Wer ins Licht treten will - Melanie Metzenthin

  • Klappentext (Amazon):


    Hamburg 1959: Die junge Psychiaterin Renate Schwarz steht am Beginn einer vielversprechenden Karriere. Sie muss sich in der männerdominierten Medizinwelt zwar täglich behaupten, doch mit ihrem Verlobten Matthias, einem talentierten Profifußballer, scheint ihr privates Glück perfekt. Bis eine Knieverletzung seine Karriere abrupt beendet und beide vor neue Herausforderungen stellt.

    Während Renate zwischen schwierigen Patientenfällen und Familiendramen navigiert, weckt eine ihrer Patientinnen ihr Interesse: Sie behauptet, die Industrieabwässer einer Hamburger Fabrik würden die Elbe vergiften. Doch in der Wirtschaftswunderzeit will niemand von Umweltproblemen hören, und wer zu laut protestiert, landet schnell in der Psychiatrie. Kann Renate ihr helfen?



    Meine Rezension:


    Träume und Ziele


    Die junge Ärztin Renate Schwarz arbeitet mittlerweile in der Frauenabteilung der Psychiatrischen Klinik in Hamburg und stellt ihr Können täglich unter Beweis. Neben unterschiedlichsten Patienten, die ihr sehr am Herzen liegen, fordern sie allerdings auch im Privaten allerhand Überraschungen. Was gesellschaftspolitisch im Jahre 1959 möglich ist und was noch fernes Wunschdenken, erzählt Melanie Metzenthin in diesem zweiten Teil der Reihe „Eine starke Liebe“.


    Eloquent verfasst präsentiert sich diese lebendige Geschichte rund um eine willensstarke junge Frau, die engagiert für Gleichberechtigung eintritt und sich auch in der männerdominierten Ärzteschaft ihren Platz sichert. Unter den Patientinnen tun sich spannende Problemfelder auf, besonders herausstechend eine Dame, die einen Umweltskandal nahe dem Boehringer-Medikamenten-Werk vermutet und eine weitere, die in ihrer Not ihrem Mann Gewalt antut – interessante Handlungsstränge unter dem Gesichtspunkt wahrer Grundlagen, wie man im Nachwort erfahren kann. Obendrein kämpft Renates Verlobter Matthias Studt mit einer schweren Knieverletzung, die alle Zukunftspläne des Profifußballers zunichtemacht. Mit der Verwandtschaft aus Amerika treten schließlich noch familiäre Turbulenzen auf. Alles in allem eine Vielzahl an Themengebieten, die Abwechslung ins Geschehen bringen, trotzdem war die Faszination im ersten Band noch größer, hier war Renates Entwicklung und Durchsetzungskraft noch deutlicher zu spüren.


    Das Bild der ausklingenden 1950er-Jahre wird jedenfalls gut gezeichnet, das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau recht klar umrissen – während beispielsweise Männern Gewalt in der Ehe zugebilligt worden ist, landet eine Frau dafür in der Psychiatrie. Träume und Ziele werden neu definiert, vielleicht erfahren wir in einen dritten Teil, was Renate und Matthias davon umsetzen?



    Titel Wer ins Licht treten will

    Autor Melanie Metzenthin

    ASIN B0DPJ96TRY

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (315 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 5. August 2025

    Verlag Tinte & Feder


    ASIN/ISBN: B0DPJ96TRY

  • Melanie Metzenthin: Wer ins Licht treten will, Roman, (Band 2), Luxembourg 2025, Tinte & Feder, ISBN 978-2-49671-663-4, Softcover, 308 Seiten, Format: 12,6 x 2,54 x 18,59 cm, Buch: EUR 11,99, Kindle: EUR 4,49, auch als Hörbuch lieferbar.


    Hamburg 1959: Die Psychiaterin Doktor Renate Schwarz, 26, ist definitiv keine Person, mit der ich mich anlegen würde. Beim Hamburger Feuersturm zur Vollwaise geworden, hat sie schon früh gelernt, sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Um nie wieder so rat- und hilflos dazustehen wie damals als Kind, ist es ihr heute wichtig, sich in jeder Lebenslage gründlich vorzubereiten und immer einen Plan B zu haben.


    Gut vernetzt und unerschrocken


    Renate ist unerschrocken, gut vernetzt und stellt die richtigen Fragen. Wenn man weiß, warum jemand etwas tut, kann man im Bedarfsfall genau da ansetzen. Manchmal hilft Verständnis und Anerkennung, manchmal muss man aber auch die Samthandschuhe ausziehen. Wenn’s darauf ankommt, ist Renate Schwarz nicht zimperlich. Es bleibt ihr auch nichts anderes übrig. Zu der Zeit ist es beispielsweise mit der Gleichberechtigung noch nicht weit her. Das hat sie an ihrem Arbeitsplatz im Allgemeinen Krankenhaus Ochsenzoll schon schmerzhaft zu spüren bekommen (Band 1: WER AUS DEM SCHATTEN TRITT).


    Inzwischen führt Renate die Frauenaufnahmestation als Stationsärztin und verzweifelt manchmal an der rechtlichen Lage ihrer Patientinnen. Da ist die engagierte Schneiderin Irmgard Köhler, die einem Umweltskandal auf der Spur ist (zu einer Zeit, in der das noch niemanden interessierte und es den Begriff vermutlich noch nicht mal gab!).


    Einmischung mit tragischen Folgen


    Der Patientin Hedwig Zierrauh, die die eheliche Wohnung zerlegt hat, wäre mit einer Scheidung am besten geholfen. Mit Renates Hilfe erarbeitet sie einen Plan für die Zeit nach ihrer Entlassung. Doch dann grätscht Oberarzt Kleinschmidt mit seinen altmodischen Ansichten dazwischen, was fatale Folgen hat. Was jetzt? Den Oberarzt mit dem konfrontieren, was er angerichtet hat, oder retten, was zu retten ist? Hier zeigt sich einmal mehr, wie clever Renate vorgeht.


    Private Probleme


    Auch privat ist bei ihr gerade allerhand los. Ihr Verlobter, der Profifußballer Matthias Studt, steckt in einer Krise: Eine Knieverletzung droht seine Karriere vorzeitig zu beenden. Anders als seine Partnerin hat er aus den Schrecken des Krieges gelernt, dass das Leben unberechenbar ist und Planen sich nicht lohnt.


    Auch Renates Onkel/Adoptivvater, der Hausarzt Dr. Heinrich Schwarz, hat Sorgen: Ein alter Freund ist ins Visier der Polizei geraten, und anscheinend ermittelt man nun auch gegen ihn. Es ist doch die Polizei, die ihn beschattet – oder?


    Ein undankbares Biest


    Geradezu putzig mutet da das Ereignis an, vor dem es der Großfamilie Studt derzeit graut: Besuch aus den USA hat sich angesagt. Matthias‘ Onkel Rudi kommt. Er ist ja in Ordnung, aber seine Gattin, die Schauspielerin Leonore „Goldie“ Gold, ist eine hochnäsige Zimtzicke, die sich seit 30 Jahren darin gefällt, ihre deutschen Angehörigen zu beleidigen.


    Renate könnte das egal sein. Ist ja nicht ihre Tante und sie reist ja auch bald wieder ab. Doch als sie Goldie kennenlernt springt bei ihr automatisch der Profi-Modus an und sie fragt nach dem Warum. Die Geschichte, die sie daraufhin zu hören bekommt, hat es in sich …


    Zeitreise ins Wirtschaftswunder


    Ich könnte nicht sagen, was hier der Haupthandlungsstrang ist. Ich brauche auch keinen. Ich reise einfach mit Renate 66 Jahre in der Zeit zurück, begleite sie durch ihren Alltag und sehe: Die Nazis haben sich nach Ende des Krieges keineswegs in Luft aufgelöst – es sitzen immer noch welche an den Schaltstellen der Macht. Die alten Seilschaften existieren noch und das Gedankengut sowieso.


    Die Moralvorstellungen und Gesetze sind zum Teil anders als heute.

    Gespannt und mitunter fassungslos erleben wir also mit, wie Renate Schwarz sich zäh und unbeirrt durch die Herausforderungen ihrer Zeit kämpft. Ja, heute sind wir in manchen Bereichen schon weiter. Es ist aber noch Luft nach oben.


    Gespannt auf Band 3


    Nicht alle Probleme, die in WER INS LICHT TRETEN WILL Thema sind, werden auch abschließend gelöst. Manches wird vermutlich in Band 3 der Reihe aufgegriffen werden. Wer Melanie Metzenthins HAFENSCHWESTER-Trilogie gelesen hat, kann sich auf manche Ereignisse im vorliegenden Band schneller einen Reim machen als Neueinsteiger, weil dort nämlich die Geschichte der Familie Studt erzählt worden ist. Man kann der Handlung jedoch auch ohne Vorkenntnisse folgen.


    Ich lasse mir gerne (Zeit-)Geschichte anhand konkreter Schicksale vermitteln. So bleibt bei mir mehr Wissen hängen als durch die Vermittlung trockener Fakten. Und weil ich ein Herz für eigensinnige Frauen habe, die sich nichts gefallen lassen, werde ich gerne auch weiterhin mit Renate und ihrer Familie durch die Wirtschaftswunderjahre streifen. Schon allein, um zu sehen, ob das mit Matthias und ihr auch wirklich funktioniert. Wenn der eine Partner vorausschauende Planung für überlebenswichtig erachtet und der andere nur immer auf äußere Einflüsse reagiert, stelle ich mir das auf Dauer recht anstrengend vor. Wir werden sehen …


    Die Autorin


    Melanie Metzenthin lebt in Hamburg, wo sie als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen psychische Erkrankungen oft eine wichtige Rolle spielen, darunter die beiden Bestseller »Im Lautlosen« und »Die Stimmlosen«. Für »Mehr als die Erinnerung«, den Auftakt zu ihrer »Gut Mohlenberg«-Reihe, wurde Melanie Metzenthin mit dem DELIA-Literaturpreis ausgezeichnet. Beim Schreiben greift die Autorin gern auf ihre berufliche Erfahrung zurück, um aus ihren fiktiven Charakteren glaubhafte Figuren vor einem realistischen Hintergrund zu machen.


    ASIN/ISBN: 249671663X

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Renate Schwarz ist angekommen und arbeitet nun in der Frauenaufnahme der Psychiatrie in Hamburg. Mit ihrem derzeitigen Oberarzt kommt sie viel besser zurecht und die Patientinnen zeigen interessante Krankheitsbilder, die manchmal nicht leicht zu entschlüsseln sind.

    Matthias muss sich durch eine schwere Verletzung damit zurechtfinden, dass seine Fußball Karriere sehr viel früher zu Ende ist, als er es sich gewünscht hätte. Die Sinnkrise, die ihn erfasst stellt auch die Beziehung zu Renate auf die Probe.


    In diesem zweiten Band der Reihe treffen wir nun also altbekannte Protagonisten wieder. Die Familie Studt und deren Geschichte spielt eine große Rolle, da Renate nun in die Familiendynamik eintritt und lang festgefahrene Strukturen aufbrechen kann. Mir hat das ausgesprochen gut gefallen, es war wie ein nach Hause kommen für mich.


    Insgesamt hat mir das Buch wieder viel Spaß gemacht. Ich konnte so richtig in die Zeit eintauchen. Themen wie Umweltverschmutzung und die Verfolgung Homosexueller Männer zeigen hier auch ganz deutlich, wieviel sich in den letzten Jahrzehnten gerade bei diesen Themen getan hat. Heute würden Vorkommnisse, wie sie im Buch geschildert werden, ganz anders angegangen.


    Ich freue mich nun auf den dritten Teil rund um Renate und Matthias und deren Umfeld. Es bleibt sicher interessant, was uns die Autorin dann erzählen wird.


    9 von 10 Punkte

  • Melanie Metzenthin gelingt es einmal mehr, die deutsche Gesellschaft zu Zeiten des Wirtschaftswunders darzustellen.

    Die damaligen Ansichten, die sich zum Glück in vielerlei Hinsicht geändert haben.

    Die Familien, die zum Teil durch den Krieg schwere Zeiten erlebt haben und dadurch oft zerrissen wurden, wie hier stellvertretend die Familie Studt. Die hat einiges Aufzuarbeiten an Schuld und Sühne. In diese Zwistigkeiten wird Renate ungewollt verwickelt.

    Aber auch die ungerechten Gesetze gegenüber Homosexuellen, die es Gott sei Dank, so nicht mehr gibt und hoffentlich auch nie mehr geben wird.

    Das Thema Umweltschutz gab es noch nicht und wenn jemand sich diesbezüglich äußerte wurde er als verrückt bezeichnet, im schlimmsten Fall in die Psychatrie eingewiesen.

    Auch Frauen konnten sich nur schwer gegen einen gewalttätigen Mann wehren und suchten oft Hilfe, die ihnen aber meist verwehrt wurde

    So erzählt die Autorin in verschiedenen miteinander verwobenen Erzählsträngen was die Gesellschaft der 50er beschäftigt hat.


    Auch der Schreibstil ist sehr angenehm, die Personen nahbar und sympathisch. Ich hab das Buch in einem Rutsch gelesen und freue mich auf die Fortsetzung die 2026 erscheinen soll.


    9/10

  • 1959 war das Jahr in dem ich laufen lernte, dass das nicht heißt auf eigenen Füßen zu stehen lernte ich erst viel später. 1959 ist das Jahr in dem Melanie Mezenthin ihren Roman ansiedelt für den sie sich entschieden hat nicht die Geschichte einer Protagonistin oder eines Protagonisten in seiner Zeit zu erzählen sondern einen Einblick zu gewähren wie eine Gesellschaft in jener Zeit funktionierte. Eine zunächst unübersichtlich erscheinende Zahl an Handlungssträngen entwirren sich den Leser oder der Leserin allmählich um aus dem Bild des einzelnen Handlungsstrangs dieses Mosaik gesellschaftlicher Realität entstehen zu lassen. Gekonnt und mit der nötigen Mischung aus Spannung, Humor und realem Entsetzen entsteht ein Spiegel unserer eigenen Vergangenheit. Ein Wegpunkt, von dem aus wir messen können was sich verändert hat und was für eine Vergangenheit das war, die sich da 25% unseres Volkes zurückwünschen. Ich bin froh über jeden Schritt vorwärts, den die Gesellschaft in dem Abschnitt, den ich überblicke genommen hat. Froh über jeden winzigen Teil, den ich dazu beitragen konnte. Der Autorin gelingt hervorragend dieses Gesellschaftsbild jener Zeit zu zeichnen. Daher kann ich das Buch nur empfehlen und freue mich schon auf 1962, auch wenn es dort trauriges zu berichten geben wird, da der nächste Band sich während der großen Flut ausbreiten soll.

    Nemo tenetur :gruebel


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