"Wohin mit Vater" Ein Sohn verzweifelt am Pflegesystem - Anonymus

  • Wohin mit Vater
    Ein Sohn verzweifelt am Pflegesystem
    Anonymus


    Über den Autor (von amazon):
    Der Autor ist seit 30 Jahren Journalist, arbeitete bei verschiedenen deutschen Zeitungen und ist heute Ressortleiter bei einer deutschen Tageszeitung. Die Lösung, die er für die Pflege seines Vaters fand, ist offiziell illegal. Um sie nicht zu gefährden, muss er anonym bleiben.



    Über das Produkt (von amazon):
    Dieser Tag wird kommen. Für beinahe jede und jeden. Der Tag, an dem die alten Eltern nicht mehr können, krank werden, Pflegefälle sind. Alle Töchter und Söhne wissen, dass es irgendwann so weit sein wird, aber kaum jemand bereitet sich darauf vor. Und mit dem Tag X kommen Hilflosigkeit, Ohnmacht, Selbstvorwürfe: Was tun mit dem Vater, was tun mit der Mutter?Ein Pflegeheim will man denEltern ersparen, häusliche Pflege ist unbezahlbar aber den Beruf und das eigene Leben aufgeben, um die Pflege selbst zu übernehmen?In eindrucksvoller Offenheit erzählt der Autor das Drama einer Familie und berichtet, mit welchen grundlegenden Fragen er sich plötzlich konfrontiert sah. Er schildert packend die Gewissenskonflikte und auch die bürokratischen Schwierigkeiten seiner Situation. Und er schlägt Alarm angesichts der Untätigkeit, mit der Gesellschaft und Politik vor einer der großen sozialen Fragen unserer Zeit stehen.


    Meine Meinung:
    Das Buch wechselt zwischen den Erlebnissen des Sohnes und allgemeinen Informationen zum Thema.
    Plötzlich ist er da, der Tag X: Die Mutter (welche den Vater pflegte ) stirbt überraschend an einem Herzinfarkt und es stellt sich die Frage: Wohin mit Vater? Dieses Thema wurde von der ganzen Familie erfolgreich verdrängt und verlangt nun nach einer schnellen Lösung. Welche Probleme sich daraus ergeben wird sehr gut nachvollziehbar im Buch beschrieben.


    Obwohl ich die zwei Pflegeheime, die von den Kindern besichtigt und als unzumutbar eingestuft wurden, als etwas wenig ansehe.
    Geht es wirklich im Grossteil der Pflegeheime so zu? Die weiterführenden Informationen lassen dies vermuten.........Es werden aber auch positive Beispiele aufgeführt, z.B. gibt es in der Nähe von Würzburg wohl ein Pflegeheim, welches nur positiv dargestellt wurde.
    Ein heikles Thema, welches in den nächsten Jahren noch ungemein an Bedeutung gewinnen wird.


    Das Buch bekommt von mir 8 Punkte.

  • Kannst du andeuten, welche Lösung er für seinen Vater gefunden hat? Ich habe von Bekannten von einer Art Pflegerinnentourismus gehört, der sich auch jenseits der Legalität bewegt.

  • Ja genau, diese Lösung wählt er dann. Eine illegale Pflegerin aus Polen. Es klappt aber wunderbar, sein Vater versteht sich blendend mit ihr und lebt wieder auf ( er kann in seinem Haus bleiben!!! ).
    Es ist aber auch klar, dass dies wahrscheinlich keine Lösung auf Dauer ist.........

  • Hallo!
    Meiner Ansicht nach tickt da sowieso eine Zeitbombe, die gerade in diesem Buch gut verdeutlicht wird: Einerseits sollen wir arbeiten gehen, andererseits sollen wir uns um unsere Alten selbst kümmern. Der Staat hat kein Geld für sie.
    Im Prinzip habe ich keine Probleme damit.
    Aber wie soll ich das arrangieren? Soll ich meinen alten Vater mit zur Arbeit nehmen, damit ich ihn angemessen versorgen kann? Pflegeeinrichtungen kosten eine ganze Menge. Mehr als ich mir leisten könnte, selbst wenn ich Überstunden kloppen würde.
    Hier ist noch ein Problem - wohin mit den Alten, die keine Kinder haben?


    Die Lektüre dieses Buches ist wirklich sehr empfehlenswert.

  • Das ist in der Tat ein nicht endendes Problem. Der Staat braucht aufgrund der demografischen Entwicklung dringend Kinder, aber diejenigen, die heute noch bereit sind, sie in die Welt zu setzen, sehen sich gleich mit einem ganzen Haufen von Problemen konfrontiert: Einerseits erwirbt man selbst geringe Rentenansprüche, wenn man wegen dieser wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe zumindest zeitweise auf eigenes Einkommen verzichtet und zuhause bleibt. Hat man dann das Glück, wieder in den Beruf einzusteigen, muss man zittern, dass die Kinder irgendwann auf eigenen Beinen stehen und man nicht erst noch jahrelang für deren Unterhalt aufkommen muss. In den Zeiten von Hartz IV hört die Unterhaltspflicht von Eltern mitnichten mit der Volljährigkeit des Nachwuchses oder spätestens nach Finanzierung von ein, zwei Ausbildungen auf. :-(


    Hat man auch diese Hürde genommen, betet man um gesunde Eltern. Ein Fass ohne Boden und alle derzeitigen politischen Ansätze bieten nicht mal ansatzweise eine Lösung.


    Wie schwierig es ist, einen geeigneten Pflegeplatz zu finden, wenn man plötzlich damit konfrontiert wird, weiß ich aus eigener Erfahrung. Man kämpft mit schlechtem Gewissen und finanziellen Fragen. Im Prinzip hilft bei vielen die einzig gute Idee, selbst vorzusorgen, auch nur bedingt, da sich kaum jemand gegen diese hohen eventuellen Kosten ausreichend absichern kann. Die Kosten für eine angemessene Vorsorge können Familien kaum aufbringen.

  • Seit mehr als 5 Jahren ist mein Opa pflegebedürftig und nun seit Anfang letzten Jahres in einem Pflegeheim. Daher habe ich den Kampf um einen Pflegeplatz und alles was vorher dazu nötig war um die schwere Zeit zu überbrücken live miterlebt. Und ich muss sagen dieses Buch ist sehr gelungen. Wichtig finde ich vor allem auch das ganz offen mal gesagt wird was man für die einzelnen Pflegestufen vom Staat bekommt und was ein Vollzeitpflegeplatz - ein guter - kostet. Denn beide Summen zeigen erst einmal auf, dass das Geld für Pflegestufe 3 nicht einmal ansatzweise reicht um einen Pflegeplatz zu zahlen.


    Doch selbst wenn man ausreichend Geld hat ist nicht mal dann immer klar ob man einen Pflegeplatz bekommt. So geschehen in unserer Familie. Und das es viele schwarze Schafe gibt bei Heimen... ja auch das ist meiner Meinung nach nicht gelogen. Und ich finde es gut das der Autor vielleicht dem ein oder anderen die Augen öffnet und klar macht, dass Pflege kein Tabu sein sollte sondern ein aktuelles und brisantes Thema.


    Ein sehr gutes Buch das von mir 8 Punkte bekommt.

  • Das Buch hatte ich schon lange im Auge. Da ich in diesem Fachgebiet arbeite, darum interessiert es mich, wie es in anderen Altenheime so zu geht.
    Hatte in der hinsicht schon mal eins gelesen (Titel ist mir jetzt entfallen), aber von einer anderen Perspektive. In dieser jedoch noch nicht.

    :oha Lg Bellamissimo
    ~~~~~~~~~~~~~~
    Habent sua fata libelli- Bücher haben ihre Schicksale:pferd
    :lesend Der Fluch der Hebamme- Sabine Ebert
    Mit offenen Karten- Agatha Christie

  • Die Problematik diese Buches erlebe ich gerade hautnah.
    Es ist nicht schön, dass es vielen so geht, aber man weiß zumindest, dass man nicht alleine ist.
    Für seine Geburt kann man ja nichts, aber man sollte sich tunlichst überlegen ob man sich Kinder überahupt noch lesiten kann. Denn ich möchte nicht meinen Kindern zur Last fallen oder eine Pflichtübung werden.


    WErde bei Jokers mal reinschaun

  • Sicherlich ist diese Haltung verständlich aber mal ehrlich... wenn ich jetzt von mir ausgehe. Ich könnte jetzt mit 23 nicht sagen, dass ich nie Kinder haben möchte nur weil ich mal alt werde und zum Pflegefall werden könnte. Schließlich kann auch ein Kind mit einer Behinderung zur Welt kommen und braucht Pflege. Es gibt auch viele ältere Menschen die sind ein Leben lang fit und plötzlich sterben sie unerwartet ohne große Krankheit. DAnach kann man sich nie richten. Das Buch ist jedenfalls ein Einstiegslektüre sehr empfehlenswert. Und nicht zu vergessen die vielen guten Lesetipps am Ende.


    Bei mir schlummert auch noch: Abgezockt und Totgepflegt.


    Ist auch ein Tipp aus dem Buch. Bin sehr gespannt.


    Und das wie im Buch auch beschrieben, viele Pflegeheime nicht so sind wie sie seien sollten haben wir auch mit meinem Opa erlebt. Kurzzeitpflege in einem "tollen" Heim. Er sollte einen Fernseher mitbringen, damit er sich beschäftigen konnte. Dann wurden die alten Leute runter an die frische Luft gebracht und den ganzen Nachmittag dort im Rollstuhl nebeneinander stehen gelassen. Und das tollste, das war direkt an einer vielbefahrenen Straße und nur der Gehweg trennte sie.... Nee danke. Ich verstehe Angehörige nicht, die ihren Lieben so etwas antun. Und finanziell war es kein großer Unterschied zu dem Heim was meine Eltern jetzt gefunden haben.


    Solche Bücher sind einfach wahnsinnig wichtig finde ich. Sie klären nämlich auf und weisen auf Probleme hin, über die man sich vielleicht sonst nie Gedanken machen würde.

  • Zitat

    Original von die-kleine-lady
    Bei mir schlummert auch noch: Abgezockt und Totgepflegt.


    Ist auch ein Tipp aus dem Buch. Bin sehr gespannt.


    Genau das meinte ich. Da ist doch das Schlüßelloch drauf mit ner alten Oma, oder? :gruebel
    Das hatte ich schon gelesen. Wenn es interessiert, ist es lesenswerd.


    Edit: Frage hat sich nun erübrigt :grin

    :oha Lg Bellamissimo
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    Habent sua fata libelli- Bücher haben ihre Schicksale:pferd
    :lesend Der Fluch der Hebamme- Sabine Ebert
    Mit offenen Karten- Agatha Christie

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  • Zitat

    Original von die-kleine-lady
    ..... Dann wurden die alten Leute runter an die frische Luft gebracht und den ganzen Nachmittag dort im Rollstuhl nebeneinander stehen gelassen. Und das tollste, das war direkt an einer vielbefahrenen Straße und nur der Gehweg trennte sie.... Nee danke. Ich verstehe Angehörige nicht, die ihren Lieben so etwas antun. Und finanziell war es kein großer Unterschied zu dem Heim was meine Eltern jetzt gefunden haben.


    Mein Vater muß auch in einem Pflegeheim leben und es ist oft schwer für mich. Ich besuche ihn fast täglich - auch wenn es dann nur mal kurz ist - und bekomme dabei die anderen Bewohner sehr wohl mit.


    In dem Heim ist es so, daß die Leute nicht in den Garten wollen (natürlich mit Rollstuhl oder Rollator), sondern sie wollen sich vor das Haus an die Straße setzen, ganz einfach, dort passiert was. Im Garten ist es zwar erholsamer, aber es ist nichts los. Ebenso im Speisesaal. Da kann man auf die Hauptstraße unseres Städtchen schauchen und das mögen sie. Ruhig ist es bei ihnen am Zimmer. Wenn sie rauskommen, dann soll was los sein.

  • Meine Oma wurde damals zu Hause gepflegt und mein Opa war mit seinem
    101 Jahren dann ein Pflegefall und meine Eltern hatten einfach keine Kraft mehr ihn zu Hause zu pflegen. Es war schon schwierig etwas in der Nähe etwas Angemessenes zu finden (Preis/Leistung) und den Kampf um die Pflegestufe kennen wir auch zur genüge.
    Ich habe jetzt schon Schiß, wenn es bei meinen Eltern mal so ist, denn ich bin das Kind, was vor Ort ist.............

  • Ich bin zwar aus Österreich aber die Problematik ist überall die selbe und bei uns wird seit Monaten heiss über dieses Thema diskutiert.


    Meine Mama ist seit ca. 9 Jahren (nach einem Schlaganfall mit 52 Jahren) halbseitig gelähmt und braucht einen Rollstuhl und ist täglich auf Hilfe angewiesen. Ich selbst arbeite Vollzeit und kann das nicht alles alleine machen. Es ist wahnsinnig schwierig für meine Mama ein erfülltes Leben zu organisieren und zu finanzieren. Wir haben extra vor 6 Jahren zwei Wohnungen nebeneinander gekauft, damit die Wege zwischen uns wenigstens kurz sind. Allerdings wird sich auch mal bei mir die Frage stellen, was mache ich mit meiner Mutter, wenn ich zu alt bin, um mich um sie zu kümmern? Bei uns im Ort gibt es ein echt tolles Seniorenwohnheim und da steht sie bereits heute auf der Liste, obwohl sie sicherlich nicht in den nächsten Jahren da einziehen wird, aber als Notschritt ist das nicht schlecht.
    Die Situation in Altersheimen ist auch bei uns nicht gerade rosig. Zu wenig Personal, dadurch viel zu wenig Zeit für die Bewohner. Deshalb möchte ich meine Mama so lange als möglich bei mir in der Nähe haben, auch wenn das sehr belastend ist.


    Das Buch hab ich schon mal auf meiner WL ergänzt. So ein "Erlebnisbericht" zeigt einem, dass man nicht alleine kämpft sondern auch andere am System klopfen.

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