Alena Schröder - Bei euch ist es immer so unheimlich still

  • Klappentext

    Ildingen, 1950er Jahre. Evelyn Borowski hat alles, was sie sich je erträumt hat: Ein Eigenheim mit Garten, einen fürsorglichen Mann und das lang erwartete Töchterchen Silvia. Trotzdem ist sie nicht glücklich: Sie vermisst ihren Beruf als Ärztin und fühlt sich fremd und allein in dieser süddeutschen Kleinstadt. Betti, Ihre Freundin und Schwägerin, ist unverheiratet und kümmert sich deshalb um die Eltern. Mit losem Mundwerk und rasantem Fahrstil sorgt sie für reichlich Ärger.

    1989, in Berlin liegt Aufbruch in der Luft. Silvia Borowski aber macht einen Schritt zurück. In einem geklauten Polo fährt sie Hals über Kopf Richtung Süden. Neben ihr die erst wenige Wochen alte Tochter Hannah. Was erwartet sie in ihrem Heimatort, aus dem Silvia vor vielen Jahren überstürzt geflohen ist? Ist sie stark genug, sich der Vergangenheit zu stellen?


    Über die Autorin

    Alena Schröder, geboren 1979, arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Sie hat Geschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik in Berlin und San Diego studiert und die Henri-Nannen-Schule besucht. Nach einigen Jahren in der ›Brigitte‹-Redaktion arbeitet sie heute frei u.a. als ›Brigitte‹-Kolumnistin.


    Mein persönliches Fazit

    Mir hat das erste Buch der Autorin unheimlich gut gefallen. Daher war ich sehr gespannt auf ihr neues Buch. Und sie mit mich wieder begeistern können. Ich mag ihren Stil, der so angenehm leicht zu lesen und dabei doch sehr feinfühlig ist. Alena Schröder transportiert mit dieser Art für mich sehr viele Emotionen. Mit jeder Figur konnte ich auf die eine oder andere Art mitfühlen und habe mich einfach mittendrin in dieser Geschichte gefühlt. Ich finde es wunderbar, welche Details mit eingearbeitet werden. Die Musik auf Rüdigers heimlicher Lieblingskasette hatte ich ständig im Ohr, die Kosmetik-Runde habe ich bildlich vor mir gesehen. Ich hatte das Gefühl, die Stille zu hören und den Staub zu riechen, habe Tante Betti mit ihrem roten Auto vor Augen gehabt. Überhaupt hatte ich sehr viel Kopfkino beim Lesen. Ich liebe das!


    Ja, man kann erahnen, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird und so richtig große Überraschungen gibt es nicht. Das tut für meinen Geschmack dem Gesamtpaket aber keinen Abbruch. Für mich ist es ein schöner Schmöker, der mir auch ans Herz gegangen ist und einfach nur Spaß gemacht zu lesen.


    ASIN/ISBN: 3423283394

  • Das erste Buch der Autorin (Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid) hatte mich begeistert und so habe ich das neue Buch der Autorin direkt gelesen.


    Wir landen in der süddeutschen Provinz in den 1950 Jahren und zur Zeit der Wende. Silvia lebte in Berlin und genoss es, dem Provinzmief entkommen zu sein, doch mit ihrer kleinen Tochter kehrt sie nochmal zurück in die alte Heimat und zu ihrer Mutter Evelyn. Es gab wenig Kontakt in den letzten Jahren und so gestaltet sich die Wiederannäherung holprig. Gleichzeitig wird in Rückblicken die Geschichte von Evelyn erzählt, die als junge Frau als Ärztin ihre Berufung gefunden hatte, aber unter den damaligen Rahmenbedingungen gelitten hatte.


    Die Geschichte wird ruhig erzählt, aber sie hat mich in ihren Bann gezogen. Ich habe mich beim Lesen in die jeweilige Zeit und Umgebung versetzt gefühlt und alle Personen direkt vor mir gesehen.

    Mir hat das Buch sehr gut gefallen (auch wenn ich das erste Buch der Autorin noch einen kleinen Tick besser in Erinnerung habe;))

  • Ich bin mit diesem Buch angefangen und weil es mich so begeistert hat, habe ich mir "Junge Frau...." gekauft um dann festzustellen, dass es eigentlich die Fortsetzung des 2. Romans ist. Weiß jemand, darum die Bücher in dieser Reihenfolge erschienen sind und nicht chronologisch?

  • Ich bin mit diesem Buch angefangen und weil es mich so begeistert hat, habe ich mir "Junge Frau...." gekauft um dann festzustellen, dass es eigentlich die Fortsetzung des 2. Romans ist. Weiß jemand, darum die Bücher in dieser Reihenfolge erschienen sind und nicht chronologisch?

    Ich hab auf Instagram bei pinkfish_royal ein Interview mit der Autorin angehört. Da meinte sie, dass ursprünglich kein weiterer Band nach "Junge Frau.. " geplant war, sondern was ganz anderes. Dann hätte sich erst später herausgestellt, dass die Personen noch mehr Story zu bieten hatten..

  • Ich hab auf Instagram bei pinkfish_royal ein Interview mit der Autorin angehört. Da meinte sie, dass ursprünglich kein weiterer Band nach "Junge Frau.. " geplant war, sondern was ganz anderes. Dann hätte sich erst später herausgestellt, dass die Personen noch mehr Story zu bieten hatten..

    Wenn man jemandem die Bücher empfehlen möchte, wäre es aber sinnvoll, mit "Bei euch ist es..." anzufangen, oder wie siehst du das? Ich habe bisher erst ein paar Seiten von "Junge Frau..." gelesen.

  • Ich bin mit diesem Buch angefangen und weil es mich so begeistert hat, habe ich mir "Junge Frau...." gekauft um dann festzustellen, dass es eigentlich die Fortsetzung des 2. Romans ist. Weiß jemand, darum die Bücher in dieser Reihenfolge erschienen sind und nicht chronologisch?

    Da schau an, das ist mir beim Lesen überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Wahrscheinlich, weil bei mir "Junge Frau..." schon ein paar Tage her ist, seit ich es gelesen habe.


    Ich hatte beim Nachfolger aber trotzdem nicht das Gefühl, dass mir etwas gefehlt hat und ich habe ehrlicherweise auch keinen Zusammenhang zwischen beiden Büchern hergestellt. Wahrscheinlich gibt es auch noch andere Dösels wie mich... Also würde ich nicht zwangsläufig die chronologische Reihenfolge empfehlen.

  • Da schau an, das ist mir beim Lesen überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Wahrscheinlich, weil bei mir "Junge Frau..." schon ein paar Tage her ist, seit ich es gelesen habe.


    Ich hatte beim Nachfolger aber trotzdem nicht das Gefühl, dass mir etwas gefehlt hat und ich habe ehrlicherweise auch keinen Zusammenhang zwischen beiden Büchern hergestellt. Wahrscheinlich gibt es auch noch andere Dösels wie mich... Also würde ich nicht zwangsläufig die chronologische Reihenfolge empfehlen.

    Ging mir auch so....:write

  • Da schau an, das ist mir beim Lesen überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Wahrscheinlich, weil bei mir "Junge Frau..." schon ein paar Tage her ist, seit ich es gelesen habe.


    Ich hatte beim Nachfolger aber trotzdem nicht das Gefühl, dass mir etwas gefehlt hat und ich habe ehrlicherweise auch keinen Zusammenhang zwischen beiden Büchern hergestellt. Wahrscheinlich gibt es auch noch andere Dösels wie mich... Also würde ich nicht zwangsläufig die chronologische Reihenfolge empfehlen.

    "Fehlen" kann einem ja bei dem 2. Buch nichts, weil es da ja keine Vorgeschichte gibt. Buch 1 ist ja die Fortsetzung ;)

  • Roma, da hast du natürlich recht und "fehlen" ist vielleicht auch das falsche für das, was ich meine. Was ich eigentlich sagen wollte: Für mich funktionieren beide Bücher auch einzeln sehr gut, weil die Schwerpunkte jeweils anders liegen und beide Geschichten in sich geschlossen sind. Ich habe nicht das Gefühl noch irgendwo lose Enden "rumliegen" zu haben.

  • Roma, da hast du natürlich recht und "fehlen" ist vielleicht auch das falsche für das, was ich meine. Was ich eigentlich sagen wollte: Für mich funktionieren beide Bücher auch einzeln sehr gut, weil die Schwerpunkte jeweils anders liegen und beide Geschichten in sich geschlossen sind. Ich habe nicht das Gefühl noch irgendwo lose Enden "rumliegen" zu haben.

    Da hast du recht, Nyx! Man kann die Bücher unabhängig voneinander lesen, verstehen und genießen :)

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Es geht weiter mit den Borowskis...


    Ohne den Hinweis meiner Bibliotheksleiterin wäre mir nie aufgefallen, dass es sich bei dem vorliegenden Buch um eine Art Fortsetzung bzw. Vorgeschichte zu "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" handelt. Ich habe lediglich dazu gegriffen, eben weil mir vorher genanntes Buch so gut gefallen hatte.


    Zunächst möchte ich die Covergestaltung loben. Man sieht auf den ersten Blick, dass es sich um ein Buch von Alena Schröder handelt. Der helle Hintergrund in Kombination mit den Vögeln und den Blüten verströmt eine gewisse Leichtigkeit.


    Dieses Mal geht es um Evelyn und ihre Tochter Silvia und wir wechseln zwischen den 50ern im ländlichen Ildingen und 1989 in Berlin und später auch in Ildingen. Ich mag es, dass hier zwei Perspektiven und Zeiten beleuchtet werden, denn das erhöht die Spannung, da meist der Break kommt, wenn es gerade richtig heiß hergeht. Zudem wird hier nochmal sehr klar, was von den Frauen der damaligen Zeit erwartet worden ist und dass man sich am besten Fall an die Rollenbilder der Gesellschaft hält und bloß nicht daraus ausbricht.


    Gut gefallen hat mir hier wieder mal, dass die Autorin den Fokus auf die weiblichen Figuren legt mit all ihren Problemen, Ängsten und Sorgen. Ich konnte mich in beide sehr gut einfühlen, auch wenn ich vielleicht Evelyns harte Art schon sehr anstrengend fand, aber sie ist nun mal eine Frau ihrer Zeit. Ich mochte sehr, dass es gerade bei ihr am Ende eine Entwicklung zum Positiven gibt.


    Der Knaller waren für mich die letzten hundert Seiten, denn was da noch alles aufgedeckt wird, das habe ich so nicht kommen sehen. Nachdem ich das Buch zugeklappt hatte, musste ich erstmal durchatmen.


    Fazit: Ein berührender Familienroman, der mich sehr gut unterhalten hat. Den kann man einfach nur empfehlen.


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Hier ist schweigen Silber und reden ist Gold!

    Die eben erst Mutter gewordene Silvia entschließt sich im Sommer 1989 zu einer Reise in den Süden, genauer gesagt in ihr ehemaliges Heimatdorf im Schwabenland. Der Enge des Dorfs hatte sie seinerzeit mit gerade mal 18 Jahren in Richtung Berlin verlassen und mit ihren Eltern gebrochen. Nun stellt sie fest, dass das Leben, das sie bis dahin geführt hat, sich mit ihrem eigenen Kind nicht mehr vereinbaren lässt. Enttäuscht, dass der Kindsvater so gar kein Interesse zeigt, sehnt sie sich jetzt nach Wärme und Verständnis von Evelyn, ihrer eigenen Mutter. Ihre Mutter jedoch hat selbst eine traumatische Vergangenheit hinter sich, denn auch in ihrem Leben entwickelte sich nichts so, wie sie es sich erträumte. Als studierte Medizinerin wird sie reduziert auf ein Leben als Hausfrau und Mutter in genannter schwäbischer Kleinstadt. Die engstirnigen fünfziger Jahre lassen grüßen. Nun müssen beide Frauen lernen, sich aufeinander einzulassen, auf einander zuzugehen und versuchen einander zu verstehen. Doch die Kunst der Kommunikation haben sie nie gelernt, so dass dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Oder schaffen sie es doch?

    Wie schon in ihrem Vorgängerband „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ präsentiert uns die Autorin Alena Schröder eine sehr feinfühlige Geschichte, die mit ihrer Eindringlichkeit die Herzen ihrer Leser für sich gewinnt. Die Charaktere sind vielschichtig dargestellt, hier gibt es kein simples Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. Beide Frauen gestehen sich schließlich ihre Stärken und Schwächen ein und ganz langsam scheint dadurch eine Annäherung möglich, was auch beim Leser das Verständnis für die Zwei wachsen lässt. Frau Schröder zeichnet ein realistisches Bild der jeweiligen Zeit und ließ mich dadurch vollkommen eintauchen in diese Geschichte. Für mich verdient sie dafür auf jeden Fall mit fünf Sternen die volle Punktzahl, die ich schon für den Vorgängerband vergeben habe. Beide Bücher sind unabhängig von einander zu lesen, wenn man jedoch den ersten Band kennt, klären sich manche Fragen auf und die losen Puzzlesteinchen setzen sich zu einem runden Ganzen zusammen. Absolute Leseempfehlung!!

  • Alena Schröder: Bei euch ist es immer so unheimlich still. Roman, München 2023, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-28339-7, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 334 Seiten, Format: 13,8 x 3,55 x 21,5 cm, EUR 24,00, Taschenbuch: ISBN 978-3-423-22070-5, EUR 14,00, Kindle: EUR 10,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Mama will nicht, dass ich ihr helfe“, hatte Silvia erwidert und dabei umständlich einen neuen Faden in ihre Sticknadel gefädelt. „Ich bin zu langsam. Und Mama ist nicht erschöpft, Mama ist traurig. Weil sie keine Ärztin mehr sein kann wegen mir.“ (Seite 159)


    Familiengeheimnisse – von der Nachkriegszeit bis zur Wende


    Geheimnisse gibt es in der Familie Borowski reichlich. Das eine oder andere wurde schon im Roman JUNGE FRAU, AM FENSTER STEHEND, ABENDLICHT, BLAUES KLEID aufgedeckt. Da ging es um Evelyn, die von ihrer Mutter Senta im Stich gelassen und von einer Tante aufgezogen wurde. Jetzt ist Evelyns Tochter Silvia an der Reihe, uns ihre Geheimnisse anzuvertrauen und gleich noch eines aus der Generation ihrer Eltern zu enthüllen.


    Bis wir Leser:innen über die folgenreichen Ereignisse aus der Vergangenheit im Bilde sind, springt die Geschichte kreuz und quer durch die Jahrzehnte – von der Nachkriegszeit bis zu Wende.


    Evelyn bleibt eine Fremde


    Ildingen, eine schwäbische Kleinstadt, in den 1950er-Jahren: Mit falschen Papieren ist die Internistin Evelyn nach dem Krieg nach Ildingen gekommen und hat dort alsbald in die Akademikerfamilie Borowski eingeheiratet. Den Einheimischen passt es natürlich nicht, dass sich ausgerechnet eine „Neigschmeckte“ von weiß-Gott-woher den begehrtesten Junggesellen schnappt, aber niemand traut sich, etwas gegen die einflussreichen Borowskis zu sagen.



    Die Ärztin wünscht sich sehnlichst ein Kind. Wer den ersten Band gelesen hat, fragt sich alarmiert WARUM? Sie ist kein bisschen mütterlicher als ihre eigene Mutter, und sie wird für ihr Kind ihren geliebten Beruf aufgeben müssen. Das ist eine Express-Fahrkarte in die Katastrophe!


    Wie die Mutter, so die Tochter


    1956 kommt Tochter Silvia zur Welt und die Geschichte wiederholt sich in leicht abgewandelter Form: Silvia ist ein kränkliches und schwaches Kind, das nicht essen oder trinken mag, ständig vor sich hin weint und sich vor allem möglichen fürchtet. Evelyn ist frustriert, weil sie als Hausfrau und Mutter keinerlei Erfolgserlebnisse hat. Sie vermisst schmerzlich die Anerkennung, die mit ihrem Beruf verbunden war.


    Das Ende vom Lied: Silvia wächst überwiegend bei den kinderreichen Nachbarn und bei Tante Betti auf und landet nach einem „Vorfall“ in einem Internat. Evelyn atmet auf. Endlich ist dieses Kind weg, und sie kann wieder im Krankenhaus arbeiten!


    Silvia wird „wegorganisiert“


    70er-Jahre: In den Ferien kommt Silvia zwar heim, aber da wird sie flugs zur Tante wegorganisiert.

    doch die Sache geht gründlich schief. Es kommt zu einem weiteren „Vorfall“, den Silvia, 15, nur knapp überlebt und eine ihr nahestehende Person gar nicht.


    Mit 16 packt Silvia Borowski ihre Sachen, verschwindet aus dem Internat und schlägt sich in verschiedenen Ländern mit Aushilfsjobs durch. 17 Jahre lang lässt sie nichts mehr von sich hören.


    Zurück in den Kleinstadtmief


    Berlin 1989: Silvia, inzwischen 33, jobbt sich immer noch durch, lebt in einer Hausbesetzer-WG und hat eine zwei Monate alte Tochter. Der Vater des Kindes ist über alle Berge. Bei der Partnerwahl hat sie noch nie ein glückliches Händchen gehabt! Irgendwann hat sie von allem die Nase voll, klaut einem Freund das Auto und fährt mit Hannah zu ihrer Mutter nach Ildingen.


    Evelyn, seit kurzem im Ruhestand, wirkt ähnlich verwahrlost wie ihr Haus und ihr Garten und ist nicht eben begeistert davon, dass die verlorene Tochter nebst Baby unangekündigt bei ihr auf der Matte steht. Silvia zieht mit ihrer Tochter dennoch in ihr altes Kinderzimmer. Zu dem längst fälligen offenen Gespräch zwischen Mutter und Tochter kommt es allerdings nie.


    Silvia nimmt Kontakt zu ein paar Leuten auf, die sie noch von früher kennt, aber die können ihre Fragen auch nicht beantworten. Zum Beispiel, warum Tante Betti nicht im Familiengrab beigesetzt wurde. Und wo sie stattdessen begraben liegt. Heimlich kramt Silvia in den Papieren ihrer Mutter und fördert recht verstörende Unterlagen zutage. Irgendwann wird Evelyn reden müssen …!


    Familie: lieblos und sprachlos


    Hier sind mehrere Generationen in Lieb- und Sprachlosigkeit aufgewachsen. Dazu kommen dann noch die Kriegsjahre, in denen alle möglichen Ungeheuerlichkeiten vorgefallen sind – und schon hat man ein undurchdringliches Dickicht an Familiengeheimnissen, Lügen und Vertuschungen. Wenn es wichtiger ist, was „die Leut‘“ denken als alles, was Menschen fühlen, wünschen oder sich erträumen, dann sind wir mitten im spießigen Kleinstadtmief, und daraus kann nichts Gutes erwachsen.


    Ich bin ungefähr in Silvias Alter, kenne diese Art von schwäbischem Kleinstadtkosmos und finde, die Autorin hat die Atmosphäre sehr gut getroffen. Wehe, es war jemand ein bisschen anders als die anderen!


    Es muss nicht immer Mord und Totschlag sein. Diese Geschichte bezieht ihre Spannung aus der Frage, wer hier was zu verbergen hat – und warum. Manches, was die Leute da veranstalten, um sich nur ja keine Blöße zu geben, lässt einen fassungslos zurück.


    Schaffen Borowskis die Wende?


    Ich vermute, dass die Autorin Silvias Rückkehr ins schwäbische Ildingen nicht zufällig ins Jahr 1989 gelegt hat. Vielleicht gibt’s nicht nur in Deutschland eine Wende, sondern auch in der Familie Borowski und es gelingt Silvia und Hannah, diese Kette aus Lieblosigkeit und Schweigen zu brechen. Ich würde es ihnen gönnen!


    Die Autorin


    Alena Schröder, geboren 1979, arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Sie hat Geschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik in Berlin und San Diego studiert und die Henri-Nannen-Schule besucht. Nach einigen Jahren in der ›Brigitte‹-Redaktion arbeitet sie heute frei u.a. als ›Brigitte‹-Kolumnistin. Gemeinsam mit Till Raether spricht sie in ihrem Podcast »sexy und bodenständig« über das Schreiben.


    ASIN/ISBN: 3423220708

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner