene einigen Staub auf, zumal es nicht allein um Prostitution von Frauen geht.

    Flóvent, der junge isländische Teampartner, tritt Zeugen und Angehörigen gegenüber rücksichtsvoll auf und erfährt auf diese Weise wieder einmal Erstaunliches. In einem weiteren, zeitlich versetzten Handlungsfaden erfährt man als Leser von einer Gruppe isländischer Studenten, die sich in Kopenhagen im Widerstand gegen die Nationalsozialisten engagieren (Dänemark war 1940-43 von den Deutschen besetzt). Bei der vermutlich letzten Gelegenheit werden mit der Fahrt der „Esja“ isländische Bürger aus mehreren besetzten skandinavischen Ländern evakuiert. Einer der Studenten wird seitdem vermisst und seine Gefährten vermuten, er könnte denunziert worden sein. Flóvent und Thorson ahnen vom möglichen Zusammenhang zwischen seinem Verschwinden und ihrem Fall noch nichts.

    Die Ermittler stehen in ihrem zweiten Fall einer unübersichtlichen Ermittlungssituation in der Halbwelt illegaler Geschäfte gegenüber. Zeitweilig war mir nicht völlig klar, wie viele Personen auf beiden Zeitebenen genau vermisst werden. Der komplexe Fall wird durch Rückblenden in die Vorgeschichte der Beteiligten gelöst, weniger durch gradlinige Ermittlungsarbeit.

    Fazit

    In seinem sozialkritischen historischen Krimi zeigt Indriðason ein Land im Schatten von Militärbaracken, das die Besetzung durch fremde Armeen allmählich satt hat. Durch mehrere Handlungsfäden gerät der Kriminalfall sehr komplex, die Fülle an Ereignissen verläuft jedoch zu Lasten der Figurenzeichnung. Ein Schauplatz wie auf alten Schwarz-Weiß-Fotos sorgt für eine düstere Atmosphäre, der Kriminalfall wirkt dabei eher wie die Rahmenhandlung.


    7 von 10 Punkten



  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Frühjahr 1943. In Reykjavík herrscht eine angespannte Stimmung – Island ist von den Amerikanern besetzt. In diesen unruhigen Zeiten wird nahe einer Soldatenkneipe im Stadtzentrum ein Mann brutal erstochen. Kommissar Flóvent und sein kanadischer Kollege Thorson von der Militärpolizei nehmen die Ermittlungen auf, während Flóvent noch mit einem anderen Fall befasst ist: Eine männliche Leiche wurde am Strand der Nautholsvík-Bucht angespült. Stehen die Tode mit den Kriegsereignissen in Zusammenhang? Die Kommissare ermitteln in einem heiklen Umfeld und geraten dabei selbst in Gefahr ...


    Autor (Quelle: Verlagsseite)

    Arnaldur Indriðason, 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der University of Iceland und war Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunbladid.

    Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavik und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Arnaldur Indriðasons Vater war ebenfalls Schriftsteller.

    1995 begann er mit Erlendurs erstem Fall, weil er herausfinden wollte, ob er überhaupt ein Buch schreiben könnte. Seine Krimis belegen allesamt seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerlisten. Seine Kriminalromane "Nordermoor" und "Todeshauch" wurden mit dem "Nordic Crime Novel’s Award" ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt der meistverkaufte isländische Autor für "Todeshauch" 2005 den begehrten "Golden Dagger Award" sowie für "Engelsstimme" den "Martin-Beck-Award", für den besten ausländischen Kriminalroman in Schweden.

    Arnaldur Indriðason ist heute der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane werden in einer Vielzahl von Sprachen übersetzt. Mit ihm hat Island somit einen prominenten Platz auf der europäischen Krimilandkarte eingenommen.


    Allgemeines

    Dritter Band der Reihe um Thorson und Flóvent

    Erscheinungstermin: 21. Dezember 2018 bei Bastei Lübbe als HC mit 432 Seiten
    Gliederung: 63 Kapitel

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: (hauptsächlich) Reykjavík, zwei Handlungsstränge: 1943 und 1941


    Inhalt

    In ihrem dritten gemeinsamen Fall bekommen es Thorson und Flóvent mit mehreren Todes- und einem Vermisstenfall zu tun. Vor einer Kneipe, in der hauptsächlich amerikanische Soldaten, oft in Gesellschaft von isländischen Frauen, verkehren, wird ein junger Isländer schwerverletzt aufgefunden, wenig später verstirbt er im Krankenhaus. Ellý, eine dem Verstorbenen bekannte Isländerin, die in diesem zwielichtigen Lokal den Kontakt zu Amerikanern gesucht hat, ist spurlos verschwunden.

    Außerdem wird eine männliche Leiche in einer Bucht an den Strand gespült, man geht zunächst von einem Selbstmord aus. Die Ermittlungen ergeben allerdings, dass der Mann dubiose Kontakte ins Ausland hatte und dass es auch in seiner Ehe nicht zum Besten stand.

    Thorson und Flóvent ermitteln unter Isländern und Amerikanern, aber gerade die amerikanischen Soldaten zeigen sich wenig kooperativ und scheuen auch nicht vor drastischen Methoden zurück, um sich die Polizei vom Hals zu schaffen…


    Beurteilung

    Die Handlung des komplexen Kriminalromans beschäftigt sich mit mehreren Fällen und wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Die aktuellen Ermittlungen spielen sich im Jahr 1943 ab, ein zweiter Handlungsstrang spielt jedoch im Jahr 1941. In diesem Jahr kehren Isländer, die in anderen Ländern gelebt haben, wegen des Krieges und des wachsenden Einflusses der deutschen Nationalsozialisten auf einem Schiff von Petsamo nach Reykjavík zurück. Im Zentrum dieser Erzählung steht eine namentlich nicht genannte junge Frau, die in Petsamo vergeblich auf ein Wiedersehen mit ihrem Verlobten hofft, der in Dänemark als Widerständler gegen die Nazis verraten und verhaftet wurde.

    Erst nach und nach wird die Bedeutung der Vorfälle auf dem Schiff für die später in Reykjavík zu ermittelnden Fälle ersichtlich. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Kapitel jeweils mit Jahresangaben gekennzeichnet worden wären, das hätte die Orientierung zwischen den verschiedenen Perspektiven und Zeitebenen erleichtert.

    Der Autor nimmt sich für die Darstellung der Charaktere und die Entwicklung der Handlung viel Zeit, der Roman ist deshalb nur von mäßiger Spannung geprägt, gibt aber einen faszinierenden Einblick in das Leben in Reykjavík zu Beginn der Vierzigerjahre des 20. Jahrhunderts. Diese Atmosphäre wird sehr anschaulich geschildert.

    Der Roman ist auch ohne Kenntnis der beiden anderen Bände verständlich.


    Fazit

    Ein ruhig erzählter Roman, der einen anschaulichen Eindruck vom Leben in Reykjavík unter der amerikanischen Besetzung zur Zeit des Zweiten Weltkriegs vermittelt; aufgrund der Komplexität sollte der Leser Zeit und Konzentration mitbringen!

    8 Punkte

  • Island ist 1943 von den Amerikanern besetzt. Eine männliche Leiche wird am Strand angespült. Handelt es sich um Selbstmord? In Reykjavík wird nahe einer Kneipe, in der Soldaten verkehren, ein brutal erstochener Mann gefunden. Zur gleichen Zeit wird auch noch eine Frau als vermisst gemeldet, die mit amerikanischen Soldaten poussierte. Kommissar Flóvent hat somit genug zu tun, er wird von seinem kanadischen Kollegen Thorson von der Militärpolizei unterstützt.

    Im Jahr 1941 geht das letzte Schiff von Dänemark nach Island, welches die Isländer aus Skandinavien nach Hause bringt, denn in Dänemark bestimmen inzwischen die Nazis. Aber es regt sich Widerstand. Eine junge Frau, die wir erst am Ende des Buches namentlich kennenlernen, wartet vergeblich auf ihren Verlobten. Gerüchte besagen, dass ein Student von den Nazis verhaftet wurde. Die Überfahrt wird problematisch und dann geht ein junger Mann über Bord und bleibt verschwunden.

    Dies ist mein erstes Buch von Arnaldur Indriðason. Obwohl mir dieser Island-Krimi von Anfang an gut gefallen hat, ist er doch nicht einfach zu lesen, denn die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen und es ist nicht immer sofort zu erkennen, wo man sich denn nun befindet.

    Skandinavien-Krimis sind eigentlich immer etwas düster, hier wird das Ganze noch verstärkt durch die schreckliche Zeit, in der die Handlung spielt. Die Besonderheiten Islands sind gut dargestellt. Für die Menschen ist es nicht leicht in dieser kargen Gegend zu überleben. Es ist interessant, wie kreativ mit der Notsituation umgegangen wird. Den Ermittlern gegenüber sind die Menschen verschlossen. Die beiden Ermittler Flóvent und Thorson haben mir gut gefallen, sie sind sympathisch und arbeiten gut zusammen. Es wird aber gefährlich für sie.

    Gefallen hat mir der historische Hintergrund, bei dem ich sogar einiges Neue erfahren habe. Der Schreibstil ist recht detailliert und sachlich. Die Ermittlungen gestalten sich ziemlich zäh, da die Menschen nicht gesprächig sind. Doch die Spannung zieht mit der Zeit immer mehr an und das Ende kommt sogar ein wenig plötzlich.

    Ein düsterer und komplexer Krimi mit viel Island-Atmosphäre, der mir sehr gut gefallen hat.


    5/5

  • Buchmeinung zu Arnaldur Indridason – Graue Nächte


    „Graue Nächte“ ist ein Kriminalroman von Arnaldur Indridason, der 2018 bei Bastei Entertainment in der Übersetzung von Anika Wolff erschienen ist. Der Titel der isländischen Originalausgabe lautet „Petsamo“ und ist 2016 erschienen. Dies ist ein weiterer Fall für die Ermittler Flovent und Thorson.


    Zum Autor:

    Arnaldur Indriðason, Jahrgang 1961, war Journalist und Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung. Heute ist er der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane erobern stets Platz 1 der isländischen Bestsellerliste und stehen auch bei uns nach ihrem Erscheinen immer auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie werden in 40 Sprachen übersetzt und sind mit renommierten Krimipreisen ausgezeichnet worden.


    Klappentext:

    Frühling 1943. In Reykjavik ist die Lage angespannt, Island ist von den Amerikanern besetzt. In diesen unruhigen Zeiten wird eine Leiche an einem Strand, nahe des Stadtzentrums, entdeckt. Der Mann, ein Soldat, wurde offenbar ermordet. Ein weiterer Fall beschäftigt Kommissar Flóvent und seinen Kollegen Thorson von der Militärpolizei: Eine Frau, die oft mit Soldaten gesehen wurde, verschwindet spurlos. Stehen der Mord und das Verschwinden der Frau im Zusammenhang? Die Kommissare ermitteln in einem heiklen Umfeld ...

    Meine Meinung:

    Dieser Roman lebt fast allein von der dichten Atmosphäre, die der Autor gekonnt aufbaut. Er schildert die Verhältnisse im besetzten Island und das schwierige Miteinander von Einheimischen und Soldaten. Die Geschichte wird aus einer Reihe von unterschiedlichen Perspektiven erzählt und es ist lange unklar, ob und wie die einzelnen Passagen zusammen hängen. Die Ermittler werden nur grob skizziert, und doch wirken sie sympathisch. Fast alle anderen Figuren bleiben gewollt schwammig, um den düsteren Gesamteindruck zu verstärken. Bei ihren Ermittlungen geraten Flovent und Thorson in gefährliche Situationen und müssen einiges einstecken. Niemand scheint ein wirkliches Interesse an der Auflösung zu haben, denn Unterstützung erfahren die beiden Ermittler kaum. Die Thematik der sexuellen Beziehungen, auch gleichgeschlechtlicher Art, ist heikel, insbesondere für das Militär. Dabei ist es durchaus spannend, wenn auch auf eigene Art. Die Auflösung ist vollständig und ganz im Sinne der düsteren Grundstimmung. Es gibt Täter, die mehr wie Opfer wirken und mir fast leid getan haben. Und es gibt ein Vorgehen des Militärs, dass Fragen aufwirft, aber für mich war es passend.


    Fazit:

    Atmosphärisch dicht mit einer komplexen Handlung, die aber nicht auserzählt wirkt. Ein Kapitel isländischer Geschichte mit vielen Verlierern, das viele Fragen stellt. Von mir gibt es vier von fünf Sternen (8 von 10 Punkten) und eine Leseempfehlung.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln