Angst vor Klassikern der Weltliteratur

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Sehr schön auch im Irlandsgeschenkbuch für Freundin-Thread zu sehen, wo die Erstellerin schon längst geschrieben hat, welches Buch sie verschenkt, und immer noch Vorschläge gepostet werden. Manchmal glaube ich, es wird nur die Überschrift gelesen, und gut ist ...


    Das finde ich aber gar nicht so schlimm. Also, dass die Leute nur die Überschrift lesen nervt mich schon auch manchmal, aber das weiter Ideen und Bücher gepostet werden führt meiner Meinung nach zu einem schönen Sammel-Thread zum Thema Irland, wo auch andere Interessiere später schmökern können.
    Nicht umsonst hat Buchdoktor in diesem Thread eine umfassende Linksammlung zu den verschiedensten Themen geführt, die ich sehr zu schätzen weiß.

  • Was mich wundert ist, dass noch niemand hier auf die Sprache einging, in der man lesen sollte. Generell gilt sicher für alle Bücher ohne Ausnahmen, daß Übersetzungen immer schlechter sind wie die Originale, schon allein weil sich viele Dinge nun einmal nicht übersetzen lassen.


    Wenn ich nun einen aktuellen Krimi wie etwa Verblendung lieber in Deutsch lese, als mich erst mit skandinavischen Sprachen beschäftigen zu müssen, halte ich das für völlig ok. Auch ein Mainstream-Fantasybuch wie Eragon kann man sicher auf deutsch lesen statt auf englisch, wenn man eben die Übersetzungsverluste akzeptiert.


    Aber bei Klassikern sollte man sich doch schon recht gut überlegen, ob man nicht wirklich das Original liest. Denn die meisten werden den Klassiker ja auch lesen, um dessen Einfluß auf die damalige Zeit und Literatur zu erfahren, das wird aber mit einer Übersetzung ins Deutsche kaum möglich sein. Sieht man schon an so etwas wie Shakespeare, wie schön sich da das Original lesen lässt, aber dann die deutsche Übersetzung....graus...


    Ganz davon abgesehen, daß Übersetzungen immer von der Epoche abhängen, in der sie übersetzt werden. Das Original bleibt halt immer gleich, so wie vom Autor gedacht, die Übersetzungen könen extrem stark voneinander abweichen, was ja schon deren Schwächen deutlich aufzeigt. Aktuelle Übersetzungen vom Herrn der Ringe etwa...graus.

  • Naja, ich bin auch ein Fan von Originalen. Aber für jemanden, der gerade in die Weltliteratur einsteigt und der sich Sorgen macht, diese sei zu anspruchsvoll für ihn, ist dieser Hinweis vielleicht doch nicht so ganz passend.


    Manchmal geht mir die Original-Fetischisierung ein bißchen auf den Keks. Zum einen wird damit die Arbeit von großartigen Übersetzern herabgewürdigt, die mit ihren Übersetzungen eigene Kunstwerke schaffen. Ich sehe das Übersetzungsproblem eigentlich eher bei der Genre-Literatur. An die Klassiker werden tendenziell eher richtig gute Leute gesetzt, die auch einigermaßen dafür bezahlt werden. Bei dem durchschnittlichen Krimi bekommt der Übersetzer kaum Zeit für die Übersetzung, weil der eine kurze Halbwertzeit hat und sich übersetzerischer Aufwand für die Verlage nicht lohnt.


    Außerdem muss ich in der Fremdsprache schon über ziemlich gute Kenntnisse verfügen, um überhaupt genug zu verstehen. Was bringt es mir einen Klassiker im Original zu lesen, wenn ich dessen sprachliche Besonderheiten gar nicht zu würdigen vermag.
    Mir wäre es auch zu eingeschränkt, nur deutsche, englische und französische Bücher zu lesen, weil ich keine anderen Sprachen kenne.
    Also, wenn ich eine Fremdsprache gut genug beherrsche, ist es sicherlich gewinnbringend, ein Buch im Original zu lesen, schließlich ist es die Sprache des Autors und selbst dem besten Übersetzer wird es nie gelingen, einen Text in seiner gesamten Komplexität in eine andere Sprache zu übertragen. Ist das nicht der Fall, nehme ich mir lieber ein bißchen mehr Zeit nach einer guten Übersetzung zu recherchieren, die gibt es nämlich von den meisten Klassikern, auch von Shakespeare.

  • Liebe Clio, deine Ausführungen zum Thema "Original vs. Übersetzung" sind absolut überzeugend. Ich unterstütze sie in allen Teilen. Insbesondere der Hinweis auf die Kongenialität mancher Übersetzer ist wichtig. Obwohl ich durch jahrelange Aufenthalte in den USA keinerlei Probleme mit der Sprache habe, lese ich dennoch zum Beispiel sehr gern Übersetzungen aus dem Amerikanischen von Harry Rowohlt. Vergleiche ich sie mit dem Original, erkenne ich, dass der Mann oft Feinheiten der Fremdsprache (und das bleibt sie für mich ja - trotz bester Kenntnisse) besser erkannt hat, als es mir möglich war.
    Zudem habe ich den Verdacht, dass - vorsichtig ausgedrückt - so manches Postulat nach Lesen in Originalsprache von einem gewissen Drang zur Selbstdarstellung getragen wird. Nur ein Verdacht ... :-)

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Zudem habe ich den Verdacht, dass - vorsichtig ausgedrückt - so manches Postulat nach Lesen in Originalsprache von einem gewissen Drang zur Selbstdarstellung getragen wird. Nur ein Verdacht ... :-)


    Da kann ich dir nur zustimmen.
    Und man muss es auch nicht vorsichtig ausdrücken; mancher Hinweis auf das Lesen in der Originalsprache entspringt oftmals nur einem peinlichen Imponiergehabe. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • @ Clio: Ich sehe in deinem Posting, dass du im Moment Walter Kempowskis "Das Echolot" liest. Da wir gerade in einem anderen Thread eine ziemlich kontroverse Diskussion über diesen Schriftsteller hatten, wäre ich - sicher nicht allein - an deiner Meinung zu diesem Werk sehr interessiert. Danke vorab! :wave

  • Bei Moby Dick muss ich mich übrigens anschließen, ich fand das Buch sterbenslangweilig (seitenweise Ausführungen über Wale, Walzitate, komische Perpektivwechsel wie plötzlich mal eine Szene als Drama statt als Prosa, komische Sprache), das würde ich wohl als allerletztes empfehlen. Aber wie man sieht: Geschmäcker sind verschieden,,, :wave


    Zum Thema Originale: Mit Shakespeare würde ich da nun wahrlich nicht anfangen, wenn man sonst wenig Englisch liest. Mich hat das damals noch ziemlich fertig gemacht (archaische Sprache und so), und das, obwohl ich schon einige Jahre lang "Unterhaltungsliteratur" viel und gerne im Original gelesen habe. Mittlerweile gehts, aber als Einstieg hab ich damals sowas wie Agatha Christie und Stephen King gewählt...

  • Zitat

    Original von Cith


    Das finde ich aber gar nicht so schlimm. Also, dass die Leute nur die Überschrift lesen nervt mich schon auch manchmal, aber das weiter Ideen und Bücher gepostet werden führt meiner Meinung nach zu einem schönen Sammel-Thread zum Thema Irland, wo auch andere Interessiere später schmökern können.
    Nicht umsonst hat Buchdoktor in diesem Thread eine umfassende Linksammlung zu den verschiedensten Themen geführt, die ich sehr zu schätzen weiß.


    Nur ganz kurz, da das doch sehr off-topic ist:


    Es gibt bereits mehrere Irland-Threads. Mir ist nicht klar, welcher Nutzen daraus entstehen soll, wenn jede gezielte thematische Anfrage ab Seite 3 in ein gigantisches Sammelsurium ausartet, dessen Einzelteile zur Ausgangsfrage eigentlich kaum noch einen Bezug haben. Die Irlandanfrage war da nur ein Beispiel.


    Zur Frage Original versus Übersetzung schließe ich mich Clio an. Wenn ich mich an ein schwieriges Buch wage, bin ich froh, nicht auch noch mit einer Fremdsprache kämpfen zu müssen.

  • Zitat

    Original von Clio
    Naja, ich bin auch ein Fan von Originalen. Aber für jemanden, der gerade in die Weltliteratur einsteigt und der sich Sorgen macht, diese sei zu anspruchsvoll für ihn, ist dieser Hinweis vielleicht doch nicht so ganz passend.


    Sehe ich anders. Im Gegenteil sehe ich den Hinweis als wichtig, da es in den meisten Fällen einfacher ist, das Original zu lesen, als über Übersetzungs-Fehler und -Probleme zu stolpern, die dann im Kontext den Sinn verzerren oder jeglichen Sinns entbehren.


    Das liegt dann ja auch nicht unbdingt an der Qualität des Übersetzers, einige Dinge lassen sich nun mal nicht übersetzen, auch dann nicht, wenn die einhundert besten Übersetzer der Welt hundert Jahre dran arbeiten, das ist einfach ein Problem verschiedener Sprachen.


    Der Übersetzer kann natürlich versuchen, den Gedanken des Originals zu erfassen und mit einer eigenen Interpretation im Deutschen darzustellen, aber hier kommt man dann zwangsläufig auf das Problem, daß man mit drei verschiedenen Übersetzungen desselben Werkes drei völlig verschiedene Bücher in der Hand hat.


    Es gibt schon einen Grund, warum Moslems den Koran nur im arabischen Original erlauben. Wenn der Vatikan die Originalquellen unserer heutigen Bibel aus seinen verschlossenen Hallen der Öffentlichkeit zugänglich machen würde, würde sich sicher so mancher Christ wundern, was ihm sein Prediger denn da in der Kirche für einen Mist erzählt hat.



    Zitat


    Also, wenn ich eine Fremdsprache gut genug beherrsche, ist es sicherlich gewinnbringend, ein Buch im Original zu lesen, schließlich ist es die Sprache des Autors und selbst dem besten Übersetzer wird es nie gelingen, einen Text in seiner gesamten Komplexität in eine andere Sprache zu übertragen. Ist das nicht der Fall, nehme ich mir lieber ein bißchen mehr Zeit nach einer guten Übersetzung zu recherchieren, die gibt es nämlich von den meisten Klassikern, auch von Shakespeare.


    Dem stimme ich zu. Da ich nicht in der glücklichen Lage bin, wie du drei Sprachen zu beherrschen, sondern nur zwei, beschränken sich bei mir die Originale nur aufs Englische, was ich eigentlich schade finde.

  • Zitat

    Original von Tannenbernie
    ... da es in den meisten Fällen einfacher ist, das Original zu lesen, als über Übersetzungs-Fehler und -Probleme zu stolpern, die dann im Kontext den Sinn verzerren oder jeglichen Sinns entbehren ...


    Das ist - sorry, lieber Tannenbernie - Unsinn. "In den meisten Fällen" kann es schon deswegen nicht "einfacher" sein, das Original zu lesen, da sich
    1. die Fremdsprachenkentnis der meisten Menschen auf eine bis maximal drei beschränkt, es aber hunderte von fremden Sprachen gibt, in denen Bücher im Original erscheinen und
    2. nur wenige Menschen dermaßen gute Kenntnisse auch nur einer Fremdsprache haben, geschweige denn mit deren Umgang so gut vertraut sind, dass sie die Feinheiten des Originals eher erkennen als in einer guten Übersetzung in ihre Muttersprache - ganz abgesehen davon, dass der Lesegenuss für viele getrübt würde durch die Notwendigkeit, hin und wieder doch etwas nachschlagen zu müssen.


    Zu behaupten, es sei "in den meisten Fällen" einfacher, das fremdsprachige Original zu lesen, ist aber darüber hinaus auch ziemlich borniert, vor allem, wenn man sich die Nöte ansieht, die Nikki in ihrem Eingangsposting zum Ausdruck gebracht hat.
    Sie schrieb:
    ... leider habe ich Angst vor Klassikern. Angst ist vielleicht ein bisschen stark besetzt, vielleicht ist Respekt der bessere Ausdruck. Ich habe bedenken, dass ich mit der Sprache nicht klarkomme und dass das Lesen in diesem Buch wohl schon eher einen Anspruch an den Lesenden erhebt. Nicht mal eben flott durchlesen o. ä... Wenn ich da an die Deutschstunden zurückdenke.... das war schon mal eine Qual für mich...


    Jemandem, der "Angst" oder "Respekt" davor äußert, mit der Sprache sog. "Klassiker" (und sie spricht von der deutschen, also ihrer Muttersprache) "nicht klarzukommen", helfen deine akademischen (um nicht zu sagen abgehobenen) Betrachtungen zum Lesen fremdsprachlicher Originale nicht wirklich. Aber eitles Geschwätz dieser Art schreckt eher ab, sich einmal unbelastet an ein paar Klassiker der Literatur heranzuwagen - selbstverständlich in der Muttersprache.
    Das wäre sehr schade und das genaue Gegenteil von dem, was alle anderen hier mit Vorschlägen an Nikki in Gang setzen wollten.

  • "Einfacher zu lesen" ist es aber eben nur, wenn man schon gewöhnt ist, in der entsprechenden Fremdsprache zu lesen. Anfangs ist man doch erstmal deutlich langsamer als in der Muttersprache, muss je nach Sprachniveau viele Wörter nachschlagen etc. Ich würde mir das bei sowas wie Shakespeare eben gerade nicht antun wollen, wenn ich ungeübt bin - im Französischen fange ich auch erstmal grad mit einfachen, sogar mit Kinderbüchern an und nicht direkt mit Sartre und Voltaire.

  • Zitat

    Original von amoeba
    "Einfacher zu lesen" ist es aber eben nur, wenn man schon gewöhnt ist, in der entsprechenden Fremdsprache zu lesen. Anfangs ist man doch erstmal deutlich langsamer als in der Muttersprache, muss je nach Sprachniveau viele Wörter nachschlagen etc. Ich würde mir das bei sowas wie Shakespeare eben gerade nicht antun wollen, wenn ich ungeübt bin - im Französischen fange ich auch erstmal grad mit einfachen, sogar mit Kinderbüchern an und nicht direkt mit Sartre und Voltaire.


    Jep! :write :write :write

  • Zitat

    Im Gegenteil sehe ich den Hinweis als wichtig, da es in den meisten Fällen einfacher ist, das Original zu lesen, als über Übersetzungs-Fehler und -Probleme zu stolpern, die dann im Kontext den Sinn verzerren oder jeglichen Sinns entbehren.


    Das ist einfach Unsinn. So etwas passiert einem guten Übersetzer nicht. Ich denke du unterschätzt die Fähigkeit von Übersetzern ganz gewaltig. Ich weiß nicht, was für Übersetzungen du gerade im Sinn hast, aber ich kenne gerade im Bereich der Weltliteratur wenig Übersetzungen, die die Handlung grundsätzlich entstellen. Die Differenzen, die zwischen Übersetzung und Original enstehen, sind in den meisten Fällen so feiner Natur, dass sie den meisten Lesern sowieso entgehen dürften. Ich wage zu behaupten, dass dem durchschnittlichen Deutschen mit seinem Schulenglisch sehr vielmehr aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, Unkenntniss von Sprachnuancen etc entgeht, als durch die Übersetzung verloren geht.
    Mir geht es oft ähnlich wie Dieter. Mein Englisch ist sehr gut, ich lese englische Texte fast ausschließlich im Original und habe selbst schon literarische Übersetzungen angefertigt. Trotzdem merke ich, wenn ich nochmal in den deutschen Text gucke, dass mir bestimmte Dinge entgangen sind, die mir die Übersetzung eröffnet. Das ist ja auch kein Wunder. Als Übersetzer beschäftigt man sich gelegentlich eine Stunde mit einem Satz, was kaum ein Leser tun dürfte.


    Verstehe mich nicht falsch, ich will sicherlich nicht davon abraten, das Original zu lesen. Man bekommt einen Gefühl von den Text wie ihn keine Übersetzung liefern kann. Aber deinen Rat, dass es grundsätzlich leichter ist das Original zu lesen, finde ich zu elitär.

  • Zitat

    Original von Clio
    Das ist einfach Unsinn. So etwas passiert einem guten Übersetzer nicht. Ich denke du unterschätzt die Fähigkeit von Übersetzern ganz gewaltig. Ich weiß nicht, was für Übersetzungen du gerade im Sinn hast, aber ich kenne gerade im Bereich der Weltliteratur wenig Übersetzungen, die die Handlung grundsätzlich entstellen.


    Naja, erstmal können wir ruhig die Kirche im Dorf lassen. Von einer grundsätzlichen Entstellung der Handlung habe ich nun wirklich nicht gesprochen, sondern von einzelnen Textpassagen. (Vielleicht mit Ausnahme der Bibel, aber das ist sicher ein anderes Thema).


    An dieser Stelle sei angemerkt, daß meine Empfehlung, sich ein Original mal anzusehen selbstredend nur auf die Sprachen beschränkt, die der Lesende auch beherrscht. Ich lerne auch keine neue Fremdsprache, um ein neues Buch zu lesen.


    Weiterhin könnt ihr euch den Elite-Quatsch schenken. Meine Fremdsprachenkenntnisse sind sind gering genug, um beschämt zu sein, nicht um anzugeben. Und vor allem haben sie nichts mit der Einstellung zu tun, sich ein Original mal anzusehen - wenn man die entsprechende Sprache eben beherrscht. Den Gedankensprung von einer solchen Empfehlung zu irgendeinem Elitedenken kann ich sowieso nicht nachvollziehen, ist ja nicht so das man heutzutage die große Ausnahme ist, wenn man mal ne Sprache mehr wie deutsch lesen kann. Jeder Einwanderer in Deutschland beherrscht neben deutsch noch seine Heimatsprache, macht ihn das dann in eurer Logik zu einem Snob?


    Aber nun zum wichtigen. Du hast mich gefragt, was für Übersetzungen ich im Sinn abe, da werfe ich mal ein paar in den Raum (ohne groß Recherche):


    1) Smilla lehrt uns, daß Eskimos weit über einhundert Worte für Schnee haben. In der deutschen Sprache gibt es meines Wissens weit weniger. Meine erste Frage an dich also, wie übersetzt du die Prosa eines Eskimos, der über den Schnee in seinem Heimatdorf sinniert?


    2) Nagel mich nicht ganz fest, aber ich bin recht sicher, daß südamerikanische Ureinwohner weit über einhundert Worte für grün und auch andere farben haben. Auch hier ist eine Übersetzung sicher interessant.


    3) Ganz wüst wird es bei Wortwitzen. Du wärst der erste Mensch auf der Welt, der diese in verschiedene Sprachen übersetzen könnte.


    4) Redewendungen sind ebenfalls großartig, besonders wenn sie durch jeweiligen Zeitgeist nur temporär entstehen und dann in verschiedenen Subkulturen noch verschiedene Bedeutungen haben - "Alter Schwede, hier geht ja der Bär ab. Da steppt die Kuh im Kettenhemd."


    5) Slang ist dann noch besonders schön, gerade weil der außerhalb einer gewissen Subkultur dann noch andere Bedeutung haben kann. Gerade, wenn diese Subkultur in einem anderen Land nicht existiert, bin ich dann espannt auf eine sinnvolle Übersetzung.


    6) Kommen wir zu Dialekten. Oder nein, lassen wir es lieber bleiben. Denn der Einsatz von Dialekten im Dialog von Handlungsträgern lässt sich einfach unmöglich übersetzen, das lassen schon die kulturellen Unterschiede verschiedener Länder nicht zu.


    7) Ebenfalls witzig ist die Nutung von Wörtern, die einmal aus der historie heraus in andere Sprachen importiert wurden. So kennen wir in den romaischen Sprachen jeweils ein Wort für "König" und haben so ziemlich dieselbe Bedeutug für das Wort, egal ob in Frankreich, Deutschland, Spanien oder England. Das liegt natürlich an der Geschichte Europas, in der Könige in unserer Kultur entsprechend verankert waren. Als dann die europäischen Eroberer auf andere Kulturen trafen, nannten sie die dort vorhandenen souveränen Herrscher eben auch "König", owohl diese von ihren Traditionen und Hintergründen mit europäischen Königen nichts gemein hatten. So wird dann noch heute königen von diesem oder jenen Land gesprochen, obwohl das originalwort in der jeweiligen Sprache etwas anderes bedeutet.


    Ein schönes Beispiel hatte ich erst letztens, als ich in einem speziellen Zusammenhang über "die größte Rasse der Jäger" gelesen habe. Das machte null Sinn für mich und ich überlegte, was gemeint sein könnte. Nun fand ich das original als "the greatest race of hunters" und sah das Problem des Übersetzers. "Race" wird normal mit "Rennen" oder "Rasse" übersetzt. Rennen schien dem Übersetzer keinen Sinn zu machen, also wählte er Rasse, was genauso quatsch war. Tatsächlich wird im englischen Slang "Race" auch für die Jagd verwendet, meist im Zusammenhang mit "der einen großen Jagd" auf eine bestimmte wertvolle Beute. Somit wäre die korrekte Übersetzung "Die größte Jagd der Jäger" gewesen - hörtsich super an. Ganz davon abgesehen, daß der Sinn verloren geht, da es im Deutschen nun mal kein entsprechendes Wort gibt, daß diese große Jagd ausdrückt.

  • Für das Heranwagen an Klassiker, darunter auch deutschsprachige Werke finde ich die Diskussion über Übersetzungen fehl am Platz. Sie könnte aber sicherlich sehr interessant in einem weiteren Thread fortgeführt werden. Denn die Probleme, die eine Übersetzung mit sich bringt (und die hat Tannberrie gut angeführt) beziehen sich nicht nur auf Weltliteratur, sondern allgemein auf fremdsprachige Bücher.


    Zudem kann selbst eine ältere Sprachstufe des Deutschen für einen Muttersprachler zum Problem werden, gerade weil Wortbedeutungen sich wandeln können. Ein weiteres Problem sind da auch verschiedene Editionen von älteren deutschen Werken (Urfaust vs. Faust-Editionen als Beispiel)


    Um wieder zur eigentlichen Anfrage des Threads zurück zu kommen: Mir hat damals "Das Versprechen" von Dürrenmatt sehr gut gefallen. Es war auch einfach zu lessen. :wave

    "Schweigen bedeutet für einen großen Teil der Menschheit Gewinn."Borondria, Großmeisterin der Golgariten


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  • Ehrlich gesagt finde ich, artet dieser Thread eher in Richtung eine Diskussion zum Thema Übersetzungen aus. Hier ging es doch vielmehr darum, dass Klassiker immer einen gewissen Respekt auslösen und viele (so auch ich) sich nicht herantrauen. Für mich beginnt das persönlich schon bei der Frage, was Klassiker überhaupt sind und ob ich überhaupt in der Lage sein würde, zu benennen, was jenes Buch überhaupt herausragen lässt, um ein Klassiker zu sein.


    Ich persönlich denke, dass man in der Schulzeit ein schlechtes Bild von klassischer Literatur bekommen hat. Ich denke da an ,,Emilia Galotti" (furchtbar) und ,,Die Leiden des jungen Werthers". Nichts, aber auch garnichts positives konnte ich an diesen Büchern finden, geschweige denn habe ich sie überhaupt verstanden. (oder aufgrund des Schreibstils überhaupt nicht verstehen wollen?) Und gibt es überhaupt einen Grund, an seinen eigenen Fähigkeiten des Lesens zu zweifeln oder gibt es auch Klassiker, bei denen es einem nicht so ergehen würde?


    Von daher finde ich diesen Thread von der Ursprungsfrage her sehr interessant, die Thematik driftet aber eher in eine andere Richtung ab.

  • Zitat

    Original von Lucy1987
    ... Von daher finde ich diesen Thread von der Ursprungsfrage her sehr interessant, die Thematik driftet aber eher in eine andere Richtung ab.


    Sehr richtig, daher habe ich mir vorhin auch erlaubt, auf das Ursprungsposting von Nikki hinzuweisen. Es lohnt sich sicher, da näher dranzubleiben. :wave

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann


    Sehr richtig, daher habe ich mir vorhin auch erlaubt, auf das Ursprungsposting von Nikki hinzuweisen. Es lohnt sich sicher, da näher dranzubleiben. :wave


    Wobei ich es immer wieder interessant finde wie sich ein Gespräch entwickelt. Das ist genauso wie auf "freier Wildbahn". :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Tannenbernie
    ... Von einer grundsätzlichen Entstellung der Handlung habe ich nun wirklich nicht gesprochen, sondern von einzelnen Textpassagen. ...


    Tatsächlich? Wir können doch lesen:


    ... daß man mit drei verschiedenen Übersetzungen desselben Werkes drei völlig verschiedene Bücher in der Hand hat.


    Was denn nun? :gruebel