'Ben Hur' - 4. Buch

  • Das Buch fließt so dahin, was für mich gerade eher schwierig ist, denn ich kann mich nur schwer darauf einlassen.


    Zentral finde ich Judah Ben Hurs inneren Konflikt, seinen Stolz als Jude gegen seinen Status als Erfolgreichen, als Soldat und Kämpfer bei den Römern; seine Verbitterung über alles, was man ihm genommen gegen seine Gleichgültigkeit gegenüber irdischen Besitz; seine Sehnsucht nach Mutter und Schwester gegen seine nur bedeckt mögliche Suche; sein Entbrennen in Liebe zu Esther, die er nur singen hörte und die er doch nicht lieben kann, weil in ihm nur Raum für den Kampf ist.

  • Ich bin schon gut im Lesefluss, das Buch gefällt mir bisher, allerdings weiß ich so überhaupt nichts zu schreiben...


    Einen inneren Konflikt sehe ich bei Judah Ben Hur nicht, er will Rache und natürlich wissen, was aus Mutter und Schwester geworden ist, sein Leben und seine Ausbildung bei den Römern, alles dient nur diesem Zweck.

  • Ich bin schon gut im Lesefluss, (...)

    So in etwa geht es mir auch - gestern Abend beim Lesen ist "der Knoten geplatzt", die Geschichte begann, mich richtig zu fesseln und die Seiten flogen so dahin. Heute oder morgen sollte ich diesen Abschnitt durch haben, dann mehr.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Dieser Abschnitt hatte es nun in sich - wenn auch völlig anders, als ich erwartet hätte. Doch der Reihe nach.


    Ben Hur kommt also zurück in den Orient, wo er auf Simonides trifft, der anscheinend ein früherer Leibeigener seines Vaters war - und damit wohl auch einer Ben Hurs. Im Lauf des Abschnitts merkt man schon, daß Ben Hur ein Sohn seiner Zeit ist - trotz allem sieht er Simonides immer wieder als Sklaven bzw. Leibeigenen, sobald er seine eigene Herkunft beweisen kann. Trotz Simonides‘ Erfolgen sieht er ihn nicht als gleichberechtigt an, was auch am Ende des Abschnitts deutlich wird, als er vom Scheik auf Simonides verwiesen wird und negative Gefühle zeigt. Das gibt sich hoffentlich noch - jedenfalls ist er halt doch kein strahlender Held ohne Fehl und Makel.


    Es gab eigentlich nur eine Stelle, die mich anderes denken ließ (meine Ausgabe S. 163):

    Ich hätte in jedem Fall gesagt, was ich jetzt sage: Alles, was du durch deine Klugheit und durch dein Genie erworben hast, gehört dir. Besitze es in Frieden!

    Nun, es wird wohl weitere Begegnungen zwischen den beiden geben, ich bin gespannt, wie die letztlich ausgehen. Wobei ich darauf hoffe, daß Ben Hur sich seiner Worte erinnert und Simonides frei und ihm seine Güter läßt.


    S. 167 taucht dann das alte Gebot aus dem 5. Buch Moses 15 (Deuteronomium), daß im siebten Jahr alle Schulden erlassen und Sklaven freigelassen werden müssen. Hier kann man das nachlesen.


    Damals war man seiner Zeit in manchen Dingen weit voraus, wenn ich mir da die Schilderungen, daß es für Fußgänger, Reiter und Wagen und sogar für Hin- und Zurückwandernde eigene Lauf- bzw. Fahrspuren gab! Davon kann man heute nur träumen. (Kapitel „Der Hain der Daphne“, bei mir S. 173).


    Als der Scheik von seiner Geschichte und seinen Pferden erzählte (S. 225ff), fühlte ich mich an die Geschichten aus Tausend und einer Nacht erinnert; die habe ich in meiner Jugend mit Begeisterung gelesen.


    Und dann wir die „langsame Einleitung“ verständlich: Balthasar taucht wieder auf! Ausführlich gibt er seine Gedanken zum Besten - das ist auch, was ich zu Beginn mit „völlig anders“ meinte, denn diese Ausführungen habe ich fast schon als theologische Deutungen empfunden. Deutungen, die ich hochinteressant finde - ähnlich Ben Hur müßte ich jetzt auch erst mal an einen See, um in Ruhe über alles nachdenken zu können. Ich schätze, diese Seiten werde ich mir nochmals in aller Ruhe durchlesen und darüber nachdenken müssen.


    Etwas seltsam alleinestehend fand ich die Schlußgedanken des Abschnitts, als Ben Hur darüber nachdachte, welche Braut er denn wählen sollte. Einmal gesehen und gleich als Braut wählen? Das geht sogar mir etwas zu schnell.




    denn ich kann mich nur schwer darauf einlassen.

    Geht mir anders - ich bin nun "voll drin".

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich merke wieder, dass meine Ausgabe sehr konsequent gekürzt wurde, alles was über eine locker-flockig zu lesende Abenteuergeschichte hinausgeht fehlt bei mir, Balthasar taucht zwar wieder auf und berichtet von dem im Stall geborenen König der Juden, mehr aber auch nicht.

    Dafür ist das Wagenrennen sehr ausführlich beschrieben, da wurde wohl wenig gekürzt.


    Wenn ich mir solche Klassiker kaufe, achte ich immer darauf möglichst vollständige Ausgaben zu ergattern, das hier war ein Fund im öffentlichen Bücherschrank.

  • Einen inneren Konflikt sehe ich bei Judah Ben Hur nicht, er will Rache und natürlich wissen, was aus Mutter und Schwester geworden ist, sein Leben und seine Ausbildung bei den Römern, alles dient nur diesem Zweck.

    Ich hatte den Eindruck, dass er sich nur seinem einen Ziel widmen will, aber trotzdem ins Schwanken gerät, als er Esther kennenlernt, so als ob er sich davon nicht ablenken lassen dürfte. Er ist ein junger Mann, der viel allein nur mit sich ausmachen konnte.


    Ich bin gespannt und besorgt, ob Mutter und Schwester noch leben und verschont wurden.


  • Etwas seltsam alleinestehend fand ich die Schlußgedanken des Abschnitts, als Ben Hur darüber nachdachte, welche Braut er denn wählen sollte. Einmal gesehen und gleich als Braut wählen? Das geht sogar mir etwas zu schnell.

    Selbst für einen Klassiker ist das recht schnell. So habe ich es auch empfunden. Ich weiß aber nicht, wie schnell im Judäa 30 n.C. gefreit wurde. :gruebel

    - Freiheit, die den Himmel streift -

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  • Selbst für einen Klassiker ist das Recht schnell. So habe ich es auch empfunden. Ich weiß aber nicht, wie schnell im Judäa 30 n.C. gefreut wurde.

    Das weiß ich auch nicht, desgleichen kam mir in den Sinn, daß möglicherweise das Überreichen eines Bechers einen weiteren Sinn hatte als nur den, etwas Trinkbares zu geben (etwa als "versteckter" Hinweis, man wäre einer Beziehung nicht abgeneigt)? Dies ist allerdings reine Spekulation von mir, der Gedanke kam mir gestern Abend.


    Insgesamt fand ich die Bemerkung an der Stelle, hm, unvorbereitet - kam ohne jede Vorwarnung, als ob da jetzt ein romantischer Moment sein müßte. Mal sehen, wie das am Ende im Rückblick wirken wird.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Selbst für einen Klassiker ist das Recht schnell. So habe ich es auch empfunden. Ich weiß aber nicht, wie schnell im Judäa 30 n.C. gefreut wurde. :gruebel

    Bei Klassikern von männlichen Autoren kommen Beziehungen und Romantik häufig nur in Nebensätzen vor.

  • Ich denke, das liegt an der Verschiebung der Leserschaft. Lewis Wallace ging sicher nicht davon aus, dass Frauen dieses Buch lesen. Lesen war früher eine eher männliche Beschäftigung, männliche Autoren haben für eine männliche Leserschaft geschrieben. Lesende Frauen wurden misstrauisch betrachtet. Insofern wundert es mich nicht, dass in Klassikern Romantik und Beziehungen eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

  • Bei Klassikern von männlichen Autoren kommen Beziehungen und Romantik häufig nur in Nebensätzen vor.

    Hm. Interessanter Gedanke. Lt. meinen Aufzeichnungen habe ich in den letzten Jahren nicht allzuviele Klassiker gelesen, so daß ich dazu nicht viel sagen kann.


    Lewis Wallace ging sicher nicht davon aus, dass Frauen dieses Buch lesen. Lesen war früher eine eher männliche Beschäftigung, männliche Autoren haben für eine männliche Leserschaft geschrieben. Lesende Frauen wurden misstrauisch betrachtet.

    Stimmt, dieses Buch dürfte sich eher an ein männliches Publikum richten (bzw. zur Entstehungszeit gerichtet haben). Aber ob Lesen früher eine eher männliche Beschäftigung war? Zumindest einige Jahrzehnte vor Entstehung von "Ben Hur" war es vor allem eine weibliche, und Romane waren noch überhaupt nicht geachtet (zumindest in England, über Deutschland oder USA, wie hier, bin ich nicht so informiert).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich denke es gab vor allem eine strikte Geschlechtertrennung, Männer schreiben und lesen "Männerbücher" Frauen "Frauenbücher"

    Das auf jeden Fall.


    Zugegeben, zur Zeit von Lewis Wallace gab es schon zahlreiche Autorinnen, aber Frauenliteratur galt noch immer als eher minderwertig und wurde mit gewisser Herablassung betrachtet.

  • Das weiß ich auch nicht, desgleichen kam mir in den Sinn, daß möglicherweise das Überreichen eines Bechers einen weiteren Sinn hatte als nur den, etwas Trinkbares zu geben (etwa als "versteckter" Hinweis, man wäre einer Beziehung nicht abgeneigt)? Dies ist allerdings reine Spekulation von mir, der Gedanke kam mir gestern Abend.

    Ich glaube, da liegst du möglicherweise gar nicht falsch.

    Kapitel III (Buch IV): "Da nahm Esther den Becher und sagte: "Der Wein kommt aus dem Land, das wir alle so lieben. Ich bitte dich, trinke!" Ihre Stimme war so süß, wie die Rebekkas am Brunnen von Nahor gewesen sein mag. Er sah Tränen in ihren Augen und trank."

    Im Anhang wird auf die Textstelle in der Bibel hingewiesen Gen. 24,15f. https://www.die-bibel.de/bibel/GNB/GEN.24

    Dass Esther Ben Hur den Becher reicht, könnte also wirklich viel mehr bedeuten. Allerdings hat ihr Vater sie aufgefordert, ihm zu trinken zu geben. Dabei wollte er aber bestimmt nicht seine Tochter verkuppeln. :gruebel

    Für Ben Hur hat es wohl aber auf jeden Fall eine Bedeutung, dass Esther im den Becher gereicht hat. Ganz zum Schluss des 4. Buches steht da ja: "Esther hatte ihm einen Becher geboten. Das Gleiche hatte die Ägypterin getan. Und beide waren zu ihm gekommen, zur gleichen Zeit unter den Palmen. Welche sollte er wählen?"


    Aber abgesehen davon ging mir die Verliebtheit auch vieeeeeel zu schnell. Auch bei Esther. Sie geht aber davon aus, dass ihre Liebe nicht erwidert wird. (Ende Kapitel XI)


    Achja, ich mag den Namen Esther. Einfach so vom Klang her. :-)


    Jetzt noch ein paar Gedanken, die ich mir beim Lesen notiert habe:


    Ich finde es äußerst bemerkenswert, dass Simonides trotz der heftigen Foltern nichts preisgegeben hat.


    Simonides kennt jemanden, der bezeugen kann, dass Juda Ben Hur die Wahrheit spricht. Wer könnte das sein? Wohl leider nicht Judas Amme. Das wäre schon eine Überraschung.


    Der Aufenthalt im Hain war schon ein merkwürdiger Trip. Ich kann damit nicht so recht etwas anfangen. Außerdem frage ich mich, was mit folgender Aussage gemeint ist: "Besser ein Gesetz ohne Liebe als eine Liebe ohne Gesetz." (Kapitel VI vorletzter Absatz) Ich verstehe nicht wirklich, um was es in diesem Absatz geht. Mir fällt es auch gerade total schwer, mich da hineinzudenken was ich da lese. Nein, also ich verstehe einfach gar nicht, zu welcher Erkenntnis Ben Hur während seines Aufenthalts im Hain kommt. Aber das hat vermutlich etwas mit seiner Religion zu tun.


    Mit den Erzählungen von Balthasar konnte ich schon eher etwas anfangen und fand ich auch in dem Moment interessant. Allerdings ist danach dann irgendwie wieder alles weg. Aber ich dachte auch beim Lesen, das will ich mir noch einmal durchlesen und darüber nachdenken.


    Dann noch etwas anderes: Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, dass Ben Hur schon so oft errötet ist. Es fällt mir halt ganz schön auf. Ob man früher einfach so geschrieben hat? Also, dass da immer Leute waren, die oft rot wurden.


    Mein Buchcover passt wohl nicht so recht zum Inhalt was die Anzahl der Pferde angeht. Im Buch ist von vier Pferden die Rede. Im Bild gibt es nur drei.


    ASIN/ISBN: 3423139455

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers