Glücklich die Glücklichen - Yasmina Reza

  • • Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
    • Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (3. Februar 2014)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN: 978-3446244825


    Über den Autor und weitere Mitwirkende (von Amazon)
    Yasmina Reza, 1957 geboren, ist Autorin, Regisseurin und Schauspielerin. Ihre Theaterstücke (zu den berühmesten gehören "Kunst", "Drei Mal Leben" und "Der Gott des Gemetzels") sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt.


    Kurzbeschreibung (von Amazon)
    Ein Ehepaar im Supermarkt, Robert und Odile. Ihr an sich lächerlicher Streit an der Käsetheke eskaliert, die Nerven liegen blank, weil es hier um viel mehr als um die Wahl des richtigen Käses geht. Odile, Mutter zweier Kinder, wird sich schon bald einen Liebhaber nehmen, der sie dann seinerseits betrügt. Yasmina Reza beschreibt Paare, Einzelgänger und Familien in unverschämt komischen Alltagsszenen. Inmitten von gesellschaftlichem Ansehen und beruflichen Erfolgen werden ihre Träume vom Alltag zerrieben. Doch aufgeben? Niemals! Mit scharfer Beobachtungsgabe und schmerzhaft treffenden Dialogen entzündet die Autorin ein Feuerwerk aus klugem Witz, Humor und tiefen Einsichten in unsere heutige Gesellschaft.


    Meine Eindrücke
    Beim Lesen der Kurzbeschreibung fühlte ich mich vor allem vom letzten Satz angezogen: „Mit scharfer Beobachtungsgabe und schmerzhaft treffenden Dialogen entzündet die Autorin ein Feuerwerk aus klugem Witz, Humor und tiefen Einsichten in unsere heutige Gesellschaft.“ Gut möglich, dass es zahlreiche Leser gibt, die diese Einschätzung teilen, bei mir war es leider nicht der Fall. Mit dem Schreib- und Erzählstil dieses Buches kam ich überhaupt nicht zurecht. Entweder passen die Autorin und ich einfach nicht zu einander, oder es ist möglicherweise schlecht und lieblos übersetzt, denn im Klappentext heißt es unter anderem: „In Frankreich auf Anhieb ein Bestseller und von der Presse hymnisch gefeiert, ist dieser unerhört lebensnahe Roman ein Feuerwerk aus klugem Witz, tiefen Einsichten und geballter Gegenwart.“


    „Yasmina Reza beschreibt Paare, Einzelgänger und Familien in Alltagsszenen“, viel mehr vermag ich zum Inhalt auch nicht zu sagen, doch das Attribut „umwerfend komisch“ muss ich für meinen Teil entschieden verneinen. „Tiefe Einsichten in unsere heutige Gesellschaft“ – ja, mag sein, nur wurden sie für mich derart langweilig und ohne jeglichen Esprit vermittelt, dass ich kaum in der Lage war, sie als solche wahrzunehmen.


    Der Leser folgt verschiedenen Personen durch kurze Sequenzen ihres Alltages. Es wird ausschließlich in der Ich-Form erzählt, für mich von Anfang an irritierend, weil sich in jedem der kurzen Kapitel die Person und damit die Perspektive ändert. Daran konnte ich mich nicht gewöhnen und fand es bis zum Schluss mühsam, mich so oft und so schnell wechselnd in die Psyche und Lebenssituation derart verschiedener Leute hineindenken zu müssen. Außerdem war für mich häufig nicht ohne weiteres zu erkennen, ob die jeweilige Person nur denkt oder ob sie spricht oder auch welche Person gerade was sagt.


    Bis auf wenige Ausnahmen fand ich die geschilderten Episoden und Dialoge inhaltlich uninteressant und belanglos. Was für sich allein genommen nicht weiter schlimm wäre, gerade Belanglosigkeiten können sehr unterhaltsam sein, wenn sie mit Wortwitz, Ironie und Humor auf den Punkt gebracht werden. Deprimierend, trübselig, verwirrend und vor allem langweilig, das sind meine Eindrücke. Keine Spur von klugem Witz oder Humor. Ganz originell fand ich, dass die so verschiedenen Personen alle in irgendeiner Form in Zusammenhang stehen. Nur blieben mir sämtliche Figuren komplett gleichgültig und leider war das Buch auch sprachlich viel zu schlicht, um wenigstens daraus einen gewissen Lesegenuss zu ziehen. Häufig beginnen die einfachen Sätze einfallslos mit „da“, „dann“, „eines Tages“, „einmal“ usw.

    Selten habe ich mich so durch ein Buch gemüht. Es war total anstrengend zu lesen und es hat mich einiges an Willenskraft gekostet, meine regelmäßig abschweifenden Gedanken wieder zurück auf die Geschichte zu lenken. Ich hätte sicher nicht durchgehalten, wären es mehr als die 176 Seiten gewesen.

    Schade! Die zugrunde liegende Idee klingt recht interessant und hätte mir, anders ausgearbeitet, sicher gefallen können.


    Als „Erst-Rezensent“ hier bei den Eulen möchte ich keine Punkte vergeben. Es erscheint mir nicht fair, das Buch aufgrund meiner subjektiven Eindrücke herunter zu punkten.
    Eine Leseempfehlung kann ich nicht aussprechen.

  • Glücklich die Glücklichen - Yasmina Reza


    Übersetzt aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel und Frank Heibert.


    Rückseite:
    Auf ihre unvergleichliche Weise erzählt Yasmina Reza in Glücklich die Glücklichen von Paaren, Einzelgängern und Familien. Sie sind Journalisten, Ärzte, Schauspieler, mehr oder weniger berühmt, durch vielerlei Beziehungen miteinander verbunden, dabei im Grunde alle einsam. Gesellschaftliches Ansehen, kleinere und größere berufliche Erfolge, gewiss - ihre hochfliegenden Träume und Ideen aber werden im täglichen Leben zerrieben.
    Doch aufgeben? Niemals!


    Über die Autorin:
    Yasmina Reza schrieb das Theaterstück Der Gott des Gemetzels, welches von Roman Polanski verfilmt wurde.


    Über die Übersetzer:
    Frank Heibert, 1960 geboren, übersetze u.a.a Marie Darrieussecq, Don DeLillo und Richard Ford.
    Hinrich Schmidt-Henkel, 1959 geboren, übersetzte u.a. Jean Echenoz, Ferdinand Celine und Michel Houllebecq. Er wurde u.a.mit dem Jane-Scatherd-Preis und dem Paul-Celan-Preis ausgezeichnet.


    Mein Eindruck:
    Ein ansprechend gestaltetes, nicht allzu dickes Buch.
    Ein Roman mit kleinen Geschichten, die lose miteinander verbunden sind.
    Dem Stil merkt man an, dass Yasmina Reza vom Theater kommt.


    Glücklich die Glücklichen ist ein Zitat von Jorge Louis Borges.
    Schon die erste Geschichte zeigt das sich Drama im Alltag und alltäglichen abspielt. Ein Paar, das einen Streit im Supermarkt austrägt. Im dritten Kapitel setzen sie ihn im Schlafzimmer fort.


    Mein Leseeindruck ist ambivalent. Mit einigen Geschichten kann ich etwas anfangen, mit anderen weniger. Sprachlich bleibt es flach.
    Vielleicht lieg es daran, dass die Geschichten auf den gehobenen französischen Mittelstand abzielen. Bei den Figuren gibt es zwar interessante Ansätze, Innere Monologe und äußere Dialoge wechseln ab. Das ist gut gemacht.
    Doch werden die meisten Figuren kaum tiefgehender ausgeführt. Das ist vielleicht der kurzen Form geschuldet, dennoch nicht zufriedenstellend.
    Das Resultat bleibt, ich fühle keine große Nähe zu den Figuren.


    Viele Geschichten sagen mir wenig, Leider enttäuschend viele! Die Figuren werden mir von Abschnitt zu Abschnitt fremder, das sollte eigentlich anders sein.


    Zu den Highlights gehörten, außer den oben erwähnten, die Geschichte um einen gestörten Jungen, der sich für Celine Dion hält und die Geschichte des Mannes, der mit seiner krebskranken Mutter im Wartezimmer einer Klinik sitzt Diese vermochten schon zu berühren, daher habe ich es nicht bereut, das Buch gelesen zu haben und vielleicht sehe ich mir jetzt doch endlich einmal die Reza-Verfilmung Der Gott des Gemetzels an.


    Punktebewertung: 6 von 10!

  • Das stimmt. Und sprachlich war es eine Enttäuschung, da hätte ich mehr erwartet. Ob das an der Übersetzung liegt? Oder ist die Schlichtheit das Besondere :gruebel.


    Auf jeden Fall muss ich mir deine Formulierung merken für den Fall, dass ich noch mal vor einem ähnlichen Sachverhalt stehe: "Innere Monologe und äußere Dialoge", genau! Ich hab mir da einen abgebrochen um zu artikulieren, was ich meine :rolleyes.

  • Nun, dann werde ich mal eine Lanze für das Buch brechen ;-)


    Mir hat es ausnehmend gut gefallen; vielleicht gerade weil die Personen recht neutral beschrieben wurden. Aber lest selbst:



    „Wir waren bei den Wochenendeinkäufen im Supermarkt. Irgendwann sagt sie, stell dich schon mal in die Käseschlange, ich kümmer mich um die anderen Lebensmittel.“


    Das ist der erste Satz und er macht schon deutlich, wie zielstrebig Yasmina Reza auch in diesem Werk vorgeht. Es wird keine Zeit mit Nebensächlichkeiten verschwendet; es gibt keine Vorbereitung, man ist sofort mittendrin.


    Mittendrin im Wochenendeinkauf eines modernen Paares, das sich den Einkauf teilt. Vielleicht trinken sie nachher noch gemütlich einen Latte Macchiato, vielleicht haben sie liebgewonnene Rituale, wer weiß.


    Ich lehne mich entspannt zurück und lese weiter.


    „Als ich wiederkam, war der Einkaufswagen halb voll mit Müsli, Keksen, Pulvernahrung in Tüten und lauter Dessertcremes, und ich sag, wozu das alles? – Wie, wozu das alles? Ich sag, wozu soll das alles gut sein? – Du hast Kinder, Robert, die mögen Crunchy-Müsli, die mögen Schokotäfelchen, auf Kinder-Bueno stehen sie total, hielt mir die Packungen hin, und ich sag, das ist doch absurd, sie mit Zucker und Fett vollzustopfen, dieser Einkaufswagen ist absurd, und sie darauf, was für Käse hast du gekauft?“


    Spätestens jetzt ist es vorbei mit dem entspannten Zurücklegen, ganz im Gegenteil. Ich sitze senkrecht, halte buchstäblich die Luft an und lasse mich vom Text mitreißen, und das bei jedem einzelnen der insgesamt 21 Kapitel. Jedes dieser Kapitel wird aus einer anderen Perspektive erzählt und schildert jeweils aus subjektiver Sicht bestimmte Stationen der einzelnen Leben. Dabei nehmen sie teilweise Bezug zu bereits bekannten Personen und man bekommt mit der Zeit eine Ahnung, wie alle und alles zusammenpassen könnte.

    Es macht unglaublichen Spaß, sich zu erlesen, wie glasklar Yasmina Reza die unterschiedlichsten Charaktere zeichnet: sofort entstehen im Kopf Personen mit all ihren Eigenarten und Beziehungen; gleichzeitig wettet man schon insgeheim mit sich, wie viele Sätze Yasmina Reza dieses Mal wohl brauchen wird, um das ganze schöne Bild zunichte zu machen, um die sorgfältig aufgebaute und gepflegte Fassade bröckeln und das ganze Gebäude von Wünschen, Sehnsüchten, Ängsten und Wahrheiten erbarmungslos einstürzen zu lassen.


    Leise Zweifel kommen auf und ich frage mich, ob man das eigentlich darf – mit Spaß und Freude und Lust zuschauen, wie die Protagonisten Schicht um Schicht freigelegt werden, bis sie förmlich nackt vor einem stehen. Nackt und allein mit ihrer Angst und ihrer Wut, ihrem Trotz, ihrer Liebe und dem Wissen von Verrat, ihrer Lust und ihrer Neugier. Zerbrechlich in ihrem verzweifelten Ringen um das Aufrechterhalten von Status, Moral und Haltung.


    Und ich komme zu dem Entschluss, dass man darf. Man sollte sogar, wenn man es von jemandem wie Yasmina Reza vorgeführt bekommt. Auf ihre ganz spezielle Weise versteht sie es, die Menschen zu entblättern, ohne sie dabei bloßzustellen oder lächerlich zu machen. Sie wertet nicht und moralisiert nicht. Was sie übrig lässt, ist die Quintessenz dieser Menschen. Das, was sie ausmacht, weil sie ihre Art und ihre Art zu leben sie zu dem gemacht hat, was und wie sie sind.

    :lesend Die Sonnenposition - Marion Poschmann


    "Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen; Vorboten dessen, was wir zu leisten imstande sein werden." (Goethe)

  • Ich lese dieses Buch gerade in der Originalversion. Anregung dazu waren zwei der Geschichten, die meine Französischlehrerin mit in den Französischkurs gebracht hat und die wir gemeinsam gelesen haben.
    Deshalb habe ich es zunächst gar nicht als Roman gelesen, sondern als Sammlung von Kurzgeschichten und erst nach und nach ist mir aufgefallen, dass die Personen in irgendeiner Form in Verbindung stehen.
    Durch den ständigen Perspektivwechsel werden immer wieder andere Aspekte der immer schwierigen Beziehungen der Personen beleuchtet und das macht für mich den Reiz dieses Buches aus.
    Zudem mag ich den lakonischen, extrem knappen Schreibstil.


    Alle Geschichten sind gelesen und ich werde sicher alle noch einmal lesen. Wie die Autorin in diesen kurzen Ausschnitten ganze Lebensgeschichten erzählt, gefällt mir sehr gut. Vieles wird nur angedeutet, manches muss man sich selbst zusammensuchen. Anstrengend, aber für mich hat es sich gelohnt.