Beiträge von MelanieM

    Die anderen haben ich leider noch nicht geschafft und das wird vorher auch nix mehr.

    Dann bin ich mal gespannt, wie es dir ohne Vorkenntnisse gefällt. Der einzige Spoiler ist halt, was mit Doktor Krüger, Richards Intimfeind, wurde. In diesem Band ist er das Mordopfer ;-)

    Ne, die hab ich noch nicht gelesen, irgendwie war mir Helen nicht so sympathisch in den Stimmlosen. Daher habe ich beschlossen mir das noch aufzuheben und ein bisschen Zeit dazwischen zu legen

    Am Anfang von "Die verstummte Liebe" ist Helen eine absolute Sympathieträgerin, die alle mochten. Sie wandelt sich erst in der zweiten Hälfte des Buches, als sie an Depressionen erkrankt. Im Grunde ist "Mehr als die Gerechtigkeit" auch ihr Abschluss.

    "Die verstummte Liebe" steht hier - bisher ungelesen!

    Und natürlich erinnere ich mich an Fredi und Richard und freue mich doll darauf, sie wieder zutreffen....

    Ich bin gespannt, wie es dir gefällt, das Zusammentreffen.

    Ich bin ja schon sehr gespannt auf Band 4. ich habe die letzten zwei Tagen Im Lautlosen und Die Stimmlosen gelesen. Ich wär dann jetzt soweit und freue mich schon auf Fredi. Der dritte Hafenschwester Band war auch mein Lieblingsband.

    Dann bist du ja bestens präpariert. Im Grunde ist Mohlenberg 4 auch von den Leisen Helden eine Fortsetzung.

    Das ist mir klar. Aber vor der SS hatte man doch einen Heidenrespekt wenn nicht sogar Angst. Also dass die einen auch körperlich in die Mangel nehmen, das hätte ich mir gut vorstellen können. Vor allem, wenn sie ja dachte der Mann lügt (und er sagte die Wahrheit). Interessant, dass er am Ende ein Geständnis unterschrieben hat.

    Ja, die haben den guten Gustav vermutlich genauso in die Mangel genommen, wie Fredi in Hafenschwester 3 von der Gestapo durch die Mangel genommen wurde. Mit dem Unterschied, dass Gustav niemanden hatte, der ihm von außen geholfen hat. Und wenn das lang genug so geht, dann gesteht am Ende jeder alles, was man von ihm hören will.

    1957 ist ein sehr bedeutendes Jahr. Zumindest für mich. Ich wurde in dem Jahr gezeugt, gehegt, geboren.

    Dann ist das für dich ja auch eine spannende Reise, quasi in die Jugend deiner Eltern. Friederike wäre dann mit 63 eher eine Großmutter (was sie aber noch nicht ist, und das nagt an ihr, aber gleichzeitig ist ihr ja auch keiner der jungen Männer gut genug, die ihre Tochter ihr jemals vorgestellt hat ;-) ).


    Besonders ansprechend finde ich, dass du ein ganzes Universum aufbaust in deinen Büchern. Man also hi und da alte Bekannte trifft, wo man gar nicht damit rechnet oder liebgewonne Figuren womöglich eine eigene Geschichte bekommen. Das fände ich toll. Und die Neugierde auf das nächste Buch hast du jetzt verdoppelt.

    Ja, das macht mir dann auch immer besonders viel Spaß. In Band 4 treffen die Leserinnen und Leser der Hafenschwester auch Marthas jüngsten Sohn Fredi (Hauptkommissar Alfred Studt) wieder, der dann im obligatorischen Mordfall ermittelt. Der war ja in Hafenschwester 3 meine Lieblingsfigur.

    Raffiniert auch, dass sie immer so eine Mischung aus Wahrheit und Lüge erzählt hat, so dass das alles doppelt glaubwürdig wurde. Und sie hat sich nie in ihren Aussagen verheddert, weil sie ja so nah an der Wahrheit geblieben ist.

    Das ist das, was gute Lügner auszeichnet. Man hat eine Geschichte, die man durchdacht hat, ähnlich wie einen guten Romanplot, sodass man auch bei Nachfragen nicht ins Zögern gerät.

    Mich hat auch das Nachwort beeindruckt. So etwas ist mir immer total wichtig. Und hier bekommt man nicht nur ein paar Zusatzinfos und Klarstellungen sondern man merkt, dass die ganze Geschichte von dir unheimlich gut recherchiert wurde und toll "verwurstet", liebe Melanie.

    Das freut mich sehr. Das ist auch immer mein Ziel,

    Das stimmt. Auch wenn ich mir vorstellen könnte, dass Friederike schon ein paar Schuldgefühle hat. Mich überraschte ja, dass sie so überrascht war, dass man Folter angewendet hat. Damit hatte ich gerechnet und ich dachte, dass wäre auch ihr klar, dass die SS keine Samthandschuhe anwendet. Ich hätte mir auch vorstellen können, dass der Kerl still und heimlich entsorgt wird. So mit an die Front schicken, das ist natürlich eleganter - wenn auch nicht ganz sicher.

    Man muss bedenken, dass Friederike zwar vieles vom Hörensagen wusste, aber sich das direkt vorzustellen, ist noch was anderes. Tief in ihr drinnen war es nach wie vor unvorstellbar, dass die Staatsmacht foltert. Es ist ein Unterschied, Dinge vom Verstand her zu wissen und sie aber auch plastisch vor Augen zu haben. Zudem - das war mir im Nachwort ja auch wichtig - hatten die schlimmsten Verbrechen noch gar nicht begonnen. Der gelbe Judenstern wurde erst im Herbst etabliert, die Abtransporte begannen auch erst im Jahr darauf. 1941 herrschte zwar Krieg und politisch anders Denkende waren in Gefahr, außerdem gab es die Euthanasie, aber das ganze Ausmaß dessen, was noch kommen sollte, konnte sich keiner vorstellen. Wäre es anders, hätte man ja alle Juden zu Idioten erklärt, die nicht sofort geflohen sind. Sie dachten - ebenso wie so viele Deutsche - das geht wieder vorbei, und was soll nun noch kommen? An gezielten Massenmord hat keiner gedacht, weil es dafür kein historisches Vorbild gab. Das müssen wir uns heute auch immer wieder klar machen. Wir Nachgeborenen sind schon früh damit in der Grundschule oder spätestens in der weiterführenden Schule konfrontiert worden. Wer nicht gerade selbst jüdisch ist, lernte über Juden als erstes, dass das die Leute sind, die Hitler vergast hat. Das wurde dadurch auf eine perverse Weise als "normal" dargestellt. Als sei es normal, dass es Leute gäbe, die andere vergasen. Zwar böse und verachtenswert, aber so etwas passiert halt mal. Und da das ständig passieren kann, dass Leute, die man nicht mag, vergast werden, müsse man eben aufpassen, dass das nie wieder passiert. (Ich überspitze jetzt absichtlich sehr). Dadurch ging für mich als Kind viel von dem Schrecken verloren, weil das Außergewöhnliche nicht mehr erkennbar war. Auch in der Aufarbeitung wurde es "normal". Wenn man aber begreifen will, was wirklich passiert ist, muss man sich eingestehen, dass dies eben nicht die Normalität von Bösewichten ist, sondern dass es ein unvorstellbares Verbrechen ist und man muss versuchen zu ergründen, wie es möglich war. Wie die ganzen System funktionierten. Und wie es kam, dass sich die Bösen dann so schnell wieder nach dem Krieg als brave Staatsbürger darstellen konnten. Ich habe viele Bücher zu dem Thema gelesen, habe mehrere Regalmeter mit "Holocaust-Literatur", alles Sachbücher und Augenzeugenberichte. Das Problem bestand darin, dass es schleichend ging. Und dass die Täter es abstrahierten - sie sprachen nicht mehr von Menschen, sondern von Schädlingen. Sie verloren die Beziehung und suchten emotional abgspaltene Lösungen zur "Schädlingsbekämpfung". Im Grunde haben die Täter konsequent einen furchtbaren Umgang mit der Natur gegen ihre eigenen Artgenossen fortgeführt. Deshalb fehlte ihnen dafür das Unrechtsbewusstsein. Sie glaubten, das Richtige zu tun. Interessant ist, dann danach zu forschen, wie Menschen auf die Idee kommen können, dass so etwas richtig ist. Und da glaube ich, dass jeder der großen Haupttäter ganz eigene Entwicklungen durchlaufen hat, um sich dazu bereitzuerklären. Gustavs Geschichte war für mich der Versuch, mich einem ärztlichen Täter anzunähern. Wer anfängt, andere Menschen nur noch als "Tiere" zu sehen, wird mit ihnen umgehen, wie er mit Schädlingen umgeht, wenn sie ihn stören. Und dann kommt "Schädlingsbekämpfungsmittel" zur Anwendung. Ich nehme auch im gegenwärtigen Ukraine-Krieg mit Schrecken zur Kenntnis, wie wieder auf allen Seiten angefangen wird, Menschen, die zufällig dem anderen Land angehören, die Menschlichkeit abzusprechen und sich über ihren Tod zu freuen. Wenn man Twitter liest, kann man das Gruseln kriegen. Es steckt leider immer noch in vielen Menschen, anderes einfach zu vernichten, das sie stört. Es fängt bei der Blattlaus an, die den Rosenstrauch befällt und kann im Völkermord enden. Die Blattlaus zu vernichten, ist gesellschaftlich akzeptiert. Und im Krieg anderen Menschen zu töten, ist bis heute gesellschaftlich akzeptiert. Ich will damit nichts werten, sondern nur die Gedanken darstellen, die mir oft durch den Kopf gehen.

    Ich bin sehr gespannt, wie die Zeit mit Friederike und dem Gut umgegangen ist. Und mit allen andern. Toll, dass es diesen Abschlussband gibt, der ein Leben danach zeigt. Auch wenn da noch einige ehemaligen Nazis ihr Unwesen treiben werden.


    Liebe Melanie, ich danke dir für deine immer wieder wundervolle Begleitung der Leserunden. Das ist wirklich so ein Gewinn beim Lesen und ein Vergnügen über das Lesen hinaus. Genau so müssen tolle Leserunden sein.

    Vielen Dank! Ich habe jetzt für Band 4 schon einige Rezensionen erhalten, wo die Leserinnen enttäuscht waren, dass es überwiegend in Hamburg und nur am Anfang und am Ende auf Gut Mohlenberg spielt. Es ist also kein klassischer Mohlenberg-Roman. Ihr werdet viel über Hamburg im Jahr 1957 erfahren. Und viele Figuren aus meinem Roman-Universum treffen. Aber wenn man sie nicht kennt, stört das nicht. Wenn man sie kennt, hat man allerdings viel Spaß.

    Ich beschränke mich hier mal auf die Mutter von Gustav - es gibt "bösartige" Menschen, die einfach mit anderen (egal ob es ein Kind oder ein erwachsener Mensch ist) nicht umgehen können. Und so schätze ich die Mutter von Gustav ein. Sie ist einfach mit der ganzen Lage und sich selbst überfordert gewesen und hat sich deshalb gegenüber ihrer Außenwelt so verhalten.

    Ich hatte Gustavs Mutter als eine Person mit einer Schizophrenie geplant. In einer entsprechenden psychotischen Erkrankung mit Wahnvorstellungen war sie nicht in der Lage, zwischen ihrem Wahnerleben und der Realität zu unterscheiden. Das Hauptproblem bestand für mich in der Unfähigkeit des Vaters und des Großvaters, das Kind - Gustav - zu schützen. Stattdessen musste der kleine Gustav sich selbst eine Erklärung für das Unfassbare zurechtlegen, weil er damit überfordert war und von den "gesunden" Erwachsenen kein vernünftiges Vorbild bekommen hat. Anstatt die Mutter in eine Klinik zu bringen, wurde sie weggesperrt. Im Grunde nahmen Großvater und Vater damit einen Teil dessen "vorweg", was Gustav später als Psychiater konsequent fortführte - nicht nur wegsperren, bis die Person sich umbringt, sondern gleich "Erlösung" durch Vernichtung, wenn es keine "Heilung" gibt. Seine Mutter war nicht böse, sie war krank. Das entschuldigt nicht ihre Handlungen an ihrem Kind, aber sie wäre nach heutiger Sichtweise schuldunfähig gewesen, weil sie das Unrecht der Tat nicht einsehen konnte. Hätte es eine Einrichtung wie Gut Mohlenberg direkt um die Ecke gegeben, wäre Gustavs Geschichte mit Sicherheit ganz anders verlaufen.

    Ich habe den 2. Abschnitt gestern gelesen und irgendwie ist mir leider kein richtig positives Ereignis hängengeblieben.

    Meinst du jetzt inhaltlich, was alles auf Mohlenberg passiert, oder stilistisch vom Aufbau der Geschichte?

    Interessant finde ich die Geschehnisse um Karla. Ich bin gespannt, wohin sich diese Geschichte noch entwickelt und was der Grund für ihr Verhalten ist.

    Karla war so eine Figur, die sich einfach eingeschmuggelt hatte, so wie Fräulein Wermut in Band 2. Solche Figuren finde ich beim Schreiben immer selbst sehr spannend, weil ich das bei ihrem ersten Auftreten auch noch nicht weiß und sie sich selbst erst entwickeln müssen. Manchmal bekommen sie dann größere Rollen, so wie jetzt Fräulein Wermut in diesem Band 3 :-)

    Das freut mich sehr. Ja, die Charakterentwicklung ist mir wichtig und ich würde gern noch mal einen Roman über die Lebensgeschichte von Fräulein Wermut schreiben. Mal sehen, was der Verlag dazu sagt. Aber ich plane auch noch etwas anderes, das anscheinend im Augenblick besser beim Verlag ankommt. Darüber kann ich dann in der nächsten Leserunde erzählen, weil es sich ein wenig aus dem nächsten Band ergeben.

    Frau Wermut war wieder mein persönliches Highlight in dem Buch, ich mag diese resolute, pfiffige Frau einfach unglaublich gerne.

    Frederike hat mir Leid getan... da öffnet sie sich endlich einem Mann und wird so belogen und betrogen.

    Ich bin sehr gespannt auf Band 4. Hoffentlich lebt Frau Wermut da noch

    Fräulein Wermut lebt noch, spielt aber in Band 4 nicht mit. Da sind so viele alte Bekannte, sie hätte den Rahmen gesprengt. ;-) - außerdem ist Friederike dann im Wermut-Alter.

    Ich muss sagen, ich fand die Sache mit dem Tagebuch gut gelöst; ich bin aber auch eine Leserin, die immer die Beweggründe aller Figuren verstehen will. Und da sind mir gerade die Täter wichtig, die Figuren, die von den üblichen Moralvorstellungen unserer Gesellschaft abweichen.

    Mir ist es wichtig, von diesem klassischen "Der ist ein Nazi, also ist er automatisch böse und nichts muss erklärt werden" wegzukommen. Das stört mich oft in Filmen und Büchern so, dass klar ist, wer der Nazi ist, ist böse und es bedarf dann keiner Erklärung mehr. Das mag für Actionfilme gehen, wie z.B. Indiana Jones, aber wenn man sich intensiver mit der Problematik befasst, muss man wissen, wie die Menschen sozialisiert waren, dass sie Nazis oder aber keine Nazis wurden. Denn als die Nazis an die Macht kamen, wusste man ja noch nicht, was alles noch kommt.

    Und nur, damit mich da jetzt niemand falsch versteht - ich will keine Frau verurteilen, die aus welchen Gründen auch immer abtreiben lässt, ich werde nur äußerst stinkig, wenn Außenstehende der Meinung sind, beurteilen zu dürfen, welche Kinder es wert sind, auf die Welt zu kommen, und welche nicht.

    Das sehe ich genauso. Freiheit bedeutet, dass eine Frau sowohl die Freiheit hat, sich für als auch gegen ein Kind zu entscheiden. Und beides sollte akzeptiert werden. Zumal Kinder mit Trisomie 21 sehr liebenswert sind und auch relativ selbstständig sind, im Vergleich zu vielen anderen geistigen Behinderungsformen.


    Aber da ist unsere Gesellschaft ohnehin sehr seltsam. Dieselben Eltern, die alle Früherkennungen machen, weil sie auf jeden Fall ein perfektes Kind haben wollen, können unter Umständen, wenn ihr Kind ein schwaches Frühchen wird, fordern, dass alles getan wird, auch wenn absehbar ist, dass es dann schwerstbehindert ist. Es ist eben immer ein Unterschied, ob man abstrakt über etwas nachdenkt, oder ob man sich direkt damit konfrontiert sieht.

    Dennoch ist jeder für sich selbst verantwortlich und er will dem Gut Mohlenberg und seinen Bewohnern nichts Gutes und das ist nie entschuldbar.

    Krankheit entschuldigt kein schlechtes Benehmen und eine schwierige Kindheit keine Straftaten. Das muss man sich immer klar machen.


    Die Verantwortung liegt immer bei der Person selbst. Im Strafrecht bei der Begutachtung der Schuldfähigkeit geht es deshalb auch immer darum, ob eine Person 1. in der Lage war, das Unrecht einzusehen und 2. in der Lage war, dieser Einsicht gemäß zu handeln.


    Mal ein Beispiel: Wenn ein Mensch an Wahnvorstellungen leidet und glaubt, sein Nachbar sei in Wirklichkeit ein Zombie und er müsse ihn töten, um sich selbst zu schützen, dann ist dieser Mensch schuldunfähig, weil er nicht in der Lage war, das Unrecht seiner Tat zu erkennen. Da er aber eine Gefahr für die Allgemeinheit ist, erfolgt die Unterbringung in der forensischen Psychiatrie - unbefristet. Daraus kann er erst entlassen werden, wenn mehrere unabhängige Gutachter seine Genesung bestätigt haben. Der Aufenthalt in der Forensik kann prinzipiell auch lebenslang dauern, wenn sich der Zustand nicht bessert. Er ist nur sehr selten kürzer als im Gefängnis, meist deutlich länger. Ich habe ja selbst lange in der Forensik gearbeitet.


    Wenn ein Mensch z.B. suchtkrank ist und massiven Druck nach seiner Droge hat und einen anderen überfällt und ausraubt, dann weiß er zwar, dass das verboten ist - er ist also in der Lage, das Unrecht der Tat einzusehen. Aber durch den Suchtdruck war er nicht in der Lage, gemäß dieser Einsicht zu handeln. Er hat deshalb einen anderen Menschen ausgeraubt, um Geld für die Droge zu bekommen. Diese Person hat somit eine verminderte Schuldfähigkeit, aber sie kommt dann ins Gefängnis. Wenn sie sich dort gut führt, hat sie die Chance, vorzeitig nach §35 BTMG in eine Suchtrehabilitationseinrichtung zum Entzug entlassen zu werden.


    Wenn es ein minderschwerer Raub war, kann auch gleich die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden. Sozusagen als Bewährungsauflage.


    Ein Täter wie Gustav hingegen hätte keine mildernden Umstände zu erwarten, weil er um das Unrecht seiner Taten wusste und auch in der Lage gewesen wäre, dieser Einsicht entsprechend zu handeln. Er wollte es nur einfach nicht. Also würde er auch bei uns die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

    Nachdem ich es geschafft hatte, mir den Schluss des Buches etwas "aufzuheben", kam es, wie es kommen musste: einmal angefangen, konnte ich leider nicht mehr aufhören, es war schon fast ein Uhr morgens, als ich das Buch gestern (heute) endlich befriedigt zuklappen konnte!!! Es hat mir wieder großartig gefallen, auch das Nachwort war wieder einmal sehr informativ.

    Das freut mich riesig :-)

    Etwas zusammengezuckt bin ich - genau wie Friederike - dass Gustav erst unter Folter gestanden hat, aber wahrscheinlich wäre alles andere unrealistisch... Mein Mitleid (ich denke immer noch häufig an Friederikes Definition im letzten Buch von "Mitleid" und "Mitgefühl") hält sich in Grenzen, dazu hat Gustav aus puren Eigennutz Friederike zu übel denunzieren wollen, aber schon etwas dramatisch, dass er für einen Mord bestraft wird, den er gar nicht begangen hat? Na ja, aber seine SS-Kollegen hat er ja auch hinter's Licht geführt... Aber auch hier ist mein Mitleid schnell aufgebraucht...

    Gustav erntet, was er gesät hat. Er hätte selbst nicht vor Menschenversuchen zurückgeschreckt und muss nun erleben, wie es sich anfühlt, wenn man auf der "anderen" Seite steht.

    Zu Karla: ich habe bisher noch nicht noch einmal nachgelesen, warum es bei ihr zu der Diagnose bekommen war, dass sie "schwachsinnig" sei - aber kann es nicht einfach so sein, dass sie durch den sexuellen Missbrauch durch ihren Vater (er hatte sie doch schon mit 14 an Männer "vermittelt"? Wer weiß, was davor schon gelaufen ist?) das promiskuitive Verhalten entwickelt hat. Denn so ein Verhalten ist ja auch häufig ein Symptom für sexuelle Gewalterfahrungen in der Kindheit. Und im Gespräch mit Friedeike sagt Karla ja selbst, dass sie immer gedacht habe, sie müsse "lieb" zu den Männern sein... Deshalb denke ich, es ist bestimmt richtig, wenn sie auf Gut Mohlenberg bleibt, Friederike und Fräulein Wermut werden es schon richten...

    Karla hat eine leichte Form der Alkoholembryopathie, weil ihre Eltern beide Alkoholiker waren und ihre Mutter in der Schwangerschaft getrunken hat. Bei leichteren Formen ist die Kognition eingeschränkt, aber es gibt keine körperlichen Behinderungen, im Gegensatz zu schweren Formen. Klassisch dafür sind folgende Symptome:

    • Vertrauensseligkeit (z. B. mit fremden Personen mitgehen)
    • Erhöhte Risikobereitschaft, auch im sexuellen Bereich, sexuelle Hyperaktivität
    • Allgemeine Entwicklungsretardierung bis zur Unselbstständigkeit
    • Konzentrationsschwäche, Lernschwäche und geistige Behinderung
    • Schwierigkeit im Verstehen von abstrakten Dingen und logischen Zusammenhängen
    • Probleme mit der Erfassung von Begriffen wie bald, vorher, nachher, demnächst, übermorgen.
    • Nichterkennen von Konsequenzen
    • Schwierigkeiten, sich in soziale Bezüge angemessen einzugliedern und sich darin wohlzufühlen
    • Ignoranz gegenüber verbalen Anweisungen, unkooperatives und oppositionelles Verhalten bei verbal ausgesprochenen Grenzsetzungen (Nichtakzeptanz von „Nein“)
    • Unempfänglichkeit oder Unverständnis gegenüber nonverbalen Signalen durch Gestik, Mimik und Körpersprache anderer Menschen
    • Sinngemäßes Verständnis von Anweisungen, aber Unvermögen zur angemessenen Ausführung
    • Oft ängstlich-besorgte und chronisch frustrierte Einstellung

    Bei Karla war durchaus eine Formbarkeit und Lenkbarkeit gegeben. Ihre sexuelle Hyperaktivität hat der Vater ausgenutzt. Sie fühlte sich nicht missbraucht, sondern hatte Spaß daran und merkte nicht mal, wie sie ausgebeutet wurde. Sie war somit ein "liebenswertes blondes Dummchen", was auch in der Situation mit Markmann deutlich wird, den sie durch ihre fehlende Einschätzung der Situation dann selbst vergrault hat. Aber sie war trotz allem gut führbar, nachdem Friederike erkannt hat, was das Problem ist - die komplette Naivität.


    Bis 1957 sind es noch 16 Jahre - ob wir Fräulein Wermut noch begegnen werden? Ich mag sie so gern....

    Ich bin wieder ganz begeistert von diesem Buch und freue mich schon auf den nächsten Band!

    Nein, Fräulein Wermut taucht dann nicht mehr auf. Aber dafür gibt es ein Wiedersehen mit Louise Janssen, dem einstmals wilden Mädchen aus Band 2, das 1957 eine renommierte und gestandene Journalistin von 51 Jahren ist.

    Aber noch etwas anderes ist mir eingefallen: Hermanns Vater hat ja schon klar geäußert, dass ihm Friederike vielleicht mal "einen Gefallen erweisen" müsste... Ich weiß nicht, ob man 1941 schon daran gedacht haben könnte, dass der Krieg vielleicht verloren gehen könnte - aber sicherlich wird er bei Friederike 1945 anklopfen, um von ihr eine Bestätigung für den sog. "Persilschein" zu bekommen....

    Die Familie brauchte Friederike nicht. Die hat es auch so geschafft. Wie sie das gemacht hat und welchen Job Ingrids Mann Hermann nach dem Krieg hat, erfahrt ihr im nächsten Band.

    Dazu fällt mir wieder nur eine Episode aus der "Hafenschwester" ein: eine Frau sagt, dass sie es gut findet, dass ihr Sohn bei der SA sei, er sorge jedenfalls dafür, dass wieder Ruhe und Ordnung herrsche - und außerdem habe er Arbeit (mir prägen sich solche "persönlichen Begebenheiten" immer besser ein).

    Genauso war es damals. Denn die Menschen ahnten ja noch nicht, welche Konsequenzen es hatte. Und in Mohlenberg 4 gibt es dann auch ein Wiedersehen mit Fredi, der ja für viele die Lieblingsfigur aus Hafenschwester 3 war.

    Unabhängig davon, was für ein Mensch Gustav tatsächlich ist, habe ich echte Bedenken, ob Friederike tatsächlich nach so langer Zeit ohne Partner in der Lage ist, sich auf eine Beziehung einzulassen. Gerade, da sie eine sehr unabhängige und entschlossen handelnde Frau ist, was in der Zeit nicht unbedingt dem weiblichen Ideal entsprach. Ich bin gespannt.

    Das ist in der Tat eine wichtige Frage, zumal in Romanen ja oft so getan wird, als Zweisamkeit und die große Liebe das Ziel aller Dinge. Dabei gibt es ja auch viele andere Lebensentwürfe.