Über mich sprechen wir ein andermal
„The Unsatisfied“
Edna Mazya
Aus dem Hebräischen von Stefan Siebers
Kiepenheuer &Witsch
ISBN 978-3-462-04036-4
430 Seiten, 19,95 Euro
Edna Mazya geboren 1950 in Tel Aviv, Tochter österreichischer Einwanderer, ist eine der bekanntesten und meistgespielten Theaterschriftstellerinnen Israels. 1993 wurde sie mit ihrem Stück "Die Schaukel" international bekannt. Ihr erster Roman 'Schlamassel' erschien 2001, sie schrieb zahlreiche Drehbücher und lehrt "Dramatic Writing" an der Universität Tel Aviv.
Meine Meinung: Laut Buchrückentext handelt es sich um ein Buch, dass mit hinreißendem Humor zu unterhalten weiß - Wer auch immer den Text auf diesem Buchrücken geschrieben hat, er hatte eine andere Auffassung von Humor als ich. Die Geschichte handelt von der deutsch-jüdischen Verlegerin Nomi, die mit ihrem Freund Kirin, einem bekannten Theaterregisseur, eine „unabhängige“ Beziehung führt. Sie sehen sich selten und wenn, dann genießen sie die wenigen Tage, die sie miteinander verbringen, ohne über ihre Probleme zu sprechen. Es ist die fehlende Nähe, das bewusst Unabhängige und Freie und die fehlende Bereitschaft Probleme miteinander zu teilen, die Nomi dazu bringen, ihre Beziehung zu hinterfragen. Bei einem Besuch in Wien, begegnet sie den Spuren ihrer Familie und lässt sich die Tagebücher ihrer geliebten Oma Ruth kommen, um das eigene Verhalten besser zu verstehen. Ruth, eine kühle und egoistische Schönheit, vernachlässigte ihre Tochter Anuschka und ihren Mann Otto, um eine leidenschaftliche Beziehung zu dem aufregenden und ebenfalls egozentrischen Robert Keller zu pflegen.
Doch was für eine Ironie des Schicksals - In dem Moment, als Ruth ihrem Mann offenbaren will, dass sie sich von ihm trennt, bittet er sie zu einem Gespräch, um ihr zu sagen, dass es eine andere Frau in seinem Leben gibt! Plötzlich befindet sich Ruth auf der Verliererseite und kämpft um ihre Ehe. Vielleicht war das der Humor, von dem der Buchrückentext spricht? Zum Lachen gebracht hat mich diese Szene beim Lesen allerdings nicht, ebenso wenig wie der weitere Verlauf der Handlung: Die Familie muss nach Palästina auswandern und auch dort kann Ruth ihre große Liebe nicht vergessen. Als ihre Tochter Anuschka sich von ihr abwendet und sich in eine fatale Liebesbeziehung stürzt, muss sie begreifen, dass alles, wofür sie gekämpft hat, vergebens war…
Einmal begonnen, mochte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Edna Mazyna erzählt die Geschichte, um Ruth, Anuschka und Nomi so eindringlich, schildert ihre Gedanken und Gefühle so nachvollziehbar, dass man verwundert den Kopf schüttelt, über so viel Kälte und Ablehnung, dem eigenen Nachwuchs gegenüber.
Ich war gespannt, wie sich die Ruth, die oberflächliche und egoistische Frau, verwandelt - in eine Oma, die Nomi so liebevoll umsorgt und bis zur Mitte des Buches konnte ich mir den Grund für ihre Wandlung nicht vorstellen. Der Anlass für die Wende, der Einschnitt im Leben Ruths, ist gut erdacht und kommt ebenso wie das gesamte Buch ohne Kitsch und Gefühlsduselei aus und auch hier könnte man Humor vermuten, wenn man die Ironie der Situation sieht, doch insgesamt wirkten alle Figuren auf mich eher unglücklich und unzufrieden, was aber die Geschichte trotzdem niemals düster oder deprimierend wirken lässt. Fazit: Eine interessant und klug erzählte Lebensgeschichte um drei Frauen, die auf ihre Weise versuchen, ihr Glück zu finden und die ungewollt, vielleicht als „Opfer ihrer Gene“ dieselben Fehler begehen, wie ihre Mütter.