Das amerikanische Hospital - Michael Kleeberg

  • Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
    Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt (30. August 2010)
    Sprache: Deutsch
    Preis: € 19,99


    Kurzbeschreibung
    Liebe in Zeiten der neuen Kriege


    Paris, im Winter 1991. Hélène steht in der Empfangshalle des amerikanischen Hospitals, als vor ihr ein Mann zusammenbricht. Sein Blick brennt sich in ihre Augen. Das ist die erste Begegnung zwischen der dreißigjährigen Pariserin und David Cote, einem amerikanischen Soldaten. Die beiden vom Schicksal Gebeutelten freunden sich an und stützen einander auf ihrer schmerzhaften Suche nach der Wahrheit über sich selbst.


    Michael Kleeberg versteht es auf eindringliche Weise, Zeitgeschichtliches und Privates, die seelischen Qualen des Krieges und die körperlichen des unerfüllten Kinderwunschs mit der dichten Atmosphäre von Paris zu verweben. Ein meisterhaft komponierter Roman voll erschütternder und unvergesslicher Szenen.


    Autorenporträt
    Michael Kleeberg, 1959 in Stuttgart geboren, studierte in Hamburg Politische Wissenschaften und Neuere Geschichte sowie an der Hochschule der Künste Visuelle Kommunikation. Ab 1983 folgten einjährige Aufenthalte in Rom, West-Berlin und Amsterdam. 1986 siedelte er nach Paris über, wo er von 1987 bis 1994 neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit Mitinhaber einer kleinen Werbeagentur war. Seit 2000 lebt er als freier Schriftsteller und Übersetzer aus dem Französischen (Marcel Proust) und Englischen ( John Dos Passos) in Berlin.


    Meine Meiung:


    "Dahin
    dahin
    Wann immer ich an meine Jahre in Paris zurückdenke, schiebt sich dieses janusköpfige Wort, das zugleich die Trauer um einen unwiederbringlichen Verlust und die Sehnsucht nach einer unerreichbaren Ferne bezeichnet, vor meine Erinnerungen und verhindert, dass ich in sie eintauchen, in ihnen umhergehen kann. Dieses Dahin umgibt sie wie ein feiner Schleier aus Melancholie, und versuche ich ihn zu lüften, versetzt er mir einen Schmerz, der mich loslassen lässt."


    So fängt er an, der wunderbare Roman der die Geschichte von Helene und David erzählt, die sich im Foyer des amerikanischen Hospitals in Paris begegnen.
    Sie, Helene ist da um sich der Prozedur einer künstlichen Befruchtung zu unterziehen. Er, David um sich wegen seiner traumatischen Erlebnisse im Golfkrieg behandeln zu lassen.
    Über die gemeinsame Liebe zur Lyrik kommen die beiden ins Gespräch und treffen in unregelmäßigen Abständen immer wieder aufeinander und freunden sich zaghaft miteinander an.
    Zu schwer hat David an seinen psychischen Strörungen zu tragen. Zu sehr wird Helenes Leben durch Down-Regulierung, Stimulation, Follikelpunktion, Transfer, Wartezeit, Enttäuschung, Erholung und Neubeginn bestimmt.
    Da treffen diese verletzten Seelen aufeinander und versuchen sich gegenseitig Halt zu geben, zwei die eher Hilfe brauchen als dass sie welche geben könnten.


    Diese beiden Themen, künstliche Befruchtung und Kriegstraumata in einen sprachlich so sensiblen Roman zu packen, das ist für mich große Kunst.
    Vom Cover her finde ich das Buch überhaupt nicht ansprechend, eher sogar das Gegenteil. Es hat mich zunächst abgeschreckt und ich habe es immer wieder von einem Stapel auf den anderen gelegt. Das Buch hat mich überrascht und begeistert und ich hoffe und wünsche mir sehr, dass ich das mit dieser Rezension ein klein wenig vermitteln konnte.


    Ein berechtiger Anwärter auf den Deutschen Buchpreis 2010. (dk)


    Volle Punktzahl

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Auch von mir vielen Dank für diese gelungene Rezension! :-) Ohne die vielen Hinweisen von den Eulen und deiner vielversprechenden Meinung zum Buch, wäre ich auf den Titel wohl gar nicht aufmerksam geworden - jetzt steht es auf jeden Fall schon mal auf der Wunschliste und wird möglichst bald gekauft.

  • Das amerikanischer Hospital – Michael Kleeberg


    Meine Meinung:
    Ich teile FrauWillis Gefühle für das Buch. Ich habe es fast in einem Zug durchgelesen.
    Das amerikanische Hospital ist seitenmäßig ein kurzer Roman, aber wirkt durch die intensiven Gespräche der beiden Protagonisten als komplettes, gelungenes Werk, in das der Leser hinein gesogen wird. Der Roman ist durch seinen Stil wie aus einem Guss, der nur am Ende durch eine neue Perspektive geschickt aufgebrochen wird.


    Der Amerikaner David Cote wird im amerikanischen Hospital in Paris behandelt und trifft dort die Pariserin Hélène, die sich dort künstlich befruchten lassen will. Durch den ersten Zusammenstoss, bei dem David einen Anfall hatte, freunden sie sich später bei Gesprächen über Lyrik an.


    Das Buch behandelt dann Themen wie Kinderwunsch, Kriegstraumata, Geschehnisse aus dem ersten Golfkrieg und der Rolle der USA
    Das sind Themen, bei denen es so wichtig ist, dass Klischees oder lapidares Geschwafel vermieden wird. Michael Kleeberg schafft das, indem er seine Figuren sensibel und geschickt durch den Roman führt.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ein klassisches offenes Ende, bei dem sich der Leser selber denken muss, wie es weiter geht, ist es eigentlich nicht!


    Danke für die Antwort, Herr Palomar :-)

  • Ich habe dieses Thema hier nur zögerlich angeklickt - der Titel klang interessant. Weggeklickt, weil das Cover wirklich nicht ansprechend ausschaut. Der Inhalt klingt vielversprechend und nun landet das Buch auf meine Wunschliste. Vielen Dank für die Rezi. :-)

  • Gleich zu Anfang: Dieses Buch ist schön. Es ist sehr schön und gleichzeitig beklemmend ohne dabei kitschig zu werden. Ich glaube ich kann gar nicht die richtigen Worte finden um zu beschreiben wie gut es mir gefallen hat. Aber ich versuche es trotzdem.


    Es ist Herbst in Paris. Wir schreiben das Jahr 1991. Eine Frau steht vor den Türen des amerikanischen Hospitals als ein Mann vor ihr zusammenbricht. Ein scheinbar unbedeutender Vorfall für ein Hospital, jedoch nicht für die beiden Beteiligten Helene und David.


    Während Helene wegen der künstlichen Befruchtung immer wieder im Krankenhaus muss, wird David seine Erinnerungen aus dem Golfkrieg nicht los. Zunächst treffen sie sich ein paar Mal zufällig im Krankenhaus wenn sie zu ihren Behandlungen müssen und knüpfen so zarte Freundschaftsbände. Die beiden verbindet zunächst nur die Begeisterung für Lyrik und ihr Aufenthalt im Krankenhaus. Später wird aus diesen zufälligen Treffen mehr. Beide kommen bei ihren Behandlungen nicht wie gewünscht voran und geben sich unbewusst immer wieder Halt und Kraft. Was sich zunächst wie ein Liebesroman anhört, ist viel mehr als das. Es ist die Geschichte zweier Seelen, die auf der Suche sind.


    Dieser Roman ist so voll von Zartheit und Gefühl, dass es sich nicht in Worte fassen lässt. Der Autor greift mit der künstlichen Befruchtung und dem Kriegstrauma zwei nicht einfache Themen auf und schafft es dennoch diese so geschickt in ein Buch zu packen, dass man als Leser nur noch seufzen kann.


    Ich hätte nie gedacht, dass mir das Buch so gut gefallen würde. Vor allem da mich das Cover so sehr abgeschreckt hat. Eins steht fest: Dies war zwar mein erstes Buch von Michael Kleeberg aber nicht das letzte.

  • Zitat

    Original von buchratte
    Ich hätte nie gedacht, dass mir das Buch so gut gefallen würde. Vor allem da mich das Cover so sehr abgeschreckt hat. Eins steht fest: Dies war zwar mein erstes Buch von Michael Kleeberg aber nicht das letzte.


    Es freut mich sehr, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Gerade habe ich in "meiner" Buchhandlung erfahren, dass der Autor zur Lesung kommt.
    Den Termin werde ich mir vormerken und das Buch dann zum Signieren mitnehmen. :-)

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Mir hat der Roman auch gut gefallen - ich schließe mich jetzt einfach mal den positiven Rezensionen an. :grin
    Das Cover mag zwar nicht direkt ansprechen - passt aber m.E. gut.


    Liebe Grüße

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Hört sich mal wieder sehr gut an.. Ich werde das Buch auch mal auf meine Wunschliste setzen..


    Ohne die Eulen hätte ich so ein Buch, mit so einem Cover, niemals zur Hand genommen..

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Gerade gesehen: Das Buch gewinnt den evangelischen Buchpreis 2011!


    Jury-Begründung:


    "Meisterhaft gelingt es dem Autor eine Geschichte zu erzählen, die existenzielle Themen wie Verlust und Schuld, Einsamkeit und Hoffnung, Krankheit und Heilung berührt. Mutig konfrontiert er menschliche Grenzerfahrungen wie Töten und Leben zeugen und spiegelt darin drängende Fragen unserer Gegenwart. Es gehört es zu den besonderen Stärken des Romans, dass er die Frage nach der Verantwortung nicht explizit stellt. Umso intensiver wird sie beim Lesenden angestoßen."

  • Titel: Das amerikanische Hospital
    Autor: Michael Kleeberg
    Verlag: DVA
    Erschienen: August 2010
    Seitenzahl: 232
    ISBN-10: 3421043906
    ISBN-13: 978-3421043900
    Preis: 19.99 EUR
    Preis Taschenbuch: 9.99 EUR
    Preis Ebook Kindle: 15.99 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Paris, im Winter 1991. Helene steht in der Empfangshalle des amerikanischen Hospitals, als vor ihr ein Mann zusammenbricht. Sein Blick brennt sich in ihre Augen. Das ist die erste Begegnung zwischen der dreißigjährigen Pariserin und David Cote, einem amerikanischen Soldaten. Die beiden vom Schicksal Gebeutelten freunden sich an und stützen einander auf ihrer schmerzhaften Suche nach der Wahrheit über sich selbst. Michael Kleeberg versteht es auf eindringliche Weise, Zeitgeschichtliches und Privates, die seelischen Qualen des Krieges und die körperlichen des unerfüllten Kinderwunschs mit der dichten Atmosphäre von Paris zu verweben. Ein meisterhaft komponierter Roman voll erschütternder und unvergesslicher Szenen.


    Der Autor:
    Michael Kleeberg wurde 1959 in Stuttgart geboren. Er studierte in Hamburg Politische Wissenschaften, Geschichte und Visuelle Kommunikation. Seit 2000 lebt er als freier Schriftsteller in Berlin.


    Meine Meinung:
    Michael Kleeberg gehört ohne Frage zu den deutschen Autoren, die ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, die es schwer haben sich gegen den gesammelten Thrillerunsinn, gegen den Vampirtrash und den pseudohistorischen Blödsinn durchzusetzen. Michael Kleeberg gehört nämlich zu der Gruppe von Autoren, die im Gegensatz zu vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen schreiben können. Kleeberg ist ein Meister der unaufdringlich-eindringlichen Sprache. Und diese Meisterschaft kann man auch in seinem Buch „Das amerikanische Hospital“ wieder eindrucksvoll erleben. Und auch dieses Buch lebt wieder von dieser ganz besonderen „Kleeberg’schen Intensität“. Würde es mehr Schriftsteller wie ihn geben, man müsste sich um die Literatur keine Sorgen machen. Er macht das Innerste seiner handelnden Personen transparent, ohne sie dabei aber in irgendeiner Form bloßzustellen; er schreibt eben sehr einfühlsam, ohne dabei aber nur an der Oberfläche zu kratzen.
    Dieses Buch hat schon etwas sehr Intimes, aber es zerrt nichts Ungewolltes an die Öffentlichkeit, es beschreibt Menschen auf eine sehr menschliche und eben nicht auf eine sensationsheischende, voyeuristische Art und Weise. Gerade hier liegt auch die Meisterschaft des Autors. Wo andere scheitern, wo andere schnell an ihre Grenzen stoßen, da läuft sich Michael Kleeberg erst warm.
    Ein wunderbares Buch. Sicher nicht für die Leser geeignet, die ihre literarischen Ansprüche beispielsweise nach der „Wanderhure“ oder nach anderem Trash ausrichten. „Das amerikanische Hospital“ ist deutsche zeitgenössische Literatur der Extraklasse. Von mir gibt es für dieses Buch eine „unbedingte Leseempfehlung“.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.