Don't worry about the girl friend thing...
Ich hatte ja schon heimlich ein bisschen reingelesen und hatte beim Reinlesen mit mental halb geschlossenen Augen den Eindruck, dass es sich anders liest als ich es von Tom gewohnt bin, weiter weg von der jeweiligen Person, die die Perspektive hat. Was ja bisher immer der Ich-Erzähler war.
Heute dann nochmal von vorne, bin durch die ersten beiden Kapitel mit offenen Augen. Und es ist alles da: Die feinen Nuancen, die Infos, die heimlich durch die Hintertür reinschlüpfen, Andeutungen, die sicher noch aufgelöst werden (Pumalady?), gleichzeitig aber schon charakterisieren. Schöne Details wie 'Freitag, morgens' an einem Samstagmorgen... Und ich fühle mich wieder ganz nah dran...
Mich erinnerte das 1. Kapitel an ein Interview mit Nigel Hitchcock. Nigel Hitchchock ist einer dieser Musiker der weltberühmt ist, nur das ihn niemand kennt. Ein musikalisches Wunderkind. Er hat mit 16 Jahren Saxophon in Stripbars gespielt, weil er zu jung war, um etablierte Jobs im Studio zu bekommen. Gehörte dann aber zu den wenigen Saxophonisten, die für Aufnahmen in London und auch für Touren gebucht wurde. Mark Knopfler, Robbie Williams, Ray Charles, Jamiroquai, Shakatak, Rick Astley, Kate Bush, Sugarcubes um mal ein paar wenige rauszupicken, ist 'ne lange Liste...
Jedenfalls.
Es gibt dieses Format in dem Saxophonisten online interviewt werden und man live Fragen stellen kann.
Eine Frage, die live gestellt wurde, war:
Wenn Du selbst in die Zeit zurückgehen könntest und Dir selbst als junger beginnender Musiker einen Tipp geben könntest, was würdest Du sagen?
Und er musste wirklich keine Millisekunde darüber nachdenken:
What I would say to the young Nigel is: Don't worry about the girl friend thing.
It'll all come good, but you'll have to wait until you're 44.
I was 44 before I met my wife.
And up to that point there were all the years of getting in the back of black taxis and they're saying to me:
'Oh, you're a musician, playing the saxophone, ooooooooh, you must be hit by the girls.'
And you go, hmmmmmmm... (er sackt im Interview dabei in sich zusammen..., aber mit einem Lächeln im Gesicht, jetzt wo es nicht mehr so ist...)
Clemens und Marie ziehen beide wie Magneten das jeweils andere Geschlecht an, wissen aber beide nicht viel damit anzufangen. Bis sie sich begegnen. Es ist kein magischer Moment wegen der Jahrtausendwende oder wegen der Magie des Paolos. Es ist die Magie ihrer Begegnung, die ihnen einfach so wie aus dem Nichts vor die Füße fällt.
Die Geschichte eines typischen Liebesroman ist mit diesem 1. Kapitel erzählt (Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?).
Im 2.Kapitel dann die nächste Premiere. Nicht nur keine Ich-Erzählung, sondern die Perspektive bei ihr. Bisher agieren Frauen in Toms Romanen im Hintergrund, häufig zum wohl des jeweiligen Ich-Erzählers. Hier wechselt aber tatsächlich mal die Perspektive zu ihr. (Nein, ich zähle Landeier da nicht mit. Das war rein aus dramaturgischen Gründen, behaupte ich... ).
Nur die 'Zwerg'-Passage habe ich tatsächlich als etwas konstruiert empfunden. Da hat jemand gerade die magische Begegnung seines Lebens und denkt dann an Mütter, die einen Zwerg haben entfernen lassen? Aber geschenkt...
Bin gespannt, wie es weitergeht...