Messias-Maschine (Chris Beckett)

  • Inhalt
    In einem nicht allzu fernen Zukunftsszenario besteht die Welt zum Großteil aus radikal religiösen Staaten, die sich sowohl untereinander bekriegen, als auch Wissenschaftler als Ketzer verfolgen. Die Wissenschaftler und Atheisten, die entkommen konnten, flohen nach Illyrien, einem Stadtstaat im Balkan, in dem Religion verpönt ist und das rationale Denken hochgehalten wird.
    Hier lebt der 22-jährige George, der als Übersetzer arbeitet, aber im Grunde einfach nur vor sich hin lebt. Er ist schüchtern, hat keine echten Freunde und so kommt es, dass er Lucy begegnet, einer HESVE - einer hochentwickelten sinnlichen Vergnügungseinheit (Klartext: Roboter ersetzen Prostituierte). Roboter dieser Art sind darauf ausgelegt, durch Erfahrungen ihre Fähigkeiten auszubauen und so kommt es, dass immer mehr Roboter ein Bewusstsein entwickeln und teils aus Illyria City fliehen, um in der Außenwelt von den religiösen Fanatikern als "ömonen aus der Stadt" zerstört zu werden.
    Außerdem wird das Leben in der Stadt immer gefährlicher, Religion wird verboten, und als mehrere Roboter Verhaltensauffälligkeiten ausweisen, wird beschlossen, deren "Festplatte" zu löschen. Als auch Lucy diese Gefahr droht, sieht George nur einen Ausweg: Er flieht mit ihr aus der Stadt und in die feindselige AUßenwelt, wo er Lucy als Menschen ausgeben muss ...


    Kritik
    Ich stehe dem Buch zwiegespalten gegenüber. Einerseits ist die Thematik hochinteressant: Können künstliche Wesen eine Seele, ein Bewusstsein entwickeln? Ist der hochentwickelte Stadtstaat Illyrien so viel besser als die Außenwelt? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, Religion und Wissenschaft friedlich zu vereinen?
    Das Szenario, das Chris Beckett hier entworfen hat, ist erschreckend, vor allem, weil man weiß, dass es Orte auf der Welt gibt, wo tatsächlich ganz ähnliche Umstände herrschen, und die Ideen sind stellenweise wirklich gut.
    Auch die Sprache hat mir gefallen, aber letztlich blieb das Buch für mich tot und kalt.
    George ist keine besonders sympathische Hauptfigur, er ist in manchen Belangen strunzdumm und benimmt sich wie der letzte Depp, die weiteren Charaktere blieben vollkommen flach und ich habe beim Lesen kaum Emotionen verspürt, obwohl das Thema religiöser Fanatismus mich sonst sehr schnell in Rage versetzt. Aber das Thema selbst wurde schon oft und wesentlich packender in einem Roman behandelt.
    Zwar war das Buch nicht langweilig und las sich recht zügig weg, aber es hinterlässt keinen bleibenden Eindruck.


    Fazit
    Kein schlechtes Buch, aber sehr farblos und keines, das mich nach der letzten Seite noch beschäftigt oder eine völlig neue Geschichte erzählt.


    6/10 Sternen

  • Meine Meinung


    Das Buch hat mich nicht packen können. Ich habe mich zwar nicht gelangweilt, aber ein wirklicher Lesegenuss war es auch nicht.
    Sicher ist es schwierig, etwas wirklich Neues zuschreiben, auch im SciFi-Bereich, aber beim Lesen dieses Buches kamen mir einfach zu viele Parallelen zu anderen Romanen dieses Genres, die ich schon gelesen habe. Einiges erinnerte mich an "Otherland" von Tad Williams, das bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Sowohl die Tiefe der Figuren als auch die Klarheit der Geschichte konnten mich in "Die Messiasmaschine" nicht überzeugen.
    Dass der Autor etwas sagen, eine höhere, moralische Aussage machen will, wird schnell klar, aber zumindest für mich wurde bis zum Schluss des Buches eigentlich nicht klar, was das eigentlich sein soll. Kritik am Medienkonsum, der emotionalen Verarmung der Familien, am Verlust der Werte und der Ziele im Leben? Was auch immer.
    Schade!


    Nur 7 Punkte von mir

  • Mein Leseeindruck:


    Das Buch reißt mich nicht mit, es überrascht mich nicht. Und emotional hat mich keine Zeile an den Text gebunden. Die Lektüre bleibt seltsam hohl und macht mich nicht satt.


    Die Figuren bleiben blaß, der Plot wirkt nicht richtig durchdacht. Gerade die gesellschaftlichen Entwicklungen (Aufruhr, Krieg, das Umkippen der Stimmung eines ganzen Volkes) geschehen sprunghaft, zu plötzlich, nicht nachvollziehbar. Der Autor erzählt davon, aber er zeigt es dem Leser nicht.


    Das Thema Religion scheint für den Autor das Schlüsselmotiv der Geschichte gewesen zu sein. Die grundlegende Prämisse bleibt jedoch etwas nebulös.


    Wer an genaueren Eindrücken interessiert ist, sollte in der Mini-LR nachlesen. Hier ist der Link.


    Das Buch war für mich eine Enttäuschung. Daher gibt es von mir nur 5 Punkte.

  • Das hab ich auch vor einer ganzen Zeit gelesen, aber die englische Ausgabe. Offenbar hat es mich nicht vom Hocker gehauen, sonst hätte ich eine Rezi geschrieben. Ich bin ja genell für solche Auseinandersetzungen mit fundamentalistischen Gesellschaften und auch Künstliche Intelligenz immer zu haben, aber ich glaube, ich wusste am Ende immer noch nicht, was er eigentlich sagen wollte.

  • Ich lese es gerade, bin jetzt etwa in der Mitte.
    An den Seiten klebe ich auch nicht gerade, aber irgendwas hat das Buch schon, das mich fasziniert, obwohl ich den Protagonisten richtig übel finde und wirklich gar nicht leiden kann.
    Versteht mich nicht falsch, als Romanfigur ist er sehr glaubwürdig - aber er erinnert mich so sehr an echte Menschen (vielleicht auch ein Stück an mich selbst), dass es mir unangenehm ist. Bislang kommt er nämlich rüber als der Prototyp vom naiven, wohlstandsverwöhnten, leicht nerdigen Großstädter ohne echtes Ziel im Leben, der mit einer weltfremden Naivität gegenüber dem Leben außerhalb der privilegierten Blase alles dort romantisiert. Und der dann vom bösen Erwachen getroffen wird. Nichts ist so, wie er es sich vorstellt. Die 'echte' Welt entpuppt sich für ihn einfach nur als schlimm und unromantisch und für ihn eine Qual.
    Spannend finde ich vor allem die Entwicklung, die er mit Lucy durchmacht - zuerst romantisch und oberflächlich verliebt in das Bild einer Idealfrau, und dann, als die erwachende eigene Persönlichkeit Lucy diesem Ideal nicht mehr entspricht, nur noch angewidert von ihr. Das, was er den anderen vorwirft, das vernagelte eindimensionale (religiös verblendete) Weltbild, ist auch seine eigene Schwäche, er ist genauso überfordert vom Ideal der Offenheit gegenüber anderem. An dieser Stelle ist das Buch viel mehr gesellschaftlicher Spiegel als ScienceFiction. Diese Erkenntnis, dass die Forderung nach Toleranz und Offenheit immer viel einfacher ist, wenn es nicht gerade die eigenen Themen und Überzeugungen betrifft, diese Ambivalenz, wird kaum jemals so deutlich wie hier. Oder die Tendenz des Menschen, das 'Andere' wenn nicht zu stigmatisieren, dann im Umkehrschluss zu romantisieren. Der Protagonist des Buches schließt sich den Rebellen an, weil er es für ein cooles Abenteuer hält ... und wird sich erst im Nachhinein bewusst, dass es bitterer Ernst ist. Oder seine Mutter, die den SenSpace, eine Art fortgeschrittenes Internet, quasi eine virtuelle Welt mit Voll-Immersion, am liebsten nie mehr verlassen will, weil er so perfekt ist - bis die Perfektion mal Löcher kriegt. Das Buch ist bevölkert von Menschen, denen in Ermangelung existentieller Sorgen Realitätsflucht das liebste Hobby geworden ist.
    Also zusammengefasst - das Buch fesselt mich, obwohl ich es nicht mag. Ich finde es unangenehm, es zu lesen, weil es so nachvollziehbar menschliche Schwächen seziert. Aber aufhören kann ich trotzdem nicht.
    Bin jedenfalls sehr gespannt, wie es ausgeht ...

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

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  • Hallo elwe,


    es freut mich, dass du deine Meinung so ausführlich dargelegt hast. Ich finde es immer wieder interessant, wie unterschiedlich ein Buch auf seine Leser wirken kann. Deine Darstellung hat eine interessante Note hinzugefügt.


    Dein Satz,
    Das Buch ist bevölkert von Menschen, denen in Ermangelung existentieller Sorgen Realitätsflucht das liebste Hobby geworden ist.


    gefällt mir ausgesprochen gut und stimme dir zu. Genauso sind die Protagonisten in dem Buch.

  • Ihr Lieben, ich habe das Buch jetzt zu Ende gelesen und muss meine Gesamtmeinung noch einmal dahingehend anpassen, dass es tatsächlich kein schlechtes Buch ist, sondern im Gegenteil, ein paar sehr kluge und nachdenklich machende Überlegungen anstößt. Ein Problem ist wohl eher, dass hier viel Philosophisches und klug Gesellschaftskritisches in das Gewand eines Unterhaltungsromans verpackt ist, dass man dadurch aber als Leser zunächst eine andere Erwartungshaltung hat. Der Klappentext suggeriert, dass wir eine Dystopie mit den typischen Zutaten in der Hand halten: eine postapokalyptische Welt und eine die Handlung dominierende Liebesgeschichte. Und da Liebesgeschichten meist so funktionieren, dass man sich als Leser mit den Figuren identifizieren oder sie wenigstens anhimmeln kann, ist man von diesem Setting hier zuerst einmal enttäuscht:
    George nämlich, der Protagonist, ist wirklich nicht der klassische Held. Im Gegenteil. Er ist ein ganz gewöhnlicher Typ wie Du und ich, vielleicht etwas nerdiger und passiver und weltfremder als die meisten, der Bewohner einer Luxus-Blase, in der nach und nach Roboter die gewöhnlichen Arbeiten übernehmen und in der man kraft Überlegenheit des analytischen Verstands herabblickt auf die rückständigen Kulturen, die sich in religiöse Verwirrungen verlieren. George ist Übersetzer im Stadtstaat Illyrien, einer hochtechnisierten Enklave von Wissenschaft und Technik, die sich nach dem weltweiten Zusammenbruch der bekannten Zivilisationen unter einem Ansturm religiösen Fundamentalismus bildete. Illyrien befindet sich irgendwo auf dem Gebiet des heutigen Griechenland, umringt von kleinen Theokratien, die auf den Stand von vor der industriellen Revolution zurückgefallen sind und sich unablässig über Religionsfragen bekriegen.
    George lebt zusammen mit seiner Mutter, die sich aber den Großteil ihrer Zeit im SenSpace aufhält, einem virtuellen Online-Konstrukt, in dem man mit seinem Avatar lebensechte Erfahrungen in perfekten Welten erlebt, voll-immersiv und mit allen Sinnen an die Maschine angeschlossen. Die Mutter ist schwer traumatisiert, da sie die Wissenschaftler-Verfolgungen noch am eigenen Leib erlebte. George dagegen leidet vor allem an Langeweile und hat noch nie ein Date gehabt. Er sucht schließlich käufliche Liebe bei einem Syntec - das sind Roboter, die Menschen täuschend ähnlich sehen und aufgrund ihrer Programmierung perfekt auf ihre jeweiligen Aufgaben abgestimmt sind - und verliebt sich in Lucy, so der Name des Syntec. Als Lucys Generation von Robotern, die mit selbstlernenden Systemen ausgestattet sind, beginnen, ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln, verabschiedet der Staat ein Gesetz zu ihrer sechsmonatigen Gedächtnislöschung. Um Lucy vor diesem Schicksal zu bewahren, flieht George mit ihr aus der Stadt - hinaus in eine Welt, die er sich viel romantischer vorgestellt hat, als sie wirklich ist. Die religiösen Menschen außerhalb Illyriens halten Roboter nämlich für Dämonen, deshalb hat er alle Hände voll zu tun, Lucys Identität geheimzuhalten (vor allem, nachdem sie - als Sexroboter - den Leuten beim Tischgespräch alle Nase lang anbietet, sich auszuziehen oder es ihnen mit der Hand zu machen :grin ... woraus sich einige sehr bizarre Situationen ergeben).


    Soweit die Ausgangssituation.


    Wie schon eingangs gesagt, George ist kein Sympathieträger. Er ist im Grunde feige, wankelmütig, naiv und ein Zivilisations-Weichei. Tatsächlich vereint er eine Menge Eigenschaften auf sich, die man ohne weiteres auf sich selbst oder Freunde und Bekannte anwenden könnte. Er hält einem die eigenen Schwächen schmerzlich deutlich vor Augen, und vielleicht fand ich es deshalb so unangenehm, ihn zu lesen.
    Es wird einem schnell klar, dass von ihm keine Heldentaten zu erwarten sind, und dass also eine brenzliche Situation sich nur mit Glück entschärfen lässt, oder wahrscheinlich direkt in die Katastrophe führt.
    Nachdem ich das Buch nun komplett gelesen habe, muss ich sagen, dass sein Charakter so, wie er da steht, auch einen Sinn hat. Sonst würde die Geschichte nicht so ausgehen, wie sie es tut.
    Für mich haben sich, vor allem zum Ende hin, eine Menge interessanter Denkanstöße aufgetan. Vordergründig scheint es um Religion versus Technik zu gehen, aber ich glaube, das ist gar nicht die wichtige Frage.
    Viel wichtiger fand ich zum Beispiel das Thema der wohlstandsverwöhnten Realitätsflucht, über das ich weiter oben schon einmal geschrieben habe.
    Oder die Erkenntnis am Ende, über die Unterschiedlichkeit der Wahrnehmung, die George und Kleine Rose von der Welt haben: Er, der monatelang durch die verlumpten Outskirts getourt ist, ist fasziniert von der Schönheit und Makellosigkeit der Menschen in Illyria. Sie dagegen, die sich im SenSpace aufgehalten wird, in dem es nur makellose Schönheit gibt, denkt, wie plump und ungelenk die Leute sich in Wahrheit doch bewegen, und wie häßlich echte Menschen sind. Für mich liest es sich wie ein Gedankenspiel, was wäre wenn sich unsere Welt, unser (marketinggetriebenes) Streben nach Perfektion, die Schönheit, die jetzt schon von jeder Plakatwand herunterlächelt, noch zwanzig Jahre weiterentwickelt? Und dem gegenüber steht die Wahrnehmung eines zerbrechenden (künstlichen) Wesens, das im Gegenteil die Fähigkeit der Menschen bewundert, sich immer der Umgebung anzupassen und sich aus sich selbst heraus erneuern zu können. Für mich liegt in diesem Ende des Buches eine ganze Menge nachdenkenswerter Philosophie.


    Abschließend kann ich sagen: Ich habe das Buch nicht mit Genuss gelesen, aber ich bin froh, dass ich es getan habe, denn es hat mir eine Menge Denkanstöße gegeben und mich in gewisser Weise berührt. Ich finde, es ist ein sehr lesenswerter Roman, der durchaus mit ein paar Überraschungen aufwartet - man darf nur nicht mit der Erwartungshaltung an leicht zu konsumierende Unterhaltung herangehen. Viele Stellen in diesem Buch sind es durchaus wert, darüber nachzudenken und hinter die offensichtliche Aussage zu schauen. Wer sich die Mühe macht, wird vielleicht ein paar interessante Überlegungen entdecken. Nicht jede Frage erhält eine Antwort - aber das ist vielleicht auch nicht möglich, einfach weil es diese Antworten nicht allgemeingültig gibt und weil sie für jeden anders ausfallen, immer abhängig von der Prämisse, unter der er die Frage stellt.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Durch den Ich-Erzähler George hat man nur eine eingeschränkte Perspektive auf die Sicht der Handlungen, andere Figuren kommen selbst nicht zu Wort. Es ist zwar gut und schnell zu lesen, aber irgendwie fehlt für mich was. Die Figuren bleiben farblos, ihre Handlungen selten verständlich. Vieles ist mir zu schnell und wenig glaubhaft erzählt. Nach einem weiteren Roman des Autors werde ich nicht mehr greifen.