Warum glaubt Ihr NICHT an "Gott"?

  • Hallo, Idgie.


    Zitat

    Schade finde ich, dass hier mehrmals eine schön saubere Trennung zwischen Theisten und Atheisten und/oder Agnostikern gefordert wurde (jeder brav in seinen thread) denn wenn sich hier nur die Atheisten/Agnostiker an den Füßen spielen, wären hier ja nicht so kontroverse Meinungen ausgetauscht worden.


    Das hatte seine Ursache darin, daß es erstens bereits jede Menge Threads gibt, in denen wir über solche Fragen diskutiert haben, und daß zweitens kurz zuvor ein Thread "Warum glaubt Ihr an Gott" eröffnet wurde, in dem sich Leute dazu äußern können, warum sie glauben. Als ich diesen hier aufgemacht habe, wollte ich zunächst wirklich nur darüber sprechen, warum sich Menschen nicht mit dem Gottesgedanken befassen oder ihn ablehnen, zum Zwecke der Gedankensammlung und des Austauschs. Aber als Waldlaeufer, Rabbi, Bernard & Co. dann hereinstürmten, entwickelte sich doch wieder eine - ziemlich spannende - Diskussion um das Thema Glauben vs. Nichtglauben.

  • Hallo Tom,
    genau aus diesem Grund fand ich es schade, dass diese Aufforderung wiederholt wurde, nachdem es so spannend wurde. ;-) Ich fand die Teilnehmer haben die Diskussion bereichert. (abgesehen von einigen wenigen Beiträgen)

  • Zitat

    Original von magali
    es gibt keine Gewißheiten.


    Descartes sitzt eines Abends an seinem Schreitbisch.
    Die Erleuchtung, ganz plötzlich:
    Ich denke, also bin ich.
    Es kommt sein Diener vorbei:
    Möchten Sie noch einen Tee?
    Descartes:
    Ich denke nicht.


    *plopp*


    :lache



    Ansonsten hat das Fehlen nebst einfachen Ermüdungserscheinungen auf beiden Seiten (bin ich Sisyphos? gar Don Quijote?) auch zum Teil andere Gründe: manch einer hat zu tun. Und das in gewissen Zeiten nicht wenig.


    Gruß vom Waldlaeufer

  • Distinguo


    es ging um Wissenschaft.
    Da sehe ich keine Gewißheiten


    Allgemein gesprochen gibt es zumindest eine:


    den Tod.



    :wave


    magali (Tee trinkend)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Distinguo


    es ging um Wissenschaft.
    Da sehe ich keine Gewißheiten


    Was wird das, das Luhmannsche Paradox:
    Es gibt keine Gewissheiten.
    Und das mit Gewissheit? :lache


    Mir ging es in diesem Falle aber eigentlich nur um Humor.
    Witze reißen... und sowas in der Art.
    Und das mit Gewissheit. ;-)

  • ja,


    ich habe mal wieder zwei Ebenen mit einem Schlag erledigt.
    Ich habe gegrinst.


    Ich hätte mich ohnehin korrigieren müssen. :-)


    Daß es wissenschaftlich keine Gewißheit gibt, ist eine Voraussetzung für Wissenschaft.
    Wir gehen mit Annahmen um. Unsere Ergebnisse sind Annäherungen.


    Viele WissenschaftlerInnen vergessen das im Eifer des Gefechts.


    Ich bin eben sprunghaft. Wie man das als Staubkorn so ist, eher schwebend.
    Liegt sicher an meinen biochemischen Prozessen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Aaaalso....ich habe mich nicht zurückgezogen, ich bin schon am mitlesen...aaaber:


    1. Verstand ich halt nur die Hälfte von dem was geschrieben wurde...


    2. Kämen mir meine eigenen Postings einfach zu banal vor, inmitten von diesem sehr hochstehenden Austausch....


    3. Fand ich die Diskussion doch recht respektvoll.....und ein Geplänkel hin und wieder lässt sich wohl kaum vermeiden, gerade dann wenn es um dieses heikle Thema geht....


    Abendgedanken von Joan

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Hallo, Magali.


    Zitat

    Daß es wissenschaftlich keine Gewißheit gibt, ist eine Voraussetzung für Wissenschaft.


    Sehr richtig. Und hier unterscheidet sich eine wissenschaftszentrierte Weltsicht vom Glauben, denn religiöser Glauben setzt Gewißheit voraus.


    Und der Tod ist erst gewiß, wenn er eingetreten ist. Ermangels Wahrnehmungsmöglichkeiten ist er es dann leider nicht mehr. (Man weiß nicht mit Gewißheit, daß man tot ist, weil man tot ist.) Die einzige Gewißheit, über die ein vernünftiger Mensch verfügt, ist die von der eigenen Existenz. Den logischen Nachweis hierfür habe ich etwas weiter oben angeführt. Auch der Tod eines anderen Menschen ist keine Gewißheit, weil seine Existenz keine ist. Was nicht heißt, daß man nicht weiß, daß jemand tot ist. Wissen ist etwas, für das es sehr starke Belege und Argumente gibt. Gewißheit schließt alle anderen Möglichkeiten aus.

  • Ich würde mal sagen Tom, du verwendest hier einen Gewissheitsbegriff für zwei Weltsichten (Religion und Wissenschaft), anstatt dass du für zwei Weltsichten einfach zwei Gewissheitsbegriffe verwendest. (Und selbst bei Religionen kann man hier differenzieren.)
    Beide haben einen unterschiedlichen Untersuchungsgegenstand und unterschiedliche Ziele. Ebenso ist auch von "Gewissheit" oder wie du es nun nennen willst, in unterschiedlichem Gebrauch die Rede.

  • Hallo, Waldlaeufer.


    Diesen Einwand verstehe ich nicht, um ehrlich zu sein.


    Gewißheit liegt vor, wenn man etwas weiß, und sich gleichzeitig absolut sicher sein kann, daß es keine andere Möglichkeit gibt. Im Gegensatz zu einfachem "Wissen", das Veränderungen unterworfen ist und ständig zur Disposition steht. Ich weiß, daß es draußen dunkel ist. Aber Gewißheit habe ich nicht. Sämtliche sensorischen Wahrnehmungen könnten Täuschungen sein. Nicht zuletzt aus diesem Grund wirst Du kaum einen Wissenschaftler finden, der Dir sagt, daß er von irgendeinem Umstand mit Gewißheit ausgeht. Es mag höchstens einen derzeitigen Wissensstand geben. Aber Wissen ist beweglich.


    Glaubende brauchen keine Beweise und keine logischen Ableitungen für die Existenz ihres Gottes. Sie sind sich trotzdem seiner Existenz gewiß, und sie schließen aus, daß es eine andere Möglichkeit (seine Nichtexistenz) gibt. Das will uns die offenbarte absolute Wahrheit sagen.


    Wie gesagt, ich verstehe den Einwand nicht. Höchstens in der Hinsicht, daß wieder einmal versucht werden soll, die wissenschaftliche Weltsicht mit dem Glauben gleichzusetzen. ;-)

  • Zitat

    Original von Tom
    Wie gesagt, ich verstehe den Einwand nicht. Höchstens in der Hinsicht, daß wieder einmal versucht werden soll, die wissenschaftliche Weltsicht mit dem Glauben gleichzusetzen. ;-)


    Gegenteiliges ist der Fall, Tom.
    Ich zeige dir, dass du beide Ebenen vermischt.
    Es gibt unterschiedliche Ziele, Bestrebungen, Ansprüche und ein unterschiedliches Objekt der Betrachtung - es kann also nicht in Fall A (Wissenschaft) und in Fall B (Religion) von C (Gewissheit) in derselben Verwendung D (Bedeutung) gesprochen werden.
    Ebenso wie du die Objekt mit der Subjekt-Ebene verwechselst. Dunkel an sich kann schon mal nichts sein. Ebenso wie ein X von sich aus nicht so lang, so breit und sonstwas ist. Das ergibt sich aus der Intertialsystem, der Wahrnehmungslage oder ähnlichesm. Je nach Disziplin.
    Das ist Wissenschaftstheorie. Schlampig kurz formuliert, klar.
    Aber für mehr fehlt mir der Anlass.

  • Zitat

    Es gibt unterschiedliche Ziele, Bestrebungen, Ansprüche und ein unterschiedliches Objekt der Betrachtung - es kann also nicht in Fall A (Wissenschaft) und in Fall B (Religion) von C (Gewissheit) in derselben Verwendung D (Bedeutung) gesprochen werden.


    Es gibt tatsächlich einen Unterschied, der in meinen Augen viel bedeutsamer ist. Beim Glauben handelt es sich um gefühlte Gewißheit; Glauben ist emotionenbehaftet und irrational, zudem beweisfrei. Bei der Betrachtung der Gewißheit oder des "Sicherheitsgrades" von wissenschaftlichen Annahmen geht es um (eine selbstverständlich in weiten Teilen unsichere) Abschätzung der Beweislage. Ich will ja gerade darauf hinaus, daß die Modelle nicht vergleichbar sind, im Endeffekt geht es um die immer wiederkehrende Gleichstellung von religiöser Weltsicht und der Verweigerung derselben. Viele - die meisten - Gläubigen stellen ihre gefühlte, religiöse Gewißheit über das wissenschaftlich akquirierte Wissen (Was nicht heißt, daß sie es verneinen; seine Akzeptanz ist nur so möglich!). Qualitativ. Und gerade vorhin hat jemand in Bernards neuem Thread geschrieben: "Ich weiß, daß es Gott gibt." Das bestreite ich übrigens nicht. Es ist nur eine andere Form von Wissen. Jedoch eine, die Gewißheit ist, und zwar im von mir benutzten Wortsinn.

  • Zitat

    Original von Tom
    Beim Glauben handelt es sich um gefühlte Gewißheit; Glauben ist emotionenbehaftet und irrational, zudem beweisfrei.


    Man lernt nie aus.
    Ich stelle fest: Ich bin ungläubig.
    Die meisten Menschen, die ich kenne und die sich selbst als "gläubig" bezeichnen und eventuell Mitglieder einer Kirche sind, sind ebenfalls ungläubig.


    Du kannst natürlich solche Definitionen für Deinen Thread bringen, Tom, aber das macht die Verständigung deswegen schwierig, weil Deine Definitionen sich von denen Deiner Gesprächspartner unterscheiden.
    Ich behaupte von mir, ein gläubiger Katholik zu sein. Nach den von Dir hier und andernorts gebrachten Definitionen bin ich aber weder gläubig noch Katholik. Auch Joachim Kardinal Meißner (dessen Predigten ich öfters mal ungekürzt höre, ich kann ihn also einschätzen) oder seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. (dessen Wirken ich interessiert verfolge, dito) müsste man nach Deinen Definitionen attestieren, sie seien weder gläubig noch katholisch.


    Das erinnert mich an die These, man könne nur deutsch sein, wenn man blond und blauäugig sei und ein Hakenkreuz auf der Schulter trage. Das trifft für wenige Deutsche zu. Es gibt aber viele, auf die das nicht zutrifft, und es gibt einige, auf die die Kriterien zutreffen, die aber keine Deutsche sind. Aus ideologischen Gründen wählen aber einige Leute diese Definition für "deutsch".


    BTW: Diesen, ich sage mal, "Fehler" (es führt zu einem Kommunikationsdefekt, deswegen "Fehler", obwohl man grundsätzlich natürlich definieren darf, was man möchte) begehen "wir", die (Nicht?)Gläubigen auch, und zwar ständig. Begriffe wie Wahrheit, Liebe, Sünde, Buße, Glaube haben im Alltagsgebrauch eine deutlich verschobene Bedeutung zu der, in der wir sie benutzen. Deswegen redet man so oft aneinander vorbei. :rolleyes

  • Zitat

    Original von Tom


    Glaubende brauchen keine Beweise und keine logischen Ableitungen für die Existenz ihres Gottes. Sie sind sich trotzdem seiner Existenz gewiß, und sie schließen aus, daß es eine andere Möglichkeit (seine Nichtexistenz) gibt. Das will uns die offenbarte absolute Wahrheit sagen.


    Hallo Tom,


    Allen rational denkenden Menschen - zu denen du dich zu rechnen scheinst - ist also bewusst, dass sie nichts mit Gewissheit wissen können (abgesehen von der eigenen Existenz), während gläubige Menschen völlig irrational etwas in deinen Augen völlig aus der Luft gegriffenes als Gewissheit betrachten.


    Und das weißt du mit Gewissheit?


    Gruß


    Rabarat

  • Licht sagte mir, er hätte hier das feld geräumt, weil es ihn inzwischen nicht nur langweilt sondern auch frustriert, drum musste ich einfach reinsehen.


    uii :yikes :wowwo gehör denn ich hin?


    Ich persönlich 'glaube' nicht an gott, weil ich mir verdammt sicher bin, dass er existiert. Ich besitze in diesem fall subjektive glaubensgewissheit. Ich bin pantheist aus persönlicher gnosis, und ich bin ganz glücklich damit (weil ich weiss, dass ich recht habe, und sich alle anderen irren :chen).
    In diskussionen bin ich agnostiker, weil die gnosis anderer immer anders aussieht als die eigene, ob es daran liegt, dass sie andere religiöse vokabeln benutzen, oder eine andere problem-gewichtung haben (die mir oft sowas von hirnrissig vorkommt, zb 'schuld und sühne'-komplex :bonk).


    Aber ich glaube absolut nicht an religionen und ihre glaubenssätze, denn diese sind allesamt phantastische konstrukte.
    Religionen sind immer der versuch von menschen andere menschen zu verdummen, zu manipulieren und zu beherrschen, und der einzige kitt sind sinnfreie rituale denen aus gewohnheit gefolgt wird, darum bekämpfe ich solchen gemeinschaftlich auftretenden wahnsinn, wo ich kann. :fetch
    Religion muss privatsache des einzelnen sein. Wenn leute in meiner gegenwart zu missionieren beginnen, werde ich rabiat: :schlaeger Ich weiss, dass meine Glaubensgewissheit eine wahnvorstellung sein könnte, nur andere sind sich leider dessen nicht bewusst, und verkaufen ihren persönlichen wahn als auch für andere absolut gültige wahrheit.
    Und da hört sich meine toleranz entschieden auf. :hau


    Glaubensgewissheit (genauso wie auch wissenschaftliche überzeugung) ist immer subjektiv, ganz einfach deswegen, weil NIEMAND objektiv denken kann. Ein denken ohne subjekt ist unmöglich, jeder geht immer von sich selbst und seinem eigenen wissen/glauben aus und jeder schafft seine eigenen verstehens-masstäbe.
    Wenn jemand also behauptet, er sei objektiv, und etwas sei einfach so, lügt er, und verfolgt einen gewissen - meisst missionarischen und manipulativen zweck, indem er seinen vorstellungen allgemeingültigkeit bescheinigt und sie anderen aufdrängt.
    Vermeintliches 'wissen' gilt immer nur für den einzelnen selbst. Es ist die frage, wovon man sich überzeugen lässt. Und ich glaube nur meinen eigenen augen und der direkten anschauung, nie etwas, das mir ein anderer indirekt übermittelt hat.
    Bücher - wissenschaftliche - behandle ich immer wie science-fiction, und dass religiöse literatur historisierende fantasy ist, liegt auch auf der hand.


    ;-)ad Waldläufer, die wie mir einmal schien dem absoluten irrglauben der möglichkeit der (eigenen) objektivität anhängt ;-) :rolleyes ;-):
    noch ein gTi-spruch: 'das ist mein aktueller irrtumsstand'


    Provokative these: auch rationalität ist wie irrtionalität einzig eine frage der persönlichen gehirnchemie, was für die einen absolut logisch, gültig, wahr und richtig ist, gilt nie und nimmer für die anderen.


    :chenund im übrigen, wo verschiedene ausprägungen der wahnhaftigkeit so krass zusammentreffen, wie hier im forum, soll man nicht vergessen, etwas mehr über sich selbst zu lachen, denn dann kann man sich das verspotten von anderen auch erlauben: :rofl Darum: LASSET UNS LACHEN! :lache :rofl
    http://www.freidenker.at/lachen/lachen.html

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

    Dieser Beitrag wurde bereits 7 Mal editiert, zuletzt von MagnaMater ()

  • Tom


    danke für die Verdeutlichung in puncto 'Tod'.


    Etwas hat mich an der 'einzigen Gewißheit' immer gestört, ich vermute - ich traue mich schon gar nicht mehr, das umgangssprachliche 'glaube' zu gebrauchen :grin - das ist der Knackpunkt.


    Könnte man sagen:
    es ist gewiß, daß eine Lebensform aufhört?
    oder : daß etwas endet, das wir als eine Form der Existenz wahrnehmen?


    @waldläufer


    wenn für die Existenz eines 'Gottes' mit wissenschaftlichen Ableitungen aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik gearbeitet wird, wie kann man dann zwei Begriffe 'Gewißheit' aufrechterhalten?
    Mit der wissenschaftlichen Terminologie bewegt man sich doch in nur noch einem semantischen Feld?

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo magali!


    Ich habe Dein Posting mit Interesse gelesen und eine Weile darüber nachgedacht. Ich finde es in sich schlüssig und die von Dir aufgeworfenen Fragen berechtigt, insbesondere die danach, was die Existenz Gottes (sofern man sie als gegeben annimmt) für eine Relevanz in Bezug auf das persönliche Leben hat. Ich wollte auch nicht ausdrücken, dass man sich damit beschäftigen muss. Ich wollte nur darstellen, dass es für mich intellektuell interessant ist. Jeder hat so seine Hobbies.


    Einen Punkt in Deinem Posting kann ich jedoch nicht nachvollziehen:

    Zitat

    Original von magali
    Wissenschaftlich gesehen hätte ich Einwände, und zwar dahingehend, daß die Frage: 'gibt es Gott' ab einem gewissen Punkt der Überlegungen zur Vorausetzung geworden ist und jede weitere Überlegung nur noch stracks darauf zu führt, daß es Gott gibt.


    Ich halte folgende Methode für eine legitime Herangehensweise im wissenschaftlichen Bereich:


    1) Man definiert eine Frage.
    2) Man legt offen, welche Annahmen man im Umfeld der Frage als gegeben annimmt. Ob man diese "Fakten", "Axiome", "Voraussetzungen" nennt, ist für mich nicht von Belang.
    3) Man formuliert eine Hypothese, die die Frage beantwortet.
    4) Man erläutert die Beobachtungen, die die Hypothese stützen.


    Eine Hypothese ist nun solange gültig, wie es keine gibt, die unter den Annahmen die Beobachtungen besser erklärt. "Besser" bedeutet dabei entweder, dass sie eine höhere Vorhersagegenauigkeit hat, mehr Beobachtungen erklärt, diese Beobachtungen trennschärfer erklärt etc. Manchmal wird noch angeführt, dass eine einfachere Hypothese besser sei als eine komplizierte, da wäre ich persönlich aber nicht so streng.


    Im vorliegenden Fall konkretisiert sich das wie folgt:
    1) Frage: "Wie ist das Universum entstanden?"
    2) Annahmen: "Das Universum dehnt sich beständig aus, zurückgerechnet kommt man bei einem Entstehungspunkt an.", "Im Entstehungspunkt ist die Raumzeit maximal verdichtet.", "Bei maximal verdichteter Raumzeit vergeht die Zeit nicht."
    3) Hypothese: "Es existiert eine Kraft außerhalb unseres Raum-/Zeitgefüges, die die Entstehung unseres Universums bewirkt hat (Benennung dieser Kraft: "Gott")."
    4) Beobachtungen = gegenwärtiger Stand der Kosmologie (astronomische Messungen etc.).


    Wenn ich wissenschaftlich diskutieren möchte, kann ich ...
    ... die Annahmen widerlegen.
    ... eine bessere Hypothese unter den gegebenen Annahmen formulieren.
    Eine widerlegte Annahme wird zur Hypothese, die wiederum belegt sein will. Wie hier schon mehrfach angesprochen, kann man dies ad infinitum treiben und jeder Diskussionsteilnehmer muss für sich feststellen, wo die Diskussion für ihn uninteressant wird.


    Solange die Hypothese gültig ist, darf ich sie als Annahme für weitere Hypothesen verwenden.
    1) Frage: "Wie ist Gott beschaffen?"
    2) Annahmen: "Es gibt Naturgesetze.", "Die Naturgesetze sind für einen menschlichen Verstand prinzipiell erfassbar/ logisch.", "In der Natur gibt es eine unüberschaubare Anzahl geordneter Strukturen (Molekülgitter, Planetenbahnen, (...), genetische Baupläne"
    3) Hypothese: "Gott hat gewaltige intellektuelle Fähigkeiten. Er hat zielgerichtet Naturgesetze geschaffen, die ein Universum erzeugt haben, wie wir es beobachten."
    4) Beobachtungen = gegenwärtiger Stand der Naturwissenschaft (Gravitationsgesetze, chemische Analysen, ...).


    Usw. usf.


    Ich empfinde das als wissenschaftlich.
    Als unwissenschaftlich empfinde ich dagegen die Einführung von Annahmen, die nicht auf Beobachtungen fußen.
    Die Annahme: "Es gibt keinen Gott" ist eine solche. Damit bricht meine erste Ableitungskette zusammen. Die Annahme "Es gibt keinen Gott" basiert aber nicht auf Beobachtungen, sondern auf Ideologie. Ähnlich wie die sozialistische Planwirtschaft: "Arbeit ist der einzige produktive Faktor". Man kann sehr schlaue (nicht ironisch gemeint) Abhandlungen unter dieser Annahme schreiben - sie haben aber mit der Beobachtung der Wirklichkeit nichts zu tun.


    Wie Du und andere richtig geschrieben haben, sind die hier diskutierten Fragen extrem grundsätzlicher Natur. Sie beantworten weder das "Was hat das mit mir zu tun?", noch "Ist die katholische Kirche die einzig wahre?". Dies ist (hier) auch nicht mein Anspruch.
    Der Umkehrschluss wäre für mich aber interessant: Wenn es tatsächlich keinen Gott gäbe, dann wäre auch die katholische Lehre falsch. Daher bin ich immer an solchen Widerlegungen interessiert.

  • Zitat

    Ob man diese "Fakten", "Axiome", "Voraussetzungen" nennt, ist für mich nicht von Belang.


    Das ist durchaus von Belang. Nur weil man Begriffe in einer Aufzählung als Quasisynonyme benutzt, sind sie das nicht. :grin Dogmen (z.B. religiöse) oder auch Axiome sind Gesetzmäßigkeiten, die nicht beweisbar sind (1 + 1 = 2), und die Naturwissenschaft kennt derlei nicht. (Mathematik ist eine Geisteswissenschaft, sie beschreibt keinerlei Naturphänomene.) "Fakten" oder "Voraussetzungen" sind Beobachtungen oder Ergebnisse von Beobachtungen, die aber keineswegs gewiß und erst recht nicht axiomatischer Natur sind.

  • Hallo, Rabarat.


    Zitat

    Allen rational denkenden Menschen - zu denen du dich zu rechnen scheinst - ist also bewusst, dass sie nichts mit Gewissheit wissen können (abgesehen von der eigenen Existenz), während gläubige Menschen völlig irrational etwas in deinen Augen völlig aus der Luft gegriffenes als Gewissheit betrachten.


    :lache Ich habe nicht behauptet, daß alle glaubenden Menschen irrationale Menschen sind, nur im Hinblick auf den Glauben.


    Zitat

    Und das weißt du mit Gewissheit?


    Nein. Ich bin nicht im Besitz irgendeiner Wahrheit.

  • Zitat

    Original von Joan
    1. Verstand ich halt nur die Hälfte von dem was geschrieben wurde..


    Da stehst du nicht alleine


    Zitat

    2. Kämen mir meine eigenen Postings einfach zu banal vor, inmitten von diesem sehr hochstehenden Austausch....


    Tut gerade in solchen Freds mal sehr gut, was Normales zu lesen.
    Und was ist hochstehend, Jane Doe..herunterzuleiern was irgendwelche Philosphen mal vor annedunnemal gesagt haben?
    Die eigene Meinung ist gefragt


    Zitat

    3. Fand ich die Diskussion doch recht respektvoll.....und ein Geplänkel hin und wieder lässt sich wohl kaum vermeiden, gerade dann wenn es um dieses heikle Thema geht....


    richtig


    :wave