Aber die "leeren Menschenhülsen" ich meine es gibt da irgendein psychologisch oder psychiatrisches Buch, das den Begriff aufwarf.
Das Wort stammt aus "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" von Karl Binding und Alfred Hoche, 1920.
Aber die "leeren Menschenhülsen" ich meine es gibt da irgendein psychologisch oder psychiatrisches Buch, das den Begriff aufwarf.
Das Wort stammt aus "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" von Karl Binding und Alfred Hoche, 1920.
Also meine gaaaanz persönliche Meinung: meine Lieblingsbücher von Melanie (von denen, die ich bisher kenne...) sind "Im Lautlosen" und "Hafenschwester 3"... Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass "Hafenschwester 1 und 2" nicht gut sind (ich habe sie wirklich gern gelesen, 😍 MelanieM ) , aber diese beiden sind eben meine Lieblinge... Wobei Mohlenberg 1 hat jetzt auch gerade gute Chancen, in diesen erlauchten Kreis zu kommen...
Deine beiden Lieblingsbücher sind auch meine beiden Favoriten, wobei ich natürlich alle mag
Übrigens hatte ich als ursprünglichen Titel für die Bücher der Hafenschwester-Reihe immer die Untertitel, also Band 1 "Als wir zu träumen wagten" , Band 2 "Als wir wieder Hoffnung hatten" und Band 3 "Als wir an die Zukunft glaubten."
Der Verlag fand es aber besser, das unter einem Obertitel zu bringen. Die Taschenbuch-Ausgabe, die in Planung ist, trägt deshalb (mit anderen Covern) als Obertitel auch "Die Hafenschwester-Saga", während die Untertitel die gleichen bleiben.
Als ich "Im Lautlosen" geschrieben habe, dachte ich, ich kann nie wieder ein besseres oder wichtigeres Buch schreiben - aber Hafenschwester 3 passt da auch genau wieder rein.
Wobei ich wie gesagt alle meine Bücher mag. Die Hafenschwester-Reihe und die Leisen Helden (wozu Im Lautlosen gehört) sind Epen, die über viele Jahre deutscher Geschichte gehen.
Die Mohlenberg-Reihe ist immer auf einen Sommer beschränkt und betrachtet ausgestanzt eine Problematik der damaligen Zeit und es gibt als roten Faden immer einen Kriminalfall, ohne dass ich es wirklich als Krimi bezeichnen würde.
Ist ja für mich eine Art Familientreffen... Ich backe einen Kuchen... 1957 - gibt es Toast Hawaii?
Nein, es wird gegrillt. Ich häng mal einen Spoiler aus dem 2. Kapitel von Band 4 an, damit du dich freuen kannst:
Doktor Hellmer war ihrem Blick gefolgt.
„Das Schwimmbecken haben wir uns gegönnt, nachdem die Kinder zu groß für die Schaukel und die Sandkiste waren. An warmen Sommertagen ein nicht zu unterschätzender Luxus.“
„Das glaube ich gern“, sagte Friederike. „Auf Gut Mohlenberg haben wir es dafür nicht weit zu einem kleinen See, in dem man ebenfalls sehr schön schwimmen kann.“
„Ein Badesee ist natürlich viel besser. Vor allem muss man da im Herbst nicht ständig das Laub rausfischen.“ Doktor Hellmer grinste.
Dann führte er sie auf die Terrasse.
„Meine Lieben, darf ich euch Frau Doktor von Aalen und ihre Tochter Charlotte, eine versierte Anwältin, vorstellen?“
Die Anwesenden erhoben sich unter einigem Stimmengemurmel, sodass Doktor Hellmer sich bemüßigt fühlte, sie nacheinander vorzustellen.
„Meine Frau Paula, ebenfalls eine Kollegin“, stellte er die Frau vor, die ihnen am nächsten stand.
„Ich freue mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen, Frau von Aalen“, sagte Paula. „Richard hat mir schon viel von Ihnen erzählt.“ Paula Hellmer trug eine modische Kurzhaarfrisur und ein hellgelbes Sommerkleid, das ihr trotz ihres Alters von über fünfzig eine gewisse jugendliche Frische verlieh.
„Die Freude liegt ganz bei mir.“ Friederike schüttelte Paulas Hand.
„Ich habe auch schon viel von Ihnen gehört und Ihrem Einsatz für psychisch Kranke im Krieg.“
Nach und nach stellte Richard Hellmer ihnen die übrigen Anwesenden vor. Richards Tochter Emilia, die kurz vor Abschluss ihres Medizinstudiums stand, seinen gehörlosen Sohn Georg und dessen ebenfalls gehörlose Frau Susanne sowie ihren zehn Monate alten Sohn Michael, der im Gegensatz zu seinen Eltern hören konnte.
Am Grill stand Professor Fritz Ellerweg. „Ich darf hier immer das Zepter in Form der Grillzange schwingen, weil die Anwesenden meinen, als Chirurg hätte ich ein besonderes Händchen dafür“, sagte er mit blitzenden Augen. „Keine Ahnung, wie die darauf kommen, ich muss hier ja nicht mal was filetieren, es ist ja schon alles fertig.“ Er wies auf den Tisch, auf dem die Würstchen und Karbonaden darauf warteten, endlich auf den Rost gelegt zu werden. Friederike fiel auf, dass Dackel Theo inzwischen unter dem Tisch lauerte, ganz so, als hoffe er, dass irgendetwas zu Boden fallen könnte.
„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel“, sagte eine attraktive Brünette, die Friederike auf Mitte vierzig schätzte. „Immerhin würzt du das Fleisch vorher höchstpersönlich. Das ist so ähnlich wie eine medizinische Verordnung.“
„Ja, aber eher Dermatologie, wegen der Einreibungen, oder? Das könnte ja auch jeder andere machen.“
„Aber nicht so gut wie du.“ Sie lächelte ihn liebevoll an. „Ich bin Julia“, stellte sie sich dann vor. „Fritz‘ Frau. Und außerdem gern unkonventionell. Sie können mich gern Julia nennen, wenn wir hier schon gemeinsam essen.“
„Sehr gern“, sagte Friederike. „Aber nur, wenn Sie mich im Gegenzug Friederike nennen. Sie sind auch Chirurgin, habe ich gehört?“
„Oh, Sie haben von mir gehört?“
„Bei den wenigen Chirurginnen, die es in Hamburg gibt, bleibt das nicht aus.“
Dann stellte Julia ihnen noch die Kinder vor, den zwanzigjährigen Harri, die siebzehnjährige Henrieke und die elfjährige Leni. „Wir sind eine klassische zusammengewürfelte Kriegsfamilie“, sagte sie dabei. „Im Grunde haben wir aus den Resten von drei Familien eine neue gemacht. Und der Herr dort gehört irgendwie auch noch dazu.“ Sie wies auf einen Mann um die vierzig, der etwas am Rand stand. „Stellst du dich selbst vor oder soll ich das machen?“ Julia stupste ihn leicht an.
„Ich bin Thomas Mitchell, Fritz‘ Halbbruder“, sagte er mit unverkennbar britischem Akzent und schüttelte Friederike die Hand. „Und Sie können auch gern Thomas zu mir sagen.“
„Sie sind Engländer?“, fragte Charlotte, während sie ihm ebenfalls die Hand reichte.
Thomas nickte. „Ich kann es nicht verleugnen, so sehr ich auch an meiner Aussprache arbeite. Fritz hatte es da leichter, der ist zweisprachig aufgewachsen und beherrscht beide Sprachen perfekt.“
„Wie kommt denn ein Engländer Ihres Alters zu einem deutschen Halbbruder?“, fragte Charlotte.
Friederike bemerkte sofort, dass dieser Mann ihrer Tochter gefiel, mit seinem dunkelbraunen Haar und dem kleinen Schnurbart, der an Charlottes Lieblingsschauspieler Errol Flynn erinnerte.
„Das ist eine sehr lange Geschichte, dafür reicht ein Grillnachmittag nicht aus.“ Thomas grinste.
„Und Sie leben hier?“
„Nein, ich bin nur zu Besuch, um meinen Neffen moralisch zu unterstützen.“ Er zwinkerte Harri zu, der die Augen verdrehte. Hier schien es anscheinend einige komplizierte Geschichten zu geben.
„Jetzt nehmen Sie erstmal Platz“, sagte Fritz. „Die Kohle ist durchgeglüht, wir können mit den Würstchen anfangen, die sind am schnellsten gar. Außerdem gibt es Kartoffelsalat und Zwiebelbrot. Getränke stehen dort hinten.“ Er wies auf einen kleinen Tisch im Schatten, auf dem Bierflaschen, Wasserflaschen, weiße und gelbe Limonade und sogar zwei Flaschen Coca Cola standen.
Ja, ja, fix mich ruhig an, ich bleibe schon dabei...
Vor allem ist das dann der Band, wo du Friederike, Richard, Fritz und Fredi zusammen triffst. Und natürlich auch Fritz Mutter Helen und Fritz' Halbbruder Thomas und Fredis Sohn Wolfgang. Genug angefixt ?
In diese Kategorie fällt wohl auch Dr. Bürger-Prinz (oder so ähnlich) hier in Hamburg?
Der war auch nicht so ganz ohne. Wird in Mohlenberg 4 auch erwähnt
Blöd nur, wenn die "verrückte" in eine Einrichtung gegeben wird, wo sie ernst genommen wird und nicht einfach weggesperrt... Da hätte sich der Vater mal anders entscheiden müssen
Wenn er es den gewusst hätte
Warum sie sie nach Mohlenberg gebracht haben wo alles auffliegen kann, erschließt sich mir noch nicht ganz. Wenn ich doch was zu verbergen habe....
Man hat "verrückten" Frauen damals nicht geglaubt, egal, was die erzählt haben. Die waren eben verrückt.
Aber ich habe sowieso den Eindruck, dass die Psychiatrie fast bis in die 1960/70er Jahre etwas das "Stiefkind" der Medizin war (vom Umgang der Nationalsozialisten mit "lebensunwertem Leben", T 4, usw. mal vollkommen abgesehen)..
Das Problem war, dass bis in die 1970er Jahre die gleichen Ärzte nach wie vor praktizierten, die noch vorher die Euthanasie unter den Nazis durchgeführt haben. In Mohlenberg Band 4, 1957, ist das u.a.. Thema. Das Buch erscheint erst noch.
Die alten Ärzte, die noch unter den Nazis Karriere gemacht haben, waren bis in die 1970er noch Chefärzte - "von Adolf übrig geblieben" nannte man das. Und da hatten progressive junge Ärzte nicht viel zu lachen.
Aber zurück zur Geschichte: ich bin mitten drin, die Kombination aus historischen Roman und Krimi gefällt mir ausgesprochen gut... Ich bin sicher, dass Dr. Weiß "Dreck am Stecken" hat (mag aber auch daran liegen, dass ich ihn nicht mag, aber sehr verdächtig ist er!!!), Walter Pietsch mag ich immer noch (und würde ihm deshalb einiges verzeihen), ich könnte mir schon vorstellen, dass er "der Freund" ist, der Bernhard gerettet hat... Aber das war nicht sein einziger Grund, warum er nach Mohlenberg gekommen ist, da steckt noch mehr dahinter... Um Kuno tut es mir leid, ich denke, er wird sich von den "Behandlungen" in Langenhagen nicht mehr erholen. Und auf das Geheimnis um Juliane bin ich richtig neugierig, nachts und Dunkelheit als Stichworte sind schon ziemlich offensichtlich...
Das freut mich und ich bin gespannt, wie dir die weitere Auflösung gefallen wird.
MelanieM Ist es nicht so, dass noch heute eine Art der Kältetherapie bei psychischen Erkrankungen angewandt wird? Ich meine darüber mal was im Zusammenhang mit Depressionen gelesen zu haben, kann mich aber natürlich irren.
Nein, Kältetherapie gibt es für rheumatische Erkrankungen, nicht für Depressionen. Bei Depressionen gibt es neben Psychotherapie und Medikamenten auch noch die Schlafentzugstherapie (die dann aber keine Folter ist, sondern der Schlafrhythmus wird fraktioniert verändert, weil man die Erfahrung gemacht hat, dass längere Wachphasen und anschließende Übermüdung positiv wirken) und in ganz schweren Fällen die schon beschriebene Elektrokrampf-Therapie.
Welches ist es? Mich interessiert das schon, weil ich Verwandtschaft habe, die total verbittert hat und ich das mal verstehen möchte oder einen Weg dorthin lesen möchte um zu verstehen.
Es heißt tatsächlich "Die verstummte Liebe", wie ich es in dem Posting schon hatte. Gehört zur Reihe der Leisen Helden - ist ein Seitenableger, den man entweder als erstes Buch (chronologisch) oder als letztes Buch lesen kann.
Viktor Brunner: Schrecklich, was ihm vom eigenen Vater angetan wird, vor allem noch die Katze, die zum Schlüsselreiz wird. Grauenhafte Szene. Bei der Beschreibung, wie er Juliane töten will, habe ich mir die Frage gestellt, war das Böse schon vorher in Viktor, das durch den Missbrauch dann zum Vorschein kam oder ist er durch Missbrauch so geworden? Er beschreibt ziemlich eingehend, dass er im Krieg nicht das Töten lernen musste, sondern genossen hat.
Viktors psychische Entwicklung wurde schon als Kind massiv geschädigt durch diesen Missbrauch. Es gibt kein Böses im Menschen von Geburt an, sondern es gibt nur Ereignisse, die dazu führen, dass Menschen bestimmte Abwehrstrategien entwickeln, um damit klar zu kommen. Manche fühlen sich dann einfach besser, wenn sie die Aggressionen, die sie selbst erleiden mussten und empfinden, dann an andere weiter geben können. Meist ist das aber nur eine kurze Entlastung. Wenn man es vom neutralen Standpunkt aus betrachtet, sind diese Verhaltensweisen Versuche der Psyche, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Nur bewerten wir sie moralisch als verwerflich, wenn sie dabei anderen schaden. Wenn Viktor nie von seinem Vater missbraucht worden wäre, hätte er vermutlich nicht diese Freude an der Gewalttätigkeit entwickelt.
Dahingehend fand ich die unbegrenzte Liebe von Friedrike Bernhard gegenüber sehr beeindruckend. Toll, wie sie weiter zu ihrem Mann hält und steht.
Wobei Bernhard es ihr aber auch leicht gemacht hat - er war ja im Umgang weiterhin liebenswert und verhältnismäßig pflegeleicht. Das hat ihr erlaubt, eher das Positive zu sehen, was ihr geblieben ist. Wenn er ständig bockig und quengelig oder gar aggressiv-distanzlos geworden wäre, hätte das sicher anders ausgesehen.
Danke an MelanieM für die vielen interessanten Zusatzinfos.
Sehr gern. Für mich ist es auch sehr spannend, eure Überlegungen zu verfolgen, weil ich daraus erkennen kann, ob meine Spurenlegung funktioniert
Ich habe immer das Gefühl, dass er sich bei den anderen Meinungen einholt und dann erst selbst seine Meinung bildet.
Eigentlich ist das doch ein reifes Verhalten - man hält seine Meinung erst mal zurück, holt sich die von anderen ein, gleicht ab und revidiert ggf., wenn man andere Meinungen für sinnvoll erachtet.
Weiß wird das Brot essen müssen für das er da Korn gelegt hat. Was ich mich frage - sind wir heute wirklich so viel weiter? Wie viele Menschen sind heute noch der Ansicht, dass es einfach nicht gehe mit der Euthanasie aber eigentlich wäre es doch wenn es das noch gäbe für die Betroffenen eine Erleichterung und die armen Eltern. Allein der Gedanke an Sexualität und Down- Syndrom schreckt viele Menschen ab.
Ja, deshalb war es mir auch so wichtig, die Sexualität reinzubringen und auch den massiven Verlust, den Friederike am Ende spürt. Oftmals wird einem mehr durch den Verlust bewusst, wie wertvoll jemand ist.
Total schön und rund fand ich, dass das Buch mit den Worten "(...) ihr blieb mehr als die Erinnerung" endet.
Schon auf S. 273 fielen mal die Worte "mehr als die Erinnerung".
Wie kam der Titel, den ich wunderbar und absolut passend finde, zustande? Beim Schreiben oder war da vorher schon eine Tendenz in diese Richtung?
Ja, das war schon der Arbeitstitel und ich probiere dann immer, die Titel auch mal an kleinen versteckten Stellen im Buch einzubauen. Freut mich sehr, dass dir das gefiel.
Alles anzeigenEben habe ich diese erschütternde Dokumentation angeschaut.
Hier wird auch gezeigt, wie man Menschen dazu bringen kann, andere zu ermorden.
Wie Rechtfertigungen vor sich selbst gefunden werden.
Wie ein Gewöhnungseffekt eintreten kann.
Wie die Menschen abstumpfen.
Was Macht aus manchen macht.
Manche Szenen sind unerträglich.
Ganz normale Männer - Der "vergessene Holocaust" - ZDFmediathek
Das Thema der Polizeibataillone und der Verbrechen in Polen habe ich in Hafenschwester 3 u.a. als Thema.
Über Weiß hätte ich, genau wie chiclana, tatsächlich gern mehr erfahren - ich bin da vielleicht etwas extrem, aber für mich ist es gerade bei Büchern mit so schweren Themen extrem wichtig, zu verstehen, wie jeder einzelne gehandelt hat. Das schränkt mich auch bei Krimis häufig stark ein, weil mir "Serienmörder weil böse" einfach zu wenig ist.
Ja, das ist mir auch zu wenig, wenn Serienmörder einfach "böse" sind.
Auch wenn ich nicht alles in die Romane schreiben kann, weil es sonst ggf. den Rahmen sprengen würde - Doktor Weiß war jemand, der von seinen Eltern nur Anerkennung für Leistung bekam - er fühlte sich oft hilflos und sehnte sich danach, etwas Besonderes zu sein. Und diese Hilflosigkeit wollte er mit Macht kompensieren. Als Psychiater hat er sich dann den Kranken überlegen gefühlt und wollte ein wenig Gott spielen - um seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe zu überspielen. Er hat sich in den Rückblenden ja auch immer an Bernhard herangemacht, weil er eigentlich dessen Zuwendung wollte. Wolfgang war ihm da eher egal. Aber Bernhard hatte viel von dem, was Weiß selbst gern gehabt hätte. Eine intelligente Frau, eine gute Familie, einen Schwiegervater, der eine eigene Klinik betrieb. Dieses Gefühl hat Weiß dann nachher auch dazu gebracht, in Gut Mohlenberg unterzukommen. Und der Versuch, ausgerechnet Bernhard, der jetzt ja so schwer beeinträchtigt war, in seinem Sinne zu manipulieren, hat ihm eine sadistische Genugtuung gegeben. Allerdings war Bernhard am Ende trotz seiner Behinderung noch immer mental stärker. Er hat Weiß doppelt besiegt - geistig, weil es nicht so ganz mit der Manipulation klappte - und auch dadurch, dass Weiß nicht damit durchgekommen ist. Der Schuss, mit dem er Bernhard tötete, tötete Weiß ja im Grunde auch als Charakter. Weil Bernhard verantwortungsvoll mit seinem Pferd umgegangen ist, das von den Granatangriffen traumatisiert war und es nach Hause schickte, konnte es nur dazu kommen, dass das Pferd dann nach dem Schuss durchdrehte und Weiß den Schädel eingetreten hat. Somit hat Weiß geerntet, was er gesät hat - aber vorher leider sehr viel Unheil über andere Menschen gebracht, weil ihm Menschenleben nichts wert waren. Das waren nur Mittel zum Zweck. Er hat als narzisstisch missbrauchtes Kind, das die Eltern nicht um seiner selbst willen liebten, nie Empathie mit anderen gelernt. Bernhard hatte davon hingegen sehr viel und die steckte so tief in ihm, dass sie auch blieb, als er alles andere verloren hatte.
Ich habe übrigens in einem anderen Roman - Die verstummte Liebe - das Experiment gemacht, wie aus einer total liebenswerten, netten, sympathischen Frau eine verbitterte und ungerechte alte Frau wird. Das ist bei den meisten gut angekommen, aber einige Leserinnen fanden es blöd, dass die Heldin am Ende so unsympathisch geworden ist.
Bei Dr. Weiß hätte mich noch interessiert, warum er von seinen Forschungen so besessen war bzw. wie er überhaupt auf sein Forschungsthema kam. Viktors Erzählung von dem Abend mit Dr. Weiß in der Kneipe fand ich gelungen und nachvollziehbar.
Das Problem ist, dass es bei der Perspektive von Friederike nicht möglich war, die Geschichte von Weiß und seine Entwicklung näher darzustellen. Das hätte dann den Rahmen gesprengt, denn dann hätte ich viel mehr seiner Jugend etc. erklären müssen, aber die Infos hatte ja niemand in Friederikes Umfeld.
Und eine Frage habe ich noch: was hat es mit dem Namen von Aalen auf sich? Gibt es da einen besondern Hintergrund oder gefiel Dir einfach der Klang?
Das war zum einen der Klang, aber zum anderen passte es auch als niederer Landadel aus dem Schwäbischen, wo die Familie von Bernhard ja her stammte.
Woher das bei Doktor Weiß kam kann ich aus der Geschichte heraus nicht erkennen.
Bei Viktor Brunner war es wohl so, dass er dazu gemacht wurde, zuerst durch seinen Vater und dann noch durch Dr. Weiß.
Woher es bei Dr. Weiß kam, bleibt offen - aber er hat eindeutig auch narzisstische Züge, also kann man davon ausgehen, dass er von seiner Familie nur Anerkennung bekommen hat, wenn er etwas Besonderes geleistet hat und nicht um seiner Selbst willen.
Bernhard und Viktor sind perfekte Beispiele was die Kindheit für einen Einfluss hat. Bernhard ist wohl immer wohlwollend behandelt worden, wurde wohl auch in der Familie geliebt und später auch von Friederike. Er nimmt die Leute so wie sie sind, so wie er es auch selbst erlebt hat.
Viktor ist als Mensch nie geliebt worden, nur missbraucht. Da gibt es kein Selbstbewusstsein und damit wird er auch beeinflussbar. Und er hat ja auch nur gelernt, dass man andere Menschen benutzt, Juliane als Mensch hat er doch gar nicht wahrgenommen, nur als jemand, der weiter unten in der Hackordnung des Lebens steht.In der Firma dieser Familie möchte ich auch nicht arbeiten müssen...
Ja, genauso ist. Vermutlich hat die Firma Brunner dann auch später auf billigere Arbeitskräfte umgestellt - was heute die Inder im Callcenter sind, waren dann im 2.WK die Zwangsarbeiter, die man "Fremdarbeiter" nannte.