'Der Teufel von Tempelhof' - Seiten 163 - 242

  • Ich musste dann doch weiterlesen. Das wird ja immer mysteriöser… Die Beschneidungen an jungen Mädchen sind in Afrika ja leider immer noch Alltag… ein Thema das sicherlich verschiedene Gründe hat, dabei aber immer die gleichen schrecklichen Konsequenzen.


    Dass die Nichte ihren Onkel irgendwann nicht mehr besucht hat, muss mir das Sorgen machen? :gruebel


    Der Zwischenfall mit Neufelds Freund ist ja bezeichnend für die Zeit. Leider nicht nur die Ausnahme und auch etwas was sich dann ja immer mehr häufen wird. Dabei muss man dann auch immer an die Gegenwart denken. Leider erinnert heute vieles an die damalige Zeit….

  • Erika und vor allem auch ihre Mutter tun mir so leid, wie schrecklich, dass man, nur wegen dem Diebstahl einer Orange ein 8jähriges Kind seiner Mutter entziehen kann, und die Mutter noch nicht einmal über den Verbleib aufgeklärt wird. 5 gestohlene Jahre, und die beiden können noch nicht einmal versuchen, die Zeit aufzuholen, denn die Mutter hat nur noch kurz zu leben. Ich hoffe sehr, dass Leo es schafft, die beiden noch vorher zusammenzubringen. Ich fand auch, dass Ilse sehr gefühllos reagiert hat, als Leo von der Sache erzählt hat, aber wahrscheinlich konnten sich damals nur wenige vorstellen, wie es den Mädchen in den „Erziehungsanstalten“ ging.


    Und dann noch der Arzt, der unsägliche Eingriffe vornimmt. Ich dachte ja an Lobotomie, das meines Wissens damit auch Frauen „ruhig gestellt“ worden waren, aber anscheinend handelt es sich um Beschneidungen, eine weitere üble Sache in die Persönlichkeit von Frauen einzugreifen. Wusste gar nicht, dass das damals auch bei uns gemacht wurde, man hört es ja heutzutage vor allem noch von afrikanischen Völkern.


    Aber Clasen hatte ja noch mehr Dreck am Stecken, verkaufte „Wunderdrogen“, obwohl er wusste (gab ja zumindest ein paar Menschen, die sich bei ihm beschwert hatten), dass es üble Nebenwirkungen haben konnte. Dafür hat er sich sogar mit einem Ringverein eingelassen.


    Neben Pauline kommt jetzt auch Ernst Haldensleben ins Spiel, der ja auch bereits im ersten Abschnitt aufgetaucht ist. Mal sehen, inwieweit der involviert ist. Ich hatte ja überlegt, ob Pauline auch beschnitten worden war, aber sie scheint ja ein erfülltes Sexualleben zu haben (vielleicht scheint das auch nur so?)

  • Dass die Nichte ihren Onkel irgendwann nicht mehr besucht hat, muss mir das Sorgen machen?

    U. a. deshalb hatte ich überlegt, ob Pauline auch beschnitten worden sein könnte. Die Mutter hatte ja darüber nachgedacht, dass die Tochter so sei, wie sie sie sich gewünscht hätte. Könnte also Pauline in beiden Fällen die Täterin sein?

    Dabei muss man dann auch immer an die Gegenwart denken. Leider erinnert heute vieles an die damalige Zeit….

    Ja. In früheren Bänden haben wir noch darüber nachgedacht, wie schlimm die Zeit für die Charaktere noch werden könnte. Jetzt müssen wir davor Angst haben, wie schlimm es für uns selbst noch werden könnte.

  • Seit diesem Abschnitt macht der Titel des Buches für mich Sinn. Wenn das alles stimmt, was Leo sich zusammenreimt, war Dr. Clasen wirklich DER Teufel von Tempelhof.

    Es macht mich wütend, was den jungen Mädchen angetan wurde. Auf das Motiv bin ich noch gespannt. Ob es reine Gier war oder noch eine persönliche Geschichte dahintersteckt.

    Vielen Dank Susanne, dass du immer wieder Themen findest, von denen ich nicht viel wusste. Es ist wichtig zu wissen, dass es auch hierzulande Beschneidungen von Mädchen gab. Das ist alles noch nicht lange her und darf nicht totgeschwiegen werden.


    Das ganze "Drumherum" ist hervorragend auserzählt. Die zunehmend rechte Stimmung in Berlin, die peinliche Berührung mit weiblichen Themen bei den Männern, das Armutsgefälle....

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Danke, das macht mich sehr glücklich. Ich wollte dieses Thema unbedingt behandeln, nachdem ich davon gelesen hatte. Ich weiß noch, dass eine Buchhändlerin, der ich davon erzählt habe, skeptisch war, aber ich finde, darüber kann und sollte man auch in einem Krimi schreiben.

    Und ich fand es spannend, die männlichen Ermittler mit einem solchen Thema zu konfrontieren und zu sehen, wie sie darauf reagieren.

    Und ja, auch soziale Fragen wie das Armutsgefälle sind mir immer wichtig. Diese Zeit hat einfach so viele Facetten, über die man schreiben kann.

  • Seit diesem Abschnitt macht der Titel des Buches für mich Sinn. Wenn das alles stimmt, was Leo sich zusammenreimt, war Dr. Clasen wirklich DER Teufel von Tempelhof.

    Es macht mich wütend, was den jungen Mädchen angetan wurde. Auf das Motiv bin ich noch gespannt. Ob es reine Gier war oder noch eine persönliche Geschichte dahintersteckt.

    Vielen Dank Susanne, dass du immer wieder Themen findest, von denen ich nicht viel wusste. Es ist wichtig zu wissen, dass es auch hierzulande Beschneidungen von Mädchen gab. Das ist alles noch nicht lange her und darf nicht totgeschwiegen werden.


    Das ganze "Drumherum" ist hervorragend auserzählt. Die zunehmend rechte Stimmung in Berlin, die peinliche Berührung mit weiblichen Themen bei den Männern, das Armutsgefälle....

    :write:write

    Da kann ich mich nur anschließen.


    Als ich diese Stellen gelesen habe erzeugten diese bei mir eine Mischung aus Unglauben, purem Entsetzen und Kopfschütteln.........aber auch Wut darüber, dass so etwas überhaupt möglich war und ist.


    Ganz großes Lob für dieses Buch schon an dieser Stelle.:anbet:anbet

  • Ich habe heute gelernt, dass solche Charaktere wie Leo in Young Adult Bücher als Cinnamon Roll bezeichnet werden ;-)


    Leo fand ich an der Stelle toll, er wendet sich nicht angeekelt ab, sondern hat Mitgefühl und sieht den Unsinn. Es ist ihm ja durchaus unangenehm, aber er sieht, dass es wichtig ist.

  • Dass die Nichte ihren Onkel irgendwann nicht mehr besucht hat, muss mir das Sorgen machen? :gruebel

    Da hab ich auch kurz gestutzt.

    Da läßt sich vermuten, daß Paulines Mutter wohl etwas wußte oder geahnt hat, was in dieser Klinik vor sich ging und vermutlich kam ihre Tochter in das Alter, in dem Mädchen als "wild " & "unbrechenbar" gelten. (heute nennt man es Pubertät)


    Und ihr war es zu riskant, daß der Onkel ihre Tochter eventuell versucht, zu "diagnostizieren".


    So meine Vermutung.


    So kommt auch ein Zusamenhang zwischen den beiden Morden zustande. ( Ich geh davon aus, daß der Treppensturz ein konstruierter war)

    Eventuell hat der, die MörderIn die Mutter, die im Hause von von Werden ein und ausging, ja mit schuldig gesprochen.



    Ich mochte gar nicht unterbrechen, gleichzeitig möchte ich unbedingt noch den nächsten Abschnitt aufsparen, um nicht so schnell duch zu sein.

    Ein typisches "Tolles Buch Paradoxon" bei mir :grin


    Ich liebe ja einfach die Atmosphäre der Leo Bücher.

    Da stimmt alles, auch die kleinsten Nebencharaktere sind hochinteressant und wirken, wie in echt.



    Der Überfall auf Neuhausens Freund war schlimm. Immer deutlicher wird die kommende Zeit.

    Und ich finde es auch schrecklich, wenn man sich die Parallenen der heutigen Zeit ansieht.

    Ich kann immer nicht verstehen, warum die Menschen nicht aus der Vergangenheit lernen können.
    Sind sie zu blöd? Zu borniert? Haben sie keine Ahnung von der Geschichte.

    Kann man das wissen in den Schulen nicht noch besser vermitteln?

    Ich kenn es eigentlich noch noch so, daß dort gerade die deutsche Geschichte behandelt wird.

    Auch in der 10, 11. Klasse werden heute zumindest Bücher über das Thema gelesen.

    in Fipsis Schule gab es das Thema definitiv - wir haben auch drüber gesprochen.

  • Beschneidungen in Deutschland hätte ich nicht für möglich gehalten, aber man lernt dazu. Auch der Übergriff auf den dunkelhäutigen Musiker erinnern an dunkle Zeiten, die vielleicht wieder vor der Tür stehen. Man mag es kaum glauben, aber unsere Gesellschaft verliert mehr und mehr an Integrationskraft und üblich bleiben die Maximalforderungen, die von allen möglichen Seiten gestellt werden. Auch das "Verdammen" von Diskussionsgegnern hat Methode und stellt die Gegensätze in den Vordergrund. Gab es die Brandmauer gegen die AfD nicht vor ein paar Jahrzehnten gegen die Linke?

    Zurück zum Krimi. Bedrückend die Geschichte um Erika und ihre Mutter. Ich hoffe, dass es noch zu einer Begegnung kommt. Auch der Todesfall im Rahmen der Zeugenbefragung trifft die Ermittler schwer. Bemerkenswert finde ich die Unterstützung, die die Ermittler bei den Zeitungsleuten finden. Auch die Beschreibung der unterschiedlichen Lebensbedingungen wirken realistisch und das soziale Gefälle ist halt extrem. Das Mordopfer erscheint in einem schlechten Licht, aber konkrete Motive und einen potentiellen Täter sehe ich noch nicht.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln