Ingo Schulze - Die rechtschaffenen Mörder

  • Titel: Die rechtschaffenen Mörder

    Autor: Ingo Schulze

    Verlag: S. Fischer

    Erschienen: März 2020

    Seitenzahl: 320

    ISBN-10: 3103900015

    ISBN-13: 978-3103900019

    Preis: 21.00 EUR


    Das sagt der Klappentext:

    Norbert Paulini ist ein hoch geachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Über vierzig Jahre lang durchlebt er Höhen und Tiefen. Auch als sich die Zeiten ändern, die Kunden ausbleiben und das Internet ihm Konkurrenz macht, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Mensch vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Die Geschichte nimmt eine virtuose Volte: Ist Paulini eine tragische Figur oder ein Mörder?


    Der Autor:

    Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren und lebt in Berlin. Nach dem Studium der klassischen Philologie in Jena arbeitete er zunächst als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. Bereits sein erstes Buch »33 Augenblicke des Glücks«, 1995 erschienen, wurde sowohl von der Kritik als auch dem Publikum mit Begeisterung aufgenommen. »Simple Storys« (1998) wurde ein spektakulärer Erfolg und ist Schullektüre. Es folgten das Opus magnum »Neue Leben« (2005), die Erzählungen »Handy« (2007) und »Orangen und Engel« (2010) sowie die Romane »Adam und Evelyn« (2008) und »Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst« (2017), für den Ingo Schulze mit dem Rheingau Literatur Preis ausgezeichnet wurde und der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand.


    Meine Leseeindrücke:

    Ein Roman über das Lesen, die Literatur und über einen der sich evtl. verrannt hat. Wenn ich ehrlich bin, so hat sich mir der tiefere Sinn dieses Romans nicht wirklich erschlossen. Das mag wohl daran liegen, das ich eher simpel strukturiert bin. In jedem Fall aber animiert dieses Buch zum Lesen. Viele Titel werden genannt die bei vielen sicher aus dem Blickfeld verschwunden sind. Aber für zeigt es auch: Bücher sind etwas Großartiges, sie sind in meinen Augen unverzichtbar – aber, das Leben spielt sich nicht nur in Büchern ab.

    Leider bleibt Ingo Schulze in vielem nur an der Oberfläche, oder taucht nicht sehr tief ein.

    Trotz allem ein sehr lesenswerter Roman, der aber durchaus noch Luft nach oben hat. 7 Eulenpunkte


    ASIN/ISBN: 3103900015

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Leiderbleibt Ingo Schulze in vielem nur an der Oberfläche, oder taucht nicht sehr tief ein.

    Das hat mich bei "Die rechtschaffenen Mörder" gerade angesprochen. Das öffnet gerade viel Potential zur Diskussion. Was gibt es Schöneres als einen Roman der zum Nachdenken anregt, unbequeme Fragen zur Diskussion stellt und Antworten nicht auf dem Silbertablett präsentiert.

    Viele Grüsse, Sequana :)


    Paris ist ein grosser Bibliothekssaal, der von der Seine durchströmt wird. (Walter Benjamin)

  • Das hat mich bei "Die rechtschaffenen Mörder" gerade angesprochen. Das öffnet gerade viel Potential zur Diskussion. Was gibt es Schöneres als einen Roman der zum Nachdenken anregt, unbequeme Fragen zur Diskussion stellt und Antworten nicht auf dem Silbertablett präsentiert.

    Ich erwarte keine Antworten auf dem Silbertablette, und ich bin durchaus in der Lage auch selbst nachzudenken (man mag es vielleicht gar nicht glauben) - aber wenn ich meine, der Autor hätte ein wenig mehr in die Tiefe gehen können, dann hätte er viele Probleme hinter anderen Problemen nicht aussparen sollen - er hat diese sehr komplexe Materie wohl ein wenig unterschätzt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • „Im Dresdner Stadtteil Blasewitz lebte einst ein Antiquar, der wegen seiner Bücher, seiner Kenntnisse und seiner geringen Neigung, sich von den Erwartungen seiner Zeit beeindrucken zu lassen, einen unvergleichlichen Ruf genoss.“


    Was für ein Einstieg! Fast wie der Beginn eines Märchens mutet der erste Blick auf Norbert Paulini, der hier gemeint ist, an, doch der Roman verliert nach einiger Zeit seine märchenhafte Erzählweise und so, wie sich Paulini im Laufe seines Lebens vom realitätsfernen Träumer zu einem desillusionierten und vom Leben enttäuschten Menschen verwandelt, gleicht sich auch die Sprache an eine neue Zeit an.

    Die neue Zeit beginnt für Paulini mit den neuen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen nach der Wende. Bis dahin lebt er ein abgeschiedenes Leben in seinem Antiquariat. Schon als Kind hatte er beschlossen, „Leser“ zu werden und so ist der Handel mit antiquarischen Büchern für den erwachsenen Paulini genau sein Metier.


    Es sind einige wenige Erzähler, die von ihrer Sicht auf die Hauptfigur berichten, und so lernt man ihn dadurch ausschließlich durch deren Beobachtungen kennen, was eine gewisse Distanz schafft und nur an der Oberfläche seiner Persönlichkeit kratzt . Paulinis Gedankenwelt erschließt sich nur indirekt, seine Emotionen bleiben ein Rätsel. Obwohl er von verschiedenen Seiten gesehen und geschildert wird, so ist der Eindruck aller bis weit in die Mitte des Buches ähnlich und vermittelt uns als Lesern einen Menschen, der für seine Bücher lebt und vom An- und Verkauf derselben leben kann. Paulini verweigert sich auf eine gewisse Art und Weise der Realität, enthält sich politisch und lebt für seine Kunden, für die er die richtigen Bücher beschafft oder empfiehlt. Als sich nach der Wende die finanziellen Verhältnisse ändern, die Kunden weniger werden, und er gezwungen ist, mit einer anderen Tätigkeit Geld zu verdienen, scheint er nach und nach aufzuwachen. Gegen Ende steht die Frage nach Mord im Raum und der Mensch, den wir meinten zu kennen, scheint nicht mehr derselbe zu sein.


    Das Buch hat mir mit seinen etwas altmodisch anmutenden Bildern und der aus der Zeit gefallenen Sprache gut gefallen. Wer Literatur liebt und in diesem Fall besonders die klassische Literatur, der wird dieses Buch noch besser verstehen – den Menschen Paulini zu verstehen, das ist eine Aufgabe, die Ingo Schulze allen Lesern seines Romans aufgibt.

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Wenn Bücher dein Leben bestimmen...


    In der Literatursendung "Buchzeit" wurde dieser Roman besprochen und man war sich nicht ganz sicher über die Qualität des Werkes, weshalb direkt meine Neugier geweckt war.


    In der Geschichte geht es um Norbert Paulini, der bereits als Kind auf Büchern schlief und seiner verstorbenen Mutter nacheifert und Antiquar wird. Aus nah und fern strömen sie zu ihm, um Bücher zu erwerben. Doch dann kommt die Wende und es geht bergab. Wirklich? Was wird ihm die neue Zeit bringen? Und vor allem: kann er der ewige Leser bleiben?


    Der Roman besticht durch eine unglaublich angenehme Sprache, die mich direkt für das Buch eingenommen hat. Es fällt mir schwer dies genau zu beschreiben. Letztendlich spürt man die Liebe zu Büchern und Literatur in jeder Zeile.


    Das Ungewöhnliche hier ist wohl, dass uns die Handlung über eine Figur des Buches nahe gebracht wird, die jedoch nur eine kleine Rolle im Geschehen einnimmt und eher beobachtet als selbst agiert. So als würde ein Stasimitarbeiter über die Jahre unseren Antiquar beobachten und dessen Leben durchleuchten.


    Auch wenn viele Paulini als einen Antihelden wahrnehmen, so empfand ich ihn als liebenswerten Büchernarren, der mir nicht unähnlich ist. Für ihn stehen Geschichten, allen voran die Klassiker, an erster Stelle und das Lesen bestimmt seinen Alltag. Verwundern tut einen dies nicht, schließlich ist er quasi im Büchermeer aufgewachsen. Ich habe ihn als einen durchschnittlichen Menschen wahrgenommen, der in seiner Leidenschaft zu Büchern erst so richtig aufgeht.

    Der Titel des Romans erschließt sich erst auf den letzten vierzig Seiten und während der Lektüre fragt man sich natürlich dauernd, wo denn da ein Mörder auftauchen soll. Eine Auflösung gibt es nicht, da muss sich jeder Leser seine eigenen Gedanken machen.


    Aus dem Lesefluss gebracht hat mich, als wir von Paulini zum Erzähler Schultze umschwenken. Die Einteilung in Kapitel ist plötzlich verschwunden und die eigentliche Geschichte wird mitten im Satz unterbrochen. Auch dies erschließt sich erst im Verlauf der weiteren Handlung.


    Fazit: Ein kontroverser Roman, aus dem die Liebe zur Literatur spricht und der mich auf weiter Strecke unfassbar gut unterhalten hat. Ungewöhnlich, anspruchsvoll und mal was anderes. Also langt zu und steckt eure Nasen in dieses Buch!


    Bewertung: 8/ 10 Eulenpunkten