'Das Tiefland' - Seiten 081 - 186

  • Ich war hier am Anfang von dem Abschnitt erst mal kurz verwirrt, als die Geschichte nun aus der Sicht von Gauri erzählt wird. Aber durch den Perspektivenwechsel wird das Buch für mich noch interessanter und abwechslungsreicher. Die Sprache empfinde ich weiterhin als wunderschön zu lesen.


    Und dann wird also Udayan ermordet. Man wartet als Leser ja schon mehr oder weniger auf seinen Tod. Das Ereignis ist natürlich für die anwesenden Eltern und für Gauri sehr verstörend und schrecklich. Und die Eltern scheinen auch überhaupt nicht mit dem Tod ihres Sohnes zurecht zu kommen. Sie wirken auf mich wie erstarrt und versteinert und können mit Subash auch überhaupt nicht reden oder gemeinsam mit ihm trauern.


    Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Idee halten soll, dass er nun also Gauri heiratet und sie als Ehefrau mit nach Amerika nimmt. Für Gauri und das Kind scheint es eine gute Lösung zu sein. Bei den Schwiegereltern ist sie nicht willkommen, sie würde dort nur wie ein störender Fremdkörper behandelt werden. Und das Kind hätte die Chance mit einem Vater aufzuwachsen. Aber ob es für Subhash wirklich eine gute Lösung ist? Er muss doch davon ausgehen, dass Gauri ihn immer mit seinem verstorbenen Bruder vergleichen wird, den sie wohl wirklich geliebt hat. Ich sehe da schon einige Probleme auf Subhash zukommen. Ich glaube, er stellt sich das zu einfach vor.

  • Gauri ist eine ganz ungewöhnliche junge Frau. So viele studierende Inderinnen gab es zu dieser Zeit sicher noch nicht.


    Subhash hängt in den USA doch sehr zwischen den Welten. Er hätte ein wenig mehr Unterstützung und Ansprache brauchen können. Immerhin war die Sprache kein Problem.


    Womit ich die meisten Schwierigkeiten habe, sind die Eltern der Jungs. Es ist für mich sehr fremd, diese doch sehr distanzierte Haltung und dann doch alles bestimmen wollen. Bis zur Wahl der Ehepartnerin.

    Ich weiß wohl, dass es die traditionelle Haltung war - und wie schwer es Schwiegertöchter hatten und haben.

    Trotzdem gruselt es mich, wenn ich von den beiden lese.

  • Womit ich die meisten Schwierigkeiten habe, sind die Eltern der Jungs

    :writeGeht mir genauso. Vor allem zu Beginn des Buches hat es mich vor ihnen gegruselt.


    Allerdings gibt es im weiteren Verlauf des Romanes ein Kapitel, das aus der Sicht der Mutter geschrieben ist. Und das fand ich wirklich sehr interessant. Man erfährt mehr über ihre Gedanken und was sie im Leben erlebt hat und ihre Sicht der Dinge. Seitdem ich das gelesen habe, ist mir zumindest die Mutter nicht mehr ganz so fremd.

  • Ich glaube, hier werde ich meine Meinung zu Subhashs Verhalten besser los.

    Regenfisch hat das im ersten Leseabschnitt beschrieben als sich im neuen Land geduldet fühlen.

    Er fühlte sich aber selbst im Elternhaus nur geduldet. Ausgestochen durch den von den Eltern vorgezogenen älteren Bruder.

    Dazu kommt sein ohnehin zurückhaltendes Wesen.

  • Ich habe den Abschnitt noch nicht fertig, aber den 2. Teil beendet und bin so aufgewühlt, dass ich kurz meine Eindrücke schreiben muss.

    Mich berühren die gefühlvollen Briefe Udayans sehr. In jeder Zeile spüre ich die enge Bindung der Brüder zueinander.

    Verständlich, dass Holly die Beziehung beendet. Trotzdem fühle ich so mit Subhash mit. "Sie hatte ihn in seinem eigenen Netz gefangen" (S. 130). Wieder schafft es die Autorin mit nur ganz wenigen Worten die Gefühle auf den Punkt zu bringen.


    Ich gebe zu, bei mir flossen die ersten Tränen, obwohl die Beziehung von Anfang an zum Scheitern verurteilt war und wahrscheinlich keine Zukunft gehabt hätte. Sie ist in dem Moment beendet, als Subhash auch in der Zweisamkeit an Joshua denkt.


    Ob er nach Udayans Tod zu seinen Eltern zurückkehrt? So pflichtbewusst wie er ist, kann ich es mir vorstellen.


    Ein tolles Buch.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mich macht die Beschreibung der Menschen ganz fassungslos und traurig. Alle sind sie so einsam, in sich gefangen.

    Als hätten sie verlernt, auf den richtigen Wellenlängen zu senden. Bei den Eltern ist sicher die Tradition ein Grund für ihr distanziertes Verhalten.


    Die einzige Beziehung, die den Namen verdient, ist die der Brüder - aber die besteht tatsächlich auch schon lange nicht mehr. Udayans Verstrickung in die Widerstandsbewegung hat die zwei voneinander entfernt, noch bevor Subhash nach Amerika ging.

    Jedenfalls habe ich das so empfunden.

  • Womit ich die meisten Schwierigkeiten habe, sind die Eltern der Jungs. Es ist für mich sehr fremd, diese doch sehr distanzierte Haltung und dann doch alles bestimmen wollen. Bis zur Wahl der Ehepartnerin.

    Ich weiß wohl, dass es die traditionelle Haltung war - und wie schwer es Schwiegertöchter hatten und haben.

    Trotzdem gruselt es mich, wenn ich von den beiden lese.

    Ich finde es sehr befremdlich, dass Subash selbst in Amerika nicht in Frage stellt, dass seine Eltern seine Ehefrau aussuchen, selbst in seiner Beziehung zu Holly sind seine Eltern immer mit im Hinterkopf.

  • Die Maßstäbe für sein Handeln bezieht er immer noch aus seiner Herkunftskultur. Da hat seine neue Umgebung bisher höchstens dran kratzen können.

    Das wird hier schön beschrieben und ich finde es auch gar nicht so erstaunlich. Es gibt ihm vermutlich eine gewissen Sicherheit.

    Ich finde, Lahiri bringt hier auf ganz einfache und klare Weise die Schwierigkeiten auf den Punkt, die das Leben in einer neuen, völlig anderen Kultur für Einwanderer/Migranten mit sich bringt. Es gelingt den Wenigsten, die eigenen Wurzeln und anerzogenen Ansichten abzustreifen und sich für die andere Welt auf Anhieb zu öffnen. Das ist ein Prozess, der langwierig ist und der, meiner Meinung nach, nur gelingen kann, wenn auch die "neue Welt" dem positiv gegenübersteht.

  • Es ist auch ein verbreitetes Phänomen, dass Einwanderer im fremden Land gerne zusammenglucken. Ich finde das immer wieder erstaunlich - besonders wenn man gerne und freiwillig ausgewandert ist.

    Viele Deutsche zB in Frankreich bewegen sich in geschlossenen Kreisen von anderen Deutschen und ähnliches habe ich schon von Holländern beobachtet.

    Das geht so weit, dass sie nach Jahren im Land die Sprache fast nicht sprechen.

  • Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Idee halten soll, dass er nun also Gauri heiratet und sie als Ehefrau mit nach Amerika nimmt. Für Gauri und das Kind scheint es eine gute Lösung zu sein. Bei den Schwiegereltern ist sie nicht willkommen, sie würde dort nur wie ein störender Fremdkörper behandelt werden. Und das Kind hätte die Chance mit einem Vater aufzuwachsen. Aber ob es für Subhash wirklich eine gute Lösung ist? Er muss doch davon ausgehen, dass Gauri ihn immer mit seinem verstorbenen Bruder vergleichen wird, den sie wohl wirklich geliebt hat. Ich sehe da schon einige Probleme auf Subhash zukommen. Ich glaube, er stellt sich das zu einfach vor.

    Ich weiß auch nicht, ob es eine gute Lösung ist, aber es ist im Moment der einzige Weg, den ich sehe, dass Gauri ihr und Udayans Kind großziehen kann. Außerdem denke ich, dass die Polizei Gauri nicht in Ruhe lassen wird. Subhashs Handeln zeigt Verantwrtungsbewusstsein. Außerdem hat er sich in Gauri verliebt. Einfach wird es bestimmt nicht. Ich habe aber das Gefühl, egal, welchen Weg er einschlägt, es wäre nie einfach für ihn.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Subhash hängt in den USA doch sehr zwischen den Welten. Er hätte ein wenig mehr Unterstützung und Ansprache brauchen können. Immerhin war die Sprache kein Problem.

    Ich finde, dass die Autorin Subhashs innere Einsamkeit sehr gut beschreibt. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Migranten so geht. Der Spagat zwischen so unterschiedlichen Kulturen und Traditionen ist immens. Sehr gut schildert sie auch, dass Subhashs Erziehung tief in ihm verwurzelt ist, egal, wie weit entfernt die Eltern sind. Mit Gauri holt er sich ein Stück Heimat und Familie nach Amerika.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Womit ich die meisten Schwierigkeiten habe, sind die Eltern der Jungs. Es ist für mich sehr fremd, diese doch sehr distanzierte Haltung und dann doch alles bestimmen wollen. Bis zur Wahl der Ehepartnerin.

    Ich weiß wohl, dass es die traditionelle Haltung war - und wie schwer es Schwiegertöchter hatten und haben.

    Trotzdem gruselt es mich, wenn ich von den beiden lese.

    Da stimme ich dir voll und ganz zu. Ich hätte mit dieser versteinerten Haltung ncht gerechnet. Gerade weil Subhash ja in ihren Augen alles richtig macht. So treiben sie ihn nur auch noch aus dem Haus.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Es ist auch ein verbreitetes Phänomen, dass Einwanderer im fremden Land gerne zusammenglucken. Ich finde das immer wieder erstaunlich - besonders wenn man gerne und freiwillig ausgewandert ist.

    Viele Deutsche zB in Frankreich bewegen sich in geschlossenen Kreisen von anderen Deutschen und ähnliches habe ich schon von Holländern beobachtet.

    Das geht so weit, dass sie nach Jahren im Land die Sprache fast nicht sprechen.

    Wir besuchen gerade Freunde von uns in Tschechien und erleben das auch. Wir haben gestern lange darüber diskutiert. Die Firma versorgt die deutschen Mitarbeiter mit allem, was man im Leben braucht. Schulen, Kindergärten, Ärzte, alles Deutsche. Im Viertel fast nur Deutsche bzw. Schweizer. Er braucht auch beruflich kein Tschechisch, da eh alles auf Englisch stattfindet, auch in Deutschland bei dieser Firma. Sie versucht Tschechisch zu lernen, die Sprache ist aber wohl sehr schwer. Für das Wichtigste im Alltag reicht es. In Prag kommt man natürlich überall mit Englisch durch.

    Nein, das ist es wirklich nicht. Deshalb finde ich es so unfair, wenn man das Migranten hier vorwirft.

    :write

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin