'Der Himmel über Amerika - Leahs Traum' - Seiten 092 - 174

  • Dadurch, dass die Amish ihre Kinder immer so kurz halten, sind die natürlich von manchem echt überfordert. Ich frage mich, wie stark Leah sein wird, wenn es mit Richard Probleme gibt. Und die sind programmiert. Seine Mutter z.B. finde ich seltsam. Die nimmt Leah gar nicht als vollwertig wahr. Und die Oberflächlichkeit von Lillian ist schon auch ein Sinnbild für die Gesellschaft, in der sie sich bewegt. Das ist doch eigentlich nichts für Leah. Ich kann mir sie nicht in dieser Familie vorstellen. Aber ich finde es gut, dass sie sich entschlossen hat, das selber alles zu entscheiden. Dass sie sich so gegen ihren Vater durchsetzt finde ich bewundernswert. Für mich wäre es fürchterlich, wenn ich meine ganze Familie so "verlieren" würde. Da würde auch die große Liebe zu einem Mann nicht ewig helfen.


    Sich so entscheiden zu müssen finde ich fruchtbar. Das ist Richard wohl gar nicht so klar, wass sie alles für ihn aufgibt.


    Das erste Kinoerlebnis fand ich auch lustig zu lesen. War das ein Charlie Chaplin Film, den sie da gesehen hat? Und dass sie es nicht amüsant fand, dass man über dessen Schwierigkeiten gelacht hat, sagt einiges über Leah und einiges über Amish. Wie auch ihre Reaktion auf den Bettler oder wenn sie den Butler freundlich behandelt.

    (Ein wenig musste ich an Pretty Woman denken. :) Nur dass Richard nicht Richard Gere ist - leider. ;))

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ja, so ein "entweder-oder" ist schon heftig.


    Wobei es natürlich auch irgendwie erschwerend hinzu kommt, dass Leah gleich in der gehobenen Gesellschaft landet.

    Hier sind die Probleme tatsächlich stark vorprogrammiert.

    Und ob sie oder auch Richard stark genug ist/sind diese zu "packen"?

    Bzw. dafür Vieles aufzugeben?

    Das wage ich zu bezweifeln..............


    Zudem Leah natürlich auch die Oberflächlichkeit in dieser Gesellschaft deutlich bewusst wird.

    Und dadurch das "Anderssein" zu ihrem Leben, ihrer Glaubensgemeinschaft.

  • Das erste Kinoerlebnis fand ich auch lustig zu lesen. War das ein Charlie Chaplin Film, den sie da gesehen hat? Und dass sie es nicht amüsant fand, dass man über dessen Schwierigkeiten gelacht hat, sagt einiges über Leah und einiges über Amish. Wie auch ihre Reaktion auf den Bettler oder wenn sie den Butler freundlich behandelt.

    (Ein wenig musste ich an Pretty Woman denken. :) Nur dass Richard nicht Richard Gere ist - leider. ;))

    Stimmt, das waren interessante Erlebnisse und Erfahrungen für Leah.


    Bis jetzt gibt es meiner Meinung nach aber nicht sooooo viel an Richard auszusetzen.

    Er verhält sich höflich und korrekt.

    Und versucht tatsächlich, Leah in seine Familie einzuführen.

    Aber da werden die Unterschiede natürlich sofort überdeutlich.

    Und für beide Seiten zum Problem.

  • Wobei es natürlich auch irgendwie erschwerend hinzu kommt, dass Leah gleich in der gehobenen Gesellschaft landet.

    Hier sind die Probleme tatsächlich stark vorprogrammiert.

    Ja, wenn sie jetzt zum Beispiel einen Handwerker kennen gelernt hätte, wäre manches einfacher geworden. Das stimmt schon.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ja, wenn sie jetzt zum Beispiel einen Handwerker kennen gelernt hätte, wäre manches einfacher geworden. Das stimmt schon.

    Handwerker hätte sie bei den Amish auch haben können ;) Aber Richard, das ist sicher so ein dramaturgischer Trick, dass es ausgerechnet ein Bürschchen aus der High Society sein muss. Aber natürlich kann man nur so die wirklichen Barrieren auch klar machen.

    Auch wenn Richard willens wäre, Leah so zu nehmen wie sie ist und ihm ihre Herkunft egal wäre, die Gesellschaft, von den Eltern mal ganz angesehen, würde das nie und nimmer dulden und die können ganz schon garstig sein, wenn da so eine hergelaufene Amish den Liebling der unverheirateten Töchter weg schnappt.

    Der Vater Richards, ist der überhaupt schon mal aufgetreten? Oder ist der nur am arbeiten?

    Egal, ich vermute mal, dass Leah genug Instinkt hat, sich aus dieser Situation wieder zu befreien. Aber wie sie zu ihrem Vater sagt, es ist ihre Entscheidung und ohne, dass sie es ausprobiert, kann sie auch keine richtige treffen. Finde ich gut, nur der Vater ist natürlich konsterniert, das hätte er von seiner braven und folgsamen Tochter wohl so nicht erwartet.

  • Der High Society Boy hat sich erst beim Schreiben so ergeben. Ursprünglich sollte sie sich einfach nur in einen Englischen verlieben, mit allen dazugehörigen Problemen. Das Richard zur Upper Class gehört, verschärft die Situation natürlich, aber Leah lernt dadurch auch etwas Wichtiges. ( Mehr sage ich jetzt aber nicht.)

  • Und dass sie es nicht amüsant fand, dass man über dessen Schwierigkeiten gelacht hat, sagt einiges über Leah und einiges über Amish.

    Ja, finde ich auch. Schadenfreude gilt bei den Amisch als völlig unangemessen. Man hilft, wenn jemand in Schwierigkeiten ist und lacht nicht darüber. Leah fehlt natürlich auch die Distanz zum Film, sie kennt so was ja gar nicht.

    Meine Kinder konnte, als sie klein waren, auch keine Filme oder Zeichentrickfilme gucken, wo jemandem weh getan wurde und das komisch sein sollte. ( So was wie Dick und Doof oder auch Tom und Jerry) Sie fanden das ganz schrecklich und demütigend.

  • Der High Society Boy hat sich erst beim Schreiben so ergeben. Ursprünglich sollte sie sich einfach nur in einen Englischen verlieben, mit allen dazugehörigen Problemen. Das Richard zur Upper Class gehört, verschärft die Situation natürlich, aber Leah lernt dadurch auch etwas Wichtiges. ( Mehr sage ich jetzt aber nicht.)

    Ich bin schon fast durch, was einerseits schade ist, andererseits für das Buch spricht. Weiß also, was auf sie zukommt.

  • Leahs Erfahrungen mit den Englischen zeigen natürlich auch die Extreme. Wenn Richard ein einfacher Geschäftsmann wäre, würden die Unterschiede vielleicht auch nicht so auffallen. Aber ich finde es gut, dass sie Kontra gibt, nicht nur bei ihrem Vater, sondern auch bei Isabell und anderen die irgendwelchen Blödsinn erzählen. Oft ist es ja nur Unwissenheit, aber Isabell hat wohl Konkurrenz erkannt.

    Richards Mutter ist wirklich seltsam, die scheint sehr in ihrer eigenen Welt zu leben. Und Vivian scheint sich daran zu amüsieren, wie Leah in Situationen, die für sie unangenehm sind, argumentiert. Bei ihr kann ich noch nicht mal sagen, ob ich sie mag.


    Ich denke die wenigsten Nicht-Amischen können sich den Zusammenhalt der Familien dort vorstellen. Und das das auch seine Vorteile hat. Natürlich werden die Kinder eingeengt, aber sie werden ja auch geliebt.


    Wobei das Fallenlassen derjenigen, die nicht tun was die Gemeinschaft oder die Eltern wollen am Ende das gleiche ist. So manch einer ist ja auch schon aus der Familie geworfen worden, weil er nicht die Vorstellungen der Eltern erfüllt hat. Nachdem Richard der einzige Sohn ist, glaube ich zwar nicht, dass sie ihn gleich rauswerfen, aber es wird sicher große Diskussionen geben. Und so nett Richard im Zusammensein mit Leah ist, mit seinen Eltern über diese Beziehung sprechen wird er nur, wenn er dazu gezwungen ist.

    Ich glaube ja nicht, dass Leah wirklich die Liebe seines Lebens ist. Sie ist eine Abwechslung, aber sie hat auch einen eigenen Kopf und der wird ihn auf Dauer vermutlich eher stören. Da ist mir Joshua schon lieber, der sie ermutigt herauszufinden, was sie will.

  • Ich denke die wenigsten Nicht-Amischen können sich den Zusammenhalt der Familien dort vorstellen. Und das das auch seine Vorteile hat. Natürlich werden die Kinder eingeengt, aber sie werden ja auch geliebt.

    Für manche ist es wahrscheinlich sogar die bessere Art zu leben.

    Kann ich mir auf jeden Fall auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die in dieser Art von Gemeinschaft glücklicher und "gesünder" leben können.

  • Sehr mutig von Leah sich weiterhin am Rumspringa festzuhalten, auch wenn ihr Vater der Meinung war, nun sei genug.
    Meiner Meinung nach ist Richard vor allem von Leahs „Anderssein“ fasziniert. Für ihn ist es eher eine Challenge, sie zu knacken mit ihrer Weltfremdheit und Schüchternheit. Ich hoffe nur, dass Leah dies rechtzeitig bemerkt.

  • Zu Leah und Richard sage ich hier natürlich nichts, aber ich find's nett, dass alle Joshua so mögen. :-)

    Also Joshua ist doch der Mann schlechthin. Den findet sicher jeder gut. Den hast Du sehr gut entworfen. So ein richtiger Womanizer, aber im positiven Sinn.

  • Wie sich Leah ihren Vater entgegengesetzt hat, hat mir auch imponiert.

    Der Vater sollte doch die Weisheit haben, daß es seine Entscheidung wäre, sie mit zurückzunehmen und nicht ihre eigene und was das dann für Folgen haben kann.

    Joshua hat das ja richtig erkannt. Sie muß sich die Zeit nemen, die sie benötigt und nicht drängen lassen.

    Vermutlich ist eher in der Hinsicht weiser, weil er eben selber bei den Englischen gelebt hat.

    Wir wissen ja nicht, wie Daves Rumspringa verlaufen ist - ob er das in seiner Jugend überhaupt ausgenutzt hat.


    Richard scheint doch ganz nett, nur empfinde ich ihn auch als ein wenig oberflächlich.

    Nicht so, wie seine Schwester - eher so, daß man bei ihm das Gefühl bekommt, daß er Problemen aus dem Weg geht, sobald sie auftretetn könten.

    Wenn er schon so wenig Interesse an Leahs Leben und Vergangenheit hat, hat er bestimmt "Angst" davor, zu hören, daß sie sich entscheiden muß. Sie hatte das ja mal anfangs erwähnt. Er würde das bestimmt nicht nachvollziehen können, denke ich .



    Grace ist immer noch meine Lieblingsprotagonistin, neben Leah. Und auch wenn Leah zurückkehren sollte, hoffe ich doch sehr, daß die Freundschaft bestehen bleiben kann und nicht die "Alten" bei den Amisch rumnörgeln.


    Ich kann mir allerdings auch vorstellen, daß sich durch den Kriegseintritt der Amerikaner einiges ändern wird und auch die Amisch nicht ganz davon verschont bleiben werden.

    Vielleicht nicht unbedingt, daß die Mäbnner gezwungen werden z8ur Waffe zu greifen, aber doch andere Dinge.

    Aber vielleicht mit dem Resultat, daß es etwas toleranter zugehen kann.


    Ich laß mich da mal überraschen.

  • Leah geht also erst einmal einkaufen. Wenn man die Preise von damals mit denen von heute vergleicht... Allerdings muß man wohl die Preise in Relation zum Einkommen setzen um zu sehen, ob die niedrig oder hoch sind.


    Schön beschrieben, wie Leah erste Erfahrungen mit der „Zivilisation“ macht, einer Rolltreppe etwa oder einer Straßenbahn, die wie von Geisterhand fährt.


    Die unterschiedliche Gesinnung kommt bei der Begegnung mit dem Bettler gut zum Ausdruck. Die Reaktion Richards entspricht der, die auch heute die verbreitete ist. Die Argumente, die er benutzt, hat schon Charles Dickens in seinem „A Christmas Carol“ fast wörtlich einem gewissen Ebeneezer Scrooge in den Mund gelegt. Die Frage ist natürlich, ob man etwa die Gesellschaft eines ganzen Landes so organisieren könnte wie die Amisch. Andererseits: wenn man es auf kleinere Einheiten herunterbricht - weshalb eigentlich nicht? Nur daß das mit dem herrschenden System und der verbreiteten Einstellung im Widerspruch steht.


    Irritiert hat mich, daß Richard noch nie von Jules Verne gehört hatte. Ist mit der Allgemeinbildung wohl doch nicht so weit her?! Im Kino wird so recht der Kulturunterschied deutlich: Leah findet die Wochenschau interessanter als den Hauptfilm, dessen Humor sie überhaupt nicht nachvollziehen kann.


    Bei der Einladung zum Empfang deuten sich weitere Probleme an: aus der Reaktion von Isabel schließe ich, daß die selbst an Richard interessiert ist und Leah als ernsthafte Konkurrentin wahrnimmt (was im Weiteren bestätigt wird). Nur daß sie wohl keine Chance bei Richard hat.


    Dann kommt es, wie es wohl kommen mußte: zum Bruch mit den Eltern, genauer mit dem Vater. Was für ein Unterschied zum ersten Daniel Hochreiter!


    Leah auf einem Ball, wer hätte das gedacht? Bei der Balleröffnung habe ich mich unwillkürlich gefragt, ob es solches damals wirklich gab? Wenn ich dann aber an die Amis denke - vermutlich schon. Das paßt. Leah gewinnt eine tiefe Einsicht (S. 144):

    Was waren das für Menschen, die nichts machten? Kein Land bestellten, kein Handwerk betrieben, nichts herstellten, sondern nur für das eigene Vergnügen lebten? Sie aßen, sie schliefen, sie pflanzten sich fort. Aber das tat auch ein Wurm.


    Dann wird Leah bewußt, daß Richard ein Firmenerbe ist. Spätestens da sollte ihr dämmern, daß es mehr als nur schwierig würde, würden sie zusammen bleiben. Auch wenn ihr das nicht bewußt ist, denke ich, daß das einen ersten Bruch darstellt. Es sollte mich sehr wundern, wenn aus den beiden ein Ehepaar würde - das paßt nicht. Und Richards Eltern dürften auch nicht begeistert sein. Von Leahs Eltern ganz zu schweigen. Am Ende des Abschnitts hat sich dieser Bruch für meine Begriffe manifestiert, auch wenn er beiden noch nicht bewußt ist.


    Einen wichtigen Gedanken findet man auf Seite 162:

    Wir glauben, daß wir die Gerechten sind, die im Licht leben. Doch das glauben andere von sich auch. Für sie sind wir die Ketzer. Woher wissen wir, dass nicht wir auf dem falschen Weg sind, sondern alle anderen? Ist es nicht selbstgerecht und eitel, zu denken, man sei alleine im Besitz der Wahrheit?

    Und nein, das hat ihr nicht der Teufel eingeflüstert. Im Angesicht der vielen Konfessionen und deren Denken und Handeln sind mir des Öfteren schon ganz ähnliche Gedanken gekommen. Wobei: wenn man heute in die Welt schaut, könnte man zu dem Schluß kommen, daß jede noch so kleine Gruppe mit noch so ... was-weiß-ich-für-Vorstellungen-und-Ideen davon ausgeht, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben und alle anderen zwingen will, sich selbiger anzuschließen. Es traut sich kaum noch jemand, eine andere Meinung als die der laut Schreienden zu äußern, geschweige denn zu vertreten. Toleranz wurde liqudiert.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")