'Clockwork Orange' - Teil 3

  • Das Ende war (für mich) sehr überraschend. Ich hatte völlige Hoffnungslosigkeit erwartet und bin nun von diesem optimistischen Ende sehr angetan. Für mich kann ich sagen, dass mich das Ende mit dem Einstieg versöhnt hat. :)


    Alex ist deprogrammiert, fällt wieder in alte Verhaltensmuster zurück, hat aber nun einen Job, der ihm offenbar auch Freude macht und kommt zu dem Schluss, dass es mehr im Leben geben muss, als Leute zu vermöbeln.:freude

  • Mit Hinblick auf dieses Ende ist es noch viel interessanter, dass die amerikanische Version bis 1986 nur bis Kapitel 20 ging und die Verfilmung daher auch nur bis Kapitel 20,während die weltweit anderen Verlage alle 21 Kapitel veröffentlicht haben. Dadurch wird das Buch ja fundamental verändert.


    In seiner Vollständigkeit ist es ein sehr wichtiges, interessantes Buch. Ich würde längst nicht sagen eines, welches gut unterhält, aber darum geht es Burgess ja sicherlich auch nicht.

  • Das Ende war (für mich) sehr überraschend. Ich hatte völlige Hoffnungslosigkeit erwartet und bin nun von diesem optimistischen Ende sehr angetan. Für mich kann ich sagen, dass mich das Ende mit dem Einstieg versöhnt hat.

    Gerade das Ende stört mich.

    Alex sinniert so reflektiert über sein bisheriges Leben, dass es für mich einfach nicht passt, nicht in dem Sinn, wie ich das Buch gelesen habe.

    Er sieht Pete mit seiner Freundin und der Aussicht auf Ehe und denkt sich: Na, ob das nicht auch etwas für mich wäre, so ein heiles Leben.

    Er hat so plötzlich keine Lust mehr auf das Herumziehen, die ganze Sinnlosigkeit, dass es nach meinem Empfinden eine Bruch darstellt, eine bewusste Entscheidung, zu der er ja nach der sturzbedingten Umkehrung seiner Konditionierung wieder fähig ist, eine Entscheidung, sein Leben zu ändern. Wieso sollte er darauf kommen? Einfach so? Weil es gerade dran und die Zeit reif dazu ist? Oder ist das Ende eine Satire?

    Alles in allem für mich unglaubwürdig, und ich hab mich geärgert.:rolleyes


    Alex ist deprogrammiert, fällt wieder in alte Verhaltensmuster zurück, hat aber nun einen Job, der ihm offenbar auch Freude macht und kommt zu dem Schluss, dass es mehr im Leben geben muss, als Leute zu vermöbeln.

    Das Selbe wie oben: ist das so?

    Für mich passt das alles nicht zusammen. Entwicklung verläuft nur selten in solchen abrupten Sprüngen.

  • Mit Hinblick auf dieses Ende ist es noch viel interessanter, dass die amerikanische Version bis 1986 nur bis Kapitel 20 ging und die Verfilmung daher auch nur bis Kapitel 20,während die weltweit anderen Verlage alle 21 Kapitel veröffentlicht haben. Dadurch wird das Buch ja fundamental verändert.

    Weiß du auch, warum das 21 Kapitel, dieses Ende, später hinzugefügt wurde? Das verändert die Aussage des Buches erheblich.

    So kann man die alte Fassung als Kritik an jeglicher Manipulation verstehen, als Aufschrei gegen die dargestellte Gehirnwäsche und Mahnung, welche Möglichkeiten es schon gäbe und was sie mit dem Individuum anrichten würden.

    Der erweiterte Roman hat für mich dann eher den Beigeschmack des flachen "Jeder kann sich bessern".

  • Erschreckend und vielleicht im ganzen Roman am schlimmsten fand ich, dass Alex gerade vom Autor von "Clockwork Orange" aufgenommen wird, dessen Frau, die Alex mit vergewaltigt hat, inzwischen nicht mehr lebt und der ihn versorgt, rettet. Hier kommt es zur Instrumentalisierung des Konditionierten, also einer doppelten Instrumentalisierung. Das arme Opfer des Systems, schaut her, und wir benutzen es gleich mal für unsere Kampagne und unseren Kampf gegen die Regierung. das finde ich erschreckend!


    Alex wählt den einzigen Ausweg, den er noch sieht und begeht Suizid, und nicht mal der gelingt ihm.

    Was folgt, ist schon beinahe grotesk. Alles kann wie vorher sein, und er sahnt auch noch ab, lässt sich sein Schweigen oder Stillhalten kaufen.

  • Burgess waren die 21 Kapitel wichtig, die Auslegung auf 3x3 sowie das mündige Alter 21 sei durch den hohen Symbolgehalt absichtlich gewählt worden. Dem amerikanischen Verlag hat das letzte Kapitel allerdings nicht gefallen. Im Vorwort sagt Burgess noch sehr deutlich, er habe nur zugestimmt da er das Geld brauchte, der Verlag hätte es sonst nicht veröffentlicht. Im Nachwort der 1986er Ausgabe steht vom Verleger, dass die Erinnerungen vom Verlag und Autoren, ob die Kürzung ein Vorschlag oder eine Auflage war unterschiedlich sind.


    Das gesamte Vorwort vom Autoren ist in der Kindle Leseprobe enthalten. Ich habe die 1986er Ausgabe für 5.99 gelesen.

  • Das habe ich anders verstanden. Ich denke, er hat tatsächlich eine Entwicklung durchgemacht. Immerhin vergehen deutlich mehr als zwei Jahre im Verlauf der Geschichte. Anfangs ist er noch 15, am Ende 18. Und zum letzten Kapitel (ich meine jetzt 21) ist ein deutlicher Zeitsprung. Deshalb empfand ich das gar nicht so sprunghaft.

    Bevor er Pete trifft, wird ihm ja schon klar, dass ihn die Abende mit den neuen Droogs anöden weil er sich im Grunde weiterentwickelt hat. Pete zeigt ihm in meinen Augen nur eine (von ganz vielen) Möglichkeit der Weiterentwicklung auf.

    Für mich ist das ein klassischer Bildungsroman, was mich wirklich überrascht hat.

  • Das habe ich anders verstanden. Ich denke, er hat tatsächlich eine Entwicklung durchgemacht. Immerhin vergehen deutlich mehr als zwei Jahre im Verlauf der Geschichte. Anfangs ist er noch 15, am Ende 18. Und zum letzten Kapitel (ich meine jetzt 21) ist ein deutlicher Zeitsprung. Deshalb empfand ich das gar nicht so sprunghaft.

    Bevor er Pete trifft, wird ihm ja schon klar, dass ihn die Abende mit den neuen Droogs anöden weil er sich im Grunde weiterentwickelt hat. Pete zeigt ihm in meinen Augen nur eine (von ganz vielen) Möglichkeit der Weiterentwicklung auf.

    Für mich ist das ein klassischer Bildungsroman, was mich wirklich überrascht hat.

    Da kannst du Recht haben. Gedanklich bin ich noch lange nicht fertig mit dem Roman, obwohl ich ihn schnell ausgelesen hatte.

    Man merkt eine Art Überdruss bei Alex, so als ob ihm alles, was er früher mit so viel Spannung unternahm, fade und lasch geworden wäre. In diesem Sinn haben die Obrigen doch noch das erreicht, was sie mit Alex' Konditionierung erzielen wollten, ganz ohne Gewalt, nur mit einfacher Weiterentwicklung vom Teenager zum Erwachsenen.


    Ich hatte etwas ganz anderes von diesem Roman erwartet, mehr, weiß nicht, Rock:gruebel. Bildungsroman:gruebel

  • Das Ende stört mich auch sehr, ich kaufe Alex diese komplette Wandlung auch nicht ab.

    Ich weiß nicht, mir ist es zu einfach, dass er scheinbar den Sünden seiner Jugend entwachsen ist und sich anderen Zielen zuwendet. Ich weiß schon, dass es im Leben wirklich oft so ist, aber nach allem, was er durchgemacht hat und wie wir ihn im Roman kennengelernt haben, scheint mir dieser "normale" Wandel dann doch etwas zu schlicht.

  • Ich denke, ein Wandel, wie Alex ihn am Ende durchmacht, braucht irgendwie einen positiven Anstoß aus dem Umfeld, den sehe ich so gar nicht, von den Eltern wurde er quasi verraten und im Stich gelassen, von allen Anderen nach der Haft nur benutzt und da soll er so ganz von selbst auf die Idee kommen, dass ein normales, bürgerliches Leben etwas Tolles ist?

  • Ich denke, ein Wandel, wie Alex ihn am Ende durchmacht, braucht irgendwie einen positiven Anstoß aus dem Umfeld, den sehe ich so gar nicht, von den Eltern wurde er quasi verraten und im Stich gelassen, von allen Anderen nach der Haft nur benutzt und da soll er so ganz von selbst auf die Idee kommen, dass ein normales, bürgerliches Leben etwas Tolles ist?

    Genau das meine ich auch. Mir fehlt da der Auslöser. So, wie der Verlauf hier ist, finde ich die Geschichte nicht glaubwürdig und stimmig, leider.

  • Ich finde es sehr spannend, wie unterschiedlich wir das Ende des Buches aufnehmen. :gruebel


    Für mich liegt der von euch genannte Anstoß für Alex in seinem Suizidversuch mit der "Deprogrammierung". Das sehe ich als die Zäsur in seinem Leben. Zusätzlich zu seinem Älterwerden.


    Was mir nicht klar geworden ist:

    Ist die Deprogrammierung (mir fehlt ein besseres Wort) eine unmittelbare Folge des Sturzes (Gehirnerschütterung oder ähnliches) oder sind ihm als Folge des Suizidversuches im Krankenhaus Medikamente verabreicht worden, die die Deprogrammierung ausgelöst haben (weil ein Suizidversuch peinlich für die Befürworter des Programms ist)?

  • Für mich liegt der von euch genannte Anstoß für Alex in seinem Suizidversuch mit der "Deprogrammierung". Das sehe ich als die Zäsur in seinem Leben. Zusätzlich zu seinem Älterwerden.

    Seine üblen Angewohnheiten und der Drang, um die Häuser zu ziehen, sind aber nach seinem Sturz wieder da. Somit hat diese Deprogrammierung für mich nichts mit seinem späteren Sinneswandel zu tun.

    Ist die Deprogrammierung (mir fehlt ein besseres Wort) eine unmittelbare Folge des Sturzes (Gehirnerschütterung oder ähnliches)

    Der Sturz hat ihn fast das Leben gekostet, war ja auch der eigentliche Sinn des Ganzen. Ich denke, dass sein Gehirn durch das erlittene Trauma die Konditionierung "vergessen" hat. Wer weiß, welche Synapsen da kaputt gegangen sind...


    (weil ein Suizidversuch peinlich für die Befürworter des Programms ist)?

    Das auf jeden Fall. Sie bestechen ihn ja sogar, damit nichts nach Außen dringt. Die Gewalt sollte ihnen ausgetrieben werden. Sie sollten nicht komplett den Willen zum Leben, zum Weiterleben verlieren.

  • Hm, interessant eure Meinungen zu lesen.


    Erst Mal bin ich froh, das Buch überhaupt zu Ende gelesen zu haben. Ohne die Leserunde wäre nach spätestens 10 Seiten Schluss gewesen. Weniger wegen der Gewaltszenen, die ich so garnicht brauche, aber mich auf dieses Nadsat einlassen zu müssen, ist mir arg schwer gefallen.


    Ich habe das Buch als gesellschaftskritisch empfunden, wie mit straffällig gewordenen Jugendlichen umgegangen wird, mentale Manipulation ohne Achtung von Persönlichkeitsrechten und dann im dritten Teil, wie verschiedene Gruppen versuchen den "behandelten" Alex für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.


    Den Menschen bzw. die Figur Alex wollte und konnte ich nicht an mich heranlassen. Das Ende hat mich jetzt nicht wirklich positiv gestimmt. Einerseits fand ich es ebenfalls überhaupt nicht stimmig, viel zu plötzlich, auch wenn das natürlich ein Reifungsprozess hat sein können, aber selbst wenn, ist mir Alex einfach zu fern um in irgendeiner Weise mit ihm zu fühlen. Vielleicht aus Selbstschutz, weil ich das sonst nicht hätte lesen können :gruebel.


    Wie genau definiert sich ein Bildungsroman? Das müsste ich erstmal googeln :grin.


    Ich froh, dass es rum ist 8).


    Clare ich musste nicht zurückblättern, sondern konnte die noch einmal auftretenden Opfer noch relativ gut zuordnen - sehr zu meiner eigenen Verblüffung.

  • Ich habe das Buch als gesellschaftskritisch empfunden, wie mit straffällig gewordenen Jugendlichen umgegangen wird, mentale Manipulation ohne Achtung von Persönlichkeitsrechten und dann im dritten Teil, wie verschiedene Gruppen versuchen den "behandelten" Alex für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

    Gut zusammengefasst! So sehe ich das auch.


    Den Menschen bzw. die Figur Alex wollte und konnte ich nicht an mich heranlassen. Das Ende hat mich jetzt nicht wirklich positiv gestimmt. Einerseits fand ich es ebenfalls überhaupt nicht stimmig, viel zu plötzlich, auch wenn das natürlich ein Reifungsprozess hat sein können, aber selbst wenn, ist mir Alex einfach zu fern um in irgendeiner Weise mit ihm zu fühlen. Vielleicht aus Selbstschutz, weil ich das sonst nicht hätte lesen können .

    Ich denke, er sollte uns auch gar nicht so nah kommen. Alles an ihm, seinen Erzählungen, seinen Handlungen und nicht zuletzt seiner Sprache hält den Leser auf Distanz.

    Er ist nicht gerade ein Zeitgenosse, der unser Mitleid anregt.


    Mir taten zum Teil seine Eltern Leid. Gut, sie haben sein Zimmer vermietet, was ich vielleicht nicht getan hätte, aber das Zimmer war leer, nichts von ihm mehr da auf Jahre und das Geld brauchten sie auch. Davon, wie er vor seiner Verhaftung mit ihnen umgesprungen ist ganz zu schweigen...Schwierig, hier eindeutig Partei zu ergreifen.

  • Mir taten zum Teil seine Eltern Leid. Gut, sie haben sein Zimmer vermietet, was ich vielleicht nicht getan hätte, aber das Zimmer war leer, nichts von ihm mehr da auf Jahre und das Geld brauchten sie auch. Davon, wie er vor seiner Verhaftung mit ihnen umgesprungen ist ganz zu schweigen...Schwierig, hier eindeutig Partei zu ergreifen.

    Die Eltern habe ich als sehr merkwürdig empfunden Sie waren irgendwie so luschig, vom Typus her das, was man in der Gang-Sprache als Opfer bezeichnen würde, zumindest in meiner Vorstellung (ich kenn mich da ja nicht besonders aus). Vielleicht sind sie ja auch mit der Zeit so geworden. Ein Kind wie Alex groß zu ziehen, wer weiß wie lange er schon auf diesem Gewalttrip ist, muss die Hölle auf Erden sein.


    Aber wenn ich so drüber nachdenke, scheinen mir alle Figuren Kunstfiguren zu sein, die keine Nähe hervorrufen wollen/sollen.

  • Die Eltern habe ich als sehr merkwürdig empfunden Sie waren irgendwie so luschig, vom Typus her das, was man in der Gang-Sprache als Opfer bezeichnen würde, zumindest in meiner Vorstellung (ich kenn mich da ja nicht besonders aus).

    Sie eignen sich gut zum Opfer. Ich musste an alte Mütterchen und Väterchen in manchem russischen Roman denken, immer am schuften für die Kinder und weil es halt so ist, immer am Ducken vor Obrigkeit und Leben


    Aber wenn ich so drüber nachdenke, scheinen mir alle Figuren Kunstfiguren zu sein, die keine Nähe hervorrufen wollen/sollen.

    Da kannst du Recht haben. Jede Figur spielt eine bestimmt, ihr zugewiesene Rolle, wobei sie irgendwie alle Stereotype sind.