'Der Himmel aus Bronze' - Seiten 098 - 181

  • Zitat

    Original von Cookiemonster
    Also ich hatte in diesem Abschnitt Assoziationen mit Star Wars. :grin
    Der weise, gütige Socho Pakté (Obi Wan Kenobi, oder aber Yoda) und sein Schüler, der von ihm Alles lernt - es steht ihm aber frei selbst zu entscheiden was er mit dem Gelernten anstellt, und er wird...der dunkle Meister (Dark Vador). Hayso ist dann natürlich Luke Skywalker: ohne Eltern und ohne Wissen über sie, auserwählt zum Kampf gegen das Böse (also gegen den Dunklen Meister). Hoffentlich ist der dann nicht sein Vater?! :chen


    Danke, ich hätte mich nicht getraut, das zu schreiben, aber ich habe es auch so empfunden ;-)


    Hayso habe ich nun ein bisschen besser kennengelernt und ich mag ihn. Er ist einfach unsicher, vielleicht wirklich ein bisschen weinerlich, aber ich kann ihn verstehen. Da wird einer, der sich aus dem Leben immer zurückgezogen hat, mit einer überwältigenden Aufgabe betreut. Das muss der Schock seines Lebens gewesen sein.


    Schön finde ich, dass er seine Reise nicht alleine antritt. Die zwei Gefährten gleichen sein Wesen sehr schön aus, finde ich. Wynscho der impulsive, starke Part, der sagt was er denkt und wahrscheinlich auch kräftig zulangen kann, Zun'er, der zurückhaltende, der unter seiner Blindheit leidet. Ihn sehe ich als ausgleichenden Part. Mir gefällt auch, dass sie sich erst zusammenraufen müssen und nicht gleich dicke Freunde sind. Zun'er beschäftigt mich. Ich glaube, hinter seiner gespielten Hochmütigkeit verbirgt sich ein einsamer Mensch.


    EDIT: Hatte einen Satz zu viel zitiert...

  • Für mich ist Fantasy wenn irgendwelche sprechenden Drachen oder Elfen und Vampire auftauchen oder wenn der Autor einen Kniff aus der Trickkiste holt mit dem er aus selbstverschuldeten Sackgassen erauskommt, wenn die Autorin aus der Bronzezeit Dinge erzählt, die wir "sicher" wissen oder überlieferte Mythen auf die Bronzezeit zurückführt ist das für mich keine Fantasy- die alten Griechen hatten ihre Phytia, warum sollten die bronzezeitlichen Bewohner des späteren Germaniens keine Wema gehabt haben? Das Naturvölker mehr im Einklang mit der Natur leben und gelebt haben und daher Sinne und Empfindungen hatten und haben, die uns auf Maschinen angewiesenen Menschen fremd geworden sind (z.B. solche Techniken wie der große Atem oder die Verbindung zu den Ahnen), heisst noch lange nicht, dass diese Sinne und Empfindungen Fantasy sind.

  • Ich hab aus dem Zitat einen Satz rausgenommen. Ich wollte eigentlich nur den Bezug zu Star Wars zitieren.


    Als Fantasy-Roman empfinde ich den Himmel aus Bronze auch nicht. Ich gebe Dir Recht, Beo. Es mag zwar wenig aus der Bronzezeit überliefert sein, die Naturverbundenheit und die Verehrung von Naturgöttern, wie sie hier beschrieben ist, halte ich für durchaus real.

  • Dem kann ich nur zustimmen, ich würde das buch auch nicht als Fantasy einordnen sondern eher unter der Kategorie "Historie, wie sie hätte sein können", ohne daß das jetzt wertend sein soll. Die Autorin hat sich schlau gemacht über verschiedenste Dinge und sie dem Leser nahegebracht und ihre Sicht der Dinge dargelegt. Auch bei Charlies Twelfenight ist ja nicht alles belegt und vieles mit Spekulationen gefüllt, trotzdem ist es ein historischer Roman - wobei da wieder die Frage auftaucht, bei wieviel Fiktion man die Grenze zu ziehen hat, aber das würde hier zu weit führen.


    Ich glaube, bei dem Roman um Walther von der Vogelweide hab ich diesen Ausdruck der Historie, wie sieh hätte sein können, schon mal gebraucht... paßt ja, die Autorin ist dieselbe..

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Für mich kommt jetzt ein wenig Klarheit in die Geschichte, ein Grundplan entwickelt sich.
    Hayso erfährt, daß ausgerechnet er der Erwählte ist, der das Böse in der Welt aufhalten soll. Ich kann durchaus verstehen, daß er sich erstmal gegen den Gedanken wehrt. Das widerspricht schliesslich allem, was er in seinem Leben bis jetzt erfahren hat.
    Und daß ausgerechnet sein Unvermögen ihn dazu macht, ist natürlich ziemlich schwer zu schlucken.
    Ich habe mich auch gefreut, daß Zun'er und Wyschto ihn begleiten, ich denke alle drei können noch viel voneinander lernen und miteinander reifen.


    Der Vergleich zum Herrn der Ringe und Star Wars finde ich gar nicht so schlecht, aber wie Viola schon sagte, alle grossen Mythen leben von der Konstellation des Bösen gegen das Gute. Mir gefallen solche Geschichten auf jeden Fall sehr gut.


    Zum Thema Fantasy oder Historie: Ich denke vom Thema her ist es eher Historie, allerdings der Aufbau der Geschichte erinnert mich mehr an Fantasy. Mir fallen dazu vor allem Dave Duncan (Die Pandemia-Saga) und Robert Feist (die Midkemia-Romane) ein.


    Ich kann auf jeden Fall jetzt schon sagen, daß ich Band zwei und drei sicher ungeduldig erwarten werde ;-)

  • Bouquineur : :keks :chen


    Also für mich ist das Buch genauso viel Historie oder Fantasy wie auch z. B. MZB's "Nebel von Avalon". D. h. es gibt magische Elemente (Zauberer die die Zukunft vorhersagen können z. B.), erfundene und/oder übertragene Elemente (der Grosse Atem...), einen Kampf von Gut gegen Böse und eine Quest (die Himmelsscheibe). Also letztendlich Historie mit Fantasy-Elementen, oder umgekehrt. Vielleicht möchte uns ja Viola etwas dazu sagen? Oder vielleicht lehnt sie solche "Schubladen" sogar ab? Man muss ja nicht immer alles kategorisch einordnen können.

  • Also, ich beziehe jetzt mal Stellung, auch auf die Gefahr hin, auf virtuelle Füße zu treten.
    Ich hatte nie vor einen Fantasy-Roman zu schreiben.
    Ich hatte vor einen (gewissermaßen) prä-historischen Roman zu schreiben, der eine Gesellschaft wieder-erfindet, die es in den beschriebenen Grundzügen vielleicht einmal gegeben haben mag.
    Archaische Gesellschaften leben sehr nah an der Natur und an Leben und Tod, Menschenleben haben nicht den individuellen Wert, den wir verstehen.
    Ein Menschenleben ist nur eines von vielen - in allen Dimensionen.
    Jedes Leben endet mit der Reise ins neue Leben, es gibt keinen Verlust-Tod, sondern nur einen Reise-Tod.
    Diese Gesellschaften kommunizieren mit der Tier- und Pflanzenwelt, mit der Geistwelt und bis weilen auch mit Verstorbenen. ( Manchmal nicht, manchmal ist das sogar ein schlimmes Vergehen, Verstorbene bei ihrem Namen zu nennen, oder nur auf ihre vorherige Existenz zu verweisen.)
    Jedenfalls sind alle in diesem Roman beschriebenen Vorkommnisse ( Großer Atem, Weissagungen, Traumdeutung und Ausrichtung danach, Gesänge zur Kommunikation mit Toten, Opfer) reale Elemente, die so oder in anderer Kombiantion vorgekommen sind. Auch die Furcht vor Zwillingsgeburten gehört dazu, der Sonnengruß, die Kräuteropfer.
    Wir - aus unserer technisierten Sicht - halten das für nicht rationales und daher nicht reales Verhalten.
    Keiner hat uns bis jetzt bewiesen, wer Recht hat.
    Die spirituelle Dimension des Romans/der Trilogie lag mir besonders am Herzen, daher kann ich diese Ereignisse nicht als Fantasy einordnen.
    Mit Sicherheit sind auch viele dieser Gesellschaften matriliniear gewesen (Erbfolge über die Mutter/ Besitz bei der Frau etc.), aber dass deswegen nun überall Wehklagen um die Große Göttin geherrscht hat, glaube ich nicht. Menschen, die unter solchen Bedingungen leben sind äußerst adaptionsfähig. Sie erwarten meist, dass der nächste Tag furchtbar wird und bereiten sich mit aller zur Gebote stehenden Würde darauf vor.
    Unsere europäische Schicksalshaderei würden diese Menschen mutmasslich nicht verstehen.
    Also, lehne ich diese Schubladen ab: Ja, ganz entschieden.
    Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte, egal was.
    Aber mir ist es wichtig gewesen mit dieser Trilogie an die tatsächlichen Vorfahren der Bronzezeit zu erinnern, kein nIdealbild zu erschaffen.
    Ich glaube, dass man sich bei so weit entfernten Zeiten immer wieder hinterfragen muss, wie sehr wir eigentlich von den Vorerwartungen bestimmt werden, dass die Werte unserer Zeit absolute oder "richtige" Werte sind.
    Ich hoffe, das regt vielleicht eher Fragen an, als dass es sie beantworten würde.


    Viola Alvarez

  • Auf meine Füße bist Du nicht getreten ;-)


    Für mich kann ich nur sagen: Mir ist diese Zeit so fern, daß viele ihrer Gebräuche auf mich sehr fremd wirken, ähnlich fremd wie manche Gesellschaften die von anderen Fantasy Autoren entworfen wurden. Daher wohl das Gefühl Fantasy zu lesen.
    Was mich vor allem eher an einen Fantasy Roman (die ich übrigens ausgesprochen gerne lese, das soll nicht negativ gemeint sein) erinnert, ist der Aufbau der Geschichte. Ein Aussenseiter wird auserkoren mit Hilfe einer Gruppe unterschiedlichster Gefährten eine Aufgabe zu lösen, die für ihn zuerst vollkommen unmöglich erscheint.


    Daß dahinter reale Geschichte steckt macht es für mich als Geschichtsfan natürlich um so besser.

  • Zitat

    Original von Viola Alvarez
    Menschen, die unter solchen Bedingungen leben sind äußerst adaptionsfähig. Sie erwarten meist, dass der nächste Tag furchtbar wird und bereiten sich mit aller zur Gebote stehenden Würde darauf vor.


    Ich habe das so gern gelesen. Und ich kann es im Roman viele Male in unterschiedlicher Auspraegung miterleben (die Szene, in der die Tante mit allem Auflehnen aufhoert und sich die Finger abschneidet - ich musste die Haende mit dem Buch ganz still halten, um dieser Annahme des Schicksals zuzuhoeren).


    Ich hatte keinen Augenblick lang das Gefuehl, einen Fantasy-Roman zu lesen.
    Allerdings denke ich, dass es ein sehr anderes Romanschreiben ist, wenn man einer Gesellschaft nachspuert, die nichts Schriftliches hinterlassen hat. Man muss sich auf eigenes Erahnen, Fuer-moeglich-halten, Schlussfolgern, Nachspueren viel mehr einlassen. Das kostet viel Zeit. Man kann sich nur wenig rueckversichern, kann kaum etwas wissen und muss wagen, stattdessen vieles zu glauben. Ich finde die Fragen: Was war ganz anders? Und: Was war gleich? grundlegend. Und ich liebe am "Himmel aus Bronze", dass ich das Gefuehl habe (eben etwas, das kein Fantasy-Roman fuer mich kann, weshalb ich keinen lese), diese Fragen klingen staendig im Hintergrund - ich erlebe also eine Welt, die ganz fern ist und denn noch unendlich viel mit mir zu tun hat.


    Eine Anmerkung zur Sprache noch: Mir gefaellt sie so sehr, weil sie so praezise ist. Da ist Haut nicht weiss "wie Schnee", sondern "fast wie Schnee", es wird ganz genau beobachtet, und verwendete Bilder stammen aus dem Erlebnisfeld der Figur ("wie ein Rudel Woelfe" etc.). Das stoert mich bei zahllosen historischen Romanen, wo ich schon darauf warte, dass mit Strassenkreuzern, Computerfestplatten oder Zeitrafferaufnahmen verglichen wird.


    Einen schoenen Abend wuenscht Charlie

  • Zitat

    Original von Viola Alvarez
    Also, ich beziehe jetzt mal Stellung, auch auf die Gefahr hin, auf virtuelle Füße zu treten.


    Herrlich, europäische Schicksalshaderei, dieses dauernde nachhaken, warum ich, was hab ich getan, daß ausgerechnet ich.... Fürchterlich. Mich hat ein Satz ganz entscheidend geprägt: Der einzige, der Dein Leben ändern kann, bist Du selbst. Sonst ändert sich nämlich nie was.


    [quote]Original von Viola Alvarez
    Ich glaube, dass man sich bei so weit entfernten Zeiten immer wieder hinterfragen muss, wie sehr wir eigentlich von den Vorerwartungen bestimmt werden, dass die Werte unserer Zeit absolute oder "richtige" Werte sind.


    Mich regt es eher dazu an, darüber nachzudenken, was ich selbst für möglich halte und was die "wissenschaftliche" Sicht der Dinge ist - und was man selbst für sich daraus lernen kann - sowohl daraus, daß man absolut "wissenschaftlich" geprägt ist (in einem Land, wo das, was man schwarz auf weiß hat, getrost nach Hause getragen werden kann) als auch daraus, was man sich selbst für mögliche Varianten vorstellen kann, die eventuell zu völlig anderen Ergebnissen führen würden.


    Für mich persönlich ist dieses Buch, genauso, wie Charlies Twelfenight, etwas, was ich ablege unter: Eine mögliche Realität, die der Autor aus seiner Sicht der Dinge beschreibt und die eben möglich ist - eine absolute Gewissheit kann man weder bei Henry VI noch der Bronzezeit haben.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde es grandios, in eine Zeit entführt zu werden und mir eine mögliche Variante anzuschauen!


    Danke, Viola!


    Und danke allen, die bis hierher gelesen und es zumindest versucht haben, zu verstehen, was ich sagen will...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Aha.
    Jetzt bin ich mit meinem Verständniss für Hayso auch etwas weiter. :-]
    Nach dem Erlebniss des großen Atem hüpft sein merkwürdiges Seh-Verhalten plötzlich in die Reihe und Omnaktar erklärt es dann ja auch für alle die es bis dahin immer noch nicht kapiert hatten (mich): nur durch seine Nichtsnutzigkeit konnte Hayso zum Erwählten werden. Alles klar.


    Schön, dass unser "Nichtsnutz" jetzt langsam aktiv wird und sich und seine Verhaltensweise hinterfragt. Das gehört doch definitiv zum Erwachsenwerden dazu und mir scheint er ist auf einem guten Weg.
    Und dass er nicht alleine gehen muss finde ich auch gut, da wäre er wohl doch wieder in Selbstmitleid und Selbstzweifel versunken.


    Wahrscheinlich ist es wirklich so, dass unsere heutige Sicht der Dinge nicht auf die Bronzezeit passt aber man, oder zumindest ich, trotzdem versucht das Gelesene in ein modernes Verständniss-Schema zu pressen. Ich bin schon sehr rational, Naturwissenschaftler durch und durch, und tu mir da sehr schwer. Vielleicht sogar gerade weil ich das Buch auch nicht als Fantsay empfinde, damit komm ich gut klar und da stossen mir auch nur äußerst selten "Logiklücken" auf.


    BTW, diese Überschrift: Die Eso-Falle/ Das Potter-Eragon-Sydrom und ewig singt Avalon...oder wie war das? Göttlich. :anbet

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    (\__/)
    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


    Copy Bunny into your signature to help him on his way to world domination.

  • Ich lese sehr gerne die "Chroniken der dunklen Wälder" von Michelle Paver, die in einem ähnlichen Setting spielen. Und auch hier gibt es eine starke mythologische bzw spirituelle Komponente. Entscheidend ist für mich dabei weniger was ICH glaube (ist Traumdeutung real oder nicht etc), sondern was die Protas glauben und wie realistisch sie sich vor diesem Hintergrund bewegen.


    Dennoch würde ich auch Streifi in gewisser Weise zustimmen:

    Zitat

    Original von Streifi:
    Für mich kann ich nur sagen: Mir ist diese Zeit so fern, daß viele ihrer Gebräuche auf mich sehr fremd wirken, ähnlich fremd wie manche Gesellschaften die von (...) Fantasy Autoren entworfen wurden.


    Das sagt erst einmal nur etwas darüber aus, daß bestimmte Dinge als fremd empfunden werden- gibt aber keine Wertung ab, ob die spirituelle Komponente vollkommen "erfunden" ist oder nicht doch möglich sein könnte.


    Viola :
    Ich habe deinem Post entnommen, daß es dir wichtig ist klarzumachen, daß du versucht hast eine mögliche Vergangenheit zu erschaffen- und eben keine Fantasy.
    Daß es zu Vergleichen mit Fantasy kommen wird, war doch aber zu erwarten, schließlich sagst du selbst:

    Zitat

    Original von Viola Alvarez:
    Star Wars/ Tolkien/ Fantasy: Alle archaischen Geschichten sind letzten Endes Mythen, so auch diese.


    Ich habe fast das Gefühl, Fantasy für dich soetwas wie eine Beleidigung (dabei verwenden gute Fantasyautoren ebenso viel Mühe ein glaubhaftes Setting zu erstellen und konsequent bei zu behalten wie die Autoren historischer Romane, aber das nur nebenbei)



    Mir persönlich ist es egal aus welchem Genre ein Buch kommt, solange die Geschichte an sich stimmt und das tut sie im vorliegenden Fall für mich.



    Edit:

    Zitat

    Original von Caia:
    dieses dauernde nachhaken, warum ich, was hab ich getan, daß ausgerechnet ich....


    Genau das wollte ich ausdrücken, als ich geschrieben habe Hayso sei weinerlich.


    Edit2: Post zum besseren Verständnis ergänzt

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

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  • Zitat

    Original von grottenolm
    ...
    Mir persönlich ist es egal aus welchem Genre ein Buch kommt, solange die Geschichte an sich stimmt und das tut sie im vorliegenden Fall für mich.


    :write


    Für mich ist nur wichtig, daß die Geschichte mich packt und das tut dieses Buch auf jeden Fall.
    Egal in welche Schublade der Verlag oder sonst irgend jemand das Buch packt.

  • Ich fühle mich auch nicht auf die Füsse getreten!
    Ich glaube ich hatte irgendwie den Vorgedanken "ich lese jetzt ein Buch aus dem Fantasy-Genre". Woher der Gedanke allerdings stammt weiss ich auch nicht mehr! :pille


    Danke für deine ausführlich Antwort, Viola!
    Deine Schlussbemerkung finde ich sehr spannend:

    Zitat

    Original von Viola Alvarez


    Aber mir ist es wichtig gewesen mit dieser Trilogie an die tatsächlichen Vorfahren der Bronzezeit zu erinnern, kein nIdealbild zu erschaffen.
    Ich glaube, dass man sich bei so weit entfernten Zeiten immer wieder hinterfragen muss, wie sehr wir eigentlich von den Vorerwartungen bestimmt werden, dass die Werte unserer Zeit absolute oder "richtige" Werte sind.


    #Viola Alvarez


    Ich finde es immer wieder "lustig" wenn sich Leute aufregen, wenn sie einen Roman der im 12. Jhd. angesiedelt ist, lesen, in dem die Protagonistin z. B. halt nicht emanzipiert und forsch ist. Ich glaube dass das Schreiben von Romanen, die in einer gänzlich anderen Zeit stattfinden, immer nur das Herantasten daran sein kann, wie es hätte sein können. Es ist sehr schwer losgelöst von unserer Weltsicht und unseren "Werten" zu Lesen, und bestimmt auch schwer zu Schreiben. Umso interessanter finde ich dass in diesem Roman auch die Weltsicht nicht der unseren entspricht.

  • Irgendwie komme ich im Moment nicht recht zum Lesen, wenn ich dann aber mal dabei bin, verschlinge ich die Sätze geradezu. Beim Hochschauen merke ich gerade noch, dass die S-Bahn in meine Haltestelle einfährt und habe, ohne es wirklich zu merken, 40 Seiten gelesen.
    Mit gefällt diese Welt sehr gut, ich habe wirklich dieses Gefühl: so könnte es gewesen sein. Obwohl ich auch ein großer Fantasyfan bin, habe ich eigentlich nie Vergleiche gezogen. Hayso, Kuras, Wyschto sind für mich immer Menschen in einer möglichen Realität, keine erdachten Figuren in einer zwar fein ausgearbeiteten, aber nie realen Welt.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Spät aber sie kommt doch.


    In diesem Abschnitt werden ein paar interessante neue Charaktere eingeführt:


    Omnaktar: Der Heilige Mann und weise Zauberer, der in Hayso den Auserwählten des Fuchszauberers erkennt und ihn freundlich aufnimmt.


    Wyschto: Der Schüler Omnaktars, der als Kind Sklave in den Salzminen war und wohl deshalb so verrückt auf den Geschmack des Salzes ist.


    Zun'Er: Der blinde Übersetzer, der Hayso sehr arrogant und herablassend behandelt. Verständlich irgendwie, für ihn als Blinden ist Hayso, der über Sehschwäche jammert und sich auch etwas dahinter versteckt, wohl einfach ein Schwächling.


    Grawyschty: Feuerwächterin, Schwester Omnaktars und sowas wie eine liebevolle aber auch scheltende Mutterfigur.


    Kuras: Hundssoldat mit in diesem Abschnitt noch sehr undurchsichtigen Motiven. Aber viel hat man ja auch noch nicht von ihm gelesen. Er scheint so etwas wie der totale Gegenpart zu Hayso zu sein. Ein großer, starker, selbstbewusster Krieger. Und schon regt sich in Hayso der Verdacht, er könnte ein Verräter sein. Oder ist es vielleicht einfach nur Eifersucht?


    Da die Geschichte ja aus der Ich-Perspektive verfasst ist, habe ich am Anfang erst mal sehr mit Hayso gelitten und die Behandlung durch die anderen Bewohner seines Dorfes verurteilt. In diesem Abschnitt beginnt er zuzugeben, dass es auch andere gab, die er dann aber wiederum aus falschem Stolz zurückwies. Etwas später erfährt man auch, dass er die ganze lange Zeit, die er in Omnaktars Dorf war, fast nie das Haus verlies, auch das zeigt einfach, dass er sich wirklich lieber versteckt als aktiv etwas an seinem Zustand zu ändern. Omnaktar und der Geist des Fuchszauberers sagen es ihm eiskalt ins Gesicht: an dem was aus dir wurde, bist du selbst schuld. Merkwürdigerweise kann Hayso nach der Trance wieder sehen. Die ganzen spirituellen Elemente bisher waren für mich ganz gut nachzuvollziehen und glaubhaft, aber das war der erste Moment wo eine kleine Stimme in meinem Kopf sagte: "Neeee oder? Wie soll das denn bitte gehen?" Eigentlich nur verständlich, wenn Haysos Fehlsichtigkeit gar nicht so ausgeprägt war und er sie sich nur eingeredet hat? :gruebel Wäre auch ein Denkansatz.


    Da es bekanntlich weh tut, wenn man die ungeschminkte Wahrheit hört, ist Hayso entsprechend verletzt und entrüstet, als Omnaktar ihm sagt, er alleine wäre verantwortlich für seine Entwicklung. Und hier offenbart sich wohl auch die Schwäche, die der Dunkle Meister für sich zu nutzen versucht: Hayso möchte gut behandelt werden, gelobt werden. Die Assoziation zu Star Wars hatte ich übrigens auch häufiger (mag auch daran liegen, dass es grad im Fernsehen läuft und ich ständig den Trailer seh): Der weise Meister, der zur dunklen Seite übergelaufene ehemalige Schüler, die "neue Hoffnung" die gegen den Dunklen Meister antreten muss, dabei aber selbst eine Art dunkle Seite hat, die der Gegner versucht auszunutzen. Es stimmt schon, viele Geschichten halten sich an dieses Muster, aber man denkt eben auch immer an die Bekanntesten, wenn man etwas ähnliches liest.


    Ich bin jetzt nicht unbedingt bibelfest, aber hat es einen bestimmten Grund, dass Hayso, der Auserwählte (ja auch eine Art Messias), "40 Tage und 40 Nächte" braucht um soweit mit sich im Reinen zu sein, dass er Omnaktar alles erzählt? Bei mir war einfach sofort die Bibelstelle präsent, bei der Jesus eben genau für diese 40 Tage und 40 Nächte in die Wüste geht, um sich dort zu prüfen und gestärkt und gereinigt aus den Prüfungen hervorzugehen.


    Am schönsten in diesem Abschnitt fand ich Omnaktars Darstellung von Wissen mit einem Gefäß: es kann ein Geschenk sein, eine Waffe, ein Geheimnis oder als Geschenk weitergegeben werden. Passendes und sehr bildhaftes Gleichnis.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Im Rezithread zu dem Buch habe ich inzwischen kund getan, daß ich abgebrochen habe. Da ich dabei aus diesem Abschnitt der Leserunde zitiert habe, will ich den entsprechenden Link hier auch nochmals posten.


    Viola Alvarez hatte früher in diesem Abschnitt über die Heldenreise nach Campbell geschrieben. Diese war mal Thema in unsereren Mythological RoundTable Gesprächen in Heidelberg; die Zeitschriftenbeiträge, die den Referaten zugrunde lagen kann man < hier > von dieser Übersichtsseite als PDF herunterladen.


    Dies für die, welche sich eventuell noch für eine Vertiefung dieses Themas interssieren.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Berufsbedingt hänge ich gerade hinterher wie die alte Fastnacht. :-(Trotzdem noch ein paar Eindrücke von mir.


    Auch wenn ich mit diesem Abschnitt noch nicht fertig bin, gab es bereits zwei ganz beeindruckende Szenen für mich, bei denen ich mich gerade gewundert habe, daß sie hier zu keinerlei Diskussion geführt haben.


    Bei der einen Szene handelt es sich um die Diskussion um das Wesen der Macht. Was ist Macht, wer oder was hat Macht über uns und was macht mächtig. Eine Frage, die, wie ich finde, durchaus mit den existentiellen Fragen des Seins gekoppelt ist. Eine Passage, die aus meiner Sicht auch durchaus anregt, sich mal wieder in Selbstreflektion zu üben und darüber nachdenkt, was man selbst als Macht einstuft (durchaus auch mal ganz unabhängig von irgendwelchen Finanz-, Umwelt-, Ernährungs- und anderen Krisen :grin).


    Die zweite Passage, die mich beschäftigt hat, ist die mit der Rückmeldung von Omnaktar an Hayso, daß er durchaus für seine Situation selbst verantwortlich war, was für Hayso schmerzlich zu hören ist und zunächst so auch nicht nachvollziehbar. Auch hier kann der Leser diese Gedanken aufgreifen und mal für sich selbst beantworten bzw. seine persönliche Haltung / Lebenseinstellung zur Selbstverantwortung in Augenschein nehmen.


    Hayso ist für mich definitiv kein weinerlicher Typ. Er ist jemand, der sich bisher brav, fleissig und zäh durchgekämpft hat, aber noch nicht die Fähigkeit hatte, einmal über den Tellerrand hinaus zu schauen oder seine eigene Situation gewissermaßen von außen zu betrachten.

  • Pelican
    Ich hinke ja auch hinterher. :wave


    Das mit der Macht ist wirklich eine interessante Frage gewesen und ich denke, so eindeutig ist sie nicht zu beantworten.
    Heutzutage würde man "Macht" wohl weitestgehend mit "Einfluss" gleichsetzen. Wer viel Einfluss hat (ob durch Geld, durch seine Position, seine Bekanntheit oder ähnliches), dem kann man sicher eine bestimmte Art von "Macht" zuschreiben, es wirkt aber in diesem Kontext etwas negativ.
    Macht kann auch jemand haben, der Veränderungen bewirkt, der andere Menschen dafür begeistert, oder ihnen sonst irgendwie hilft. Das ist zwar meist in einem kleineren Maßstab, aber trotzdem ein Art von Macht.
    Und was ist mit der Macht, die man über sich selbst hat? Selbstbeherrschung, Stärke, Durchhaltevermögen, Mitgefühl mit Anderen, Weiterentwicklung durch Lernen und Training, Verantwortungsgefühl.


    Das Leben eines Menschen ist im großen und ganzen von 2 unterschiedlichen Faktoren bestimmt. Ereignisse die er beeinflussen kann (über die er sozusagen "Macht" hat) und Ereignisse die er nicht beeinflussen kann. Es ist nur manchmal nicht ganz einfach diese voneinander zu trennen oder anders herum gesagt, es ist leichter manche Dinge als unveränderbar einzustufen und sich damit abzufinden, als dagegen anzukämpfen. Ich denke so war es bei Hayso. Er ist so aufgewachsen, kannte es nicht anders und hatte sich abgefunden. Er hatte keinerlei Ambitionen etwas an seiner Situation zu ändern, schon allein weil er glaubte, das wäre sowieso unmöglich. Dieses Problem kennen bestimmt die meisten aus der einen oder anderen Alltagssituation. Man ist mit etwas nicht wirklich zufrieden, aber man glaubt sowieso nichts ändern zu können und so erträgt man zwar murrend jedoch duldsam den Status Quo.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Pelican
    Die zweite Passage, die mich beschäftigt hat, ist die mit der Rückmeldung von Omnaktar an Hayso, daß er durchaus für seine Situation selbst verantwortlich war, was für Hayso schmerzlich zu hören ist und zunächst so auch nicht nachvollziehbar. Auch hier kann der Leser diese Gedanken aufgreifen und mal für sich selbst beantworten bzw. seine persönliche Haltung / Lebenseinstellung zur Selbstverantwortung in Augenschein nehmen.


    Das ist eine Einsicht, die ich für mein Leben schon sehr lange verinnerlicht habe: Es kann niemand mein Leben ändern; der einzige Mensch, der für Veränderungen zuständig ist, bin ich selbst.


    Vielleicht ist es mir darum nicht so drastisch aufgefallen, es war eher ein Zustimmendes Drüberlesen.


    Wohingegen die Frage, was Macht ist, schon sehr interessant ist - aber auch hier denke ich, daß Macht etwas ist, was man über andere hat - und auch dort ist es wieder jemand, der sich mit Macht von anderen beeinflussen läßt. So gesehen greifen diese beiden Passagen sogar ineinander! Wenn ich mein Leben selbst bestimme, gebe ich niemandem Macht über mich.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein