'Das Tiefland' - Seiten 187 - 270

  • Ich konnte jetzt noch einen Abschnitt beenden, ich hatte heute echt mal viel Zeit zum Lesen:)

    Also ich hatte hier zuerst die Hoffnung, dass Gauri und Subhash wirklich zu einer echten kleinen Familie zusammenwachsen könnten. Vor allem als Bela geboren wird scheint es ja erst eine Weile lang ganz gut zu gehen. Wobei mir Gauri nie einen glücklichen Eindruck macht. Sie kommt mir die ganze Zeit über sehr distanziert und in sich gekehrt vor und scheint in ihrer eigenen Welt zu leben.

    Aber man merkt schnell, dass es insgesamt nicht funktioniert. Ich hatte ja von Anfang an die Befürchtung, dass es keine so gute Idee von Subahsh war, die Schwestern seines toten Bruders zu heiraten.Er kann nicht einfach seinen Platz einnehmen.

    Gauri tut mir schon leid. Sie versucht eine gute Mutter zu sein aber sie schafft es einfach nicht. Ihr sind ihre Studien und ihre Freiheit wichtiger als ihre Tochter, auch wenn sie sich noch so sehr bemüht. Und ich kann sie dafür nicht verurteilen. Sie kann einfach nicht raus aus ihrer Haut und kann die Erwartungen von Subhash nicht erfüllen. Sie kommt mir die ganze Zeit so verloren und einsam vor.

    Insgesamt ist die Situation schon recht traurig für alle. Trotzdem lese ich das Buch weiterhin richtig gerne , vor allem wegen dem Schreibstil der Autorin. Und ich finde es toll wie sie es schafft, das Innenleben der einzelnen Figuren zu beschreiben. Alle Personen wirken auf mich sehr authentisch und echt.

  • Ich vermute, Subhash wollte auch am toten Bruder etwas gut machen, indem er für seine Witwe und sein Kind sorgt.

    Denn zumindest Gauri hätte in der Familie der Schwiegereltern ein schlimmes Leben gehabt.

    Da ist die traditionelle - ich sag mal, hinduistische, weiß aber nicht, ob das ganz zutreffend ist - Lebensweise ganz übel. Witwen haben kein Lebensrecht mehr. Das ging (und geht glaube ich bis heute in ländlichen Regionen) bis zu Witwenverbrennungen.

    Insofern hat er ein gutes Werk getan.

    Schade, dass beide keine Sprache haben, um über ihre Gefühle zu sprechen. Das ist denke ich der Hauptgrund für ihre Distanz und das Scheitern der Beziehung.


    Es macht traurig, das zu lesen.

  • Das ging (und geht glaube ich bis heute in ländlichen Regionen) bis zu Witwenverbrennungen.

    Das die Witwen in Indien so ein schweres Leben haben oder sogar noch hatten wusste ich auch nicht. Das ist ja echt übel, wie die da behandelt werden. Ich verstehe nur nicht warum? Sie können doch nichts dafür, wenn ihre Männer gestorben sind?


    Es macht traurig, das zu lesen.

    Das ganze Buch macht mich traurig, je länge ich es lese. Alle Personen sind so wahnsinnig einsam. Es gibt wirklich niemanden der glücklich zu sein scheint. Schlimm.:(

  • Auch wenn die Beziehung zwischen Gauri und Subahsh nicht funktioniert, finde ich, dass es das einzig Richtige war, dass die Beiden zusammen zurück nach Amerika sind. Dass Witwen in Indien so schlecht dastehen wusste ich nicht, trotzdem war klar, dass es Gauri bei ihren Schwiegereltern schlecht ergangen wäre. Und auch Subash hat bei der Sache eine Tochter gewonnen, die ihm sehr nahe steht.

  • Lest mal den entsprechenden Wiki Artikel - Witwenverbrennung.

    Ich weiß das auch nur, weil die Tochter von Freunden in Indien lebt und von dort äußerst befremdliche Dinge berichtet.


    Ich glaube ja, dass Subhash sich auf der einen Seite verpflichtet fühlt, für die Witwe des Bruders zu sorgen, als auch Zuneigung für sie empfindet. Gauri hat es auf jeden Fall besser in den USA.

  • Das die Witwen in Indien so ein schweres Leben haben oder sogar noch hatten wusste ich auch nicht. Das ist ja echt übel, wie die da behandelt werden. Ich verstehe nur nicht warum? Sie können doch nichts dafür, wenn ihre Männer gestorben sind?

    Solche seltsamen, frauenfeindlichen Traditionen findet man in allen Religionen/patriarchalischen Gesellschaften. Die Gründe dafür sind aus unserer Sicht schwer zu verstehen. Es geht um Unterdrückung (der Frau) und Machterhaltung (der Männer). Und es ist leider nichts, was wir heute überwunden haben, im Gegenteil.


    Eines meiner Lieblingsbücher als Jugendliche war ein Buch über ein indisches Mädchen namens Sundri in der Zeit der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien. Auch dort ist das Dasein einer Witwe und deren "unwertes" Leben ein Thema. Dadurch kam ich auf den Roman "Palast der Winde", in den das auch thematisiert wird.


    Subhash hat Gauris Leben gerettet, ihr die Möglichkeit gegeben überhaupt ein Leben zu führen. Er hat hier das erste Mal ein Teil seiner Wurzeln gekappt und die Eltern "verärgert". Das westliche Leben hat also doch Einfluss auf ihn.

    Leider hat er dabei vergessen, dass man Liebe nicht erzwingen kann. Mir tun in dieser Hinsicht beide leid. Gauri aber besonders, denn sie ist auch in der neuen Situation an einen ungewollten Ehemann gefesselt. Keines der Traumata, die sie erleben musste, konnte sie verarbeiten. Ihren Drang von Mann und Kind wegzukommen, kann ich verstehen. Leider wird es wohl das kleine Mädchen sein, dessen Leben vom Verhalten ihrer Eltern nachhaltig geprägt wird. Sie tut mir am meisten leid, denn sie ist vollkommen unschuldig daran.

  • Ich habe Subhash da anders verstanden. Er erwartet von Gauri keine Liebe und er lässt ihr ja auch viel Freiheit.

    Im Laufe des Zusammenlebens kommt es offenbar zu einer größeren körperlichen Nähe, aber echte Intimität und Vertrauen können die beiden füreinander nicht entwickeln.

    Das ist so echt beschrieben, ich hätte heulen können dabei.

    Da sind zwei liebenswerte, intelligente Menschen, die es nicht gebacken kriegen, ihre Beziehung irgendwie hinzubekommen. Wie auch immer.

    Denn ich habe es so verstanden, dass Subhash - obwohl er sich in Gauri verliebt hatte - auch eine rein freundschaftliche Beziehung verstanden hätte.

  • Gehofft darauf, dass sie ein "richtiges Ehepaar", eine Familie mit weiteren Kindern sein würden, hat er aber schon. Dazu gibt es im Text mehrere Stellen, an dem seine entsprechenden Gedanken formuliert werden. Daran finde ich nichts verwerflich. Ich kann und möchte ihn aber nicht als selbstlosen Held sehen, der das alles nur für Gauri und seinen Bruder tut, sondern als Mensch. So wird er meiner Meinung auch dargestellt.

  • Ich habe Subhash da anders verstanden. Er erwartet von Gauri keine Liebe und er lässt ihr ja auch viel Freiheit.

    Ich hatte es während des Lesens schon so verstanden, dass sich Subhash von Gauri eine Liebe zumindest erhofft. So wie Saiya es schreibt habe ich es auch aufgefasst. Er hat sich Gauri schon als "echte Ehefrau" vorgestellt und es sich so gewünscht. Aber wie gesagt, so was kann man einfach nicht erzwingen.


    Ich kann und möchte ihn aber nicht als selbstlosen Held sehen, der das alles nur für Gauri und seinen Bruder tut, sondern als Mensch. So wird er meiner Meinung auch dargestellt.

    Ich finde das ist insgesamt die große Stärke dieses Buches: alle Personen werden als echte Menschen mit ihren guten und schlechten Seiten dargestellt. Ich finde die Autorin schafft es wunderbar, jede einzelne Person als authentisch, glaubwürdig und echt zu beschreiben.

  • Das Buch habe ich auch noch daheim stehen: Lohnt sich die Lektüre? kannst Du des empfehlen? Es hat mich wegen dem großen Umfang bisher immer etwas abgeschreckt.

    Damals fand ich es großartig. Das ist aber knapp 30 Jahre her. Ob das heute noch so wäre, kann ich nicht sagen. Aber ich vermute, dass es mir immer noch gefallen würde. :-)

    Die Verfilmung als Mini-Serie fand ich auch schön.

  • Ja, gehofft hat Subhash schon, im Lauf der Zeit mit Gauri in einer glücklichen Liebesbeziehung zu leben.

    Ein selbstloser Held ist er nicht - aber trotzdem jemand, der bereit ist, auch ungewöhnliche Dinge zu tun und seine traditionelle Lebenshaltung in diesem Punkt in Frage zu stellen.


    Und diese Zerrissenheit ist gut dargestellt. Genauso wie die Unmöglichkeit für Gauri, in dieser Beziehung zu bleiben. Das ist ja noch komplexer.

  • Subhash ist kein selbstloser Held, aber ein Meister der Selbstbeherrschung. Kein Mann für mich :grin. Auf der einen Seite ist es löblich, dass er Gauri den Vortritt lässt und abwartet bis sie den ersten Schritt zur Intimität macht. Andererseits hätte ein aktiverer Mann - und das meine ich nicht in sexueller Hinsicht- Gauri sicherlich gut getan. So sumpfen beide in ihrem inneren Tiefland herum.


    Die Landschaftsbeschreibung am Anfang, die Namenspate für den Roman ist, erinnert mich an die Figuren. Ein riesiger See aus Tränen, in dem trotzdem Leben wächst und grünt.


    Mir gefällt Lahiris Schreibstil sehr. Mit wenigen Worten schafft sie es, das Innenleben der Figuren zu skizzieren, ohne groß ausschweifen zu müssen.


    Gauris Probleme mit der Mutterschaft sind großartig beschrieben. Ein wirklich schwieriges Thema. Ich finde es gut, dass es überhaupt in einem Roman thematisiert wird, denn es betrifft vermutlich mehr Frauen als man denkt. Mutter ist man nicht auf Knopfdruck und Gefühle lassen sich nicht erzwingen, auch nicht für das eigene Kind.

    Bewundernswert, dass Gauri sich trotzdem um Bela kümmert, sie zumindest versorgt. Auch der Stachel, den Bela in Gauris Seele bohrt, als sie ihr sagt, dass sie sie nicht mehr sehen möchte, ist nachvollziehbar.


    Ich bin gespannt, ob Subhash und Gauri es schaffen, Bela rechtzeitig die Wahrheit zu sagen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mir gefällt Lahiris Schreibstil sehr. Mit wenigen Worten schafft sie es, das Innenleben der Figuren zu skizzieren, ohne groß ausschweifen zu müssen.

    Mir ist der Stil zu distanziert, zu beobachtend, manchmal zu kühl. Das führt dazu, dass manche, für mich wichtigeren Themen/Vorkommnisse zu sehr abgehandelt wirken. Als würde etwas abhehakt. Vor allem dann, wenn es zu Zeitsprüngen kommt. Das ist mein einziger, aber großer Kritikpunkt an dem Roman, der aber natürlich persönlich, also Geschmackssache ist.

    Aber nachdem ich vorher, ein neues Lieblingsbuch gelesen habe, dessen Autor für mich großartig erzählen kann, war klar, dass es danach jedes Buch gerade in dieser Hinsicht schwer haben würde. ;-)

  • . Kein Mann für mich

    Für mich definitv auch nicht!:lache:lache

    Mir gefällt Lahiris Schreibstil sehr. Mit wenigen Worten schafft sie es, das Innenleben der Figuren zu skizzieren, ohne groß ausschweifen zu müssen.

    Mir gefällt der Schreibstil der Autorin auch sehr! Ich mag sowohl ihre Landschaftsbeschreibungen als auch ihre Personendarstellung. Eigentlich mag ich ja so einen distanzierten Erzählstil nicht so gerne und habe es auch gerne ausschweifender. Aber ich finde hier passt es perfekt zu der Geschichte und zu den Personen. Die Autorin schreibt zwei Sätze und ich kann mich komplett in die Person hineinversetzten. Das finde ich genial.


    Ich habe auch länger über den Titel des Buches nachgedacht. Das "Tiefland" als Ort an sich hat ja schon eine wichtige Bedeutung als Handlungsort in dem Buch. Aber es ist für mich auch ein symbolischer Titel. Ein "See aus Tränen" ist eine schöne Beschreibung dafür.