Soeben bin ich mit dem ersten Teil fertig geworden und habe mir die Beiträge dieses Threads, die teilweise ja schon vor einigen Jahren verfasst worden sind, interessiert durchgelesen.
Die anfängliche Grundsatzdiskussion über die Anlehnung von Büchern wie "Die Orks", "Die Elfen" oder "Die Zwerge" an Tolkiens Gedankengut dürfte ja zum Glück inzwischen durch sein. Markus Heitz hatte in diesem Thread ja selbst eingeworfen, dass er nicht versucht hat, die Zwerge so darzustellen, wie Tolkien sie "erdacht" hatte, sondern so, wie sie in seiner ganz eigenen Vorstellung existierten.
Vergleiche mit Tolkiens Werken werden, zur Steigerung der Verkaufszahlen, zwar immer wieder von den Verlagen ins Feld geführt, aber vermutlich in den seltensten Fällen von den Autoren gewünscht, denn wer vergleicht sich schon gerne mit einem Urvater der Fantasy?
Bei meiner Beurteilung möchte ich daher auch nicht vergleichen, sondern nur das Werk "Die Zwerge" für sich betrachten.
Mir hat das Lesen des Buches sehr viel Freude bereitet. Die Handlung war gut durchdacht und konnte mit einigen Überraschungen und Wendungen aufwarten. Das Spektrum der Charaktere war sehr bunt, die Zusammenstellung der Gruppe um den Hauptcharakter Tungdil Goldhand war außergewöhnlich, da extrem gegensätzliche Charaktere zusammenfinden mussten. Hier lag aus meiner Sicht die Würze der Geschichte, denn nichts ist schlimmer, als eine perfekt harmonisierende Heldengruppe mit gleichartigen Charakteren, deren Handlungweise vorhersehbar ist. Die Handlung des Buchs war allerdings auch wunderbar dafür ausgelegt, unterschiedlichste Charaktere, die ein gemeinsames Ziel bzw. eine gemeinsame Aufgabe haben, zu vereinen.
Vorhersehbar war hier lediglich die Handlungsweise von Boindil ("oink, oink, Schweinchen!"), dessen Blutrünstigkeit mich anfangs noch etwas schockierte, den ich im Verlauf der Geschichte aber eher amüsant empfand, besonders sein unerschütterliches Selbstbewusstsein und seine Angst davor, nicht genügend Orks abzubekommen, wenn eine Schlacht bevorstand. Wunderbar auflockernd war der Schauspieler und Schürzenjäger Rodario mit seinem losen Mundwerk und seinen permanenten Gedankenspielen, wie er das gerade erlebte wohl am besten in ein Schauspiel integrieren könne.
Toll fand ich auch die Idee mit dem runenartigen Rätsel in Baumform, welches Tungdil zu lösen hatte. Klasse gezeichnet war die Rolle von Bislipur, dessen echte Absichten für mich lange Zeit undeutlich waren. Auch die Zusammenkunft der Magier und die anschließende Hinterlist von Nudin waren gelungen. Schade fand ich in diesem Zusammenhang nur, dass die so wahnsinnig interessanten Magier, mit den unterschiedlichen Fertigkeitsschwerpunkten nur so kurze Zeit an der Handlung teilnehmen durften (Andokai mal ausgenommen).
Zeitweise fand ich leider die Verhältnisse in den Kampfsituationen zu unrealistisch. So zählte Boindil z.B. nur in Dutzend (Orks). Für kleinere Gegnerzahlen hat er sich nicht mal in den Kampfrausch versetzt. Herzlich gelacht habe ich aber trotzdem an der Stelle, wo Boindil durchzählt, dann von Tungdil gefragt wird "Und? Wie viele sind es", Antwort Boindil "6 und 2", Tungdil: "Also 8?", Boindil: "6 Dutzend und 2 Reiter".
Die Darstellung der Zwerge fand ich absolut angemessen. So oder ähnlich sehen auch "meine" Zwerge aus. Die Gruppierung in Zwergenvölker und deren Unterteilung in Clans, das zwergische Verbindungssystem, sowie festgelegte Thronfolge-Definitionen und Fähigkeitsschwerpunkte der einzelnen Völker, passten für mich ins Bild. Wunderbar mysteriös blieb ja lange Zeit die Rolle der "Dritten". In den Folgebänden soll ja noch detaillierter auf die zwergischen Bräuche und Gewohnheiten eingegangen werden, was mich freut und neugierig macht.
Die Beteiligung des Elfenvolks und der Menschenvölker/Königreiche empfand ich als zu knapp geraten. Dies hätte aus meiner Sicht gerne noch mehr Seiten einnehmen dürfen, denn von diesem Buch hätte ich auch 800 Seiten lesen können.
Kurzum: Band 1 hat mir gut gefallen. Ich habe dem Buch 9 von 10 Punkten gegeben. Band 2 werde ich auf jeden Fall auch noch lesen.
Viele Grüße
Xyrion