"Am Freitag schlief der Rabbi lang" von Harry Kemelman

  • "Am Freitag schlief der Rabbi lang" ist Kemelmans erstes Buch und es ist einfach großartig. Die Charaktere sind Klasse beschrieben, und man bekommt gute Einblicke in das Leben einer jüdischen Gemeinde in den USA der 60ger Jahre. Aber man erfährt natürlich nicht nur viel über jüdische Denkweise und Bräuche, sondern liest gleichzeitig einen spannenden, gut gemachten und schnörkellosen Krimi.


    kurze Inhaltsangabe aus dem Buch:
    "Die Tote ist Anfang Zwanzig, blond, hübsch. Sie war Hausangestellte und man weiß wenig von ihr. Nur eines stellte sich heraus: Sie war schwanger. Aber das hilft Polizeichef Lanigan auch nicht weiter. Es gibt keinen Verdächtigen. Wer sollte in der muffigen Ehrbarkeit der New-England-Kleinstadt ein solches Verbrechen gebehen? Ein Mann allerdings müsste eingentlich etwas bemerkt haben: der Rabbiner, unter dessen Fenster der Mord geschah. Aber auch seine Vernehmung fördert nichts Neues zutage ...."


    Rabbi Small ist mir ungemein sympathisch, er steht zu seiner Überzeugung, auch wenn er dabei im Vorstand der Gemeinde auf wenig Gegenliebe trifft. Und auf seine unnachahmliche Art, die vom Studium des Talmuds geprägt wird - geht er logisch vor, registriert alle Einzelheiten und lässt sich nicht beirren.


    Neben den spannenden Kriminalfällen dieser Reihe (Chronologie ist einfach zu merken, immer nach den Wochentage vorgehen), genieße ich auch Rabbi Smalls Auseinandersetzungen mit dem Gemeindevorstand, der sich wie ein roter Faden durch die Reihe zieht. Nie ist seine Position in der Gemeinde gesichert, aber darauf legt er auch keinen Wert. Einfach bewundernswert!


    missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

  • Die Kemelman-Reihe wartet hier auch noch auf mich ! Hab mir vor Jahren mal die tolle Box zugelegt:

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ich habe den Rabbi nicht besonders gemocht - was sicher auch daran liegt, daß ich ihn in der Schule lesen MUSSTE. Reiner Protest, denn eigentlich war das Buch gar nicht so schlecht. Aber die Pflichtlektüre gerne gelesen haben nur die Klassenstreber! :grin

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Meine Schwester hat mir auch mal eines dieser Rabbi-Krimis angedreht und bis jetzt hat er mich nicht sonderlich gereitzt.
    Aber vielleicht sollte ich ihn doch mal probieren, bevor ich ihn verkaufe...

  • Ich hab das Buch mit Freuden gelesen - und die anderen 6 Teile gleich auf meine Wunschliste gesetzt.
    Der Rabbi ist mir unheimlich sympathisch, kann ihn mir bildlich vorstellen mit seinen ausgebeulten Taschen, den zerknitterten Hemden und dem in sich versunkenen Ausdruck auf dem Gesicht. (Muss jetzt gleich mal an den von mir heiß geliebten Columbo denken - nein, er unterscheidet sich schon von dem Bild, das ich mir vom Rabbi gemacht hab).
    Die Aufklärung des Falls war auf den letzten Seiten zwar schnell abgehakt, was mich aber auch nicht wirklich so gestört hat - die Auflösung selbst fand ich gut gelöst.


    Ich freu mich auf jeden Fall schon auf die nächsten Fälle rund und mit Rabbi Small. Danke für den tollen Tipp.

  • Mit welchem Wochentag fängt denn die Reihe an?
    Ich habe mir nämlich jetzt aus der Bibliothek so nen Dreierband ausgeliehen (Freitag, Samstag und Sonntag...) Bin ich damit auf der guten Seite???:gruebel

  • Ich habs jetzt auch endlich gelesen. :-)


    Meine Meinung:
    Ein Rabbi in einer amerikanischen Kleinstadt als Protagonist - sehr ungewöhnlich, deshalb war ich so gespannt auf den ersten Teil der Reihe. Rabbi Small ist bei seiner eigenen Gemeinde nicht bei allen beliebt, vielen ist er zu vergeistigt, anderen mischt er sich zu sehr ein. Ich finde ihn ganz sympathisch, auch wenn ich denke, dass es gut ist, dass er eine so pragmatische Frau hat *g*. Seine Art, an Probleme heranzugehen (erstmal überlegen, was der Talmud dazu sagt) hat mir gut gefallen, ebenso dass man nicht nur einiges über das Judentum erfährt, sondern in Gesprächen auch aktive Auseinandersetzungen zwischen den Religionen stattfinden, ist ein zusätzliches Bonbon. Der Fall selbst, nunja, die Lösung kam mir etwas zu plötzlich, schade, dass man nicht alle "Ermittlungen" des Rabbis miterleben konnte, sondern nur die Ergebnisse vorgesetzt bekam. Ein Glossar mit den verwendeten hebräischen Begriffen wäre hilfreich gewesen, beeinflusst aber nicht den Lesespaß. Ich werde mir den zweiten Teil auf jeden Fall auch mal ansehen!

  • Zitat

    Original von Ronja
    Meine Schwester hat mir auch mal eines dieser Rabbi-Krimis angedreht...


    Angedreht? ;-)


    Zitat

    Original von Ronjaund bis jetzt hat er mich nicht sonderlich gereitzt.
    Aber vielleicht sollte ich ihn doch mal probieren, bevor ich ihn verkaufe...


    Hast Du das Buch inzwischen gelesen oder doch ungelesen verkauft? ;-)


    Ich wurde auch beim zweiten Lesen - nach etlichen Jahren - wieder gut unterhalten, was wohl auch an meinem grundsätzlichem Interesse am Judentum liegt.
    Vielleicht wäre eine etwas ausführlichere Schilderung noch besser gewesen, aber so ist das Buch ideal, wenn die Konzentration für einen richtigen Schmöker nicht ausreicht.
    Gut fand ich, dass trotz der Kürze des Buches nicht nur der Mordfall im Vordergrund stand und der Rabbi seine Er- und Vermittlungskenntnisse zunächst an einem weniger kriminellen Fall beweisen durfte... ;-)

  • Ich hab die Reihe vor -zig Jahren gelesen und geliebt. Die Fälle sind mehr oder weniger Wurscht, aber das Gezoffe in Familie und Gemeinde ist klasse. Kemelman jubelt den Lesern so ganz nebenbei ein Grundwissen übers Judentum unter.


    Was hab ich gelacht, als sich der Rabbi mal ein ganzes Buch lang damit mühte, eine Nichtjüdin zum Judentum zu konvertieren, weil sie einen jüdischen Mann heiraten wollte. Und dann, als alles kurz vorm Abschluss steht, erzählt sie treuherzig in einem Nebensatz, sie sei ein Adoptivkind und nennt den Nachnamen ihrer leiblichen Mutter. Ich glaub, es war Segal. Ich hab gegrölt und den Rabbi hat fast der Schlag getroffen.


    Wer jetzt weiß, wovon ich rede, hat entweder die Reihe gelesen oder ist ein Insider.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Die Fälle sind mehr oder weniger Wurscht, aber das Gezoffe in Familie und Gemeinde ist klasse.


    :write
    Ich lese gar nicht so viele und so gerne Krimis, aber hier hat mich wirklich beeindruckt, wie das Umfeld beschrieben wurde.



    Zitat

    Original von Vandam
    Kemelman jubelt den Lesern so ganz nebenbei ein Grundwissen übers Judentum unter.


    Das ist ein Aspekt, der mir gut gefällt.
    Außerdem imponiert mir die Figur des Rabbi, der seine Meinung und Einstellung vertritt, auch wenn er dadurch Nachteile und Ärger bekommt. Obwohl er mehr oder weniger davon abhängig ist, dass die Gemeinde seinen Vertrag verlängert, redet er den Leuten nicht nach den Mund.

  • Ich hab mir die Reihe grad aus der Bücherei ausgeliehen, leider haben die nicht alle Bücher der Serie.


    Der kleine Rabbi hat riesigen Symphatiewert. Und seine Frau, die zum Glück sehr praktisch denkt...


    Außerdem erfährt man viel übers Judentum, aber das wirkt nie belehrend.


    Also ich mag die Bücher mit dem Rabbi :-)


    Zitat

    Original von JuHu
    Das ist ein Aspekt, der mir gut gefällt. Außerdem imponiert mir die Figur des Rabbi, der seine Meinung und Einstellung vertritt, auch wenn er dadurch Nachteile und Ärger bekommt. Obwohl er mehr oder weniger davon abhängig ist, dass die Gemeinde seinen Vertrag verlängert, redet er den Leuten nicht nach den Mund.


    Ja ich glaub das macht ihn so liebenswert. Und dass er es trotzdem irgendwie schafft, die Leute aus seiner Gemeinde gernzuhaben.

  • Oh, ich habe eben bei amazon gestöbert und entdeckt, dass die ersten Bücher schon 1967 erschienen sind. Ich bin nur etwas ratlos, weil das Buch vom Freitag das erste Buch aus der Reihe sein soll, man aber den Wochentagen nach chronologisch lesen soll?

  • Der Freitag ist wirklich der erste Band aus der Reihe. Warum der wohl nicht mit dem Montag angefangen hat? :gruebel


    http://de.wikipedia.org/wiki/H…#Rabbi_David_Small-Romane


    Ich habe einen Sammelband von Zweitausendeins, in dem alle 7 Romane drin sind. Ich weiß gar nicht mehr, wo meine ursprünglichen Bücher abgeblieben sind. Ich habe die während meiner Realschulzeit zum ersten Mal gelesen. Eigentlich eher verschlungen :-)


    Der erste Band ist auch verfilmt worden. Dadurch bin ich erst auf die Bücher gekommen.


    http://german.imdb.com/title/tt0074772/

  • Ich habe die ersten drei Bände der Rabbireihe gelesen. allerdings schon vor 30 Jahren. Sie stehen noch bei mir im Regal. Was es gibt eine komplette Reihe davon? Die muss ich mir unbedingt besorgen, weil es damals ja noch nicht alle gab und mir die "Ermittlungsart" und die Querelen der Gemeindemitglieder so gut gefallen haben.