Die Querbeet-Lesegruppe liest: Ein Winter auf Mallorca - George Sand (Mini-LR) ab 11.02.2012

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Tja, also mit dem Reisen habe ich es auch überhaupt nicht. Ob ich „heimatverbunden“ bin, weiß ich nicht; dazu müßte ich für mich erst mal Heimat und wo dieselbe ist definieren. Gut, Fernweh verspüre ich bisweilen schon, wenn ich dann aber überlege, was es bedeuten würde, diesem nachzugeben ... :yikes ne, da bleibe ich lieber zuhause. Bücher und Filme sind mir persönlich mehr als ausreichend. Ich halte mich allerdings dennoch, zumindest bis zu einem gewissen Grade, für intelligent. :rolleyes :grin


    In diesem Sinne meinte ich es auch.
    Immerhin gibt es auch heute noch genügend Leute, die es ähnlich wie George Sand nicht verstehen können, wenn jemand nicht pausenlos in die Weite reisen muss.


    Zitat

    Chopin kommt im Buch so gut wie überhaupt nicht vor, um auf eure Posts einzugehen (stand bei mir im Vorwort, oder habe ich das bei Wikipedia gelesen?). Das macht mir persönlich nun nicht allzuviel aus, da - wie andernorts erwähnt - Chopin nicht so ganz mein Fall ist. Ich fand es nur sehr erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit Sand immer auch „von meinen Kindern“ schreibt. Schließlich war das damals ziemlich unerhört, uneheliche Kinder zu haben.


    Lesebiene hat Recht. Die beiden Kinder stammen aus Sands Ehe mit Casimir Dudevant (einem Baron immerhin), mit dem sie von 1822 bis 1836 verheiratet war. Sie sind also eheliche Kinder, nur muss wahrscheinlich mal bemerkt werden, dass Madame Sand für die damalige Zeit schon recht viele verschiedene Beziehungen hatte...

  • @ Lesebiene & Clare


    Danke für den Hinweis, da habe ich anscheinend etwas durcheinander gebracht.



    Zitat

    Original von Rosha
    1) Wer war von euch schon auf Mallorca? 2) Liest es sich noch intensiver, wenn man die Örtlichkeiten kennt oder ist es egal, (...)


    1) Auf Mallorca war ich noch nicht, und nach der Lektüre dieses Buches werde ich dort wohl auch nicht hinfahren. Solch ein ungastliches Völkchen. :fetch :chen (Allerdings würde ich auch ohne das Buch nicht dort hin wollen; Südeuropa/Mittelmeer etc. reizt mich so überhaupt nicht.)
    2) Vermutlich wäre es ein anderes Lesen. Vor einiger Zeit habe ich „Klostergeist“ von Silke Porath gelesen. Durch meine früheren Außendienste kannte ich die örtlichen Gegebenheiten und hatte sie teilweise noch im Kopf. Das war dann schon ein ganz anderes Leseerlebnis.



    Zitat

    Original von Clare
    Ich habe dieses Buch lesen wollen, weil Chopin in der Beschreibung vorkam. Deshalb interessierte mich das Buch ursprünglich. Nun kommt Chopin gar nicht vor.


    In meiner Ausgabe gibt es hinten „Geschichte meines Aufenthaltes auf Mallorca“, da erfährt man einiges über Chopin.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ups - im Rest des Buches (ich habe schon ausgelesen) stecken so gut wie gar keine Zettel mehr; erst im letzten Abschnitt. Ich habe in anderem Zusammenhang schon mal erwähnt, daß ich anscheinend nicht (mehr?) der „Leserundentyp“ bin, weil ich aus dem Stegreif eigentlich nicht weiß, was ich schreiben soll. Und jedes Mal „das Buch gefällt mir gut“ wird auch langweilig. Also warte ich eher auf eure Posts und evtl. Fragen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe heute morgen den 2. Teil fertig gelesen, habe aber glaube ich aufgrund meiner mangelhaften historischen Kenntnisse nicht so richtig viel einordnen können. Leider. Ich glaube, ich lese den Teil mit Hilfe von Wikipedia nochmal.


    Was ich super finde ist die erwähnten Gebäude parallel über Google Bilder mit anzugucken. Die Gebäude in Palma kannte ich schon, nicht aber dieses Kastell oben auf dem Berg, das dann zum Gefängnis wurde.


    Ich war bisher zweimal auf Mallorca und die Beschreibung der Inselbewohner hat m. E. mit der Realität, die einem als Reisender heute begegnet rein gar nichts zu tun. Heute ist das eben eine moderne Gesellschaft, die vor allem vom Tourismus lebt und sich entsprechend darauf eingestellt hat, außerdem sicher auch ein "Zuwanderungsland", aufgrund der vielen Deutschen, Engländer etc., die dort leben und arbeiten. Den "echten" Mallorquiner muss man vermutlich inzwischen wie die berühmte Stecknadel suchen. Also seine Reiseentscheidung sollte man sicher von diesem Buch nicht beeinflussen lassen.


    Am beeindruckendsten finde ich nach wie vor, wie unglaublich modern dieser Text einem nach 180 Jahren noch erscheint. George Sand schreibt, als wäre sie eine Frau des 20./21. Jahrhunderts. Das finde ich wirklich außergewöhnlich.

    Viele Grüße
    Die Buchfinkin


    :lesend Florian Illies: 1913


    Gelesene Bücher 2020: 2 :/

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  • Na ja, gar nicht vorkommen? Er ist eben nur ein Teil von "wir" :lache


    Seinerzeit gab es im Kloster Valldemosa kein Klavier die die Mönche das verboten hatten. Des wegen suchten sie vergebens in den Kapellen nach Orgeln und Klaviere.



    Heute hingegegen werden im Kloster Chopin Nachmittage/Abende abgehalten - mit Klavier selbstredend. :lache Auch wenn es nur 1 Raum ist, aber immerhin .


    Wir haben aufgehört nach Malle zu fliegen weil uns das viele deutsche Essen/deutscher Kaffee auf den Geist ging.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Naja, gar nicht modern sind nach wie vor Sands kolonialistisch und chauvinistisch anmutenden Bemerkungen zu fremden Völkern...
    Diese wären heute natürlich völlig unangebracht und lassen sich nur im Hinblick auf die damalige Zeit tolerieren...


    Andererseits schreibt sie dann auch wieder: "Ich vermag einfach nicht zu glauben, daß ein Mensch vollkommen dumm oder vollkommen schlecht sein kann."
    Das ist schon recht widersprüchlich: einerseits diese chauvinistischen Aburteilungen, andererseits diese wohlwollende Meinung zum Menschen...

    Viele Grüße
    Die Buchfinkin


    :lesend Florian Illies: 1913


    Gelesene Bücher 2020: 2 :/

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ups - im Rest des Buches (ich habe schon ausgelesen) stecken so gut wie gar keine Zettel mehr; erst im letzten Abschnitt. Ich habe in anderem Zusammenhang schon mal erwähnt, daß ich anscheinend nicht (mehr?) der „Leserundentyp“ bin, weil ich aus dem Stegreif eigentlich nicht weiß, was ich schreiben soll. Und jedes Mal „das Buch gefällt mir gut“ wird auch langweilig. Also warte ich eher auf eure Posts und evtl. Fragen.


    Ich glaube nicht so sehr, dass das mit deiner Leserundeneignung zu tun hat, sondern eher mit diesem Buch...
    Mir persönlich liefern deine Kommentare immer gute Denkanstöße :wave


    Es geht mir wie dir: gerade vom dritten Abschnitt weiß ich nur wenig zu berichten...Doch dazu extra.


    Ich bin mir einer völlig falschen Erwartung an das Buch herangegangen, habe das erwartet, was der Titelzusatz "Tage mit F. Chopin" versprach, und über ihn hätte ich wirklich gerne mehr gelesen. Leider taucht er nur als ein Teil von "wir", 1x als "Der Pianist" und 1x als "der andere" auf.


    Bei WIKI konnte ich mich dankenswerterweise darüber belesen, wer Madame Sand war, wie sie der Künstlernatur Zucker gebend lebte und arbeitete. Sie galt als "Vielschreiberin" und war bei ihren Zeitgenossen sowohl bewundert als auch belächelt, wobei sie in ihrem Leben wohl eine sehr große Menge
    geduldiges Papier beschrieben hat.
    Ich habe keinen ihrer Romane gelesen, kann also keinen Vergleich anstellen. Vielleicht sind sie ja ganz anders :gruebel

  • 3. Abschnitt: 3. Teil, Kapitel 1+2


    Nun, über diesen Abschnitt weiß ich nicht viel zu berichten, außer vielleicht, dass Sands lockere Schreibweise und mit einem Augenzwinkern zu betrachtende Schilderungen der Inselbewohner, die am Anfang noch erfrischend wirkte, mich langsam zu nerven beginnt. Sie beklagt sich über fehlende Toleranz, die sie selber aber auch nicht zu geben bereit ist.


    Chopin wird in diesem Abschnitt mal erwähnt, nämlich als "der Pianist". Da hatte ich mir etwas mehr erhofft.


    Ansonsten geht es in den beiden Kapiteln um die Kartause, in der sie endlich Wohnung gefunden haben und wieder um Sitten und Gebräuche der Einwohner Mallorcas.


    Kaum persönliche Bemerkungen, schade!

  • 4. Abschnitt: 3. Teil, Kapitel 3-5


    Ich bin durch, und ich kann nicht behaupten, dass ich traurig darüber bin. Schade.


    In diesen letzten drei Kapiteln erfährt man dann doch auch etwas darüber, wie Sand, ihr zwei Kinder und Chopin in der Kartause lebten. Endlich wird es wieder etwas greifbarer, aber ich gebe Buchfink Recht: George Sands Gebaren ist schon recht elitär, und die Toleranz, die sie immer einfordert, gibt sie selber nicht besonders freigiebig.
    Der Sohn scheint sich recht gut erholt zu haben, aber "dem anderen", was ja Chopin sein soll, geht es schlechter, so dass sie sich Sorge um sein Leben macht, aber davon kommt , zumindest zu mir, nichts rüber.


    Dann geht es irgendwie sehr schnell und man reist ab. Ganz zum Schluss bekommt die Autorin dann doch noch die Kurve, wenn man das über eine Dame der Gesellschaft sagen darf. :grin
    Sie fasst ihre Erfahrungen auf Mallorca zu einer Moral zusammen. Menschen sind nicht dazu gemacht, in landschaftlich schöner Gegend ihrer Kunst zu frönen und in Einsamkeit zu leben, sondern mit anderen Menschen zusammen zu sein, sich auszutauschen, mit ihnen zu leben.
    Immer wieder beim Lesen habe ich mich gefragt, was G. Sand eigentlich unbedingt nach Mallorca gebracht hatte. Nur die der Gesundheit zuträglichen Bedingungen? Sie scheint Abenteuer liebender Mensch gewesen zu sein, und der Schritt ins Ungewisse wird ihr sehr entgegen gekommen sein.

  • Gut, hier kommt die Erklärung des o. g. Widerspruchs: Mme Sand spricht den Mallorquinern die Menschlichkeit ab: "Er ist nicht hassenswerter als als ein Ochse oder ein Schaf..."


    Es ist der alte Trick, sich der Menschlichkeit zu entziehen, in dem dem Gegenüber die Menschlichkeit abgesprochen wird. Das ist schon ein drastisches Phänomen und ein gefährlicher psychologischer Mechanismus.

  • Zitat

    Original von Buchfink
    Gut, hier kommt die Erklärung des o. g. Widerspruchs: Mme Sand spricht den Mallorquinern die Menschlichkeit ab: "Er ist nicht hassenswerter als als ein Ochse oder ein Schaf..."


    Es ist der alte Trick, sich der Menschlichkeit zu entziehen, in dem dem Gegenüber die Menschlichkeit abgesprochen wird. Das ist schon ein drastisches Phänomen und ein gefährlicher psychologischer Mechanismus.


    Mir stellt sich in solchen Fällen immer die Frage nach dem Warum. Was bewegt die Autorin dazu, die Inselbewohner in so einer unreflektierten Weise nieder zu machen? Fehlende Gastlichkeit kann es doch nicht nur sein. Ist sie so sehr mit sich selbst im Unreinen? Liegt es daran, dass sie sich alles ganz anders vorgestellt hat? Wie war diese George Sand?

  • Zitat

    Original von Clare


    Mir stellt sich in solchen Fällen immer die Frage nach dem Warum. Was bewegt die Autorin dazu, die Inselbewohner in so einer unreflektierten Weise nieder zu machen? Fehlende Gastlichkeit kann es doch nicht nur sein. Ist sie so sehr mit sich selbst im Unreinen? Liegt es daran, dass sie sich alles ganz anders vorgestellt hat? Wie war diese George Sand?


    Geht mir genauso, das frage ich mich auch.


    Meine These: hier kommen zum Faktor Selbstschutz (wegen der abweisenden feindlichen Art der Dorfbewohner) noch Gründe dazu, die sich aus dem historischen Hintergrund erklären: eine große Unbeholfenheit im Umgang mit fremden Kulturen einfach mangels Erfahrung oder Vorbildern. Ein total beschränkter Horizont muss das damals gewesen sein, wenn man sich vorstellt, wie unüblich und außergewöhnlich Reisen in andere Länder damals war. Keine Medien, keine Fotos, keine Immigranten usw.
    Hinzu kommt dann noch ein Schichtenthema: französische Bildungsbügerfamilie trifft auf bäuerliche Kultur. Das potenziert es vermutlich nochmal.
    Immerhin macht sich George Sand dann ja auch noch einige Gedanken dazu, was man vor diesem Hintergrund wahrscheinlich geradezu als fortschrittlich einordnen muss:
    "Man spürt sehr wohl, dass dieses unvollkommene Wesen Auffassungsgabe besitzt (...), dass seine Zukunft auch nicht anders aussehen wird als die der Menschen auf einer höheren Stufe des Fortschritts."

  • Zitat

    Original von Buchfink
    Was ich super finde ist die erwähnten Gebäude parallel über Google Bilder mit anzugucken.


    Das habe ich nicht getan, zumal ich im Wohnzimmer gelesen habe, da gibt es keinen I-Netanschluß. Allerdings sind in meiner Ausgabe einige der erwähnten Zeichnungen von J. B. Laurens enthalten, die geben einen schönen Eindruck von damals.



    Zitat

    Original von Buchfink
    Also seine Reiseentscheidung sollte man sicher von diesem Buch nicht beeinflussen lassen.


    Da ich mich nicht entsinnen kann, jemals vorgehabt zu haben, nach Mallorca zu reisen, kann meine Entscheidung diesbezüglich auch nicht von diesem Buch beeinflußt werden. ;-)



    Zitat

    Original von Buchfink
    Am beeindruckendsten finde ich nach wie vor, wie unglaublich modern dieser Text einem nach 180 Jahren noch erscheint. George Sand schreibt, als wäre sie eine Frau des 20./21. Jahrhunderts. Das finde ich wirklich außergewöhnlich.


    :write :write :write



    Zitat

    Original von Clare
    Ich bin mir einer völlig falschen Erwartung an das Buch herangegangen, (...)


    ... allerdings hat mich das Buch eher positiv überrascht. Ich habe inzwischen unsere Lexika über George Sand und Frederic Chopin befragt. Beides weiße Flecken sowohl in meiner Bibliothek als auch eigentlich sehr umfangreichen CD-Sammlung. Zumindest was Frau Sand betrifft, wird sich das sicherlich ändern, denn der Schreibstil hat mir außerordentlich gut gefallen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Buchfink
    Diese wären heute natürlich völlig unangebracht und lassen sich nur im Hinblick auf die damalige Zeit tolerieren...


    Jetzt wird es schwierig. Das ist eine Sicht der Dinge, in der die derzeit geltenden Ansichten und Meinungen des 21. Jahrhunderts als auch für das 19. geltend zurückprojeziert werden. Also die heutigen Ansichten, Regeln, Gesetze werden rückwirkend für das 19. Jahrhundert für gültig erklärt. Mit solchem habe ich, um es vorsichtig und zurückhaltend auszudrücken, durchaus Probleme und Akzeptanzschwierigkeiten.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Clare
    Immer wieder beim Lesen habe ich mich gefragt, was G. Sand eigentlich unbedingt nach Mallorca gebracht hatte.


    Nun, das gleiche, was uns vor Jahren dazu brachte, die Hochzeitsreise nach Südtirol zu machen. „Dort ist immer ein schöner Herbst“, wurde uns unisono versichert. Auch von den Einheimischen. Dumm nur, daß wir den ersten kalten Herbst seit über zwanzig Jahren erwischt hatten. Meine Güte, was hatte ich für einen Husten, nie wieder so schlimm wie damals. (Allerdings bin ich mit dem schon dorthin gereist, aber besser wurde er bei dem S..wetter auch nicht.) George Sand war Mallorca wegen des Klimas empfohlen worden. Dem Sohn hat es ja auch geholfen. Nur das Wetter war halt nicht so, wie erwartet.



    Zitat

    Original von Clare
    Mir stellt sich in solchen Fällen immer die Frage nach dem Warum. Was bewegt die Autorin dazu, die Inselbewohner in so einer unreflektierten Weise nieder zu machen?


    Diese Frage wird in meiner Ausgabe im Vorwort beantwortet. Da heißt es sinngemäß u. a., daß sie nicht unbedingt aus Groll gegen die Inselbewohner so schrieb, sondern aus Ärger, daß sie ihre Familie nicht so versorgen konnte, wie sie es eigentlich wollte. Eine weitere Schwierigkeit war, daß sie mit den dortigen Bauern, Fischern, Fuhrleuten etc. nicht so richtig umgehend konnte; in Paris konnte sie das sehr wohl. Das wurde weniger durch Sprachschwierigkeiten sondern mehr durch die Tatsache bedingt, daß sie nicht von ihrer Position der „freigeistigen Intellektuellen“ wegkam. Damit konnten aber die Inselbewohner nichts anfangen. Und so war ein „Crash der Kulturen“ unvermeidlich. Fernerhin hatte sie wohl Probleme damit, daß sie hier - im im Gegensatz zu Paris - völlig unbekannt war und ihr Name überhaupt nichts galt.


    Es kam uns vor, als wären wir von einer Weltumsegelung heimgekehrt und nach dem Besuch der Wilden in Polynesien endlich wieder in der Zivilisation angelangt. (Seite 248, kurz vor Ende) - Ich denke, diese Bemerkung erklärt ziemlich viel, auch weshalb sie so schrieb, wie sie es denn tat.


    Andererseits schreibt sie in „Geschichte meines Aufenthaltes auf Mallorca“: Es ist der schönste Ort, an dem ich je gewohnt habe, und einer der schönsten, die ich je sah. (Seite 265)



    Zitat

    Original von Buchfink
    Ein total beschränkter Horizont muss das damals gewesen sein, wenn man sich vorstellt, wie unüblich und außergewöhnlich Reisen in andere Länder damals war.


    Das würde ich so nicht unterschreiben, weder das mit dem Reisen noch das mit dem beschränkten Horizont. Das mag für solche „Hinterwäldler“ wie die Mallorquiner gegolten haben, nicht jedoch beispielsweise für Einwohner einer Großstadt wie Paris, wo Sand und Chopin herkamen. Da sind Welten aufeinandergeprallt.



    Gefallen hat mir der immer wieder durchscheinende Humor, etwa in der trockenen Bemerkung: (...) aber wir hätten zumindest nicht riskiert, im Vorbeigehen aus einem Gebüsch einen Stein an den Kopf zu bekommen. (Seite 198), oder Seite 234: (...) oder daran, daß Gott begabter ist als ich - was nicht ganz ausgeschlossen ist - (...) :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    ...


    ... allerdings hat mich das Buch eher positiv überrascht. Ich habe inzwischen unsere Lexika über George Sand und Frederic Chopin befragt. Beides weiße Flecken sowohl in meiner Bibliothek als auch eigentlich sehr umfangreichen CD-Sammlung. Zumindest was Frau Sand betrifft, wird sich das sicherlich ändern, denn der Schreibstil hat mir außerordentlich gut gefallen.


    Wie schon gesagt, mich würden andere Werke von George Sand sehr interessieren, aber da die Dame wohl sehr viel geschrieben hat und ich vermute, dass nicht alle Werke von gleichbleibender Qualität sein werden, stellt sich mir die Frage, womit ich da beginnen werde. Ich werde wohl mal recherchieren, was für sie typische und aus ihrem Lebenswerk herausragende Bücher sind. Und was davon in unserer Bibo vorrätig ist ;-)

  • Zitat

    Original von SiCollier
    ...


    ...
    Andererseits schreibt sie in „Geschichte meines Aufenthaltes auf Mallorca“: Es ist der schönste Ort, an dem ich je gewohnt habe, und einer der schönsten, die ich je sah. (Seite 265)
    ...


    "Geschichte meines Aufenthaltes auf Mallorca" ist in meiner ausgeliehenen Ausgabe leider nicht enthalten. Sicher wäre da einiges klarer geworden. Wie muss ich mir dieses Zusatzdokument vorstellen? Was schreibt sie da? Reflektiert sie die Reise nochmals für sich?
    Ich hatte bei "Ein Winter auf Mallorca" beim Lesen auch von Schreibstil her immer irgendwie den Eindruck, als würde ich ein Feuilleton lesen, was in Abschnitte unterteilt z.B. in einer Zeitschrift erschienen sein könnte.

  • Zitat

    Original von Clare
    "Geschichte meines Aufenthaltes auf Mallorca" ist in meiner ausgeliehenen Ausgabe leider nicht enthalten. Sicher wäre da einiges klarer geworden. Wie muss ich mir dieses Zusatzdokument vorstellen? Was schreibt sie da? Reflektiert sie die Reise nochmals für sich?


    Es sind zehn Druckseiten, nüchterner als das Buch geschrieben, quasi eine Zusammenfassung des Aufenthaltes, eher wie ein Bericht an Freunde und Bekannte. Darin wird auch deutlich, was für ein schwieriger und oft unleidlicher Mensch Chopin (bedingt durch seine Krankheit) während dieser Zeit war. Sand hatte es nicht einfach und nur wenig Angenehmes. Sie wäre mit ihren Kindern gerne länger dort geblieben (hatte auch genug Material für den Unterricht dabei), aber wegen Chopin ging das halt nicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich muss gestehen, hier heimlich mitzulesen und mich zu ärgern, dass ich mir das Buch nicht rechtzeitig besorgt habe.


    "Ein Winter auf Mallorca" hatte ich mir vor vielen Jahren einmal ausgeliehen und bin wegen seiner Längen nicht zu Ende gekommen.
    Nun habe ich mich kürzlich mit Chopin und seiner Biographie auseinandergesetzt und dachte wieder an George Sand und ihre Beschreibungen.


    Zitat

    Original von Clare Immer wieder beim Lesen habe ich mich gefragt, was G. Sand eigentlich unbedingt nach Mallorca gebracht hatte.


    Gesundheitliche Gründe wurden bereits angeführt und wenn man sich auf den Weg nach Valldemossa macht, dann wird der Leser und Reisende auch über einhundert Jahre später feststellen, dass es durchaus hässlichere Plätze als diesen Klosterort gibt. Das Leben tobt dort auch jetzt nicht; zum Schreiben und zur Erholung scheint er indes geeignet.
    Die Winter dürften dort trotzdem recht einsam, kalt und zermürbend (gewesen) sein.
    Mehr jedoch als die Ablehnung der unkonventionellen Lebensweise von George Sand durch die Einwohner hätte mich das Auf und Ab mit Chopin mein seelisches Gleichgewicht ins Wanken gebracht. Der Musiker schien ein schwieriger Zeitgenosse zu sein, George Sand dagegen eine außergewöhnlich starke Frau - Konflikte waren offensichtlich vorprogrammiert.
    Vielleicht gibt George Sand im weiteren Verlauf hierzu noch ein wenig mehr preis.
    Auf jeden Fall werde ich weiter in die Leserunde reinschauen :wave.