• Eines würde mich mal interessieren, liebe Eulenautoren:
    Wie ist das mit den Namen der Protagonisten bei euch?
    Geht ihr analytisch ran, durchforstet ihr Telefonbücher oder Namenslexikas oder ist das ganz anders?


    Mir geht es ja so. Wenn eine Geschichte beginnt, mir im Kopf herumzuspuken, dann bilden sich auch lose Ideen, welche Figuren denn die Geschichte erleben könnten. Ist die Geschichte dringend genug, beginne ich, mich mit den Figuren zu beschäftigen, immer wieder blitzt etwas von ihnen auf, das aber noch keinen Sinn ergibt. Und dann gibt es diesen Moment, den Moment, wo sie mir ihre Namen verraten. Ich weiß auch nicht, wie das genau passiert. Manchmal denke ich konkret darüber nach, manchmal passiert es aber auch mitten in etwas völlig anderem. Jedenfalls ist das dann die Entscheidung für die Geschichte, denn, so seltsam das Klingt, mit den Namen weiß ich auch alles über die Protagonisten, ihre Biografien aufzuschreiben ist lediglich eine Spielerei und ihre Geschichte ist im Kopf bereits fertig.


    Wie erlebt ihr das?
    Ich frag mich allmählich, ob an diesen ganzen Ideen zur Namensmagie etwas dran ist, schließlich steckt die Figurenbio in dem Figurennamen. Also womöglich ist das im echten Leben auch so... :gruebel


    lg :wave Claudia

  • Namen sind sehr wichtig für mich, zumindest für die Hauptfiguren. Als ich meinen letzten Roman begann, hatte ich während der ersten Kapitel ständig das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Bis ich den Namen der Hauptfigur änderte - er passte einfach nicht. Der Leser mag das später nicht, oder nur unterschwellig wahrnehmen, aber für mich ist der passende Name der Zugang zur Figur.
    Manchmal spiele ich mit Buchstaben, stelle Wörter um, bis mein Gefühl mir sagt, dass es passt. Oder ich guck einfach in die Luft, das passiert auch. Im Telefonbuch blättern kann auch sehr hilfreich sein.
    In meinem neuen Roman gibt es einen Typ, der Berksen heißt. Eigentlich ist er lammfromm, aber er ist groß, stark und sieht aus, als hätte man einen Gorilla in einen Armani-Anzug gesteckt. Als ich mich mit der Figur beschäftigte, spukte ständig das Wort "Berserker" durch meinen Kopf. Ich begann die Buchstaben hin und her zu schieben, bis daraus "Berksen" entstand. Das war für mich die Initialzündung, um der Figur Leben einzuhauchen.


    Dean

  • Namen sind für mich auch sehr wichtig. Das müssen genau die richtigen und auch passenden Namen sein! Meine Protagonistin heißt Camille, das war auch einfach ein kleiner Geistespfurz :chen
    Und der Name passt zu ihr wirklich gut. Wenn der Name mir nicht gefällt, feile ich so lange an ihm herum, bis ich genau DAS Gewünschte habe und der Name soll auch etwas rüberbringen.


    Übrigens, ich denke auch, dass das bei Menschen ähnlich ist,Claudia :-)


    LG
    BunteWelt :wave

  • Bei mir ist es nicht ganz so.
    Ich entwerfe immer lange Namenslisten, mit all den Namen die ich super schön finde.
    Wenn ich dann erstmal einen Namen ausgesucht habe, passt er, es ist so als würde er sich auf die Figur zuschneiden. Den Namen kann ich dann auch nicht mehr ändern, wenn ich mich da einmal festgelegt habe, ist das so!

  • Das ist nun zwar etwas off topic, aber ich muss Bodo zustimmen: der Abspann der James-Bond-Filme hat unserem Rattenpärchen seine wunderbaren Namen beschert:


    Salzman und Broccoli :anbet

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ist ja interessant! Filmabspann! Wär ich nicht drauf gekommen. ;-) Ich hab ja immer eher das Gefühl, die Namen finden mich, bzw sie entstehen in mir, aber das erlebt wahrscheinlich jeder anders. Tatsache ist, ich kann keine Figurenbio schreiben, wenn ich den Namen nicht kenne. Der Protagonist ist so und so, mag das oder jenes, nein, das geht nicht. Als erfände ich sie nicht, sondern wartete darauf, dass sie sich mit mir bekannt machen...


    lg :wave Claudia

  • @ claudiatoman:
    Ich finde diesen Ansatz sehr spannend:
    Dass die Namen sich Dir mitteilen, aus Deinem Inneren an die Oberfläche drängen um sich vorzustellen, und damit auch die dazugehörige Figur ans Tageslicht tritt, die Biografie dazu Gestalt annimmt....


    @ alle:
    Bei mir ist es anders. Ich verpasse den Personen zu Anfang irgendwelche Namen und weiß dabei schon, dass sie so nicht bleiben werden, aber das spielt ersteinmal keine Rolle.
    Allerdings fühle ich es meistens stark, wenn ein Name gar nicht passt und weiss, dass er so nicht bleiben kann.


    Erst gegen Mitte des Buches habe ich plötzlich das Gefühl, einzelne Figuren müssten nun getauft werden und ihren richtigen Namen tragen, sonst kann ich nicht weiter über sie schreiben.


    Der Klang des Namens muss mit dem Charakter zusammenpassen.


    Manchmal suche ich auch nach der Bedeutung eines Namens, diese Bedeutung soll mit der Rolle oder mit dem Charakter meiner Figur übereinstimmen, nach dem Motto "Nomen est Omen".


    Dazu nutze ich das Internet, oder ich suche in der Bibliothek.
    Im Telefonbuch habe ich auch schon einmal nachgesehen....
    In einzelnen Fällen nehme ich den Namen von Bekannten, deren Gesicht oder deren Persönlichkeit meiner Figur etwas ähnlich sind.
    Außerdem habe ich bestimmte Lieblingsnamen, die ich versuche unterzubringen - vorausgesetzt ich habe eine passende Figur dafür.


    Ich suche zum Teil nach Namen aus verschiedenen Ländern, und auch Namen, die zu bestimmten Zeiten üblich waren, eben die Zeit, zu der meine Geschichte sich abspielt.


    Manche Figuren erhalten erst ganz zum Schluss ihren endgültigen Namen!

  • Letztes Jahr hatte ich ein dreimonatiges Aufenthaltsstipendium im Friedhofswärterhäuschen auf einem alten, sehr schönen Stadtfriedhof. Gleich am dritten Tag bin ich ihn mit meinem Notizbuch abgelaufen und hab mir die schönsten Vornamen und die schönsten Nachnamen abgeschrieben. Da waren Namen dabei, die ich noch nie gehört hatte, deren Klang aber sofort eine Figuren-Assoziation bei mir geweckt hat.


    Auch im Urlaub schaue ich mir immer die Friedhöfe an. Auch Gedenktafeln. Und Telefonbücher. :lesend


    Liebe Grüße
    Lille

  • Spannend! Und ich dachte immer, nur ich bin so auf Namen fixiert ...


    Beim Lektorieren fremder Bücher passiert es mir nämlich immer wieder, dass die Heldin Monika plötzlich mal eben mit ihrer Gegenspielerin Erika vertauscht wird - und dann frage ich mich immer: Hatte der/die Autor/in eigentlich überhaupt irgendein Verhältnis zu seinen/ihren Figuren?!?


    Für mich ist der Name einer erdachten Person von grundlegender Wichtigkeit. Ich lege Namenslisten an, lese mit Begeisterung Filmabspanne, Telefonbücher und Vornamen-Websites und recherchiere manchmal tagelang, wenn ich einen passenden Namen für einen Protagonisten suche (allerdings gilt dies eher für meine Romane, in den Kurzgeschichten nehme ich es weniger genau).


    Also, eins ist jedenfalls klar: Verwechslungen können mir nicht passieren, dafür sind meine Figuren mir viel zu wichtig! Ich sehe sie auch genau vor mir, könnte sie zeichnen und kenne alle ihre Macken, selbst die, von denen ich nicht erzähle!


    "Das besondere Buch"


    "Beste Sieben" von Focus/Deutschlandradio


    Förderpreis für Literatur des Freien Deutschen Autorenverbands

  • :yikes Verwechseln??? Herrje, nein, das kann ich mir gar nicht vorstellen! Name und Figur sind bei mir miteinander verwachsen, ehe sich nicht beide zu einer Figur mit einer Biografie, einem Leben, einer Einstellung und einem Charakter formen (je nach Faulheit halt nur im Kopf oder brav schriftlich ausgeführt), kann ich nichts über sie schreiben. Da müsste ich auch permanent viel zu viel nachdenken. Wenn ich meine Protagonisten kenne, dann weiß ich intuitiv, wie sie in welcher Situation reagieren und kann flüssig schreiben...


    lg :wave Claudia

  • Verwechseln? Ist mir gerade in meinem Rohmanuskript passiert :lache Hatte drei Schwestern sehr ähnliche Namen gegeben und sie später einmal verwechselt :wow Hörte sich aber gleich nicht richtig an und so habe ich es schnell bemerkt :gruebel
    Ich muss zugeben, Namen fallen mir ein, wenn ich über die Person nachdenke, die als nächstes auftaucht und er MUSS zu der Person passen und die Persönlichkeit, zumindest für mich, widerspiegeln.
    Da ich aber Richtung Fantasie schreibe, gibt es für mich kaum Gestaltungsgrenzen.
    Nur eine Person hat ein reales Vorbild und deren Namen.

  • Da die Überschrift des Threads "Namen" lautet, möchte ich noch einen anderen Ansatz zu dem Thema ansprechen:


    Ist euch schon mal aufgefallen, dass es in Büchern genau so wie im richtigen Leben Modenamen gibt?


    Ich bin z.B. vor einiger Zeit darüber gestolpert, dass der Name "Helena" oder "Helen" gleich in mehreren Büchern, die ich nacheinander las, für die Protagonistin verwendet wurde, desgleichen tauchten Olivia, James und Alex häufig auf.


    Interessant finde ich auch, dass Namen scheinbar gerne ohne Rücksicht auf die typische Namensgebung einer Zeit verwendet werden. Das führt dann dazu, dass sich Figuren mit exotischen Vornamen wie Samantha oder Julian in einer Gesellschaft tummeln, zu der eine Vielzahl der Frauen Johanna oder Gertrud hieß bzw. die Männer Wilhelm oder Fritz.


    (Wird auch gerne in Fernsehfilmen/-serien so gehandhabt. Da heißen etliche nette Mittdreißiger Fabian, Lukas oder Paul, obwohl diese Namen bis zu ihrem Sturm auf die Listen der beliebtesten Vornamen in den 1990ern oder später eher ein Schattendasein geführt haben).


    Also lieber Mal einen Protagonisten, dessen Geschichte anno 1912 spielt, Heinrich genannt als ihn mit einem "geheimnisvollen" Damian getauft. :-)

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Ja, ich denke, das ist eine typische Schwäche billig gemachter Bücher/Filme! Allerdings können Bestseller auch echte Namens-Hypes auslösen. Möchte z.B. nicht wissen, wie viele Edwards und Bellas gerade auf die Welt kommen ... ;-)


    Nun bin ich doch froh, dass mein Kind kein Junge geworden ist, weil es nämlich sonst Edward Alyosha hieße und vermutlich in der Schule von allen Mädels angeschmachtet würde!


    Na ja, ich schreibe ja wirklich stark gegenwartsbezogen und werde deshalb wohl nie meine Protagonisten "Heinrich" oder "Mathilde" nennen müssen. Ehrlich gesagt würde mir das auch ein bisschen schwerfallen. Schließlich will man seine Figuren lieben, und da gehört auch ein schöner Name dazu.


    Gebt ihr eigentlich auch euren negativen Charakteren die Namen von Leuten, die ihr nicht leiden könnt? Bei mir sind das manchmal sogar welche aus der Grundschulzeit (es soll ja nicht so offensichtlich sein) ... *grins*


    "Das besondere Buch"


    "Beste Sieben" von Focus/Deutschlandradio


    Förderpreis für Literatur des Freien Deutschen Autorenverbands

  • Ich schätze, dass viele Autoren gerne Figuren, die ihnen weniger wichtig sind oder die sie weniger mögen, mit Namen versehen, die sie einfach nebenbei aufgreifen bzw. sogar von Personen, mit denen sie etwas Negatives verbinden. Das ist nur menschlich und passiert sicher oft auch unterbewusst.


    Ich glaube, ich persönlich würde sogar gelegentlich so weit gehen, ungeliebte Figuren mit den Namen von Figuren, die mir in anderen Büchern nicht gefallen haben, oder mit denen von Prominenten, die ich nicht mag, zu bestücken. Vorausgesetzt, es passt in die Epoche und ist nicht zu abgedroschen. ;-)

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



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  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Interessant finde ich auch, dass Namen scheinbar gerne ohne Rücksicht auf die typische Namensgebung einer Zeit verwendet werden. Das führt dann dazu, dass sich Figuren mit exotischen Vornamen wie Samantha oder Julian in einer Gesellschaft tummeln, zu der eine Vielzahl der Frauen Johanna oder Gertrud hieß bzw. die Männer Wilhelm oder Fritz.


    Hm, schwierige Geschichte. Einerseits soll es authentisch sein, andererseits aber auch dem modernen Ohr wohlgefällig.
    Ich sammle beim Recherchieren immer alle Namen, über die ich in Originaldokumenten stolpere, sowohl Vor- als auch Zunamen, und suche mir aus diesem Pool später die heraus, die mir am passendsten erscheinen.
    Allerdings habe ich auf Wunsch des Verlags eine junge weibliche Nebenfigur umbenannt, weil man der Meinung war, "Gertrud" passe eher zu einer älteren Frau. Schwierige Geschichte, wie gesagt.

  • Alice Thierry :


    Also das mit den Modenamen ist mir noch nicht aufgefallen. Aber ich gehe einfach immer von mir aus und ich lasse die Namen immer zu mir kommen, was manchmal die schrägsten Ergebnisse bringt, aber ich würde nie drüber nachdenken, welche Namen grad aktuell sind oder so. Aber ich schreibe auch keine historischen Romane, vielleicht würde es da schon Sinn machen, sich in das jeweilige Zeitalter so einzuarbeiten und einzufühlen, dass die Namen glaubwürdig sind.


    Und dass du grad Olivia als In-Name nennst finde ich witzig. Meine Protagonistin heißt so, was zwei Gründe hat. Erstens spielt Shakespeare's Twelfth Night in meinem Roman eine große Rolle und da kommt Lady Olivia vor und zweitens saß ich, als ich drüber nachgedacht habe, was ihr Name ist, gerade in der Oper und sah "Capriccio" von Richard Strauss, wo der gequälte Dichter Olivier vorkommt. Beides zusammen hat einen ganz starken Flash ausgelöst und ich wusste einfach, das ist ihr Name und kein anderer.


    ;-) Nur damit du siehst, was es mit "Modenamen" manchmal auf sich hat. Man kann das eben nicht so generell sagen und ein Schriftsteller, der schreiben wirklich aus dem Inneren heraus betreibt und nicht nur als Brotjob, der wird das auch so empfinden...


    lg :wave Claudia