'Ansichten eines Clowns' - Kapitel 08 - 12

  • Ganz bestimmt ist das so.

    Das Elternhaus und das, was er vorgelebt bekam, haben ihn sehr geprägt.

    Aber jeder ist verantwortlich für sein Leben und sein Glück und kann daran arbeiten, es anders zu machen. Sind wir wirklich so sehr Produkt unserer Erziehung und frühen Prägung:gruebel?

    Ich möchte mich weigern, das zu glauben oder hinzunehmen. Ich will nicht in Abrede stellen, dass das großen Einfluss hat. Aber man kann es ändern, wenn man will.

    Du hast absolut recht, man kann daran arbeiten. Aber dabei stelle zumindest ich immer wieder fest, wie sehr bestimmte Elemente aus meiner Kindheit und Jugend mich heute noch beeinflussen und wie schwer es ist, die daraus resultierenden Probleme zu überwinden - und ich habe manchmal das Gefühl, es wird immer schwerer, je älter man wird.


    Und bei Hans habe ich das Gefühl, er will eigentlich gar nicht wirklich daran arbeiten. Seine Jugend und sein Elternhaus haben ihn sicher geprägt. Aber statt etwas zu ändern, nimmt er es hin, suhlt sich im Selbstmitleid und findet es wahrscheinlich ganz bequem, dass stets die anderen Schuld sind, dass sein Leben so schlimm ist.

  • Was soll das eigentlich für eigentlich für eine Liebe zwischen Hans und Marie sein? Sie kannten sich vor ihrer ersten gemeinsamen Nacht doch gar nicht. Sie gefällt ihm äußerlich, er steht plötzlich nachts vor ihrer Tür und sie lässt es geschehen. Sowas kann doch kaum länger halten, wenn die erste Begierde erstmal verflogen ist.

  • Und mal ein anderer Gedanke, etwas mehr Metaebene:

    Böll hat die Figur des Clowns sicherlich ganz bewusst gewählt. Früher hieß so jemand Hofnarr, dann Clown und heute Comedian. Diese Figur agiert ja nicht nur aus sich selbst heraus, sondern hält anderen auch einen Spiegel vor. Er negiert also ganz bewusst die Eigenschaften anderer in sich.

  • Und mal ein anderer Gedanke, etwas mehr Metaebene:

    Böll hat die Figur des Clowns sicherlich ganz bewusst gewählt. Früher hieß so jemand Hofnarr, dann Clown und heute Comedian. Diese Figur agiert ja nicht nur aus sich selbst heraus, sondern hält anderen auch einen Spiegel vor. Er negiert also ganz bewusst die Eigenschaften anderer in sich.

    Das ist ein wichtiger Aspekt, die Gesellschaftskritik wird schon sehr deutlich. In den Gesprächen nimmt Hans teilweise ja auch kein Blatt vor den Mund, z.B. bei seiner Mutter. Ich denke, so ein Clown, Hofnarr oder Kabarettist oder Büttenredner ist eine wichtige Rolle in einer Gesellschaft. Es wird erst gefährlich, wenn dieser Auftrittsverbot erhält.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das ist ein wichtiger Aspekt, die Gesellschaftskritik wird schon sehr deutlich. In den Gesprächen nimmt Hans teilweise ja auch kein Blatt vor den Mund, z.B. bei seiner Mutter. Ich denke, so ein Clown, Hofnarr oder Kabarettist oder Büttenredner ist eine wichtige Rolle in einer Gesellschaft.

    Und so - nehme ich an - ist die Charakterisierung von Hans auch gemeint. Böll möchte einerseits einen Charakter darstellen, der durch seine Erziehung, die Zeitumstände und die Verlogenheit der Nachkriegsgesellschaft seinen Halt völlig verliert und aufgrund dessen nicht in der Lage ist, eine partnerschaftliche, verantwortungsvolle Liebesbeziehung zu unterhalten , andererseits diesen Charakter nutzen, um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten.

    Großartig aufregen kann ich mich daher über diesen Hans nicht, denn er begegnet mir ja nicht im Leben, sondern ist konstruiert.

  • Was soll das eigentlich für eigentlich für eine Liebe zwischen Hans und Marie sein? Sie kannten sich vor ihrer ersten gemeinsamen Nacht doch gar nicht. Sie gefällt ihm äußerlich, er steht plötzlich nachts vor ihrer Tür und sie lässt es geschehen. Sowas kann doch kaum länger halten, wenn die erste Begierde erstmal verflogen ist.

    :hmm Die beiden kannten sich schon eine ganze Weile - zumindest vom Sehen. Hans war doch länger mit Maries Vater befreundet, hat sich von ihm Bücher geliehen und mit ihm diskutiert - auch während Marie in der Nähe war.

    Und dann hat er sie mit Heribert händchenhaltend bei dem katholischen Kreis gesehen (wahrscheinlich dort vorher auch schon).

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Tom Liehr: Im wechselnden Licht der Jahre

  • Großartig aufregen kann ich mich daher über diesen Hans nicht, denn er begegnet mir ja nicht im Leben, sondern ist konstruiert.

    So geht es mir auch. Hans ist als Romanfigur extrem konstruiert, ist Mittel zum Zweck, egal ob es seine Unfähigkeit zum Kompromiss und der Arbeit an seiner Liebe, seine familiäre Entwurzelung oder sein Ringen mit der fehlenden Vergangenheitsbewältigung ist.

    Er blieb mir emotional während des Lesens fremd und fern, und vielleicht war genau das auch bezweckt, um einen unverfälschten Blick zu ermöglichen.