'Das Mönchsopfer' - Seiten 203 - Ende

  • Dieser Roman ist wirklich ungewöhnlich und offenbart sich eigentlich erst nach der letzten Seite. Ungewöhnlich leise passieren die Dinge, ungewöhnlich verborgen kommt die Auflösung daher. Was ist gut, was ist böse und vor allem, wie geht man in der Öffentlichkeit damit um? Bevor es an eine abschließende Rezension geht, werde ich dieses Buch sicher noch einige Male zur Hand nehmen müssen.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Dieser Roman ist wirklich ungewöhnlich und offenbart sich eigentlich erst nach der letzten Seite. Ungewöhnlich leise passieren die Dinge, ungewöhnlich verborgen kommt die Auflösung daher. Was ist gut, was ist böse und vor allem, wie geht man in der Öffentlichkeit damit um? .


    So habe ich es auch empfunden.


    Auch Giogioli wurde etwas netter, zum Schluss gefiel er mir immer besser.
    Das er bei seinen Ermittlungen nicht immer richtig lag war klar, er ist ja auch Maler und kein Kriminalist und wollte zurück zu seiner Familie. So hat er es doch ganz gut hinbekommen.

  • Ich muss mich Euch anschließen: Auch mir erging es so.
    Am Ende war Giorgioli richtig menschlich geworden, als er dann doch seinen Sohn hat ziehen lassen.


    Auch die junge Bettleri scheint versorgt zu sein.


    Dass er im Mordfall nicht immer ganz richtig lag, er ist Maler, kein Kriminalist. Aber war es nun Mord oder diente die Erklärung des Abtes nur zu seiner eigenen Beruhigung? :gruebel

  • Liebe Tanzmaus,


    ja, es war Mord! Pater Agatho hat in seinem Abschiedsbrief gestanden, den Sakristan umgebracht zu haben, weil dieser ihn erpresst hat und Agatho schlimme Sanktionen befürchtete.
    Giorgioli weiß davon, denn er hat den Abschiedsbrief gelesen.


    Auch der Abt weiß durch das Bekennerschreiben Pater Agathos Bescheid, aber er lässt es sich nicht anmerken. Giorgioli gegenüber widerruft er seine frühere These und behauptet, der Sakristan sei doch eines natürlichen Todes gestorben. Er, Gerold II., habe in einem soeben erhaltenen Kompendium nachgelesen, dass es eine Lungenerkrankung gäbe, die durch Würmer hervorgerufen wird und die genau die Symtome zeige, wie Giorgioli sie an dem Leichnam des toten Sakristans entdeckt hatte.
    Abt Gerold verdreht die Tatsachen, erstens, weil Mord eine Todsünde ist und zweitens, weil er unter allen Umständen einen Skandal verhindern will. Er ist sehr auf seine Reputation als untadeliger Klostervorsteher bedacht, träumt davon, eines Tages den Titel eines Fürsten zu erhalten, der ihm, wie der Abt glaubt, nach überlieferten Recht zusteht.


    Und wie denkt Giorgioli darüber?
    "... Aber vielleicht war das in den zurückliegenden Wochen Beobachtete und Erlebte nichts anderes als eine Prüfung, die Gott ihm auferlegt hatte, um zu ermessen, wie stark er in seinem Glauben war, wie aufrichtig..." (S. 276)


    Herzlich
    Alexandra Guggenheim

  • Zitat

    Original von A. Guggenheim


    Abt Gerold verdreht die Tatsachen, erstens, weil Mord eine Todsünde ist und zweitens, weil er unter allen Umständen einen Skandal verhindern will. Er ist sehr auf seine Reputation als untadeliger Klostervorsteher bedacht, träumt davon, eines Tages den Titel eines Fürsten zu erhalten, der ihm, wie der Abt glaubt, nach überlieferten Recht zusteht.


    Ja, das habe ich mir schon fast so gedacht. War schon ein seltsamer Zufall, dass diese "Erklärung" gerade zu DIESEM Zeitpunkt und so PASSEND aufgetreten ist.
    :wave

  • Gerade der Augenblick, in dem klar wird, dass der Abt den Brief hat verschwinden lassen und nun den Selbstmord als tödliche Krankheit hinstellt, finde ich eine gelungene Lösung. Der Leser kann sich nun perfekt in Giorgioli hineinversetzen. Er selber weiß, dass es nicht stimmt und muss nun für sich entscheiden, ob er schweigend nach Hause fährt, oder alles auffliegen lässt. Unterschwellig kommt sehr gut an, dass er dieses Vorgehen eigentlich nicht akzeptiert, aber sein Drang, seine Familie wiederzusehen, ist einfach stärker. Er weiß ganz genau, dass hier etwas passiert ist, dessen Macht so stark ist, dass er mit seinen Kräften nicht dagegen ankommt. Sozusagen ein Paukenschlag am Ende eines leisen Romans.

  • Genau das wollte ich schildern, liebe Büchersally. Diesen Zwiespalt.


    Giorgioli weiß genau, dass der Abt die Unwahrheit sagt, aber soll er sich das anmerken lassen? Der Maler braucht das Wohlwollen des Abtes, er braucht ein Empfehlungsschreiben für einen neuen Auftrag.
    Und wie sieht es um Giorgiolis eigene Aufrichtigkeit aus? Darf er sich überhaupt ein Urteil über das Verhalten des Kirchenmannes anmaßen?


    Ein Paukenschlag am Ende ... das stimmt. Aber es gibt für Giorgioli noch einen weiteren Paukenschlag, einen sehr persönlichen sogar.


    Herzlich
    Alexandra

  • Mir gefällt es, dass Büchersally und Deichgräfin diesen Roman als "leise" empfinden.
    Mit meiner Art zu erzählen wollte ich etwas von der Atmosphäre widergeben, die in einem Kloster herrscht. Und dort dominiert die Stille.
    Abgesehen von den Chor-Gesängen bei der Heiligen Messe.
    Wie so etwas klingt, könnt ihr in meinem Buchtrailer bei youtube hören.

  • Bin zwar noch nicht ganz fertig mit diesem Abschnitt, aber viel habe ich nicht mehr - leider. Leider deshalb, weil ich immer weiter lesen könnte. Bis jetzt bin ich mir auch nicht sicher, wer der Mörder ist. Ich schwanke immer noch.


    Deshalb mache ich mich jetzt wieder ans Buch - möchte schließlich endlich wissen wie es ausgeht.


    Viele Grüße :wave

  • Zitat

    Original von Sabine Sorg
    ... Bis jetzt bin ich mir auch nicht sicher, wer der Mörder ist. Ich schwanke immer noch.
    ...


    Auch das ist eine großer Pluspunkt bei diesem Roman. Die Auflösung steht quasi erst auf der vorletzten Seite, sodass die Spannung wirklich bis zuletzt erhalten bleibt. Danach kommt auch kein Geschwafel mehr, sondern konzentriert sich einfach nur aufs Wesentliche.

  • Schon wieder ich… :wave


    Aber während LR kann ich manchmal ganz schlecht Abschalten und ich grüble automatisch weiter… ;-)


    Ich hatte ja bereits beim 2. Abschnitt erwähnt, dass mich Francescos Affäre mit Johanna etwas irritiert. Da kam mir der Gedanke, dass Johanna vielleicht engagiert wurde, um ihn von den „Ermittlungen“ abzulenken… Hmm, ich befürchte jedoch, dass das dann doch etwas zu abwegig (und evtl. zu modern für das 18. Jahrhundert gedacht) ist. :gruebel


    Die ersten Seiten des 3. Abschnitts habe ich gestern gelesen. Nun steigt auch die Spannung in der Geschichte und ich mich hat Francescos Versuch, den Mörder aufgrund seiner „Schierlingsbecher-Zeichungen“ zu entlarven, sehr gefesselt.


    Und jetzt sitze ich hier im Büro und kann noch nicht weiterlesen…. *grummel*

  • Der Bürotag ist rum und ich konnte das Buch zu Ende lesen... :-)


    Ich kann mich euch anderen nur anschliessen. Dieser dritte Abschnitt hat mir sehr gut gefallen.


    Ich hatte mich während den ersten beiden Abschnitten leider viel zu stark auf den Mordfall konzentriert und das Buch zu sehr als Kriminalroman gelesen. Dadurch sind mir bestimmt viele kleine, liebevoll gezeichnete Details entgangen - solche, wie ich sie in diesem dritten Teil bemerkt habe.
    Schade, aber da muss ich mich an die eigene Nase fassen... :nerv


    Ich finde, dass es dir, Alexandra, perfekt gelungen ist, die Stimmung der damaligen Zeit einzufangen - sei es der Alltag der Bürger von Rheinau oder vor allem die Atmosphäre im Kloster.


    Eine meiner Lieblingsszenen ist auf jeden Fall die (unfreiwillige) Hochzeit des Glasers Sebastian. Beim Lesen hatte ich das Gefühl live dabei zu sein und ich konnte mir so manches Grinsen nicht verkneifen. :-]


    Mittlerweile finde ich den Titel "Das Mönchsopfer" sehr passend. Im Kloster hat wohl jeder Pater, Bruder oder Oblate in irgendeiner Weise ein Opfer zu bringen. Und auch Francesco hat schlussendlich Opfer bringen müssen. Er hat ein Stück Unbeschwertheit und gar einen Teil seines Glaubens verloren. Ausserdem musste er seinen Sohn in Rheinau zurücklassen.


    Dennoch hat dieser Aufenthalt in Rheinau sein Gutes für Francesco gehabt. Er ist ein anderer Mensch geworden - ja, er ist menschlicher geworden.


    Und für Giovan Pietro hoffe ich, dass er mit Johanna das grosse Glück gefunden hat. Johanna ist ja kein Kind von Traurigkeit. ;-) Aber wird schon werden... *daumendrück*

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Auch das ist eine großer Pluspunkt bei diesem Roman. Die Auflösung steht quasi erst auf der vorletzten Seite, sodass die Spannung wirklich bis zuletzt erhalten bleibt. Danach kommt auch kein Geschwafel mehr, sondern konzentriert sich einfach nur aufs Wesentliche.


    :write Ja, das habe ich auch als sehr positiv empfunden.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Dieser Roman ist wirklich ungewöhnlich und offenbart sich eigentlich erst nach der letzten Seite. Ungewöhnlich leise passieren die Dinge, ungewöhnlich verborgen kommt die Auflösung daher.


    Kann mich hier nur anschließen. Bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, wer denn nun wirklich der Mörder war. Außer dem Mord passierte in dem Buch so viel, dass für mich manchmal die Suche nach dem Täter fast zur Nebensache wurde.
    Auch Francesco Antonio Giorgioli wurde mir eigentlich erst auf den letzten Seiten so richtig symphatisch. Erst als er eingesehen hat, dass sein Sohn erwachsen ist und eigene Wege geht, als er der Bettlerin geholfen hat.


    Dass der Bibliothekar Bruder Agatho der Mörder war - nun ihn hatte ich auch auf meiner Liste. Aber eben nicht nur ihn.


    Genial fand ich auch die Zeichnungen die Giorgioli von den Verdächtigen angefertigt hat. Dies schreibt Agatho ja auch in seinem Abschiedsbrief, dass er sich durch die Zeichnung fast als überführt sah.


    Ich fand/finde diesen Historischen Roman bzw. Kriminalroman genial.


    Viele Grüße :wave

  • [quote]Original von Sabine Sorg


    Außer dem Mord passierte in dem Buch so viel, dass für mich manchmal die Suche nach dem Täter fast zur Nebensache wurde.


    Liebe Sabine
    und auch liebe Ayasha,


    ihr habt beide ein wichtiges Thema angeschnitten: das des Genre.
    Für die Buchhändler ist es wichtig zu wissen, auf welchen Stapel ein Buch zu liegen kommt. Krimi, Thriller, Fantasy...
    Aber ich mag solche Abgrenzungen eigentlich gar nicht. "Das Mönchsopfer" ist ein Historischer Roman, so wie es auch auf dem Cover steht - kriminelle Handlungen eingeschlossen.
    Die Aufklärung eines Verbrechens stand bei mir nicht so sehr im Vordergrund. Ich wollte die Entwicklung eines Menschen zeigen. Was geschieht, wenn ein Mann, ein leidenschaftlicher Maler und strenggläubiger, fürsorglicher Familienvater plötzlich in eine Situation gerät, die sein bisheriges, in ruhigen Bahnen verlaufendes Leben aus den Fugen geraten lässt? Wenn er sich selbst in Frage stellen muss und auch das, woran er fest geglaubt hat? Mir ging es um die seelische Veränderung.
    Einen "Kritikaster vor dem Herrn" hat meine Lektorin Giorgioli einmal genannt. Als einen solchen Charakter wollte ich ihn zu Beginn auftreten lassen. Und am Schluss als Mensch gehen lassen.


    Danke für eure Zustimmung. Und fragt gerne nach, wenn ihr noch etwas wissen möchtet.


    Herzlichen Gruß
    Alexandra

  • Liebe Rosenstolz,


    Giovan Pietro schläft im Gästehaus, das sich zwischen Abteigebäude und Mühle befindet, zusammen mit anderen Handwerksburschen. (S. 57)


    Giorgioli hat eine Unterkunft im Dorf, weil man ihm als Meister nicht zumuten will, zusammengepfercht mit anderen Arbeitern in einem Gemeinschaftssaal zu nächtigen.


    Herzlichen Gruß
    Alexandra