Beiträge von MelanieM

    Ich melde mich jetzt erst, weil ich heute den ganzen Tag neben meiner Arbeit mit meinen Reisevorbereitungen morgen nach Stuttgart und den Rückflug befasst war. Der Hinflug klappt, der Rückflug wurde wegen des Streiks gecancelt. Der Sender hat mir noch eine Bahnfahrkarte besorgt, sodass ich Freitag doch noch nach Hause komme. Schlimmstenfalls hätte ich eine Nacht länger bleiben müssen. Immerhin habe ich für die mehr als fünf Stunden lange Bahnfahrt eine Sitzplatzreservierung. Zum Vergleich - mit dem Flieger wäre ich nur 75 min unterwegs gewesen. Na ja, klappt wenigstens mit dem Hinweg. Ich mag den Rückflug noch nicht stornieren, das mache ich erst in Stuttgart, weil beide zusammengehören, nicht dass die mir mit ihren Online-Problemen auch noch den Hinflug canceln ...

    Ich finde ja auch, dass Fräulein Wermut's Art auch bei Charlotte und ihrem Plan bezüglich der unliebsamen Verwandtschaft durchblitzt....

    Ja, Fräulein Wermut hat alle inspiriert ;-)

    Mir hat an dem Abschnitt wieder einmal besonders gut gefallen, wie du auf der einen Seite mit Kleinigkeiten ein Bild der Zeit hervorrufst (hier denke ich speziell an die Kaffeemaschine und die Sekretärin, die sich darüber auslässt, dass Kaffeeduft doch viel netter ist als die Rauchschwaden aus den anderen Büros), aber auf der anderen Seite richtig schwere Themen behandelst (Helens Depressionen und ihre Beziehung zu Thomas; die Situation der Frauen in Deutschland und England).

    Mir machte das auch Spaß, die Schauplätze so abzuwechseln - es ist ja nur eine Woche, aber sie erleben in dieser einen Woche unheimlich viel.

    Gerade Helen ist eine interessante Figur, ich habe in Die verstummte Liebe sehr mit ihr gelitten. Auf der einen Seite möchte man ihr helfen, ihre Depressionen zu überwinden, auf der anderen Seite möchte man sie aber schütteln, wenn man liest, wie sie Thomas behandelt. Wobei mir scheint, dass sie eigentlich auch darunter leidet, keine wirkliche Beziehung zu ihm aufbauen zu können.

    Helen fehlte noch ein Abschluss, ebenso wie Thomas. Die beiden haben noch ein großes Beziehungsproblem offen. Mit Fritz hat Helen sich ja versöhnt, aber Thomas ist unversöhnlich. Und darunter leidet Helen, die sich langsam wieder - auch durch den Kontakt zu Fritz - in die alte Leni Ellerweg verwandelt, die sie mal war, auch wenn immer wieder die garstige Helen Mitchell durchschimmert.

    Spannend finde ich in dem Abschnitt auch die Aussage, dass ihre drei Kinder sie völlig unterschiedlich beschreiben würden. Eigentlich ist es ja immer so, dass man einen anderen Menschen durch die Brille der eigenen Beziehung mit ihm wahrnimmt und die sich zwangsläufig von der Wahrnehmung anderer Menschen unterscheiden muss. Aber Helen ist da ein Extrembeispiel, da sie innerhalb ihrer zweiten Ehe die fast schon klassische Kombination Lieblingskind - abgelehntes Kind hat und Fritz als zusätzlicher Sohn, den sie verloren hat, glorifiziert, aber gleichzeitig auch verheimlicht wird.

    Genau das ist das Problem in dieser Familie. Und es ist auch Thomas' Problem, der immer noch das Gefühl hat, dass seine Mutter ihm was Böses will, auch wenn er vom Verstand her weiß, dass das nicht stimmt.

    Übrigens kenne ich Wigomat-Kaffeemaschinen. Meine Stiefoma hatte eine im Küchenschrank, allerdings hat sie ihren Kaffee immer von Hand aufgebrüht. Aber die Maschine war ein Geschenk von einem Familienmitglied und musste insofern behalten werden. Sie stand somit etwa 40 Jahre ungenutzt im Schrank herum. Die Erinnerung hat mich gestern Abend beim Lesen doch zum Grinsen gebracht.

    Das ist ja spannend. Ich habe - weil Fredi ja schon immer Kaffeetrinker und Nichtraucher war - nach dem damals modernsten Kaffeemaschinensystem gesucht und bin deshalb auf den Wigomaten gekommen.

    Zwei Sachen haben mich beschäftigt. Zum einen die Aussage, dass Fritz um der Gerechtigkeit willen das Gesetz schon mal verbiegt. Nach eigenem Gutdünken. Ich weiß, was hier gemeint ist, finde ich aber prinzipiell nicht gut. Irgendwie hat mich gestört, wie das ausgedrückt war. Das klang negativ für mich. Nach Selbstjustiz.

    Man muss Fritz aus seiner Sozialisation heraus sehen. Als er jung war, war es das Gesetz, Kranke zu töten, politische Gegner einzusperren und es war so "halblegal", Juden und andere missliebige Personen zu vergasen. Ich sage "halblegal", weil das ja im Geheimen passierte, es gab dafür kein Gesetz. Aber für das Einsperren politisch andersdenkender Menschen, für ihre Hinrichtung und auch für die Euthanasie und die Zwangssterilisationen gab es Gesetze. Wer sie nicht befolgte, stellte sich gegen das Gesetz. Und genau das ist damit gemeint. Wenn Gesetze Unrecht zu Recht erklären, muss man sich überlegen, ob sie nicht auch schon mal verbiegen darf, oder ob es sogar Pflicht wäre.

    Und erschütternd, dass man einen solchen Test brauchte, wenn man als geouteter Homosexueller seine Approbation wieder wollte. Das dauerte ja noch eine ganze Weile, bis sich da etwas tut. Dennoch sehr sehr schräg. Hier ist das Opfer natürlich einer von den Schlechten. Aber ganz prinzipiell erschreckend.

    Das war ja von mir in "Die Stimmlosen" absichtlich so dargestellt. Krüger wurde für Kindermord im Rahmen der Euthanasie zweimal freigesprochen - weil das damals erlaubt war. Für seine Homosexualität kam er ins Gefängnis - weil das damals verboten war. Und am Ende sagte Richard ja, dass er nun schon drei Verfahren gegen Krüger erlebt hat - und alle waren eine Schande für die deutsche Justiz. Es sollte der bittere Beigeschmack bleiben. Am Ende kommt Krüger ins Gefängnis und darf nicht mehr als Arzt arbeiten - das hat er verdient. Aber die Gründe waren falsch, weil er es nicht wegen seiner Homosexualität verdient hat, sondern wegen der Kindermorde.

    Aber vielleicht mal die Frage an MelanieM , ob sie weiß (Quatsch eigentlich, natürlich weiß sie!!!), wie sich ein Mensch wie Dr. Krüger (jetzt mal unabhängig von seiner Rolle im Buch) hätte rehabilitieren können ...

    Es wäre tatsächlich nur durch eine erfolgreich bestätigte Konversionstherapie möglich gewesen. Wenn er hätte nachweisen können, dass er nicht mehr homosexuell ist. Und das glaubhaft darlegt. Deshalb wollte er das Attest von seinem Intimfeind, weil das unanfechtbar gewesen wäre. Richard hätte niemand unterstellt, Krüger ein Gefälligkeitsattest auszustellen. Ansonten durften Homosexuelle damals viele Berufe nicht mehr ausüben. Sie durften nichts machen, wo sie mit Jugendlichen zu tun hatten, und sie konnte auch nicht mehr Juristen werden, wenn sie wegen Homosexualität vorbestraft waren. Ärzte, Lehrer, alle möglichen sozialen Berufe und alle juristischen Berufe waren Ihnen nicht mehr zugänglich. Sie konnte auch als Handwerksmeister keine Lehrlinge mehr ausbilden - sie könnten die ja "verderben". Künstler ging noch, oder einfacher Handwerksgeselle, oder einfacher Arbeiter, aber ganz viele Berufe fielen flach. Und da wir heute wissen, dass Konversionstherapien nicht funktionieren, gab es im Prinzip keine Chance, wenn man erst mal als Homosexueller vorbestraft war.

    Etwas grinsen musste ich bei der Szene mit der Telefonzelle, nein, nicht wegen der 20 Pfennig, sondern weil die Kripo ihre Hilfsmannschaft über eine Telefonzelle anrufen muss. Ich habe selbst durchaus noch das Zeitalter der Telefonzellen miterlebt, aber wie schnell man so etwas dann doch vergisst...

    Ja, als Kripo-Beamter ruft er sie nicht über Funk, er muss telefonieren. Und Handys wurden erst in den 1990er Jahren für Privatpersonen erschwinglich.


    Ich freue mich sehr, dass das Buch Chancen hat, ein Lieblingsbuch von dir zu werden. Mir machte es auch Spaß, wenn sich Helden aus verschiedenen Reihen miteinander "messen" - Friederike muss sich ja auch einiges einfallen lassen, um Fredi zu überzeugen, andererseits findet er sie ja auch sympathisch und hilfreich, deshalb lässt er sich darauf ein.

    Und dass er Regeln beugen konnte, weiß man ja aus seiner Vergangenheit, wenn es zum Nutzen der Gerechtigkeit ist.

    ch habe absolut keine Ahnung, wer der Mörder sein könnte, einiges deutet ja ziemlich gezielt auf eine Person - aber wäre das nicht zu einfach im jetzigen Stadium?

    Wen vermutest du denn?

    Ich habe natürlich nicht geplant, dass alle Reihen mal zusammenkommen. Das ging nach und nach. Richard, der in Mehr als die Erinnerung als junger Mann auftreten durfte. Professor Wehmeyer, Fritz und Julia, die kleine Rollen in Hafenschwester 2 (Professor Wehmeyer) und Hafenschwester 3 (Wehmeyer, Fritz und Julia) haben. Und dann, als Mohlenberg 4 geplant wurde, war mir klar, ich will, dass es ein richtig rundes Feuerwerk wird, an dem sowohl Neueinsteiger als auch Fans Spaß haben. Wer alle Bücher kennt, freut sich, weil es eine Fortsetzung von allen drei Reihen ist, und wer sie nicht kennt, kommt trotzdem klar.

    Genau, es war auch nach damaligen Vorschriften verboten, einen Polizeibeamten zu foltern, um ein Geständnis zu erhalten. Zumal Fredi dann ja Dank Lilli als unschuldig galt. Da hätte Gerd auch Probleme bekommen können. Er wusste ja, dass er etwas Verbotenes tat, aber er war ein Mitläufer und hatte sogar Spaß an der Macht, die er da hatte. Und genau das hat Fredi ihm nicht verziehen.

    Stellt sich nur die Frage, was aus ihm geworden wäre, wäre er damals geblieben. Hätte er sich auch irgendwie rauswinden können?

    Ja, er hätte bei der Polizei bleiben können. Dann wäre er wegen seiner Gestapo-Mitgliedschaft zwar auch von den Briten interniert worden, aber nach maximal einem Jahr wieder rausgekommen und hätte vermutlich ab 1950 wieder in den Polizeidienst gehen können. Fredi beschreibt ja ganz gut, wie das damals war und wie viele hohe Polizeioffiziere noch in der Bundesrepublik eine SS-Vergangenheit hatten. Gerd hatte eben Angst vor Fredi, weil der ihm ja unterschwellig gedroht hat, er wolle ihn nie mehr bei der Polizei sehen, sonst würde er erfahren, warum Sturmbannführer Rohrbeck sich lieber erschossen hätte, als sich seinen Zorn zuzuziehen. Daraufhin hat Gerd sich ja voller Angst an die Front gemeldet. Natürlich hätte Fredi gar nichts machen können, Rohrbeck hat sich ja aus anderen Gründen erschossen, wegen der emotionalen Krise, die er hatte. Aber das wusste der 19-jährige nicht. Er ist also nicht nur Täter, sondern auch Opfer seiner Zeit.

    Die Frauen seiner Generation in der Familie arbeiten ja schließlich auch alle, trotzdem sie verheiratet sind.

    Seine Schwester hat das damals ja auch mit Hilfe der Mutter sehr energisch durchgekämpft, Journalistin zu werden. Und da hat Thomas früh gelernt, wann Männer lieber einfach den Mund halten und ihren Hobbys nachgehen sollten ;-) - Seine Mutter hat in ihrem ersten Leben als Leni Ellerweg ja auch gearbeitet, indem sie die Sprechstundenhilfe ihres Mannes war.

    Aber das musste sein, ich will diesen Band als Bindeglied und Abschluss für diverse Figuren genießen können. Und ich glaube, wenn ich nicht gerade die Hafenschwester und verstummte Liebe gelesen hätte, wäre das weniger einfach. Eigentlich bräuchte man für diese Bücher Familienstammbäume.

    Ich bin sehr gespannt, wie dir die weiteren Zusammenkünfte gefallen :-)