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Meine Meinung:
Woran denkt Ihr, wenn Ihr an Ceylon, das heutige Sri Lanka, denkt? Tee? Da geht’s Euch wie mir. Um so mehr überraschte mich Laila el Omari in ihrem neuen historischen Gesellschaftsroman „Der Orchideenpalast“ damit, dass der Besitzer einer Kaffeeplantage und seine Familie den Mittelpunkt der Handlung darstellen, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Ceylon ihren Ausgang nimmt und so erfuhr ich, dass ursprünglich Kaffee den Schwerpunkt der kolonialen Plantagenwirtschaft Ceylons darstellte. Viel mehr überrascht hat mich die Autorin allerdings mit der Geschichte, die sie erzählt, einer Geschichte, die so ganz anders ist, als ihre bisherigen Bücher.
Ceylon, 1847, die intelligente, willensstarke Melissa ist die Tochter eines reichen Kaffeeplantagenbesitzers im kolonialen Ceylon. Ihr Vater ist ein Mensch, der keine Prinzipien hat, wenn es um Macht und Reichtum geht, ein Mensch, der die Spielregeln der Gesellschaft kennt und beherrscht, und der nur durch autoritäres Auftreten Macht über andere hat. Dennoch hängt er sehr an seinen Kindern, weshalb seine Tochter Melissa, die ihres Vaters Schlagfertigkeit und ungestümes Temperament geerbt hat, lange die Augen vor den Ungerechtigkeiten und Unmenschlichkeiten auf der Plantage und innerhalb der Familie verschließt. Die Beziehung zu ihrer Mutter ist von Kälte geprägt. Melissas Bruder Alan sucht seinen Platz in der Gesellschaft und versucht sich dem gesellschaftlichen Druck und den Erwartungen zu beugen. Melissas Halbbruder Louis ist einer Beziehung des Vaters zu einer einheimischen Dienerin entstanden. Als Bastard des Vaters hat er eine schwere Rolle und als Mischling eine unsichere Zukunft. Seine Schwächen machen ihm das Leben in der Familie nicht leichter und helfen ihm nicht gerade seine Ideale zu verfolgen. Melissas Schicksal und das ihrer Brüder scheint vorgezeichnet, als Hayden, ein Cousin aus Großbritannien die Farm besucht. Hayden ist Vermesser und muss deshalb viel reisen, was Melissa als aufregendes Abenteuer erscheint. Melissa und Hayden kommen sich näher und schnell sieht sie in der Liebe zu Hayden den Weg, ihrem gesellschaftlich vorgegebenen Weg einer standesgemäßen Heirat zu entkommen. Die Situation in der Familie spitzt sich zu und wird, als Hayden ein dunkles Familiengeheimnis entdeckt, zur existentiellen Bedrohung für alle...
Die Handlung von Laila el Omaris viertem Roman beginnt deutlich düsterer als ihre vorhergehenden, und es ist permanent spürbar, dass sich ein Sturm zusammenbraut. Durchbrochen wird die bedrohliche Atmosphäre durch leichte, farbenfrohe Passagen, insbesondere denen, die uns Geschichte, Kultur, Flora und Fauna Ceylons näher bringen. Sprachlich gelingt es der Autorin mit diesen Sequenzen eine lichte Schönheit in den Text zu bringen, die wie Sonnenstrahlen, die durch das Blättergewirr eines Waldes dringen, das Dunkel brechen. Mit den dunklen Vorboten des Familiendramas und der Vorhersehbarkeit der kommenden Katastrophe spielt die Autorin regelrecht. Dem Leser ist immer klar, dass die Situation sich irgendwann entladen muss, Laila el Omari gelingt es aber, die Erzählung so zu gestalten, dass bis zum Ausbruch nicht klar ist, wie die Katastrophe aussehen wird. So hat die Autorin die schwierige Gradwanderung, mit Vorhersehbarkeit umzugehen und dennoch den Spannungsbogen bis zum gelungenen Ende zu halten, hervorragend gemeistert. Dem Thema gesellschaftlicher Zwänge bleibt die Autorin auch in ihrem vierten Roman treu, allerdings zeigt sie diesmal, dass sowohl Frauen als auch Männer im gesellschaftlichen Korsett gefangen sind.
„Der Orchideenpalast“ verbindet spannendes Familiendrama mit fein ausgearbeiteten zum Teil abgründigen Charakteren und deren Motivationen mit Informationen über das Ceylon des 19. Jahrhunders. Laila el Omari ist es gelungen, diese Verbindung in jeder Hinsicht ausgewogen und faszinierend zu gestalten und so ist „Der Orchideenpalast“ für mich Laila el Omaris überraschendster und bester Roman. Ein Genuss, den ich nur empfehlen kann, egal ob bei Kaffee oder Ceylon-Tee mit vielleicht ein wenig Ceylon-Zimt... und bei einem Lesepäuschen lohnt es sich, auf der Homepage von Laila el Omari vorbeizuschauen!
Hier das Titelbild der Weltbild-Ausgabe, das Knaur TB kommt laut Amazon am 01. September heraus.
Edit: ich habe das Weltbild-Cover entfernt, weil es so riesig war. LG Wolke