'Gottes Weber' - Seiten 126 - 310

  • Sooo ich bin zurück aus Kuba (zumindest auf dem Heimweg)... ;-)


    In diesem Kapitel begegnet Claret den 3 Frauen, die - abgesehen von Maria - sein Leben sicherlich am meisten prägen (werden):

    • Königin Isabella, die mir sehr sympathisch erscheint - hier zeigt sich wieder die gute Beobachtungsgabe Clarets
    • Rosa, die gute Rosa, ich mag sie einfach, und das Gespräch zwischen ihr und Claret hat mich sehr berührt, denn es zeugt zwischen der tiefen Liebe zwischen ihnen und zwischen Rosa und ihrem verstorbenen Mann :anbet
    • Schwester Paris, eine Seelenverwandte, die zur guten Freundin Clarets wird und ihn in seiner Sache unterstützt


    Die Szenen mit Dolores Perez sind sehr beeindruckend, mir gefällt auch, dass er bei ihrer "Bitte" wütend wird, es gibt eben auch bei ihm Grenzen des Verständnisses, was ihn wiederum sehr menschlich und mir noch sympathischer macht. Nichtsdestotrotz versucht er ihr zu erklären oder aufzuzeigen, warum er dies für eine ungeheuerliche Frage hält, mit einem einfachen Bild (die Asche beider Bildchen sieht gleich aus). Und auch später, als sie verzweifelt um das Leben ihres Sohnes bittet, versteht es Claret, sie aufzufangen und ihr zu zeigen, dass sie nichts falsch gemacht hat in ihrer Liebe zu ihrem Sohn. Eine wunderbare Szene! :anbet


    Claret setzt sich über die offiziellen Gesetze hinweg und lässt extra einen Priester zurück, um Ehen zwischen Menschen unterschiedlichen Standes zu trauen.
    @ Silke: Das klingt ziemlich mutig, aber wie mutig war es denn genau? Also was hätte ihm schlimmstenfalls als Konsequenz drohen können? Oder steht der Erzbischof auch in Kuba unter dem ganz besonderen Schutz Spaniens und ist von Regierungsseite aus unantastbar?


    Ein bisschen seltsam finde ich die Szene nach dem Erdbeben, als die Seuche aufkommt. Claret, ein Mann der Wissenschaft, spricht von diesen Katastrophen als "Wachrütteln" bzw. "Strafe" Gottes??? Er muss es doch besser wissen, warum macht er den Menschen in dieser Situation noch mehr Angst? :fetch Den Einwurf des Vaters mit seiner zerzausten Tochter fand ich nur allzu gerechtfertigt...


    Nicht ganz verstanden habe ich Clarets plötzliche Unruhe und diese Art "Todessehnsucht".
    @ Silke: Was war Grund/Auslöser dafür? :help Und ist seine wunder-bare Genesung nach dem Attentat wirklich so überliefert?


    Gespannte Grüße,
    milla

  • Wenn ich mir milla's letztes Posting so ansehe, sollte ich schnellschnellschnell weiterlesen. Leider geht es aus Zeitgründen nicht ganz so fix voran, wie ich es mir wünsche und so hänge ich noch irgendwo bei Seite 210 oder so...


    ... andererseits habe ich so natürlich länger was von dem tollen Buch als die anderen Schnelleser. :-]

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo Milla!
    Dass Claret einen Priester zurück lässt, ist von beiden mutig. Von ihm, dem Erzbischof, und von dem Priester selbst. Dass beide Spanier sind hat nichts zu bedeuten und unter dem Schutz der Regierung stehen sie auch nicht wirklich. Als Bischof ist Claret ein Gesandter der Kirche, auch wenn er im Auftrag der Königin nach Kuba reist. Aber Isabella hatte so viel nun auch nicht zu melden, da wurden im Hintergrund heftig viele Intrigen gesponnen. Und das Attentat auf Claret - es gab zur damailigen Zeit Stimmen, die behaupteten, es könne auch politisch motiviert gewesen sein (ähnlich Kennedy...), dass der Attentäter von einer Art Freischerlertruppe geschickt wurde, dass es noch weitere beteiligte Männer gab; aber ich habe, so weit es ging, versucht, die wirre Politik der Zeit außen vor zu lassen, sonst wäre es ausgeufert. Und mir persönlich hat die Version mit Perez besser gefallen.
    Dass Claret beim Erdbeben auf biblische Visionen zu sprechen kommt in seinen Predigten hat m.E. zwei Gründe. Zum einen ist er eben ein Prediger - zum anderen war ER gebildet und aufgeklärt. Nicht aber die Kubaner, von denen die meisten nicht mal lesen konnten. Als Claret nach Kuba kam muss es ihm vorgekommen sein wie die Reise in eine längst vergangene Zeit.
    Die Genesung ist so überliefert. Ich gebe zu, dass es mir beim Schreiben auch eine Spur zu wunder-lich vorkam, wenn man als naturwissenschaftlich erzogener Mensch dies liest. Aber dies war eines der größten und wichtigsten Wunder, die dem wahren Claret geschehen sind, also habe ich das so gelassen.
    Die Todessehnsucht erklärt sich für den glaubenden Claret mit dem Wunsch, ins Paradies zu gelangen, zu seinem Herrn, in die Ewigkeit. Die Last des Lebens hinter sich zu lassen. Beim Schreiben habe ich mir überlegt, dass für "normale" Menschen diese Todessehnsucht aus einer Depression heraus erklärbar wäre. Für einen Menschen wie Claret aber bedeutet "das Blut dem Herrn zu opfern" das vollkommene und höchste Ziel - mehr als sein Leben kann Claret Gott nicht opfern, er hat sicher den gekreuzigten Jesus vor Augen.
    Hilft das weiter? Tschuldigung, bin grade etwas konfus, weil meine Zwerge immer wieder reinschneien und sich neu schminken lassen wollen. Pirat, Prinzessin, Katze, Feuerwehrmann...Fasnet halt.
    Liebe Grüße
    Silke

  • Dieser Teil des Buches ist sehr interessant und hier finden sich auch
    recht gut gestaltete Höhepunkte.


    Natürlich wirft der Handlungsablauf einige Fragen auf, die offen im Raum stehen bleiben - milla hat einige davon schon angesprochen - doch finde ich, daß gerade diese offenen Fragen den Leser animieren, über die Geschichte nachzudenken und vielleicht auch selbst mal zu recherchieren.


    Sehr gut fand ich, daß der Charakter Clarets sauber beibehalten wird und
    auch seine vermutlich durch die permanente Askese hervorgerufenen
    Visionen so exakt geschildert werden.


    Hast du da einige Anleihen bei der Biografie des Franz von Assisi gemacht oder gab es Unterlagen über diese Seite Clarets?


    Besonders gut fand ich ja die Schilderung der Umstände auf Cuba und wie
    Claret sich über die vorherrschende Meinung der Oberen hinweg setzt. Der
    bisher von dir aufgebaute Charakter Clarets verlangte ja geradezu nach
    dieser Art von aktivem Protest.


    Der zweite Teil ist jedenfalls wesentlich interessanter ausgefallen, was
    wohl zum Teil auch damit zusammenhängt, daß Claret nunmehr eine aktivere
    Rolle spielt. Die Monotonie eines ruhig dahin fliessenden Lebens wich
    dem Auf und Ab im Dasein eines Menschen, der Verantwortung spürt und
    (er)lebt.


    Ich bin wirklich schon gespannt, wie der dritte Teil sich liest.


    Übrigens, Churchill, dein Trick war in diesem Teil nicht mehr nötig. Ich
    konnte mich hier durchaus mit Claret identifizieren.

  • Huhu Silke!
    Jaaa das hilft, vielen Dank!! :-] Deswegen mag ich Leserunden mit Autoren ja so ;-)


    Ah ok, d.h. Spanien ist weit weg... Die Entscheidung für Perez finde ich auch besser, dennoch ist die Attentats-Theorie für mich als alten Verschwörungsfan natürlich hochinteressant :lache


    :wow Dann ist die Genesung natürlich noch beeindruckender! Ich bin auch ein naturwissenschaftlich denkender Mensch, aber nichtsdestotrotz stimme ich Shakespeare zu, wenn er sagt: "Es gibt viel mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich unsere Weisheit träumen läßt." ;-)


    Die Todessehnsucht verstehe ich jetzt besser, wenn ich sie auch nicht nachvollziehen kann. Er muss doch gesehen haben, dass er so viel Gutes tut und dass er Gott viel besser dienen kann, wenn er den Menschen dient, die seiner Hilfe und Fürsprache bedürfen, aber wahrscheinlich war er dafür einfach viel zu bescheiden :-)

  • Hallo Tanzmaus,
    freut mich, was Du alles schreibst!
    Zu Deiner Frage: ich habe, hüstel, nie was von und über Franz von Assisi explizit gelesen, nicht für dieses Buch. Ich weiß ja nicht, an welcher Stelle exakt Du bist, deswegen antworte ich mal etwas kryptisch: in den Werken über Claret und in seinen persönlichen Notizen finden sich immer mal wieder Bemerkungen zu Visionen. Diese sind dann aber sehr knapp gehalten, in etwa so: "Er hatte eine Erscheinung" oder "Mir erschien La Virgen Maria und sagte dies und das...".
    Ich fand es relativ schwierig, hier einen Ton und vor allem eine Schilderung zu finden, die passen könnte. Und ich habe mir auch lange überlegt - huhu Naturwissenschaft - wann Visionen körperlich ausgelöst werden. Sicher hat das mit dem permanenten Hungern zu tun (wobei sich der Körper Clarets garantiert an diese Art zu essengewöhnt hatte), aber auch mit anderen organischen und psychischen Vorgängen. Da es sich ja aber um Erscheinungen eines Heiligen handelt, habe ich innerlich differenziert.
    Viel Spaß also beim Weiterlesen, liebe Grüße
    Silke

  • Eigentlich bin ich ja auf Seite 284, aber ich komme hier auf eine Stelle
    zu sprechen, die meine Gedanken immer wieder abschweifen ließ:


    Als Antonio Claret auf Kuba ankommt, geht er mit Manuel Vilaro zum Priesterseminar und überrascht die Studenten mit seinem Besuch.
    Auf Seite 247 oben wird beschrieben, wer sich womit die Zeit vertreibt.


    Und da lese ich, quasi in einem Nebensatz:"..einer der Schüler hält ein
    zerfleddertes Pflanzenbuch von Maria Sibylla Merian in der Hand."
    Merian...Reiseführer...wer war Merian...fragte ich mich da und habe
    erst einmal nachgelesen.
    Silke, damit streust Du -scheinbar nebensächlich- eine zumindest für mich
    sehr interessante Information ein, die beim Recherchieren wieder eine
    ganz neue Biographie ergibt: die der Forscherin Maria Sibylla Merian,
    die 100 Jahre vor Alexander von Humboldt nach Südamerika reist.


    Einfach phantastisch, solche "Nebensächlichkeiten" einzustreuen!!! :anbet
    Wie bist Du darauf gekommen, Silke?
    Ich bin ganz begeistert von Deinem Buch und den versteckten Recherchen, obwohl es nicht zu den Büchern gehört, die ich sonst lese. Weiter so!


    Gruß
    Suse :wave


  • :wow Wow, das ist ja spannend , das habe ich einfach überlesen, danke für den Hinweis Suse! :knuddel1

  • Hallo Suse,
    Frau Merian war mein persönlicher Gimmick - ich habe eine Biographie gelesen, als ich am Roman gearbeitet habe und wollte das irgendwie einbauen, weil es mich sehr gefesselt hat. Deshalb freut es mich umso mehr, dass Du die Spur gefunden hast! :lache
    Liebe Grüße
    Silke

  • @ milla
    Gern geschehen, denn ich bin ja selbst froh über jeden Hinweis,
    der mir entgangen sein könnte.


    silke
    Mußte diese Stelle im Buch einfach loswerden, weil sie mich immer noch
    beschäftigt. Irgendwann nach dieser Leserunde -und ich bedauere jetzt schon,
    wenn sie zu Ende geht- schaue ich mir die Biographien von Merian und
    Humboldt näher an.*freu*


    Lieben Gruß
    Suse

  • Hallo Silke,


    ich finde das wirklich klasse, wie du die Schriften von Claret in den
    Handlungsablauf einarbeitest. Gerade die Visionen erscheinen völlig
    logisch und passen sehr gut in den Fluss der Geschichte. :-)


    Ich kam übrigens auch nur auf den Franz von Assisi, weil hier ein ähnlicher
    Mechanismus von Askese und den Auswirkungen erwähnt wird. Wenn ich es
    recht bedenke, finden sich bei sehr vielen Lebensbeschreibungen von
    Heiligen solche Wechselwirkungen.


    Und das macht ja deinen Roman so glaubhaft und interessant.


    Übrigens, ich war, als ich das geschrieben habe, am Ende des zweiten
    Abschnittes. Jetzt beginne ich mit dem dritten Teil. Ich bin schon
    gespannt, wie es weiter geht. :-]

  • Hallo Tanzmaus,
    wenn man die Exerzitien Clarets liest, kann man nur staunen. Was er sich so Jahr für Jahr vornimmt (aus solchen Notizen besteht ein Großteil seiner Autobiographie):
    Aus den Exerzitien vom 24.11. - 3.12. 1868:
    1. Jedes Jahr werde ich Exerzitien machen.
    2. Jeden Monat am 25. einen strengen Einkehrtag.
    3. Jede Woche werde ich beichten.
    4. Jede Woche werde ich an drei Tagen fasten oder auf etwas verzichten, und zwar am Mittwoch, Freitag und Samstag.
    5. An den sechs Wochentagen werde ich abwechselnd durch Geißelung oder Tragen des Bußgürtels oder auf andere Weise Abtötung üben, z.B. fünf, sechs und sieben Vaterunser mit überkreuzten Armen.
    6. Ich werde die Sinne, die Leidenschaften und die Seelenkräfte in Zucht nehmen.
    7. Ich werde mich um inneren Frieden bemühen, ohne über irgendetwas in der Welt zornig zu werden oder mich zu ärgern.
    8. Ich werde bedenken, dass Gott immer in meinem Herzen ist und darum werde ich sagen:"Gott meines Herzens, mein Anteil ist Gott auf ewig".
    ...
    12. Am Abend, wenn ich mich ausziehe, werde ich an den Tod denken, und das Bett wird mich an das Grab erinnern.


    13. Im Bett werde ich mein Herz zur nächstgelegenen Kirche hinwenden...ich werde die Engel bitten, für mich zu wachen.
    14. Gott will, dass ich im notwendigen Maß esse und schlafe, nicht zum Vergnügen, sondern aus Notwendigkeit und zu meiner Beschämung, damit ich sehe, wie erbärmlich ich bin, da ich diese irdischen Dinge noch brauche, denn im Himmel hat man Essen und Schlaf nicht mehr nötig.
    ...
    Vielleicht ist das interessant für Euch? Derartige ähnliche Notizen gibt es für jedes Jahr, seit Claret Priester ist.
    Viele Grüße und viel Spaß beim Weiterlesen!
    Silke

  • :wow Die Exerciten.


    Clarets Selbstdisziplin ist wohl kaum zu übertreffen. Ich kann mir für mich persönlich nicht vorstellen, daß mir ein Leben in so engen - und dazu noch selbst auferlegten - Regeln gefallen würde.


    Aber ich bewundere Menschen, die ihre Berufung gefunden haben und sich mit Haut und Haar für ihre Ideale und Ziele einsetzen.


    Das mit Frau Merian habe ich auch überlesen. *schäm*
    Dabei habe ich doch gerade parallel die "Vermessung der Welt" von Kehlmann gelesen. Obwohl sie dort keine Erwähnung findet, wenn ich es nicht auch überlesen habe. *grübel*


    Lieben Gruß,


    die Fride.

  • ...wenn ich das so lese, sollte ich wohl doch über Frau Merian schreiben und nicht über meine zickige Nonne...da ich herausgefunden habe, wie man Bilder hochlädt, hier ein Originalporträt meiner künftigen Protag, die im wahren Leben Gegenspielerin Clarets war (im Roman aber keine Erwähnung findet, wiel ich bis vor wenigen Wochen noch nach Dokumenten gefahndet hatte, die der Vatikan aber samt und sonders aus dem Verkehr gezogen hatte...)

  • Ich war gerade bei wikipedia schauen, Frau Merian scheint wirklich eine sehr interessante Persönlichkeit gewesen zu sein.


    Sich in diesen Zeiten als Frau der Forschung zu widmen, eine zur damaligen Zeit untypische Forschungsreise zu unternehmen und ein Buch darüber auf Deutsch zu verfassen, wo die Gelehrtensprache doch Latein war. :wow


    Zudem hat sie sich auch von ihrem Mann getrennt und hatte mehrere Liebschaften.


    Ein Stoff, aus dem historische Romane sind. :-)


    Der Nachteil bei ihr ist jedoch, daß sie - ausweislich der Liste von wikipedia -schon sieben Mal in Biographien oder biographischen Romanen als Vorlage diente.....


    Üer die zickige Nonne ist wahrscheinlich noch nicht so oft geschrieben worden. Auf dem Bild sieht sie eher wie eine Hexe aus, fies und hinterhältig. Ist bestimmt auch spannend. Böse Menschen geben manchmal mehr her als "Gutmenschen". :-)


    Lieben Gruß,


    die Fride. :wave

  • Sodale... gestärkt mit einer Tasse Kaffee mache ich mich nunmehr auf, mein Buch von den Post its der letzten Tage zu befreien.


    Was mir sehr gut gefallen hat (ca. S. 182) waren die Szenen mit dem kleinen Félix - und vor allem mit seinem Vater, dem Antonio die Beichte abnimmt.


    Sehr schön und auch amüsant beschrieben fand ich die Szene mit Codina und dem Kamelritt auf Lanzarote. (S. 202) Schallend gelacht habe ich bei der Szene, als sie auf den Mann treffen der meint, das könne unmöglich Claret sein... (mehr will ich natürlich nicht verraten - ist bestimmt noch nicht jeder zu dieser Szene gelangt). Das fand ich richtig bezaubernd eingefangen.


    Auch sehr schön beschrieben ist die Szene, als Claret erstmals "seiner Königin" gegenübersteht. Erst das kleine "Vorspiel" mit den Wachen vor der Türe und dann die Szene an und für sich.


    Interessant fand ich das Detail mit dem Fächerspiel ihrer Hofdame. In Bondys Liebesperlen ist nämlich ein Absatz darüber, in dem diese Fächersprache entschlüsselt wird. Ich war kurz davor, mir auch einen Fächer zuzulegen. Aber außer mir und den Lesern des Büchleins würde das wohl leider keiner verstehen. :-(


    Aber zurück zu Gottes Webern. Über das spanische Hofprotokoll habe ich schon viel gehört, auch in anderen Büchern oder Filmen - es scheint wirklich ganz extrem streng gewesen zu sein.


    Es steht auch bei der gesamten Szene wie eine graue Eminenz im Hintergrund. So z.B. als Antonio denkt, er würde gerne mit und für Isabella beten, aber das Hofzeremoniell lasse das jetzt an dieser Stelle nicht zu. Traurig eigentlich, daß selbst solche Momente gnadenlos dem Hofzeremoniell unterworfen werden mußten.


    Intensiv geschrieben auch die Szene auf dem Schiff (S. 234) mit Schwester Antonia Paris, die ja später dann ... - aber ich will nicht den Ereignissen vorgreifen. :grin


    Interessant fand ich auch die Szenen im "Priesterseminar". Scheint so, als wäre es allerhöchste Eisenbahn, daß in dem Haufen mal jemand aufräumt!


    Jetzt gerade hatte ich die Szene mit Dolores Perez. Eine unverschämte Frau, die mit einer ganz infamen Bitte an einen Gottesmann herantritt. Bei aller Liebe und Güte - aber daß er da mit klaren Worten ablehnt, ist ja wohl sonnenklar. Es spricht aber für die Egozentrik der Frau, nicht die Unverschämtheit ihrer Bitte, die sie auch wie eine Forderung vorträgt, zu erkennen.


    Die Perez' scheinen ja in späteren Kapiteln noch eine wichtige Rolle zu spielen, habe ich aus ersten Blicken in das nächste Leserundenkapitel festgestellt. Ich bin gespannt.


    Bis jetzt finde ich das Buch sehr gut geschrieben. Es ist größtenteils ein ruhiges Buch - aber keinesfalls langweilig.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo Batcat!
    Na, dann proste ich Dir mal mit meiner Kaffeetasse zu!
    Das Fächerspiel fand ich schon immer faszinierend. Aber so ganz genau bin ich da noch nicht dahintergestiegen, es gibt verschiedene Quellen und die Haltung des Fächers bedeutete wohl auch in jedem Land etwas anderes. Übrigens hat mir einer der Patres einen wunderschönen Fächer geschenkt, damit ich das mal selbst üben kann - aber mein Mann spricht die Fächersprache nicht :-(...
    Ichhab grade schallend gelacht, als ich Deine Beschreibung von den Liebesperlen gelesen habe. Zack, das Buch ist auf meiner Wunschliste (und neuerdings haben wir ja auch ein HOHES Bücherregal, also steht der Platz schon fest, damit meine alleslesende Lütte nicht zu viel über "harm- und haarlose Körperteile" brüten muss...
    Das spanische Hofzeremoniell war ja Vorbild für viele Höfe. Besonders in Österreich wurde einiges adaptiert, aber auich schwer modifiziert (zum Glück für Sissi :grin). Doch bis heute geht es offensichtlich am spanischen Hof am strengsten zu. Vielleicht hast Du die Hochziet gesehen von Félipe und Létizia? Das ging ja kaum mehr steifer und dass sie ihm beim Winken vom Balkon ein Küsschen geben wollte war ein Protokollbruch, der für einen Aufschrei gesorgt hat. Im Jahr 2005 wohlgemerkt! Ich denke, ein paar Jahrzehnte vorwärts und die nun geprinzessinte Journalistin wird eine herrliche Figur abgeben für künftige Autoren.
    Claret und Antonio París sind sich in der Art übrigens nie begegnet. Aber da ich auch Claretiner-Schwestern kenne, wollte ich ihnen mit dieser Beschreibung ein kleines Denkmal setzen.
    Bis heute arbeiten Patres und Schwestern übrigens sehr eng zusammen. Und, das erstaunt wohl, hier in Spaichingen gibt es ein Claretiner-Kloster, in dem Patres und Schwestern unter einem Dach leben. Die Schwestern und Patres leben zwar streng getrennt, die Schwestern zum Beispiel haben ein eigenes Wohnzimmer. Die Schwestern kommen aus Brasilien oder Polen, zum Beispiel, und wurden zur Mission nach Deutschland geschickt. Auf meine erstaunte Frage, worin denn die Mission bestehe (man denkt da ja in erster Linie an die sog. Entwicklungsländer, Schulen, Krankenhäuser) musste die Schwester furchtbar lachen: sie erledigen, ganz klassisch, den Haushalt für die Patres und kochen für die Gäste, damit die Patres sich voll und ganz der geistlichen Arbeit und Seelsorge widmen können. "Das können die Patres eben besser", sagte die Schwester (wobei ich da schlucken musste, denn in meinem Weltbild spielt Gleichberechtigung eine zentrale Rolle).
    Liebe Grüße
    Silke